European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00128.16I.1215.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten Manfred B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen – in Rechtskraft erwachsene Freisprüche des Manfred B***** und eines weiteren Angeklagten (auch einen verfehlten und solcherart wirkungslosen Qualifikationsfreispruch; vgl RIS‑Justiz RS0115553) enthaltenden – Urteil wurde Erstgenannter jeweils mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1./), des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall, 15 Abs 1 StGB (2./) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall (3./) sowie der Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (4./), des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB (5./), des Quälens und Vernachlässigens unmündiger jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB (6./), der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (7./), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (8./) und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (9./) schuldig erkannt.
Danach hat Manfred B***** in A***** und V*****
1./ ab 2005 bis 2010/2011 in einer Vielzahl von Angriffen eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person, nämlich der am 12. April 1999 geborenen Natalie S***** vorgenommen oder von ihr an sich vornehmen lassen, indem er sie am ganzen Körper, auch an der nackten Scheide küsste, ihre Hand zu seinem Penis führte und sich von ihr befriedigen ließ, wobei er ihre Hand festhielt und seinen Penis an ihrer Scheide als auch bei ihrem After rieb,
2./ ab 2005 bis 2010/2011 in einer Vielzahl von Angriffen mit der genannten unmündigen Person den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen und zu unternehmen versucht, indem er einen Finger in ihre Scheide steckte, den Vaginalverkehr an ihr durchführte und den Analverkehr sowie Oralverkehr (durch Natalie S***** an ihm) durchzuführen versuchte, wobei die Taten eine als schwere Verletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zu wertende emotional instabile Persönlichkeitsentwicklungsstörung vom Borderlinetyp (F60.31 nach ICD‑10) zur Folge hatten,
3./ ab 2007/2008 bis 2010/2011 in einer Vielzahl von Angriffen die Genannte mit Gewalt, nämlich indem er sie festhielt, während sie ihn wegzustoßen versuchte und ihm mitteilte, dass sie Schmerzen habe, zur Duldung des Beischlafs genötigt,
4./ ab 2007/2008 bis 2010/2011 in einer Vielzahl von Angriffen durch die unter 2./ und 3./ geschilderten Taten mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, nämlich mit seiner leiblichen Tochter den Beischlaf vollzogen,
5./ ab 2005 bis 2011 in einer Vielzahl von Angriffen durch die unter 1./, 2./, und 3./ dargestellten Taten mit einer in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person und mit einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser eine geschlechtliche Handlung vorgenommen oder von ihr an sich vornehmen lassen,
6./ ab 2003 bis 2010/2011 in wiederholten Angriffen der Genannten, die seiner Obhut unterstand und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, körperliche und seelische Qualen zugefügt, indem er ihr ein noch heißes Bügeleisen ins Gesicht hielt, wodurch sie eine etwa 14 Tage andauernde Brandverletzung erlitt, indem er ihr wiederholt mit der Faust und mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, sie am Körper misshandelte und sie als Hure beschimpfte,
7./ ab 2003 bis 2010/2011 die Genannte in wiederholten Angriffen durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper einer Sympathieperson, nämlich durch die Äußerungen „Wannst des sagst, daun dua i da Oma wos!“, zum Unterlassen, jemandem von den sexuellen Übergriffen zu erzählen, zu nötigen versucht,
8./ im Sommer 2014 die Genannte vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihre Haut am linken Handrücken mit einem Streichholz wund rieb und ihre Hand gegen eine heiße Herdplatte drückte, wodurch sie eine Brandwunde erlitt,
9./ von 1. August 2012 bis 30. März 2013 seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seinen minderjährigen Kindern Erwin und Natalie S***** gröblich verletzt und dadurch bewirkt, dass der Unterhalt der beiden Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht ins Leere.
Zunächst verkennt die Mängelrüge (Z 5), dass die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person – hier der Zeugin Natalie S***** – mit Nichtigkeitsbeschwerde in der Regel (zur Ausnahme vgl RIS‑Justiz RS0106588 [T15]) nicht releviert werden kann (RIS‑Justiz RS0099649 [T15]).
