OGH 12Os157/16d

OGH12Os157/16d26.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Petru N***** wegen Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Oktober 2016, GZ 91 Hv 50/16p‑57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00157.16D.0126.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Petru N***** (richtig [vgl 12 Os 58/15v]) der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (I./A./), des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 erster Fall StGB (I./B./1./), des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (I./B./2./), des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (II./) und der Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15 Abs 1, 201 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, jeweils unter Verwendung einer Waffe,

A./ am 23. November 2014 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) mittels Vorhaltens eines abgebrochenen Bierglases den Genannten die nachangeführten Gegenstände abgenötigt, wobei er die Drohung dadurch unterstrich, dass er das Bierglas im Bereich seiner Kehle und seiner Handgelenke hin‑ und herbewegte,

1./ Theresa W***** ein Mobiltelefon im Wert von 330 Euro sowie 30 Euro Bargeld,

2./ Antonia H***** ein Mobiltelefon im Wert von 500 Euro sowie 20 Euro Bargeld;

B./ am 8. Februar 2016

1./ mit Gewalt gegen Andriy T***** und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) diesem einen Laptop wegzunehmen und abzunötigen versucht, indem er ihn zunächst aufforderte, ihm den Computer zu schenken, und, als er dies ablehnte, mit einem Messer mit einer Klingenlänge von ca 7 cm auf dessen Oberschenkel einstach, auf ihn einschlug, den Laptop an sich nehmen wollte und, als Andriy T***** ihn davon abzuhalten versuchte, nochmals mehrfach auf ihn einstach, sodass dieser je zwei Stichwunden in beiden Oberschenkeln, eine Prellung und einen Bluterguss im linken Gesichtsbereich, mehrfache oberflächliche Schnittwunden am rechten Handgelenk sowie einen Bruch des linken Ringfingers, somit durch die ausgeübte Gewalt eine schwere Körperverletzung mit länger als 24 Tagen dauernder Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit (§ 84 Abs 1 StGB) erlitt,

2./ durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Andriy T***** einen Bargeldbetrag von 200 Euro abzunötigen versucht, indem er ihm ein Messer an die Kehle hielt und von ihm diesen Betrag forderte;

II./ am 8. Februar 2016 ein Mobiltelefon im Wert von 200 Euro Andriy T***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen;

III./ am 23. November 2014 Theresa W***** und Antonia H***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich der lingualen Penetration (US 8), zu nötigen versucht, indem er das zu I./A./ genannte abgebrochene Bierglas drohend in der Hand hielt und der Antonia H***** über der Strumpfhose an die Scheide griff, wobei er zuvor gegenüber beiden Frauen sinngemäß äußerte, dass er mit ihnen zwar nicht schlafen, sie jedoch lecken wolle.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und „9 a“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zu den Schuldsprüchen I./A./1./ und 2./ wendet sich die Rüge gegen die Annahme der Qualifikation des § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (der Sache nach Z 10). Sie leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, welcher weiteren Feststellungen „zum Glas“ es zusätzlich zu den Konstatierungen, wonach der Beschwerdeführer den Raub unter Verwendung eines abgebrochenen Bierglases mit gesplittertem Glasrand beging (US 6), für die rechtsrichtige Subsumtion bedurft hätte (RIS-Justiz RS0095939; vgl dazu RIS‑Justiz RS0093928 [insb T29]).

Der weitere Einwand (der Sache nach erneut Z 10), es lägen zu den Schuldsprüchen I./A./1./ und 2./ keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der Waffenqualifikation vor, ist angesichts der Feststellungen, wonach dem Beschwerdeführer bewusst war, dass das bloße Halten des abgebrochenen Bierglases auf die Mädchen einschüchternd und bedrohlich im Sinne einer unmittelbaren gegenwärtigen Gefahr für ihr Leib und Leben wirkte und es ihm gerade darauf ankam, er sich also des Glasstumpfes als zur Drohung eingesetzter Waffe zur Durchsetzung seiner Forderungen wissentlich und willentlich bediente (US 7), unverständlich.

