OGH 13Os143/06p

OGH13Os143/06p9.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Jänner 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mikail A***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 38 Ur 317/06y des Landesgerichtes Innsbruck, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 28. November 2006, AZ 6 Bs 541/06v (ON 56), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Mikail A***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 28. November 2006, AZ 6 Bs 541/06v, wurde die vom Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Innsbruck am 19. Oktober 2006 über den Beschuldigten verhängte Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit b und c StPO fortgesetzt.

Danach richtet sich gegen den Beschuldigten der dringende Verdacht, er habe

1. in der Nacht zum 27. August 2006 in Innsbruck Sepiyat M***** (jedenfalls) mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, insbesondere indem er ihr Schläge und Stöße versetzte und ihr bedeutete, sie zu erschießen, wenn sie schreie;

2. zu noch nicht bekannten Zeitpunkten an noch nicht bekannten Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrenden Diebstahl eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, pauschal bezeichnete „Waren in Originalverpackung" noch unbekannten Gewahrsamsträgern weggenommen; und hiedurch die Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (1) und des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (2) begangen.

Rechtliche Beurteilung

Der Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten kommt Berechtigung nicht zu.

Nach seit Jahren ständiger Rechtsprechung kann die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nur - aber immerhin - in sinngemäßer Anwendung der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO in Frage gestellt werden (§ 10 GRBG; RIS-Justiz RS0110146). Eine Betrachtung der Verdachtslage aus der Sicht des Untersuchungshäftlings ohne konkreten Bezug zur Begründung des Oberlandesgerichtes nimmt dem Obersten Gerichtshof die Möglichkeit, der Beschwerde zu erwidern (RIS-Justiz RS0112012).

Indem die Grundrechtsbeschwerde die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts in Betreff der der Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts zugrunde gelegten Handlungen fast ausschließlich bloß nach Art einer Schuldberufung mit spekulativen Überlegungen zur Glaubwürdigkeit der (eingehend kontradiktorisch vom Untersuchungsrichter abgehörten) Zeugin Sepiyat M***** in Abrede stellt und auf die leugnende Aussage des Beschuldigten sowie entlastende Angaben anderer Zeugen verweist, ohne einen der in der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufgezählten Begründungsmängel auch nur zu behaupten, geht sie insoweit fehl. Die zu ihrer Flucht anlässlich des zu 1. angeführten Geschehens getätigten Angaben der Zeugin M***** aber wurden gar wohl erörtert.

Bleibt anzumerken, dass auch die sonstigen Angaben dieser Zeugin eingehend erwogen wurden; ebenso wie die dagegen ins Treffen geführte Aussage der Ehegattin des Beschuldigten und die Tatsache, dass M***** im Krankenhaus ihre Verletzungen vorerst auf einen Unfall zurückgeführt hatte.

Erhebliche Bedenken an der Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts der versuchten Vergewaltigung (1) vermag die Beschwerde auch unter Hinweis auf Angaben der Ehegattin des Beschuldigten sowie der Zeuginnen Ma***** (ON 63) und S***** (ON 64) über ein angebliches Ersuchen M***** nach der zu 1. genannten Tat, Koffer beim Beschuldigten einstellen zu dürfen, und das Verhältnis dieser Zeugin zum Beschuldigten nicht zu wecken. Ob Shamil Z***** dem Beschuldigten eine Vergewaltigung „zutraute" (S 421/II), ist nicht Gegenstand einer Beweisführung durch Zeugen und schon deshalb ohne Bedeutung. Erhebliche Bedenken gegen den dringenden Verdacht gewerbsmäßigen Diebstahls (2) sind weder aus einer Bereitschaft des Beschuldigten, die auf seinem Handy gespeicherten Daten auszuwerten, noch aus seiner sonstigen Aussage zu gewinnen.

Die rechtliche Annahme der im § 180 Abs 2 StPO genannten Gefahr hinwieder wird im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens vom Obersten Gerichtshof darauf überprüft, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, mit anderen Worten nicht oder nur offenbar unzureichend begründet darstellt (RIS-Justiz RS0117806).

Davon kann mit Blick auf die vom Oberlandesgericht ins Treffen geführten fehlenden sozialen Bindungen an Österreich (zur Fluchtgefahr), die beiden einschlägigen Vorverurteilungen (zur Gefahr der Begehung von Diebstählen) und die Einkommens- und Vermögenslosigkeit in Österreich (hinsichtlich beider Haftgründe) keine Rede sein.

Durch welche konkreten gelinderen Mittel die Haftzwecke erreicht werden könnten, sagt der Beschwerdeführer schließlich nicht (RIS-Justiz RS0116422). Solche sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.

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