OGH 13Os100/09v

OGH13Os100/09v17.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig und Mag. Lendl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Rumpl als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Mag. Josef S***** und einen anderen Angeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 28. November 2008, GZ 33 Hv 51/08k-92, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Dr. Aicher, der Angeklagten Mag. Josef S***** und Anton R***** und ihres Verteidigers Dr. Karl Ludwig Vavrovsky zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil im Freispruch des Angeklagten Mag. Josef S***** aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Mag. Josef S***** ist schuldig, er hat in O***** vorsätzlich zur Begehung von Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs 1 FinStrG und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG durch vom Brauereiunternehmen S***** belieferte Gastwirte,

die vorsätzlich in den Bereichen der Finanzämter Salzburg-Stadt und Salzburg-Land unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, indem sie Einkünfte nicht erklärten und Selbstberechnungsabgaben nicht entrichteten, Verkürzungen von Umsatz-, Einkommen-, Kapitalertrag-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Alkoholabgabe im Gesamtbetrag von 8.246.176 S bewirkten, davon

im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt insgesamt 5.333.816 S, und zwar

Umsatzsteuer 1991-1998 2.605.216 S,

nämlich 1991 100.124 S,

1992 192.573 S,

1993 240.531 S,

1994 620.597 S,

1995 478.056 S,

1995 662.917 S,

1997 253.171 S,

1998 57.247 S,

Einkommensteuer 1991-1998 1.639.990 S,

nämlich 1991 35.738 S,

1992 60.010 S,

1993 85.219 S,

1994 296.651 S,

1995 403.934 S,

1996 589.290 S,

1997 139.942 S,

1998 29.206 S,

Kapitalertragsteuer 1992-1997 428.932 S,

nämlich 1992 65.072 S,

1993 69.539 S,

1994 143.716 S,

1995 61.789 S,

1996 65.416 S,

1997 23.400 S,

Körperschaftsteuer 1992-1994 172.828 S,

nämlich 1992 41.578 S,

1993 46.098 S,

1994 85.152 S,

Gewerbesteuer 1991-1993 87.369 S,

nämlich 1991 425 S,

1992 32.780 S,

1993 54.164 S,

Alkoholabgabe 1991 23.503 S,

Umsatzsteuervorauszahlung 1997-1998 375.978 S,

nämlich 1997 223.050 S,

1998 152.928 S,

und im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land insgesamt 2.912.360 S, und zwar

Umsatzsteuer 1993-1998 1.730.171 S,

nämlich 1993 2.537 S,

1994 538.493 S,

1995 448.608 S,

1996 423.293 S,

1997 281.821 S,

1998 35.419 S,

Einkommensteuer 1993-1998 824.312 S,

nämlich 1993 1.146 S,

1994 285.475 S,

1995 244.976 S,

1996 259.527 S,

1997 29.950 S,

1998 3.238 S,

Kapitalertragsteuer 1994-1998 233.809 S,

nämlich 1994 122.730 S,

1995 80.387 S,

1996 21.930 S,

1997 6.335 S,

1998 2.427 S,

Körperschaftsteuer 1996-1997 16.803 S,

nämlich 1996 8.187 S,

1997 8.616 S,

Umsatzsteuervorauszahlung 1998-1999 107.265 S,

nämlich 1998 93.865 S,

1-5/1999 13.400 S,

beigetragen, indem er als Vorgesetzter seinen Mitarbeitern gestattete, auf Wunsch der Gastwirte einen Teil der an diese als Wiederverkäufer gelieferten Getränke tatsachenwidrig als Barverkäufe an Endabnehmer zu verbuchen.

