Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten Dzabir I***** und Kurtesh Is***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurden Dzabir I***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils § 12 zweiter Fall StGB (A/I) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B/I) sowie Kurtesh Is***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG, § 12 zweiter Fall StGB (A/II und IV) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG (B/II und III) schuldig erkannt.
Danach haben sie in Gunskirchen, Wels und anderen Orten A/ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25fache der Grenzmenge übersteigenden Menge ein- und ausgeführt sowie einen anderen zur Ein- und Ausfuhr bestimmt, und zwar
I/ Dzabir I*****, indem er
1. etwa im März 2007 „ca 11,5 kg Heroin" von Serbien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einführte und von der genannten Menge „10,5 kg Heroin" von Österreich aus-, durch Deutschland und Frankreich durch- und nach Spanien einführte;
2. etwa im Mai oder Juni 2007 „ca 1 kg Heroin" von Mazedonien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einführte,
3. etwa im August 2007 den gesondert verfolgten Afrim Z***** beauftragte, „etwa 500 Gramm Heroin" von Mazedonien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einzuführen, und
4. am 21. November 2007 499,5 Gramm Heroin (netto) mit einer Reinsubstanz von 41 +/- 3,8 Gramm Heroinbase und 3,2 +/- 0,37 Monoacethylmorphin-Base von Mazedonien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einführte;
II/ Kurtesh Is***** und Kenan S***** „in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter", indem sie
1. zu den unter A/I/1 und 2 genannten Taten „dadurch beitrugen", dass sie Dzabir I***** mit den jeweiligen Herointransporten beauftragten, und
2. im Sommer 2007 den gesondert verfolgten Bujar Sa***** „beauftragten", ca „1 kg Heroin" von Serbien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einzuführen;
IV/ Kurtesh Is*****, indem er
1. zur Tat des Kenan S*****, der etwa im Jänner 2007 „ca 1 kg Heroin" vom Kosovo aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einführte, „dadurch beitrug, dass er Kenan S***** mit der Schmuggelfahrt beauftragte",
2. etwa im September 2007 die gesondert verfolgten Bujar Sa***** und Orhan S***** beauftragte, „etwa 1 kg Heroin" von Serbien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einzuführen, und
3. etwa im September 2007 den gesondert verfolgten Orhan S***** beauftragte, „etwa 1 kg Heroin" von Serbien aus-, „durch unbekannte Orte durch-" und nach Österreich einzuführen,
wobei Kurtesh Is***** „diese Straftaten gewerbsmäßig beging" und schon einmal wegen einer Straftat „nach § 28 Abs 2 und Abs 3" (erster Fall) SMG aF verurteilt worden ist;
B/ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen sowie dazu beigetragen, und zwar
I/ Dzabir I*****, indem er
1. etwa im März 2007 „11,5 kg Heroin" an Kurtesh Is***** und Kenan S***** übergab;
2. in der Zeit von etwa April 2007 bis um den 21. November 2007 insgesamt „etwa 2.400 bis 3.200 Gramm Heroin" an die im Urteil einzeln genannten, gesondert verfolgten Abnehmer verkaufte und in geringem Umfang unentgeltlich überließ;
II/ Kurtesh Is*****, indem er
1. in der Zeit von etwa Anfang 2005 bis etwa Oktober 2005 insgesamt „etwa 1.250 Gramm Heroin" - bezogen vom gesondert verfolgten Neron A***** - an die gesondert verfolgten Sami B***** „(etwa 1.000 Gramm)" und Renato G***** „(etwa 250 Gramm)" verkaufte,
2. in der Zeit von etwa Jänner 2007 bis zum 29. November 2007 - zusammengefasst - insgesamt „etwa 545 bis 580 Gramm Heroin" sowie weitere „ca 1,5 kg Heroin", „etwa 600 Gramm Heroin", „etwa 200 Gramm Heroin", „etwa 100 Gramm Heroin" und „etwa 980 Gramm Heroin" an die im Urteil einzeln genannten, gesondert verfolgten Abnehmer verkaufte, teils zur „Zwischenlagerung" oder sonstigen Aufbewahrung oder als Entlohnung für Suchtgiftschmuggelfahrten übergab;
III/ Kurtesh Is***** und Kenan S***** „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter", indem sie etwa im Jänner 2007 insgesamt „etwa 600 Gramm Heroin" an den gesondert verfolgten Sami B*****, insgesamt „etwa 200 bis 300 Gramm Heroin" an den gesondert verfolgten Renato G***** und „etwa 100 bis 200 Gramm Heroin" an unbekannte Abnehmer verkauften.
