OGH 12Os80/16f

OGH12Os80/16f14.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Zuhair Z***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 16. Februar 2016, GZ 27 Hv 135/15m‑41, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00080.16F.0714.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zuhair Z***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (1./) und des Vergehens des Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127 StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach hat er in I***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

1./ am 12. November 2015 Ayaanle O***** 500 Euro Bargeld mit Gewalt weggenommen, indem er diesen mit einem Faustschlag gegen die Stirn zu Boden schlug, sich sodann auf ihn kniete, ihm neuerlich ins Gesicht schlug und in der Folge das Bargeld aus dessen Geldtasche entnahm;

2./ am 11. November 2015 versucht, Gewahrsamsträgern des Unternehmens I***** eine Flasche Wodka im Wert von 11,99 Euro sowie vier Telefonwertkarten im Gesamtwert von 59,60 Euro wegzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schulspruch zu 1./ und den Sanktionsausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0106588).

Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Dafür aber müssen die die Aufrichtigkeit von Zeugen angeblich ernsthaft in Frage stellenden, gleichwohl unerörtert gebliebenen Tatumstände deutlich und bestimmt bezeichnet werden. Der Bezugspunkt besteht dabei nicht in der Sachverhaltsannahme der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (RIS‑Justiz RS0119422 [T4]), womit sich das Ausmaß der im Einzelfall geltenden Erörterungspflicht entsprechend reduziert (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 432).

Diesen Bezugspunkt verfehlt der Nichtigkeitswerber mit dem Einwand, die Tatrichter seien in Ansehung der Feststellungen zu Schuldspruch 1./ den Aussagen des als glaubwürdig beurteilten Opfers Ayaanle O***** gefolgt (US 6; US 8, 11), ohne dessen divergierende Angaben gegenüber Mitarbeitern der In***** GmbH (A*****), der Polizei und vor Gericht zum exakten Tatort (vgl US 4), sowie – insoweit ohne dass der Schöffensenat dazu Feststellungen getroffen hätte – zur Stückelung des geraubten Geldbetrags von 500 Euro, dem Zeitpunkt der Verständigung der Polizei und betreffend sein Mobiltelefon zu erörtern.

Die Erklärung der Tatsachenrüge (Z 5a), auf die Ausführungen der Mängelrüge (Z 5) zu verweisen, orientiert sich nicht an den Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrenseinräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583).

Indem sich die Tatsachenrüge (Z 5a) mit eigenen beweiswürdigenden Erwägungen erneut gegen die vom Schöffensenat bejahte Glaubwürdigkeit des Zeugen Ayaanle O***** wendet, bewegt sie sich außerhalb des dargestellten Anfechtungsrahmens.

Aus dem zweiten und dritten Anwendungsfall der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO kann nur die rechtsfehlerhafte Bewertung von Strafzumessungstatsachen bekämpft werden, nicht aber die Feststellung des Strafzumessungssachverhalts ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 680; RIS‑Justiz RS0099869). Dies verkennt die Beschwerde mit dem Einwand, die Begehung während des anhängigen Strafverfahrens zu AZ 23 Hv 65/15p des Landesgerichts Innsbruck sei – zufolge dessen rechtskräftigen Abschlusses vor Begehung der hier urteilsgegenständlichen Taten – zu Unrecht als erschwerend (vgl RIS‑Justiz RS0091048) berücksichtigt worden (US 15).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO).

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