Er hat hiedurch je mehrere Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1 FinStrG und nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 2 lit a FinStrG begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 21 Abs 1 FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer

Geldstrafe von 180.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Monaten,

verurteilt.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Dem Angeklagten Mag. Josef S***** fallen die Kosten des Strafverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Mag. Josef S***** gemäß § 259 Z 3 StPO (vgl aber RIS-Justiz RS0120367) und Anton R***** gemäß § 214 FinStrG im zweiten Rechtsgang (zum ersten 12 Os 154/07z) von der Anklage freigesprochen, sie hätten in O***** vorsätzlich durch Verschleierung von Schwarzeinkäufen zur Begehung von Abgabenhinterziehungen (der von ihnen belieferten Gastwirte als Wiederverkäufer) nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG (Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichteinbekennen von Getränkeerlösen in deren Abgabenerklärungen und Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben sowie Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen) mit einem Verkürzungsbetrag von insgesamt 8.246.176 S (599.272,98 Euro) beigetragen, und zwar Mag. Josef S***** von 1991 bis 1999 als Inhaber der „protokollierten Firma“ Josef S***** durch Anweisungen an Untergebene, entsprechende Kundenwünsche anzuwenden (Punkt 1. des Freispruchs), und Anton R***** von 1991 bis 1999 als Leiter des Verkaufsinnendienstes durch Anweisung auf Durchführung an seine Untergebenen, nämlich

im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt insgesamt 5.333.816 S, und zwar (zusammengefasst)

Umsatzsteuer 1991-1998 2.605.216 S

Einkommensteuer 1991-1998 1.639.990 S

Kapitalertragsteuer 1992-1997 428.932 S

Körperschaftsteuer 1992-1994 172.828 S

Gewerbesteuer 1991-1993 87.369 S

Alkoholabgabe 1991 23.503 S

Umsatzsteuervorauszahlung 1997-1998 375.978 S

und im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land insgesamt 2.912.360 S, und zwar (zusammengefasst)

Umsatzsteuer 1993-1998 1.730.171 S

Einkommensteuer 1993-1998 824.312 S

Kapitalertragsteuer 1994-1998 233.809 S

Körperschaftsteuer 1996-1997 16.803 S

Umsatzsteuervorauszahlung 1998-1999 107.265 S.

Gegen die Freisprüche wendet sich die auf Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde.

Das Erstgericht stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Das Brauereiunternehmen Josef S***** beliefert Gastronomieunternehmen in den Bereichen der Finanzämter Salzburg-Land und Salzburg-Stadt mit Bier und anderen Getränken. Es wurde von 1. Jänner 1990 bis 13. September 1998 in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, vertreten durch den Angeklagten Mag. Josef S***** als persönlich haftender Gesellschafter, betrieben und wird seither von ihm als Einzelunternehmen geführt.

In den Jahren 1991 bis 1998 (wie schon lange davor) wurden von der Brauerei so genannte „Barverkäufe“ an Gastwirte und damit Wiederverkäufer auf deren Wunsch in der Weise durchgeführt, dass neben der regulären, telefonisch erfolgten Getränkebestellung, für die ein Lieferschein mit Namen und Adresse des Kunden ausgestellt wurde, gleichzeitig eine zweite Bestellung des selben Kunden entgegengenommen wurde. Für diese zweite Bestellung wurde ein getrennter Lieferschein ohne (richtigen) Namen und Adresse des Kunden erstellt, so dass aufgrund dieser Anonymisierung die Zuordnung des entsprechenden Teils der unter einem erfolgten Lieferung an den Kunden nicht ohne Weiteres möglich war. Für diesen zweiten Teil der Lieferung wurde von den Ausfahrern, nachdem sie die entsprechenden Lieferanweisungen mittels der Lieferscheine erhalten hatten, bei den Gastwirten jeweils sofort kassiert. Vom Brauereiunternehmen wurde der erste Teil dieser Verkäufe als solche an gewerbliche Wiederverkäufer, der zweite, anonymisierte Teil aber als Verkäufe an Endverbraucher versteuert.

Diese Vorgangsweise bestärkte die vom Brauereiunternehmen S***** belieferten Wirte in ihrem Entschluss, Abgabenverkürzungen durch unrichtige Abgabenerklärungen und vorangehend durch unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen wie im Urteil nach Abgabenart (Umsatzsteuer, Umsatzsteuervorauszahlungen, Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Alkoholabgabe) und Jahren getrennt nach den Bereichen der Finanzämter Salzburg-Stadt und Salzburg-Land aufgeschlüsselt (US 7 dritter Absatz iVm US 2-5), zu begehen, da sie vermeinten, ihr tatsächlicher Wareneinsatz und dementsprechend ihr Betriebserlös könnte - aufgrund der entsprechenden Anonymisierung von Teilen ihrer Getränkelieferungen - von der Finanzbehörde nicht ermittelt werden.