Die weitere Mängelrüge wirft dem Schöffengericht Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung (Z 5 dritter Fall) vor, weil nach dem Ersturteil die Angaben des Opfers von den Zeuginnen Eva St*****, Karin Z*****, Susanne Sp*****, Sophie P***** und Judith J***** bestätigt wurden (US 16), aus deren Aussagen jedoch hervorgehe, dass keine von ihnen eine direkte Wahrnehmung gemacht habe, sie also bloß Zeugen vom „Hörensagen“ wären. Die behauptete „Widersprüchlichkeit“ (gemeint wohl: Aktenwidrigkeit, Z 5 letzter Fall) liegt jedoch nicht vor, weil die Tatrichter – entgegen dem diesbezüglichen Vorwurf – keineswegs davon ausgingen, die Zeuginnen hätten die Missbrauchshandlungen unmittelbar wahrgenommen, vielmehr würdigten sie deren Schilderungen von Gesprächen mit dem Opfer und dessen Verhalten bei ärztlichen Untersuchungen sowie teilweise ihre Wahrnehmungen von Körperverletzungen der Natalie S*****.
Eine Aktenwidrigkeit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0099547) zeigt der Rechtsmittelwerber auch nicht auf, indem er auf „die Meinung des Erstgerichts“ verweist, die Gegendarstellung des Angeklagten, Natalie S***** hätte ihn aus Rache, weil sie von ihm kein Geld bekommen hätte, angezeigt, sei durch die angeführten Angaben der Zeuginnen widerlegt, und ausführt, diese hätten eine „derartige Aussage“ nicht getätigt. Dieser Vorwurf ist nicht zutreffend, vielmehr zitiert der Rechtsmittelwerber die Urteilsbegründung falsch: Die Tatrichter sahen nämlich die Verantwortung des Angeklagten betreffend das Rachemotiv als widerlegt an, weil die genannten Zeuginnen angegeben hatten, Natalie S***** hätte ihnen gegenüber erklärt, sie wolle keine Aussage tätigen und habe auch die Weitergabe der Information als Vertrauensbruch angesehen (US 16).
Dass dem Nichtigkeitswerber diese Erwägungen der Tatrichter als nicht überzeugend erscheinen und aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten, stellt den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO nicht her (RIS-Justiz RS0099455).
Die Aussage der Zeugin Susanne Sp*****, wonach Natalie S***** ihren Vater „überhaupt nicht mochte“ (ON 66 S 9), sowie jene des als Zeugen vernommenen Bruders des Opfers, Erwin S*****, wonach sie und der Angeklagte einander gegenseitig hassten (ON 6 S 73), waren als nicht erheblich (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 409) – entgegen dem diesbezüglichen Vorwurf (Z 5 zweiter Fall) – nicht gesondert erörterungsbedürftig.
Zur Erörterung der Angaben der Zeugin Maria S*****, dass die Angaben des Opfers „von hinten bis vorne eine Lüge“ wären (ON 66 S 13), waren die Tatrichter nicht gehalten, weil ausschließlich Tatsachenwahrnehmungen und nicht Einschätzungen Gegenstand einer Zeugenaussage sind (RIS‑Justiz RS0097540).
Indem die Nichtigkeitsbeschwerde auf die Aussagen der Zeuginnen Anna B***** und Maria S***** verweist, wird Urteilsnichtigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht aufgezeigt, zumal das Schöffengericht deren Angaben ohnehin in seine Erwägungen mit einbezog, ihnen jedoch keinen Beitrag zur Wahrheitsfindung zubilligte, weil nach den Angaben des Opfers die Übergriffe durch den Angeklagten ohne Beisein weiterer Personen stattfanden (US 17). Inwiefern diesbezüglich eine Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) vorliegen sollte, wird nicht klar.
Das Vorbringen, das Gutachten der beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen lasse nicht mit ausreichender Sicherheit erkennen, ob überhaupt ein sexueller Missbrauch vorliegen könne, lässt sich keiner Anfechtungskategorie des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes (Z 5) zuordnen.
Die Ausführungen zu den Ursachen der beim Opfer vorliegenden schweren psychischen Beeinträchtigung (Z 5 zweiter und vierter Fall) verkennen, dass Mitkausalität des im Schuldspruch 2./ vorgeworfenen Verhaltens für die eingetretenen schweren Verletzungsfolgen für deren objektive Zurechnung (abgesehen vom weiteren Erfordernis der normativen Zurechnung) ausreicht (RIS‑Justiz RS0091997 [T1, T2], RS0089343 [T1]).
