Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen Privatbeteiligtenzuspruch enthaltenden Urteil wurde Angelo V***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 erster Fall StGB sowie des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nachgenannte durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die diese bzw deren Unternehmen am Vermögen schädigten, und zwar
1) zwischen 11. November 2002 und 24. April 2003 in M***** in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigte der R***** reg GenmbH zur Übernahme von Haftungen (Avalkredit) und Auszahlungen von Kreditvaluta (Schaden: 45.086 Euro),
2) im April 2005 in Wien Verfügungsberechtigte der V***** AG - diese zudem durch Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit der von ihm vertretenen Vi***** GmbH - zur Gestattung der Kontoüberziehung (Schaden: 10.000 Euro),
wobei er den Betrug mit einem insgesamt 55.086 Euro betragenden Schaden gewerbsmäßig und (betreffend Faktum I/1) unter Vorlage inhaltlich unrichtiger von ihm selbst angefertigter Urkunden, die ihm Mieteinnahmen von 2.000 Euro sowie einen Verdienst von 7.500 Euro monatlich bescheinigten, sohin unter Benützung eines falschen Beweismittels zur Täuschung beging;
II./ zwischen 29. Juni 2005 und 22. März 2007 in Wien und anderen Orten in oftmaligen Angriffen dadurch, dass er Zahlungen für Waren und Dienstleistungen mit seiner Mastercard ohne entsprechende Deckung auf dem bezughabenden Konto tätigte, die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen bzw einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch der E***** GmbH einen Vermögensnachteil in Höhe von insgesamt 13.215,84 Euro zugefügt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Die Kritik der Verfahrensrüge (Z 3), das dem Verteidiger am 11. Dezember 2008 zugestellte (in der Folge wieder dem Gericht rückgemittelte) Protokoll der Hauptverhandlung vom 11. November 2008 enthalte weder die Unterschrift des Vorsitzenden noch der beigezogenen Schriftführerin (siehe S 13 f der mit dem Eingangsvermerk des Rechtsmittelwerbers „eingelangt am: 11. Dez. 2008" versehenen ON 47), wodurch ein Protokoll im Sinne des § 271 StPO weder vorliege noch geführt worden sei, geht schon deshalb fehl, weil nur die Urschrift des fertiggestellten Hauptverhandlungsprotokolls vom Vorsitzenden und dem allenfalls beigezogenen Schriftführer zu unterschreiben ist. Einer Unterschrift des Richters (und folgerichtig: auch des Schriftführers) bedürfen die für die Parteien bestimmten Ausfertigungen des Protokolls nicht (Danek, WK-StPO § 271 Rz 39). Das im Akt erliegende, allein maßgebliche Original ist jedoch ohnedies vom Vorsitzenden und der Schriftführerin unterfertigt (ON 47/S 13).
Schließlich sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass der Inhalt der vom Rechtsmittelwerber ins Treffen geführten Protokollsabschrift von jenem des - im Original im Akt befindlichen - Hauptverhandlungsprotokolls (abgesehen von dem infolge eines offenkundigen Übertragungsfehlers erfolgten, dem Angeklagten aber nicht zum Nachteil gereichenden Einschub des Beratungsprotokolls des Schöffensenats in der vom Beschwerdeführer relevierten Ausfertigung auf Seite 14) nicht abweicht.
Soweit der Nichtigkeitswerber - zur Darlegung der Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels - angebliche Protokollierungsmängel behauptet, verkennt er, dass nur die Nichtaufnahme eines Hauptverhandlungsprotokolls, nicht aber dessen Inhalt unter Nichtigkeitssanktion steht (§ 271 Abs 1 erster Satz iVm § 281 Abs 1 Z 3 StPO; RIS-Justiz RS0113211; Danek, WK-StPO § 271 Rz 4). Protokollierungsfehler bilden demnach keinen Gegenstand der Verfahrensrüge; dafür steht bloß ein Berichtigungsantrag gemäß § 271 Abs 7 StPO offen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 262).
Der durch die isolierte Hervorhebung der im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) enthaltenen Wortfolge „die diese bzw deren Unternehmen am Vermögen schädigten" sowie „gewerbsmäßig" ohne Anführung, welche Handlung dem zugrunde liegt, erhobene Vorwurf dessen nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO nichtigkeitsbegründender Undeutlichkeit nimmt nicht Maß am Schuldspruch in seiner Gesamtheit sowie an den Entscheidungsgründen (vgl US 6 f zu dem bei den jeweiligen Banken eingetretenen Schaden sowie US 7 f zur gewerbsmäßigen Tendenz des Angeklagten), welche mit diesem eine Einheit bilden. Die angenommenen Umstände machen den Sachverhalt jedoch zweifelsfrei unterscheidbar und abgrenzbar und lassen solcherart eine hinreichende Individualisierung der Taten keineswegs vermissen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 278; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 8, 13).