Diese war dennoch in der Lage, die tatsächlichen Verkaufserlöse der Gastronomieunternehmen zu ermitteln und entsprechende, zwischenzeitig rechtskräftige Abgabenbescheide und Strafentscheidungen zu erlassen.

Der Angeklagte Mag. Josef S***** wusste als Unternehmensleiter im Wesentlichen, dass die ihm unterstellten Expeditmitarbeiter Bestellungen als „Barverkäufe“ auf die geschilderte Art entgegennahmen und diese in der Folge in seinem Unternehmen abgewickelt wurden. Ihm war auch bewusst, dass jeweils zumindest ein hoher Anteil der von Gastwirten solcherart bezogenen Waren von diesen weiterverkauft, dementsprechend Abgaben verkürzt und die Gastwirte durch die geschilderte Vorgangsweise in ihrem Entschluss hiezu bestärkt wurden.

Er gab zwar keine konkreten Anweisungen zu dieser Vorgangsweise, tolerierte diese aber, wobei er, als noch der ihm unmittelbar unterstellte Johann St***** im Expedit beschäftigt war, diesen anlässlich diesbezüglicher Besprechungen aufforderte, die „Barverkäufe“, die dieser auf Kundenwunsch durchführte, „einzudämmen“. St***** hatte die Modalität der „Barverkäufe“ bereits 1973 von seinem Vorgänger N. G***** übernommen.

Auch dem ab 1. Mai 1995 diese Tätigkeit übernehmenden Harald F***** gab der Erstangeklagte keine entsprechenden Weisungen. Der Genannte wurde von seinem Vorgänger in dieser Funktion eingeschult, wobei dieser ihm auch gegenständliche Vorgangsweise der Bestellungssplittung erklärte. Anders als mit Johann St***** wurde von seinem Vorgesetzten Harald F***** darüber nicht gesprochen (US 6 bis 9).

Der Angeklagte Anton R***** war ab 1973 zunächst als Buchhalter und Personalverrechner in der Brauerei S***** beschäftigt. Er wechselte 1988 bis 1993 in den Expedit, wo er ebenfalls unmittelbar Mag. S***** unterstellt war. Im Expedit war er zuständig für die logistische Abwicklung der Verleger und den Rampenverkauf, nicht jedoch für den Verkauf an Gastronomieunternehmen. Lediglich im Fall seiner Vertretungstätigkeit für Johann St*****, die ca 5 % seiner Arbeitskraft vereinnahmte, war er selbst mit der Annahme und Abwicklung der gegenständlichen Bestellungen der Wirte befasst, sodass er in dieser Zeit ca 5 % dieser Tätigkeit erledigte.

Mit 1. April 1997 wurde Anton R***** als Leiter des Innendienstes und der Logistik der Brauerei S***** eingesetzt. In dieser Funktion war er auch Vorgesetzter des damaligen Expeditleiters Harald F***** und diesem gegenüber weisungsberechtigt.

Auch Anton R***** wusste sowohl in der Zeit seiner Vertretungstätigkeit im Expedit bis 1993 als auch in der Zeit als Vorgesetzter ab 1. April 1997, dass die Mitarbeiter des Expedits Bestellungen als „Barverkäufe“ auf die geschilderte Art entgegennehmen und diese in der Folge auf die geschilderte Weise abgewickelt wurden. Auch ihm war bewusst, dass jeweils zumindest ein hoher Anteil der von den Gastwirten solcherart bezogene Waren von diesen weiterverkauft, dementsprechend Abgaben verkürzt und die Gastwirte durch die genannte Vorgangsweise in ihrem Entschluss hiezu bestärkt wurden. Ebensowenig wie Mag. Josef S***** gab er aber entsprechende Anweisungen (US 9).

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat den Angeklagten, die in den Gegenausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde keine Einwände im Sinn der Z 2 bis 5a des § 281 Abs 1 StPO gegen die Urteilsfeststellungen erhoben hatten, obwohl ihnen dies offen stand (ON 98, 100; Ratz, WK-StPO § 285 Rz 14), vor dem Gerichtstag noch eine Frist für das deutliche und bestimmte Vorbringen solcher Einwände eingeräumt.

