European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00016.16A.0518.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Said M***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (1) sowie mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (2) schuldig erkannt.
Danach hat er am 5. Februar 2015 in S*****
1) Musa A***** durch Abgabe eines Schusses mit einer Pistole Sig Sauer Kaliber 9 mm in den linken Brustbereich, wodurch dieser infolge des Brustkorbsteckschusses ein Herzpumpversagen bei traumatischer Aufreißung der linken Herzkammer in Verbindung mit einem massiven Blutverlust nach innen erlitt, getötet;
2) eine genehmigungspflichtige Schusswaffe der Kategorie B, nämlich die Pistole Sig Sauer, Modell P220, Kaliber 9 mm, Nummer G105432, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt besessen und geführt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 6, 9 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Die Kritik (Z 6) am Unterbleiben einer Zusatzfrage nach Notwehr lässt die gebotene Ausrichtung am Verfahrensrecht vermissen. Weshalb die Darstellung des Beschwerdeführers, wonach sich der Schuss beim Ausrutschen gelöst habe (ON 80 S 6; ON 118 S 17; ON 141 S 11), eine Fragestellung in Richtung § 3 StGB indizieren sollte, erklärt die Rüge nicht (RIS‑Justiz RS0119418, RS0117447, RS0100860).
Der Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO kann ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0101195, RS0101005). Soweit der Beschwerdeführer aus „§ 345 Abs 9 StPO“ kritisiert, dass die Geschworenen die Hauptfrage (nach Mord) bejaht, die dazugehörigen Eventualfragen (nach gefährlicher Drohung und fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen) aber nicht verneint hätten, verfehlt er den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung. Hinzugefügt sei, dass die ‑ nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage gestellten ‑ Eventualfragen (§ 317 Abs 3 StPO) zu Recht unbeantwortet blieben (vgl RIS‑Justiz RS0100981 [T2], RS0101107; Fabrizy, StPO12 § 314 Rz 2).
Mit dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit lässt der Beschwerdeführer keinen Konnex zu einem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 StPO erkennen.
Die Geltendmachung materieller Nichtigkeit im geschworenengerichtlichen Verfahren verlangt den Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen (§§ 330 bis 333 StPO) festgestellten Tatsachen mit der im Schuldspruch (§§ 260 Abs 1 Z 2, 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 342 StPO) vorgenommenen Subsumtion (RIS‑Justiz RS0101148, RS0101289, RS0101403 und RS0101476).
Mit Spekulationen zu einem Verbotsirrtum zufolge transkultureller Probleme verfehlt die Rechtsrüge (Z 11 lit a) die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Nicht durch Verfahrensergebnisse indizierte, abstrakt denkbare Möglichkeiten eines Verbotsirrtums sind kein Gegenstand der Fragestellung an die Geschworenen (RIS‑Justiz RS0100420). Sollte das Vorbringen als Tatsachenrüge (Z 10a) zu verstehen sein, lässt die Rüge den vom Gesetz verlangten Aktenbezug vermissen (RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310). Auch die weiteren Einwände sind nicht an der Verfahrensordnung ausgerichtet, weil sie mit dem Hinweis auf eine allfällige Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten durch Selbstmordgedanken, Depressionen und traumatische Erlebnisse keinen für den Wahrspruch entscheidenden Umstand ansprechen.
Zum vom Aufhebungsantrag mitumfassten Schuldspruch 2) wurden weder bei der Anmeldung noch bei der Ausführung des Rechtsmittels Nichtigkeit bewirkende Umstände bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2, 344 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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