Aber selbst wenn Geschädigte und Getäuschte einer Straftat gegen fremdes Vermögen nicht mehr feststellbar wären, würde dies nicht zwangsläufig zu deren mangelnder Individualisierung führen (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 15). Auch durch die Anführung des Worts „gewerbsmäßig" im Urteilsspruch ist dem Gebot der ausdrücklichen Bezeichnung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände genüge getan (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 19).
Dass der Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) selbst - wie der Beschwerdeführer offenbar vermeint - die Annahme von Gewerbsmäßigkeit begründenden Tathandlungen enthalten müsste, ist unrichtig. Indem die Mängelrüge (Z 5) eine tatsächliche Verlesung der ON 2, 3, 7, 8, 10, 11 und 42 gemäß § 252 Abs 2 StPO in der Hauptverhandlung vom 11. November 2008 bestreitet und daraus pauschal die offenbar unzureichende Begründung des Urteils ableitet, übergeht sie bereits den eindeutigen Wortlaut des ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokolls (S 21 in ON 47).
Zwischen den tatrichterlichen Feststellungen, wonach zunächst (im September 2002) kein Überziehungsrahmen mit dem Angeklagten vereinbart wurde und es auch zu Einzahlungen auf dessen Konto kam (US 5) einerseits und der erstgerichtlichen Konstatierung, dass der Angeklagte - was die Beschwerde übergeht - in der Folge, nämlich am 11. November 2002, vorsätzlich Angestellte der R***** reg GenmbH durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung eines Überziehungsrahmens verleitete (US 6 letzter Absatz iVm US 5 vierter Absatz bis US 6 zweiter Absatz), andererseits besteht der Rüge zuwider kein innerer Widerspruch (Z 5 dritter Fall). Vielmehr können beide Feststellungen sehr wohl zwanglos nebeneinander bestehen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438).
Mit der bloßen - nicht näher substantiierten - Behauptung, für den Fall der Nichtannahme des oben behaupteten Widerspruch sei der deliktsspezifische Täuschungs- und Schädigungsvorsatz jedenfalls unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht deutlich und bestimmt bezeichnet. Weshalb gleiches für die vom Erstgericht auf US 7 unten getroffene Feststellung, der Angeklagte hätte den Vorsatz gehabt, die Bankangestellten der V***** AG, Filiale K*****, durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung eines Überziehungsrahmens zu verleiten, gelten sollte, bleibt gänzlich unbegründet. Der Einwand ist daher einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich.
Soweit die Mängelrüge den Erwägungen des Schöffengerichts (zu I./1), dass sich die Feststellungen zur subjektiven Tatseite schon aus dem äußeren Geschehen, wonach der Angeklagte eben nicht über entsprechende Einkünfte verfügte, die ihm eine Rückzahlung ermöglicht hätten, abzuleiten seien und sich auch aus der mangelnden Rückzahlung nach der Tat ergäben (US 10), eigene Beweiswerterwägungen entgegensetzt und daraus für den Angeklagten günstigere Schlüsse zieht, rügt sie die tatrichterliche Beweiswürdigung lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung, ohne einen formellen Begründungsmangel im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.
Inwiefern sich aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Bestätigung der Staatsanwaltschaft Berlin (S 367 in ON 38), wonach bei dieser Behörde zehn Aktenordner mit Unterlagen der Vi***** GmbH sowie drei Ablagen mit losen Unterlagen zur Abholung bereit lagen, ein die Verantwortung des Angeklagten, darin befänden sich „die Überweisungsakten" stützender und daher erörterungsbedürftiger Umstand ergeben sollte, ist aus dem Beschwerdevorbringen nicht ersichtlich.
In Entsprechung des Grundsatzes zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 1 Z 5 StPO) haben die Tatrichter unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die bloße Behauptung des Angeklagten über konkrete Großaufträge verfügt zu haben, die Eingänge erwarten ließen, die ihn zur vollständigen Rückzahlung befähigt hätten (S 365 in ON 38), ablehnten (US 9 f). Soweit der Angeklagte zu I./2 unter Hinweis auf das isoliert aus dem Zusammenhang gelöste Feststellungsdetail, demzufolge er bei seinem Ersuchen um Gewährung eines Überziehungsrahmens nichts von den bestehenden Zahlungsschwierigkeiten und anhängigen Exekutionen erwähnt habe (US 7), das Vorliegen einer aktiven Täuschungshandlung in Abrede stellt, auf die vom Erstgericht nicht angenommenen Voraussetzungen des § 2 StGB hinweist und daraus die Relevanz der von ihm vermissten Konstatierung, er sei hiezu gar nicht befragt worden, ableitet (der Sache nach Z 9 lit a), argumentiert er nicht auf der Grundlage des gesamten Urteilssachverhalts (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584), wonach er seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit durch sein Gesamtverhalten aktiv vorgetäuscht hat (US 7 erster Absatz). Damit verfehlt die Rechtsrüge aber den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Mit der Behauptung, die Feststellung, er hätte um einen Überziehungsrahmen ersucht (gemeint wohl US 7 zweiter Absatz), sei völlig unbegründet geblieben, übergeht der Nichtigkeitswerber die das Urteilsfaktum I./2 betreffenden Ausführungen der Beweiswürdigung (insbesondere US 10).