An Deutlichkeit mangelt es den Feststellungen zu der auf Abgabenhinterziehung durch die belieferten Wirte bezogenen Willensausrichtung des Angeklagten Mag. Josef S***** entgegen der daraufhin von ihm erstatteten Äußerung jedoch keineswegs (US 8; Z 5 zweiter Fall). Das Erstgericht ging - dem ersichtlich vorgebrachten Standpunkt zuwider - ohnedies nicht davon aus, dass durch den Weiterverkauf „eo ipso“ Abgaben verkürzt wurden (vgl US 7 unten).

Aus den äußeren Umständen, namentlich der Größe des Unternehmens, dessen Leitung durch Mag. Josef S*****, dem Ausmaß der Barverkäufe, seinem Verlangen nach deren „Eindämmung“ und einer Zeugenaussage über eine auf Schwarzgeschäfte eines belieferten Wirts bezogenen Äußerung des Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Verantwortung auf die festgestellte Willensausrichtung zu schließen (US 11 f), ist der erstatteten Äußerung zuwider, die übrigens nicht an der Gesamtheit der diesbezüglichen Urteilserwägungen Maß nimmt, unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (Z 5 vierter Fall).

Die Äußerung weckt auch keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen im Sinn der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO. Sie nimmt insoweit gar nicht auf konkrete Beweismittel Bezug. Gerade aus solchen müssten sich derartige Bedenken jedoch ergeben (RIS-Justiz RS0117446).

Der Angeklagte Anton R***** erhob keine Einwände der bezeichneten Art gegen die im Urteil getroffenen Feststellungen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise, nämlich in Ansehung des Freispruchs des Angeklagten Mag. Josef S*****, Berechtigung zu:

Entgegen der Ansicht des Schöffengerichts bedeutete die Aufhebung der §§ 129 und 132a BAO durch Art I Z 13 und 15 AbgÄG 1989, BGBl 1989/660, mit 29. Dezember 1989 nicht die Abschaffung jeder steuerlichen Buchführungspflicht in Betreff der in Rede stehenden Geschäftsfälle (§ 130 BAO):

Gemäß § 124 BAO idF vor dem StruktAnpG 2006, BGBl I 2006/100, iVm §§ 189 f UGB(vormals HGB, vgl BGBl I 2005/120 Art I Z 1) idF des RLG, BGBl 1990/475, hatte das Unternehmen „auch im Interesse der Abgabenerhebung“ (§ 124 BAO) Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen, und zwar dergestalt, dass sich die Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Die Eintragungen mussten vollständig und richtig vorgenommen werden (§§ 189 Abs 1, 190 Abs 2 UGB idF des RLG; vgl § 131 Abs 1 Z 2 BAO; Bydlinksi, RK UGB § 189 Rz 1; H. Torggler/U. Torggler in Straube, HGB § 189 Rz 3, § 190 Rz 6 f; Geist in Jabornegg, HGB § 189 Rz 5, § 190 Rz 5; Ritz, BAO3 § 124 Rz 11 f; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter, BAO § 124 Anm 4 f, 8).

Dem entsprach es nicht, einen Teil der an Wirte als Wiederverkäufer gelieferten Ware tatsachenwidrig als Barverkäufe an Endverbraucher zu verbuchen (vgl US 6 f).

An dieser Buchführungspflicht änderte der vom Erstgericht zur Begründung des Freispruchs angeführte Umstand (US 15) nichts, dass die speziell auf die Erfassung des Warenausgangs ausgerichtete Bestimmung des § 129 BAO und die Vorschrift des § 132a BAO über Belegerteilung vor Beginn des Tatzeitraums aufgehoben wurden (vgl Stoll, BAO 1449).

Inwiefern sich mit Blick auf das Salzburger GetränkesteuerG eine andere Beurteilung ergeben soll, lässt, wie anzumerken bleibt, die Argumentation des Angeklagten Mag. Josef S***** in der erwähnten Äußerung nicht erkennen.

