Spruch:
Martina P***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Über die Beschwerdeführerin wurde am 23. Oktober 2005 die Untersuchungshaft verhängt und in Haftverhandlungen am 7. November 2005 sowie am 1. Februar 2006 - jeweils im Instanzenzug bestätigt - verlängert.
Mit dem angefochtenen Beschluss ordnete der Gerichtshof zweiter Instanz - über Beschwerde (ON 270) gegen einen nach Haftverhandlung ergangenen Beschluss des Untersuchungsrichters vom 2. Mai 2006 (ON 266) - die neuerliche Fortsetzung der Untersuchungshaft an. Themengleich mit ihrem ordentlichen Rechtsmittel erblickt die zwischenweilig rechtswirksam wegen des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a Z 1, 2 und 3 StGB, des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahles durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 2 und 4, 130 zweiter, dritter und vierter Fall; 15 StGB, des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1, Abs 2; 15 StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB Angeklagte (ON 287; S 3ag verso) eine Verletzung des Grundrechts auf „rechtlichen Beistand iSd Art 6 Abs 1 lit c MRK" in der Haftverhandlung vom 2. Mai 2006 (ON 292).
Rechtliche Beurteilung
Diese wurde - nachdem sich die Akten in der Zeit vom 21. April bis 2. Mai 2006 bei der Staatsanwaltschaft befanden und vom Untersuchungsrichter am 2. Mai 2006 - dem letzten Tag der zuletzt ausgelösten zweimonatigen Haftfrist - durch Boten beigeschafft worden waren (S 3 ab verso, 3ac) - in den Morgenstunden des letztgenannten Tages für 13.00 Uhr anberaumt. Eine Zustellung der Ladung an den Verteidiger mit Kanzleisitz in Innsbruck per Telefax und Telefon (S 3ac) scheiterte ebenso wie der Versuch, mit den ständigen Substituten des Verteidigers in Klagenfurt Kontakt aufzunehmen (ON 1 S 3qc verso) und ein Zustellversuch durch die damit beauftragte Bundespolizeidirektion Innsbruck, weil die Übernahme vom Verteidiger verweigert wurde (ON 264, ON 1, S 3ac). Daraufhin beschloss der Untersuchungsrichter die auf die Durchführung der Haftverhandlung beschränkte Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 3 StPO (ON 267). Die Rechtsanwaltskammer für Kärnten bestellte einen ortsansässigen Rechtsanwalt zum Amtsverteidiger, der - vom Untersuchungsrichter in die Sache eingewiesen (S 3ad) - die Haftverhandlung verrichtete (ON 265, 285).
Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz ist frei von Grundrechtsverletzungen.
Weil für Haftverhandlungen (anders als für Hauptverhandlungen) im Gesetz keine Vorbereitungsfristen vorgesehen sind, ist selbst eine kurzfristige Verständigung des Verteidigers vom Termin nicht unzulässig, zumal dieser - wie hier - vom Ende der Haftfrist in Kenntnis war und daher von einer an ihrem letzten Tag anberaumten Haftverhandlung in einer seine Vorbereitung beeinträchtigenden Weise nicht überrascht werden konnte (RIS-Justiz RS0097664). Im gegebenen Kontext ist festzuhalten, dass ein vom Gerichtsort verschiedener Niederlassungsort des Verteidigers mangels Unvorhersehbarkeit oder Unabwendbarkeit eines Ereignisses keinen Verlegungsgrund für die Haftverhandlung nach § 181 Abs 4 StPO begründet. Der Verteidiger ist in einem solchen Fall vielmehr verpflichtet, bei - wie hier - eindeutig absehbarer kurzfristig erforderlicher Disposition seitens des Untersuchungsrichters im Mandanteninteresse entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Der gemäß §§ 2, 20 ZustG gesetzwidrigen und grob pflichtwidrigen Vorgangsweise des Wahlverteidigers, die Annahme der (ihrerseits dem Beschwerdestandpunkt zuwider nicht ungesetzlichen) Ladung zur Haftverhandlung zu verweigern (ON 264), konnte demzufolge nur gemäß § 42 Abs 4 StPO (RIS-Justiz RS0097670 [12 Os 91/95]) oder durch Bestellung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 3 StPO für die Haftverhandlung - trotz aufrechter Wahlverteidigung - ohne Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit (RIS-Justiz RS0119254) begegnet werden, da das Einschreiten des Amtsverteidigers dem Gebot des § 182 Abs 3 StPO genügte (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 148; teilweise anderer Ansicht Achammer, WK-StPO § 41 Rz 53; zum statt des bestellten Verfahrenshelfers einschreitenden Pflichtverteidiger RIS-Justiz RS0098186 [11 Os 71/95]).
Da die Rechtsmittelwerberin auch im Übrigen keine dem Grundrechtsbeschwerdegesetz unterliegende Verfahrensverstöße - etwa eine konkrete Beeinträchtigung ihrer verfassungsmäßig geschützten Freiheit durch mangelnde Verteidigungsmöglichkeit - aufzuzeigen vermag, war die Beschwerde ohne Kostenersatzanspruch abzuweisen.
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