Zu den ohne Angabe des Reinsubstanzgehalts genannten Suchtgiftmengen stellten die Tatrichter einen „durchschnittlichen Reinheitsgrad" von 8 % fest (US 12 unten f, 14).
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Verurteilung wenden sich die Angeklagten Dzabir I***** aus Z 5, 10 und 11 und Kurtesh Is***** aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO mit gesondert ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, die ihr Ziel verfehlen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dzabir I*****:
Das auf die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG bezogene Vorbringen der Mängelrüge, die Feststellung eines „durchschnittlichen Reinheitsgrads" des tatverfangenen Heroins von 8 % (US 12 unten f, 14) sei mit dem Hinweis auf die Qualität des bei verschiedenen Aufgriffen (US 12, 14) sichergestellten Suchtgifts (US 22) mangelhaft begründet (Z 5 vierter Fall), bei Heroin sei „ein durchschnittlicher Reinheitsgehalt von lediglich 3 % bzw auch nur 2,5 % gerichtsnotorisch", betrifft keine für den Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 27) entscheidende Tatsache (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399):
Selbst nach der genannten Beschwerdeauffassung betrafen bereits die Taten laut A/I/1 und B/I/1 für sich allein jeweils (weit) mehr als 75 Gramm Reinsubstanz, somit Suchtgiftmengen von mehr als dem 25fachen der Grenzmenge bei Heroin (von 3,0 Gramm, Anhang 1 der SGV), wozu noch hervorzuheben ist, dass § 28a Abs 4 Z 3 SMG eine besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz - vergleichbar mit dem für wert- und schadensqualifizierte Delikte geltenden § 29 StGB - darstellt, sodass gleichartige strafbare Handlungen nach § 28a Abs 1 SMG derart qualifiziert (ohnedies) stets nur ein einziges Verbrechen nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG begründen (zuletzt 13 Os 144/08p). Somit ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers für die Subsumtionseinheit des § 28a Abs 4 Z 3 SMG nicht erforderlich, dass schon jede einzelne von ihr erfasste Tat eine das 25fache der Grenzmenge übersteigende Suchtgiftquantität betrifft.
Im Übrigen ist die Fundierung des konstatierten durchschnittlichen Reinheitsgrads des tatverfangenen Heroins mit Ergebnissen der Analyse sichergestellter Mengen, die nach den Erhebungsergebnissen Kenan S***** und Dzabir I***** zugeordnet wurden und Werte von 6,9 %, 9,3 %, 20 % und 8,2 % auswiesen (US 22), unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
Die Feststellungen zur Willensausrichtung des Beschwerdeführers bei den Taten laut A/I/1 und B/I/1, die, wie dargelegt, ohne Rücksicht auf andere Taten bereits die rechtliche Annahme auch der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG - mit Blick auf die Struktur des § 28a Abs 1 SMG als insoweit kumulatives Mischdelikt: sowohl in Betreff der Aus- und Einfuhr als auch hinsichtlich des Überlassens von Suchtgift - zu tragen vermögen (worauf die Schuldsprüche wegen Verbrechen des Suchtgifthandels sowohl nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils § 12 zweiter Fall StGB [A/I] als auch nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG [B/I] beruhen), wurden im Urteil gar wohl begründet (US 16 f).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht ohne Ableitung aus dem Gesetz, demnach nicht prozessordnungskonform (eingehend 13 Os 151/03, JBl 2004, 531 [Burgstaller] = SSt 2003/98) in Betreff der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG von einer anderen als der schon genannten Rechtslage aus, indem sie gegen die Heranziehung dieser Bestimmung vorbringt, dass „mit Ausnahme der nach Spanien geschmuggelten 11,5 kg Heroin" (A/I/1) die weiteren dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tathandlungen jeweils für sich allein nicht das Kriterium des Übersteigens des 25fachen der Grenzmenge von Heroin erfüllen. Ebensowenig wird dargelegt, warum § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG einerseits (Ein- und Ausfuhr) und § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG andererseits (Überlassen) im Gegensatz zur Rechtsprechung zur Vorläuferbestimmung (§ 28 Abs 2 SMG aF, vgl RIS-Justiz RS0111410) nicht als kumulatives, sondern als alternatives Mischdelikt (zB Fuchs AT I7 89) aufgefasst werden sollte (vgl dazu Hinterhofer in Hinterhofer/Rosbaud SMG § 28 Rz 11). Demnach lässt auch der Einwand, Ein- und Ausfuhr sowie Überlassen ein und derselben Suchtgiftmenge stelle nur eine einzige strafbare Handlung dar, die gebotene Ableitung aus dem Gesetz vermissen.