Die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende Gutheißung gezielter Abstandnahme von einer den wahren Gegebenheiten entsprechenden Buchführung durch den Angeklagten Mag. Josef S***** (US 8, 14, vgl auch 11, 15) stellt ganz im Sinn des Beschwerdevorbringens einen von entsprechender Willensausrichtung getragenen Beitrag zu der im Urteil festgestellten Abgabenhinterziehung durch solcherart belieferte und damit in ihrem Entschluss zur Verkürzung von Abgaben bestärkte (US 8) Wirte im Sinn der §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG dar (Z 9 lit a; vgl BFH, 21. 1. 2004, XI R 3/03).

Der kausale Beitrag des Angeklagten lag demnach in einem aktiven Tun. Für die Strafbarkeit kommt es daher nach dem Grundsatz vom Vorrang des Tuns auf ein Unterlassen nicht an (Fuchs AT I7 37/15, Kienapfel/Höpfel AT13 Z 28 Rz 15 ff).

Angemerkt sei, dass das festgestellte Wissen des Angeklagten die Willenskomponente seines Vorsatzes inkludiert (vgl Fuchs AT I7 14/5, Kienapfel/Höpfel AT13 Z 15 Rz 10).

Daher war der Nichtigkeitsbeschwerde in Betreff des Angeklagten Mag. Josef S***** Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Freispruch dieses Angeklagten aufzuheben und mit Schuldspruch vorzugehen.

Bei Bemessung der Strafe war kein Umstand als erschwerend zu werten, als mildernd jedoch, dass der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen sowie dass er die Taten schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat.

Angesichts der mittlerweile insgesamt durchaus längeren Verfahrensdauer - die abgesehen davon, dass von der Erst- bis zur Vollanzeige mehr als drei Jahre vergingen (ON 2, 12), unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass das im ersten Rechtsgang am 31. Mai 2006 verkündete Urteil den Parteien erst über ein Jahr später, nämlich Ende Juni 2007 zur Rechtsmittelausführung zugestellt wurde (ON 60), vom Einlangen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang beim Landesgericht Salzburg bis zum Beginn der Hauptverhandlung im zweiten viereinhalb Monate verstrichen (ON 77, 86) und das nun vorliegende Urteil erst sechseinhalb Monate nach Verkündung der Finanzstrafbehörde zur Rechtsmittelausführung zugestellt wurde (ON 91, 92) - sah sich der Oberste Gerichtshof zum Ausgleich des darin gelegenen Konventionsverstoßes (Art 6 Abs 1 MRK) zu einer Herabsetzung der angemessenen Strafe von 240.000 Euro um 60.000 Euro bestimmt.

Auch nur teilweiser bedingter Nachsicht der Strafe standen angesichts des viele Jahre hindurch gepflogenen systematischen Vorgehens zum Zweck der Abgabenhinterziehung vor allem generalpräventive Belange entgegen.

Hingegen liegen betreffend den Angeklagten Anton R***** keine ausreichend deutlichen Feststellungen vor, aus denen sich ein gerichtlich strafbares Verhalten ergäbe, ohne dass die Finanzstrafbehörde dies aus Z 5 erster Fall des § 281 Abs 1 StPO beanstandet (oder aber mit Blick auf Z 9 lit a einen Feststellungsmangel reklamiert) hat.

Den Entscheidungsgründen zufolge betraf die vertretungsweise Tätigkeit des Angeklagten bei Abwicklung der Barverkäufe bis 1993 einen im Urteil nicht näher genannten Verkürzungsbetrag, bei dem die Wertgrenze zur gerichtlichen Strafbarkeit „unter keinen Umständen gegeben“ ist (US 15). In welchem Maß er im Jahr 1997, in dem er ab 1. April Vorgesetzter des Expeditleiters war, weitere Abgabenverkürzungen durch Wirte förderte und ob sich damit ein insgesamt über der Wertgrenze liegender Betrag ergäbe, ist den Entscheidungsgründen nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Bestimmtheit (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zu entnehmen.

Daher war die Nichtigkeitsbeschwerde in Betreff dieses Angeklagten zu verwerfen.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Mag. Josef S***** beruht auf §§ 389 Abs 1, 390a Abs 1 StPO.

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