Der „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) kann niemals Gegenstand der formellen Nichtigkeitsgründe der Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO sein (RIS‑Justiz RS0102162).
Soweit die Mängelrüge zu 2./ des Schuldspruchs betreffend den Tatzeitraum eine Widersprüchlichkeit des Urteils (Z 5 dritter Fall) behauptet, wird keine entscheidende Tatsache angesprochen, weil weder Verjährung noch das Schutzalter des Opfers fraglich sind (RIS‑Justiz RS0098557 [T14]) und der Schuldspruch jeweils eine gleichartige Verbrechensmenge pauschal individualisierter Taten erfasst, womit die Annahme eines kürzeren Tatzeitraums, mit anderen Worten eine Reduktion der (vorliegend gar nicht konkret bestimmten) Anzahl der deliktischen Übergriffe den Schuldspruch oder die Subsumtion nicht in Frage stellen würde (RIS‑Justiz RS0116736 [T13]).
In der Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Tatgeschehen ist entgegen dem diesbezüglichen Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 erster und vierter Fall) keinesfalls eine undeutliche oder unzureichende Begründung zu erblicken, vielmehr ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen und Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar, bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch auch gar nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0116882).
Indem die Nichtigkeitsbeschwerde zu 6./ und 7./ behauptet, das Schöffengericht hätte die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen überhaupt nicht begründet (Z 5 vierter Fall), werden die Erwägungen der Tatrichter auf US 16 betreffend die belastenden Aussagen durch das Opfer übergangen.
Zu Punkt 8./ des Schuldspruchs haben sich die Tatrichter mit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) sehr wohl auseinandergesetzt. Das Schöffengericht war aber – dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – nicht gehalten, jedes Detail der leugnenden Aussage des Angeklagten in extenso zu erörtern (RIS‑Justiz RS0098377 [T17, T22]).
Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583). Indem der Rechtsmittelwerber ausführt, keiner der Zeugen hätte jemals Brandverletzungen oder sonstige Verletzungen gesehen, geht er nicht vom Akteninhalt aus, weil er die Angaben der Zeugin Eva St***** ignoriert.
Soweit der Rechtsmittelwerber zu 6./, 7./ und 8./ ein zwischen Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO nicht differenzierendes Vorbringen erstattet und bloß behauptet, die erstgerichtliche Begründung wäre unvollständig, nicht ausreichend und es bestünden auch erhebliche Bedenken gegen den Schuldspruch, entspricht dies nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902, vgl auch RS0116733).
Indem der Nichtigkeitswerber betreffend die Qualifikation nach § 206 Abs 3 erster Fall StGB ausführt, das Erstgericht hätte sich „mit der Frage auseinandersetzen müssen“, ob der Angeklagte „die Verwirklichung der Qualifikation ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat“, macht er einen Rechtsfehler mangels Feststellungen geltend (nominell Z 5, inhaltlich Z 10 des § 281 Abs 1 StPO), legt aber nicht dar, weshalb für die Zurechnung einer Erfolgsqualifikation entgegen dem Wortlaut des § 7 Abs 2 StGB Vorsatz erforderlich sein sollte.
Mit dem weiteren Vorbringen, „es wurde nicht einmal die angeführte Fahrlässigkeit begründet und näher dargelegt“, lässt der Rechtsmittelwerber die Urteilsbegründung außer Acht, wonach die Folgen in Form einer schweren Verletzung für den Angeklagten vorhersehbar waren, und Umstände, aufgrund derer er die Folgen nicht hätte vorhersehen können, im Verfahren nicht hervorkamen (US 15). Weshalb vorliegend bei Verwirklichung des Grunddelikts die erfolgsbezogene objektive Sorgfaltswidrigkeit nicht vorliegen sollte, macht der Angeklagte nicht klar (vgl Burgstaller in WK 2 StGB § 7 Rz 21 f).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) reklamiert den Strafaufhebungsgrund der Verjährung in Bezug auf die Schuldspruchpunkte 4./, 7./ und 9./.
Betreffend Punkt 4./ des Schuldspruchs legt der Rechtsmittelwerber nicht dar, weshalb es bei den idealkonkurrierenden strafbaren Handlungen (Punkt 4./ mit 2./ und 3./ des Schuldspruchs) zu unterschiedlicher Verjährung kommen sollte (vgl RIS‑Justiz RS0113960).