Zudem übergeht der Beschwerdeführer, indem er gegen den Schuldspruch B/I/1 wegen Überlassens von „ca 11,5 kg Heroin" an die Mitangeklagten Kenan S***** und Kurtesh Is***** vorbringt, diese seien bereits an der Ein- und Ausfuhr dieses Suchtgifts beteiligt gewesen (A/II/1), dass keiner von beiden auch nur Mitgewahrsam am Suchtgift erlangt hat (US 9 f; RIS-Justiz RS0115882).
Die Sanktionsrüge zeigt weder eine Missachtung der Sanktionsbefugnis noch eine rechtsfehlerhafte Bewertung von Strafzumessungstatsachen (Z 11 erster und zweiter Fall) auf, indem sie vorbringt, die Strafe sei unangemessen hoch, und reklamiert, das Erstgericht habe sich „mit der Frage der Anwendung des § 43a bzw 43 StGB überhaupt nicht auseinandergesetzt". Sie spricht damit Berufungsgründe an (RIS-Justiz RS0099954, RS0091489).
Da ein „Gewinnstreben" des Angeklagten nicht die ihn treffende Strafdrohung bestimmt (auch § 28a Abs 4 Z 3 SMG stellt entgegen der Beschwerde darauf nicht ab), kann von einem Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) keine Rede sein.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurtesh Is*****:
Ob Is***** an Orhan S***** 980 Gramm oder - worauf die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) abzielt - nur 170 Gramm Heroin mit einem (von diesem Angeklagten nicht bestrittenen) Reinsubstanzgehalt von 8 % übergab (B/II/2/f), ist rechtlich nicht entscheidend, ebensowenig, ob er Kenan S***** 1,5 kg oder nur 500 Gramm Heroin dieser Qualität verkaufte oder zur Zwischenlagerung übergab (B/II/2/b; Z 5 vierter Fall):
Die Tatrichter konstatierten in Betreff der zu B/II und III nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG gebildeten Subsumtionseinheit ein von einer Willensausrichtung, die auch den mit der kontinuierlichen Tatbegehung verbundenen Additionseffekt umfasste (US 15 oben; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19), womit übrigens klargestellt ist, dass es sich nicht allenfalls nur um nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG fassbare Einzeltaten handelt (vgl US 13, wo es in Ansehung der Übergabe an verschiedene Abnehmer wiederholt „… insgesamt …" heißt), getragenes Überlassen einer Gesamtmenge von „mehr als 5 kg Heroin" durch Kurtesh Is*****, bei der konstatierten Qualität also von insgesamt über 400 Gramm Reinsubstanz (US 13 f). Das 25fache der Grenzmenge ist bei Heroin bei 75 Gramm Reinsubstanz erreicht.
Demnach wird die Feststellungsgrundlage der Subsumtionseinheit (B/II und III) von den geltend gemachten Begründungsmängeln (Z 5 zweiter und vierter Fall), die auf eine Reduktion der dem Angeklagten Is***** als anderen überlassen (§ 28a Abs 1 fünfter Fall SMG) anzulastenden Reinsubstanzmenge um weniger als 150 Gramm zielen, nicht berührt. Die Konstatierung der gewerbsmäßigen Tendenz auch hinsichtlich der Ein- und Ausfuhr großer Mengen von Suchtgift haben die Tatrichter mit der Bezugnahme auf die Verantwortung des Angeklagten einwandfrei begründet (vgl ON 108 S 5, 28, 32; US 15 f).
Nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) war in Betreff der Tat laut A/II/1 mit Beziehung auf A/I/2 die Aussage des Angeklagten I*****, wonach er seit der Spanien-Fahrt (vgl A/I/1) „keinen Kontakt mehr" zu Is***** gehabt habe (ON 108 S 27), weil dieser zudem - was die Beschwerde übergeht - angab, dass er das Heroin zusammen mit Kenan S***** geholt habe und das Geld zur Bezahlung des Suchtgifts von Is***** gekommen sei (ON 108 S 26 f). Ob auch „Kontakt" mit Kurtesh Is***** gepflogen wurde, konnte daher auf sich beruhen. Weshalb die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tendenz des Angeklagten Kurtesh Is***** für die rechtliche Beurteilung nicht ausreichen sollen und inwiefern das Erstgericht, das eine dem § 70 StGB entsprechende Absicht konstatierte (US 9, 13), dabei die „Wollenskomponente" offen gelassen habe, sagt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten Dzabir I***** und Kurtesh Is***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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