European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00014.19D.0304.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten Yousaf S***** und Parvez H***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – Yousaf S***** und Parvez H***** jeweils des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Syad N***** S*****, Sajedullah S*****, Jusuf J***** und Farid Sh***** am 22. August 2018 in L***** in verabredeter Verbindung Christoph St***** vorsätzlich am Körper verletzt (§ 83 Abs 1 StGB), indem Syad N***** S***** den Genannten mit einem Holzstock schlug und Yousaf S*****, Parvez H*****, Sajedullah S*****, Jusuf J***** und Farid Sh***** in weiterer Folge gemeinsam auf ihn einschlugen und eintraten, wodurch Christoph St***** Schürfwunden am Rücken, am rechten Oberarm sowie an den Unterarmen, Abschürfungen an beiden Knien, Kratzer am linken Knie, an der Stirn und der linken Schläfe sowie eine aufgeschlagene Lippe erlitt.
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Yousaf S***** und Parvez H*****, die der Erstgenannte auf Z 5 und 11, der Zweitgenannte auf Z 5, „9 a“ und 10 je des § 281 Abs 1 StPO stützen.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Yousaf S*****:
Mit Mängelrüge (Z 5) bekämpft der Beschwerdeführer die Feststellungen, wonach er mit den übrigen Angeklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken und in verabredeter Verbindung handelte und sich dahingehend verabredete, auf Christoph St***** loszugehen und diesen zu verletzen, wenn er zurückkommt (US 9 f), und wonach (auch) er auf Christoph St***** einschlug und diesem Fußtritte versetzte (US 9).
Die Tatrichter gründeten diese Feststellungen insbesondere auf die als schlüssig, nachvollziehbar und glaubwürdig beurteilten Angaben der Zeugen Katrin A*****, Ursula W*****, Thomas R***** und Hartwig Sa***** (US 10 ff).
Der diesbezüglich erhobene Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall), weil die Genannten weder Tritte noch Schläge wahrgenommen hätten, an denen der Rechtsmittelwerber beteiligt gewesen sei, geht daran vorbei, dass Aktenwidrigkeit nur vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431 [T1]; Ratz WK‑StPO § 281 Rz 467). Ein solches Fehlzitat wird von der Beschwerde jedoch gar nicht behauptet.
Gleiches gilt, soweit die Rüge mit dem Hinweis auf die – überdies isoliert dargestellte (vgl aber RIS‑Justiz RS0116504) – Aussagepassage des Zeugen Christoph St*****, wonach er sich „ziemlich sicher bzw. ganz sicher“ sei, dass der Beschwerdeführer bei der Tathandlung nicht dabei war (ON 97 S 13, vgl aber ON 97 S 14), Aktenwidrigkeit der bekämpften Feststellungen behauptet.
Unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, dass die Tatrichter eingehend darlegten, warum sie den Angaben des Christoph St***** insgesamt keinen Glauben schenkten (US 18 f). Zu einer Erörtung des vollständigen Inhalts der Aussage des Genannten waren sie daher dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend nicht gehalten (RIS‑Justiz RS0098778).
Indem die Diversionsrüge (Z 10a; nominell „Z 11“) nicht auf Basis des gesamten Urteilssachverhalts argumentiert, sondern bloß substanzlos behauptet, das Erstgericht habe abgelehnt, dem Beschwerdeführer „eine diversionelle Erledigung anzubieten“, „obschon die Voraussetzungen für eine Diversion vorliegen“, verfehlt sie die Anfechtungskriterien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0124801, RS0119091).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Parvez H*****:
Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) vermisst eine Erörterung der Aussagen der – den Beschwerdeführer nach der Rügeauffassung entlastenden – Angaben seiner Mitangeklagten (insbesondere ON 79 S 13, 19, 24). Die Tatrichter haben jedoch eingehend und nachvollziehbar dargelegt, warum sie der Verantwortung aller Angeklagten keinen Glauben schenkten (insbesondere US 17 ff), sodass sie dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend nicht zu Erörterung sämtlicher Details dieser Aussagen gehalten waren (erneut RIS‑Justiz RS0098778).
Im Übrigen beschränkt sich die Rüge darauf, mit eigenen Erwägungen die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.
Dem weiteren Beschwerdeeinwand (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter die Feststellung des bewussten und gewollten Zusammenwirkens sämtlicher Angeklagter in verabredeter Verbindung (US 9 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit mängelfrei auf das– seinerseits ohne Verstoß gegen die Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 444) auf die als schlüssig, nachvollziehbar und glaubwürdig beurteilten Angaben der Zeugen Katrin A*****, Ursula W*****, Thomas R***** und Hartwig Sa***** gestützte – objektive Tatgeschehen gegründet (US 19 iVm US 10 ff).
Der Sache nach wendet sich der Beschwerdeführer bloß erneut unzulässig gegen die Beweiswürdigung des Schöffensenats.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) sowie die eine rechtliche Beurteilung der Tat „allenfalls gemäß § 83 StGB bzw ansonsten gemäß § 91 StGB“ anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) orientieren sich nicht an den im Urteil getroffenen Feststellungen und verfehlen solcherart den gerade darin gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen sowie die implizite Beschwerde des Angeklagten Parvez H***** folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 dritter und vierter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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