OGH 13Os109/15a

OGH13Os109/15a25.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher, als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Gernot R***** wegen Finanzvergehen der Anbabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. März 2015, GZ 13 Hv 20/14z‑92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00109.15A.1125.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gernot R***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Wien 1/23 vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen bewirkt und dies versucht (§ 13 FinStrG), nämlich

(I) als Geschäftsführer der 1***** GmbH

1) durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen an Umsatzsteuer für die Jahre 2002 um 2.484,40 Euro, 2003 um 2.312 Euro, 2004 um 4.368,40 Euro und 2005 um 1.248,84 Euro, wobei es hinsichtlich der beiden letztgenannten Jahre beim Versuch geblieben ist, sowie an Körperschaftsteuer für die Jahre 2002 um 4.223,48 Euro und 2003 um 3.930,40 Euro, weiters

2) spätestens mit 8. Jänner des jeweiligen Folgejahres (US 6) durch Unterlassen der Anmeldung und Abfuhr an Kapitalertragsteuer für die Jahre 2002 um 4.968,80 Euro, 2003 um 4.624 Euro, 2004 um 8.736,80 Euro und 2005 um 3.097,60 Euro sowie

(II) als Geschäftsführer der m***** GmbH

1) durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen an Umsatzsteuer für die Jahre 2001 um 3.400 Euro, 2002 um 1.540 Euro, 2004 um 3.308,74 Euro und 2005 um 918,68 Euro, wobei es hinsichtlich der Jahre 2002 bis 2005 beim Versuch geblieben ist, sowie an Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 um 5.782,72 Euro, 2002 um 29.435,72 Euro und 2003 um 268.136,03 Euro, wobei es hinsichtlich dieses Jahres beim Versuch geblieben ist, weiters

2) spätestens mit 8. Jänner des jeweiligen Folgejahres (US 7 f und 9) durch Unterlassen der Anmeldung und Abfuhr an Kapitalertragsteuer für die Jahre 2001 um 6.800 Euro, 2002 um 29.352,77 Euro, 2003 um 19.088,17 Euro, 2004 um 17.124,64 Euro und 2005 um 6.580,84 Euro.

Mit Blick auf die vom Erstgericht im Referat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) nach Jahren zusammenfassend genannten Verkürzungen an Kapitalertragsteuer (I/2 und II/2) sei festgehalten, dass die in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) getroffenen Konstatierungen, wonach die verdeckten Gewinnausschüttungen (zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten) „unterjährig“ geflossen und die Verkürzungen an Kapitalertragsteuer demnach spätestens mit 8. Jänner des jeweiligen Folgejahres bewirkt worden sind (US 6, 7 f, 9), dem finanzstrafrechtlichen Tatbegriff zur Hinterziehung der genannten Abgabe entsprechen. Denn selbständige Tat ist im Bereich der Kapitalertragsteuer jeweils das Unterlassen der auf einen bestimmten Ertragszufluss bezogenen Kapitalertragsteuerabfuhr unter Verletzung der korrespondierenden Anmeldungspflicht (RIS‑Justiz RS0124712 [T1]).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge zuwider wurden durch die Abweisung (ON 91 S 24) mehrerer Beweisanträge Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Der Antrag auf Vernehmung des Mag. Georg J***** als Zeugen zum Beweis dafür, dass von der m***** GmbH erstellte Konzepte werthaltig und preislich angemessen gewesen seien (ON 51 S 15, ON 54 S 27 und ON 91 S 22), ging fehl, weil Schlussfolgerungen und Wertungen nicht Gegenstand des Zeugenbeweises sind (RIS‑Justiz RS0097540; Kirchbacher , WK‑StPO § 154 Rz 7 f).

Soweit der Beweisantrag ‑ ebenso wie jener auf Vernehmung des Mag. Martin G***** als Zeugen (ON 54 S 27) ‑ auf den Nachweis gerichtet war, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Konzepte an die T***** AG geliefert habe, bezog er sich nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände (siehe aber § 55 Abs 2 Z 1 und 2 StPO). Dem insoweit relevierten Sachverhaltskomplex liegt nämlich die Feststellung zu Grunde, dass der T***** AG Konzepte und Studien verrechnet wurden, an denen dieses Unternehmen kein Interesse hatte (US 11), womit die Frage nach der tatsächlichen Lieferung der angesprochenen Unterlagen hier bedeutungslos ist.

Dr. Michael K***** wurde als Zeuge hinsichtlich der Richtigkeit der bilanztechnischen Bewertung einer Forderung (ON 54 S 28) und bezüglich seiner Einschätzung darüber, ob die F***** „für den Angeklagten aus subjektiver Sicht zahlungsunfähig“ gewesen sei (ON 91 S 22), geführt, womit sich auch dieser Beweisantrag außerhalb des prozessualen Rahmens des Zeugenbeweises bewegte.

Der Antrag auf Vernehmung des Mag. Christoph d***** war bloß Gegenstand eines Schriftsatzes der Verteidigung (ON 45) und scheidet solcherart als Grundlage der Verfahrensrüge aus. Hieran vermag auch der Umstand, dass dieser Schriftsatz (zusammen mit dem übrigen Akteninhalt) gemäß § 252 Abs 2a StPO in der Hauptverhandlung vorgetragen worden ist (ON 91 S 24), nichts zu ändern (15 Os 30/03, SSt 2003/28; RIS‑Justiz RS0099099 und RS0099511, jüngst 11 Os 75/15m).

Der (unerledigt gebliebene) Antrag auf „Einholung eines Gutachtens eines Wirtschaftstreuhänders zum Beweis dafür, dass der Teilwert der abgeschriebenen Forderung gegen die F***** null war“ (ON 54 S 28), ließ nicht erkennen, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (11 Os 152/03, RZ 2004, 140; RIS‑Justiz RS0118444).

Das die Beweisanträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt daher dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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