Die eine Verurteilung nach § 127 StGB anstrebende Beschwerdebehauptung (der Sache nach Z 10) zu den Schuldsprüchen I./A./1./ und 2./, der Angeklagte habe den Zeuginnen (nur) mit einer Selbstverletzung gedroht, orientiert sich prozessordnungwidrig nicht an den Feststellungen (RIS‑Justiz RS0099810), wonach das Zeigen von Schnittbewegungen mit dem Glas von den Mädchen nur dahingehend verstanden werden konnte, dass der Angeklagte sie bei Nichtentsprechen seiner Forderungen mit dem Glas verletzen, wenn nicht gar töten würde, ihm dies bewusst war und er eben diesen Eindruck bei den Schülerinnen erwecken wollte (US 7).

Diese Feststellung gründete das Erstgericht der Beschwerdekritik (Z 5 vierter Fall) zuwider mängelfrei auf die für uneingeschränkt glaubwürdig befundenen Angaben der Zeuginnen Antonia H***** und Theresa W***** sowie das objektive Tatgeschehen (US 10 und 12).

Inwiefern die Aussage des Zeugen Andriy T*****, wonach der Beschwerdeführer den Laptop an sich gerissen und erst beim Versuch des Opfers, ihm den Computer wieder wegzunehmen, mit dem Messer zugestochen habe (ON 56 S 36, 38 und 39), in erörterungsbedürftigem Widerspruch (Z 5 zweiter Fall) zu den eben diesen Geschehensablauf wiedergebenden Feststellungen zu Schuldspruch I./B./1./ (US 8 f) stehen sollte, ist nicht nachvollziehbar.

Die eine Verurteilung nach § 131 StGB anstrebende Rüge (der Sache nach Z 10) zu Schuldspruch I./B./1./ wird mit der bloßen Behauptung, die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts sei verfehlt, nicht hinreichend substantiiert (RIS‑Justiz RS0099620 [T2]) und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erwiderung.

Im Übrigen ist Raub und nicht räuberischer Diebstahl auch dann anzunehmen, wenn die vom Täter ohne Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erlangte, jedoch im Machtbereich des Opfers verbliebene Sache sodann durch die spontane Anwendung räuberischer Mittel diesem endgültig entzogen wird (RIS‑Justiz RS0093767 [T4]).

Entgegen der Beschwerdekritik zu Schuldspruch I./B./2./ (der Sache nach Z 5 vierter Fall) hat der Zeuge Andriy T*****, auf dessen als nachvollziehbar und glaubhaft beurteilte Schilderungen die Tatrichter ihre bezughabenden Konstatierungen gründeten (US 11), ausdrücklich ausgesagt, dass der Beschwerdeführer ihm zur Unterstreichung seiner Drohung ein Messer an die Kehle hielt (ON 56 S 41 f, ON 23 S 46 iVm ON 56 S 48).

Die bloße Behauptung zu Schuldspruch I./B./2./,„zu Unrecht wurde eine Qualifikation nach §§ 15, 142, 143 StGB vorgenommen“ (der Sache nach Z 10), ist mangels Substantiierung einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich (erneut RIS‑Justiz RS0099620 [T2]).

Das Vorbringen (nominell Z „9a“, der Sache nach Z 10) zu Schuldspruch III./, durch die Feststellungen US 8 sei „eventuell der Tatbestand des § 218 StGB erfüllt – wobei eine Ermächtigung zur Strafverfolgung der Zeugin nicht vorliegt – jedoch nicht das Verbrechen nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB“ erschöpft sich einmal mehr in der bloßen Rechtsbehauptung, ohne die angestrebte rechtliche Konsequenz methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS‑Justiz RS0116569).

Der weitere Einwand (Z 9 lit a) zu Schuldspruch III./, das Erstgericht habe keine Feststellungen zu einem „zumindest groben Plan über den weiteren Tatverlauf“ des Angeklagten getroffen, ignoriert die Konstatierungen US 7 f iVm US 13 und verfehlt solcherart erneut prozessordnungsgemäße Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099775).

Soweit sich die Beschwerde mangels ausdrücklicher Einschränkung der Anfechtungserklärung auch gegen den Schuldspruch II./ wendet, diesen jedoch inhaltlich unbekämpft lässt, mangelt es schon an deutlicher und bestimmter Bezeichnung eines Nichtigkeitsgrundes (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO), weshalb insoweit auf sie keine Rücksicht zu nehmen war.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Über die Berufung wird das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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