Bei Punkt 9./ des Schuldspruchs lässt der Nichtigkeitswerber die Konstatierung außer Acht, wonach er von 1. August 2012 bis zu seiner Festnahme am 10. Juni 2015 für die Unterhaltsberechtigten keinerlei Unterhalt leistete (US 14).
Betreffend Punkt 7./ des Schuldspruchs vernachlässigt der Beschwerdeführer § 58 Abs 2 StGB, wonach bei neuerlicher Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruht, während der Verjährungsfrist die Verjährung nicht eintritt, bevor auch für diese Tat die Verjährungsfrist abgelaufen ist, und verfehlt somit prozessordnungskonforme Darstellung materieller Nichtigkeit (vgl RIS-Justiz RS0116565). Er legt insbesondere nicht dar, weshalb Nötigung gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind und Verletzung der Unterhaltspflicht (7./ und 9./ des Schuldspruchs) nicht auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen seien und somit nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen sollten (vgl § 71 StGB).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) betreffend Punkt 1./ des Schuldspruchs behauptet, die Verbrechen nach § 207 Abs 1 StGB wären infolge Scheinkonkurrenz verdrängt, weil sie jeweils im einheitlichen Tatkonnex zu den nach § 206 Abs 1 StGB qualifizierten Taten standen, entfernt sich der Rechtsmittelwerber vom festgestellten Sachverhalt und verfehlt somit prozessordnungskonforme Darstellung materieller Nichtigkeit.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) betreffend 5./ des Schuldspruchs legt nicht dar, warum nicht echte Idealkonkurrenz zwischen § 211 Abs 1 StGB und § 212 Abs 1 StGB bestehen sollte (RIS‑Justiz RS0095144).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) „um Wiederholungen zu vermeiden“, auf die „obigen Ausführungen zur subjektiven Tatseite“ verweist, wird neuerlich verkannt, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS‑Justiz RS0115902).
Die zu sämtlichen Punkten des Schuldspruchs zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen werden von der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 9 lit a) prozessordnungswidrig übergangen (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO ist anzumerken, dass das Schöffengericht den Angeklagten zu 2./ mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall, 15 Abs 1 StGB und zu 3./ mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt hat. Dabei hat das Erstgericht verkannt, dass ein und derselbe Erfolg auch im Verhältnis ungleichartiger Realkonkurrenz erfolgsqualifizierter strafbarer Handlungen die darauf bezogene Qualifikation nur bei einer der zusammentreffenden Taten (materielle Subsidiarität) begründet, und zwar diejenige, die mit dem strengsten Strafsatz verknüpft ist (14 Os 172/11t, EvBl 2012/163, 1094 = RZ 2013/14, 198 = JBl 2013, 808 m Anm Rebisant = SSt 2012/49 – verstärkter Senat, RIS‑Justiz RS0128224, RS0120828 [T5]). Das Erstgericht lastete dem Angeklagten die schwere Folge demgegenüber bei jeder einzelnen Tat, somit nicht nur einmal zu 2./ oder zu 3./, sondern jeweils auch (mehrfach) zu beiden Punkten des Schuldspruchs an (US 4; vgl demgegenüber die Begründung auf US 19 f). Die vorgenommene – insoweit vom Angeklagten ungerügte – Subsumtion der zu 2./ und 3./ bezeichneten Taten jeweils – wie dargestellt – als mehrere erfolgsqualifizierte Verbrechen war somit verfehlt (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Richtigerweise wären dem Angeklagten zu 2./ ein Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB und daneben mehrere Verbrechen nach § 206 Abs 1 StGB sowie mehrere Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB anzulasten gewesen (oder ein Verbrechen nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und mehrere Verbrechen nach § 201 Abs 1 StGB sowie mehrere Verbrechen nach § 206 Abs 1 StGB).
Mit den aufgezeigten rechtsirrigen Annahmen ist jedoch kein Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO verbunden, weil die Subsumtionsfehler den für die Strafbemessung zur Verfügung stehenden Strafrahmen (§ 28 StGB) unberührt lassen und sich bei der Strafbemessung nicht nachteilig ausgewirkt haben. Bei der Entscheidung über die Berufung besteht für das Oberlandesgericht im erwähnten Umfang keine Bindung an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz (RIS‑Justiz RS0118870).
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