European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00095.14H.0828.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Laszlo H***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 14. Mai 2009 in B***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Gertrud A***** mit Gewalt gegen ihre Person unter Verwendung einer Waffe im Ersturteil bezeichnete Wertgegenstände im Gesamtwert von 27.500 Euro weggenommen, indem er sie von hinten packte und in ihr Wohnhaus zerrte, sie mehrmals zu Boden warf, ihr mit der Faust ins Gesicht schlug, ihr mit einem hölzernen Schuhspanner auf den Kopf schlug und sie fesselte, anschließend das Haus durchsuchte und mit der Beute die Flucht ergriff.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten, er habe Gertrud A***** erst Schläge versetzt, nachdem er sämtliche Wertgegenstände bereits an sich genommen hatte, um sich die Flucht zu ermöglichen, keineswegs unerörtert gelassen (US 8 ff).
Ebensowenig trifft der in der Nichtigkeitsbeschwerde ‑ im Übrigen ohne nähere Bezeichnung der übergangenen Beweisergebnisse (vgl RIS‑Justiz RS0118316 [T5]) ‑ erhobene Vorwurf zu, die Tatrichter hätten „zahlreiche Widersprüche“ und „wesentliche Aussagen der Zeugin A*****“ unberücksichtigt gelassen. Indem sich das Rechtsmittel gegen die erstgerichtlichen Ausführungen betreffend die Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugin richtet, wonach es durchaus nachvollziehbar sei, dass sie sich aufgrund des erlittenen Schocks an Details oder den genauen Ablauf nicht erinnern könne, bekämpft es bloß nach Art einer ‑ im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen ‑ Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Weiters wendet sich die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) gegen die vom Schöffengericht getroffene Negativfeststellung, wonach nicht geklärt werden könne, ob der Angeklagte den Haustorschlüssel, welchen das Opfer in der Hand gehalten hatte, zum Aufsperren verwendete oder bereits davor das Haustor von innen mit einem dort befindlichen Schlüssel geöffnet hatte, spricht damit aber keine entscheidende Tatsache an (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399).
Die den Schlag mit einem Gegenstand auf den Kopf des Opfers in Abrede stellende Verantwortung des Angeklagten wurde entgegen dem diesbezüglichen Vorwurf der Nichtigkeitsbeschwerde (neuerlich Z 5 zweiter Fall) nicht übergangen (US 9).
Die Urteilsannahme betreffend den Schlag mit einem hölzernen Schuhspanner blieb der Beschwerde zuwider keineswegs unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), stützte sich doch das Erstgericht insoweit auf die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, wonach ein „plausibles Verletzungsmuster mit einem stumpfen Gegenstand“ vorliege, sowie auf den Umstand, dass am Tatort ein solcher Schuhspanner vorgefunden wurde, auf welchem der als Zeuge vernommene Polizeibeamte Johann E***** eine Blutspur wahrgenommen hatte (US 10). Mit den Beschwerdeausführungen, es sei gleich plausibel, dass das Opfer gestürzt und auf den Schuhspanner gefallen ist, wird neuerlich bloß die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft, ohne einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 aufzuzeigen.
Soweit sich die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ausschließlich unter Bezugnahme auf die Aussage der Zeugin Ilse P***** (betreffend die Beobachtung des Angeklagten nach der Tat mit einem Plastiksack, US 10 f) gegen die Konstatierung, wonach der Angeklagte sich durch die Gewaltanwendung nicht bloß die Flucht ermöglichen wollte, wendet, ohne auf die übrigen diesbezüglichen Erwägungen im Urteil einzugehen, bringt sie den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung. Die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung bloß einzelner von mehreren erheblichen Umständen, die erst in der Gesamtschau mit anderen zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen führen, kann nämlich aus Z 5 nur dann bekämpft werden, wenn die Tatrichter darin erkennbar eine notwendige Bedingung für Feststellungen hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache erblickt hätten (RIS‑Justiz RS0116737, RS0099507), was hier gerade nicht der Fall ist.
Mit dem weiteren Vorbringen, wonach die Feststellung, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Gewaltausübung gegen Gertrud A***** die Wertgegenstände noch nicht an sich genommen hatte, unbegründet geblieben wäre (Z 5 vierter Fall), setzt sich der Rechtsmittelwerber abermals über die darauf abstellende Urteilsbegründung hinweg (US 10 ff).
Inwiefern die Annahme des Erstgerichts zur Wegnahme sämtlicher Gegenstände erst nach der Gewaltausübung „aktenwidrig“ (nominell Z 5a, inhaltlich Z 5 letzter Fall) sein sollte, weil der Angeklagte „vor dem Betreten durch die Zeugin A***** wesentlich mehr Zeit hatte, im Haus die vorgefundenen Wertgegenstände mitzunehmen“, bleibt unerfindlich (vgl zum Begriff der Aktenwidrigkeit Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 467).
Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt ‑ wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583). Indem der Rechtsmittelwerber neuerlich auf seine Verantwortung verweist, wonach er nach der von ihm eingestandenen Gewaltanwendung gegen das Opfer keine Gegenstände an sich genommen habe, gelingt es nicht, beim Obersten Gerichtshof derartige Bedenken zu wecken.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810). Indem der Nichtigkeitswerber in seiner Rechts‑ und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und Z 10), lediglich seine Ausführungen aus Z 5 wiederholt, verfehlt er prozessordnungskonforme Ausführung.
Das unter Z 10 erstattete Vorbringen, der Einsatz räuberischer Mittel wäre keinesfalls vom Tatplan erfasst gewesen, der Angeklagte habe sich bloß seine Flucht ermöglichen wollen, setzt sich über die gegenteiligen Urteilskonstatierungen (US 5 ff) hinweg.
Mit dem weiteren Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10), wonach der Tatbestand des räuberischen Diebstahls nach § 131 StGB vorliege, wird die Feststellung der Tatrichter ignoriert, wonach der Angeklagte im Zeitpunkt der Gewaltausübung die Wertgegenstände noch nicht an sich genommen hatte (US 11).
In Bekämpfung der Annahme der Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB leitet die Subsumtionsrüge (Z 10) die geforderte rechtliche Konsequenz nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (vgl RIS‑Justiz RS0118416), indem sie fehlende Gleichwertigkeit mit einer Waffe im Sinn des Waffengesetzes bloß behauptet, ohne darzulegen, weshalb ein hölzerner Schuhspanner ungeeignet sein sollte, bei dessen Einsatz zur Gewaltanwendung gegen eine Person die Abwehrfähigkeit des Opfers unmittelbar herabzusetzen und solcherart den Gewahrsamsbruch zu erleichtern (vgl Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 143 Rz 16; Fabrizy StGB11 § 143 Rz 4; RIS‑Justiz RS0093928).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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