Der zu II. vorgetragene Einwand, das Argument des Erstgerichts, der Erhalt von Mahnungen sei als Indiz für das Vorliegen der subjektiven Tatseite zu werten, übergehe die Verantwortung des Angeklagten, diese Schreiben gar nicht gelesen zu haben, unterlässt die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394), indem sie die weiteren Erwägungen des Erstgerichts außer Acht lässt, wonach der Beschwerdeführer selbst zugestanden hat, dass er die Mahnungen erhielt, nicht bezahlen gekonnt und dennoch weitere Zahlungen mit der Mastercard vornahm (US 11).
Entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat das Erstgericht die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten aus den gewonnenen Beweisergebnissen, nämlich insbesondere den Angaben der Zeugen Eva B*****, Mag. Burkhard S*****, Christian W*****, Walter We*****, Mag. Tamara Sch***** und Doris Sl*****, den vorliegenden Urkunden (Kontoeröffnungsvertrag vom 18. September 2002, Avalkreditvertrag vom 11. November 2002, Girokontovertrag vom 19. Juli 2004, Kontoauszug und Auszug aus dem Exekutionsregister, Kreditkartenvertrag, Abbuchungen und Mahnschreiben des Kreditkartenunternehmens und die vom Angeklagten ausgestellten Bestätigungen über Mieteinnahmen und Einkünfte) sowie den äußeren Tatumständen, nämlich den Schulden des Angeklagten zum fraglichen Zeitraum, mangelnden Unterlagen zu regelmäßigen Gehaltseingängen, der Vorlage inhaltlich unrichtiger Bestätigungen der Vi***** GmbH, die einerseits vor deren Eintragung in das Firmenbuch, in der Folge von ihm selbst angefertigt wurden (US 5, 9 f), der Anzahl der Fakten sowie (zu II.) den widersprüchlichen Angaben des Angeklagten zur Verwendung der Mastercard logisch und empirisch einwandfrei abgeleitet. Dabei hat es auch die die subjektive Tatseite leugnende Verantwortung des Angeklagten in seine Erwägungen miteinbezogen, letztlich aber nicht für überzeugend befunden (US 9 ff). Das erkennende Gericht war aber weder dazu verhalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Angaben (und überhaupt alle Verfahrensergebnisse) in extenso zu erörtern und daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, noch musste es sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzen (RIS-Justiz RS0098377, RS0098778). Es genügt vielmehr, wenn das Gericht im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und schlüssig und zureichend begründet, warum es von der Richtigkeit der Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Soweit der Beschwerdeführer aus einzelnen, zum Teil aus dem Kontext gelösten Angaben der Zeugen B***** und We***** mit eigenständigen Beweiswerterwägungen seiner die subjektive Tatseite leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen sucht, kritisiert er abermals unzulässig - nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld - die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 451). Die vom Beschwerdeführer zu I./2 vermisste Feststellung, der Bankangestellte hätte dem Angeklagten die weitere Überziehung der Kreditkarte ausdrücklich zugesagt, betrifft schon deshalb keinen entscheidenden Umstand, weil die Genehmigung der Kontoüberziehung aus Anlass des Unfalls des Angeklagten nicht Gegenstand des Schuldspruchs ist (US 10).
Dass die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nach § 148 erster Fall StGB die - nicht näher definierte - „Absicht der wiederkehrenden Begehung einer bestimmten strafbaren Handlung" voraussetzen sollte, die vom Erstgericht festgestellte Tatbegehung mit der Absicht, sich durch die „wiederkehrende Begehung von Betrügereien", also von Straftaten desselben Deliktstypus (in diesem Fall Betrugstaten), eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 7 f iVm US 2), den Erfordernissen des § 70 StGB aber nicht genügen sollte (vgl jedoch RIS-Justiz RS0091961, RS0107024) wird von der Subsumtionsrüge (Z 10) bloß begründungslos behauptet, nicht jedoch methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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