Spruch:
Bylbyl V***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Bylbyl V***** befindet sich im oben bezeichneten Strafverfahren seit 11. Juli 2001 (nunmehr nur) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO in Untersuchungshaft. In der rechtswirksamen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz vom 17. Juli 2001(ON 11) wurde ihm das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG sowie das Vergehen nach § 27 Abs 1, erster, zweiter und sechster Fall SMG angelastet.
Danach hat er zu nicht näher bekannten Zeitpunkten Mitte Juni 2001 in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift (1) in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Verkehr gesetzt, indem er 50 Gramm Kokain (20+/- 1,7 Gramm Reinsubstanz an Cokain-HCl, vgl S 163) an Josef W***** gewinnbringend verkaufte und (2) mit Ausnahme der zu 1 genannten Menge erworben, besessen und anderen überlassen, indem er unbekannte Mengen Kokain von einer unbekannten Person erhielt und in der Folge teils konsumierte, teils Josef W***** unentgeltlich überließ.
Zwischenzeitig wurde Bylbyl V***** mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 5. Dezember 2001 wegen der inkriminierten Taten des Verbrechens nach § 28 Abs 2, vierter Fall SMG (1) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG (2) schuldig erkannt und nach § 28 Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vierzehn Monaten verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben, wobei über die Nichtigkeitsbeschwerde bereits abschlägig entschieden wurde.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Graz der gegen die Abweisung eines Enthaftungsantrages (ON 34) erhobenen Beschwerde des Angeklagten nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund an (ON 39).
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde, mit der eine unrichtige Beurteilung des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr sowie der Verhältnismäßigkeit moniert wird, kommt keine Berechtigung zu. Soweit die Beschwerde die fälschliche Annahme einer strafbaren Handlung mit schweren Folgen unter Negierung des Vorliegens einer großen Menge Kokain im Sinn des § 28 SMG moniert, hält sie nicht an der Aktengrundlage des angefochtenen Beschlusses fest und ist insoferne nicht erwiderungsfähig.
Den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr begründete das Beschwerdegericht zutreffend damit, dass der Beschwerdeführer bis auf geringfügige Unterstützungen durch seine Ehegattin und seinen Bruder ohne Einkünfte ist, aus reinem Profitstreben gehandelt hat und über entsprechende Kontakte zur Suchtgiftszene verfügt, da er binnen kurzer Zeit eine nicht unbeträchtliche Menge Kokain "aufstellen" konnte.
Den in der Beschwerde hervorgehobenen Umstand, dass der Unterhalt - wie auch zum Tatzeitpunkt - durch seine österreichische Lebensgefährtin "gesichert" wäre, hat das Oberlandesgericht im angeführten Umfang ohnedies berücksichtigt. Damit vermag der Beschwerdeführer keine Umstände aufzuzeigen, die eine Minderung der Tatbegehungsgefahr durch Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen worden ist (§ 180 Abs 3 StPO), indizieren könnten. Bei dieser Sachlage treten die bisherige Unbescholtenheit und die Erstmaligkeit der - im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung rund sechseinhalb Monate dauernden - Haft bedeutungsmäßig in den Hintergrund.
Insofern die Behauptung der Unverhältnismäßigkeit der Haft unter Bezugnahme auf die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung die Höhe der verhängten Strafe in Frage stellt und Spekulationen über die Dauer und Erfolgsaussichten des Rechtsmittelverfahrens anstellt, genügt - abgesehen von der hier bereits erledigten Nichtigkeitsbeschwerde - die Erwiderung, dass Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht allfälligen Vorgriffen auf die Ergebnisse des Rechtsmittelverfahrens dienen und abgesehen davon die Rechtmäßigkeit der Haft zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz als Prüfungsgrundlage heranzuziehen ist. Soweit die Beschwerde meint, dass die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung zu beachten sei und sich dabei auf RZ 1994/72 (14 Os 30/94) beruft, ist sie ebenfalls nicht berechtigt. Die genannte Entscheidung ist überholt. Der Oberste Gerichtshof hat seither immer wieder erkannt, dass die Möglichkeit einer bedingten Strafnachsicht - was ebenso für eine bedingte Entlassung gilt - ua auch vom (weiteren) Verhalten abhängt, welches antizipativ nicht beurteilt werden kann (13 Os 130/01, 13 Os 81/01, 15 Os 110/00, 12 Os 93/01). Im Übrigen kann von einer Unverhältnismäßigkeit der rund sechseinhalb Monate dauernden, nicht durch gelindere Mittel substituierbaren Untersuchungshaft keine Rede sein.
Bylbyl V***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
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