OGH 12Os119/06a

OGH12Os119/06a3.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael R* wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Juni 2006, GZ 123 Hv 76/05f‑126, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Dr. Philipp zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:E84634

Rechtsgebiet: Strafrecht

Entscheidungsart: Verstärkter Senat

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 700.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Monate herabgesetzt werden.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte (richtig:) jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (I), § 33 Abs 2 lit a FinStrG (II) und § 33 Abs 2 lit b FinStrG (III) schuldig erkannt.

Danach hat er als Geschäftsführer der G* GmbH vorsätzlich Abgabenverkürzungen bewirkt, nämlich

(I) durch unrichtige Abgabenerklärung und Nichtentrichtung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer

1) für die Jahre 1994 und 1996 um 7,774.058 S (ds 564.962,83 Euro) an Umsatzsteuer sowie

2) für die Jahre 1994 bis 1996 um 5,969.318 S (ds 433.807,26 Euro) an Kapitalertragsteuer,

(II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für die Monate Juni 1998 bis April 1999 um 3,175.759 S (ds 230.791,40 Euro) an Umsatzsteuer und

(III) unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von § 76 EStG entsprechenden Lohnkonten für die Jahre 1994 bis 1996 um 6,013.000 S (ds 436.981,75 Euro) an Lohnsteuer samt Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen,

wobei er die zu II und III genannten Verkürzungen nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt.

 

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 2, 4, 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Indem die Beschwerde die Verwertung der vom Zeugen Dkfm Fritz Sch* namens der G* GmbH (im Folgenden: G* GmbH) verfassten Selbstanzeige (S 367/II) aus Z 2 releviert, geht sie schon im Ansatz fehl, weil es insoweit an der für die Geltendmachung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes essentiellen Verwahrung des Beschwerdeführers gegen die Verlesung des genannten Schriftstücks (S 365/III) mangelt.

Soweit das darauf bezogene Vorbringen, Dkfm Sch* habe sich in der Hauptverhandlung (berechtigt) der Aussage entschlagen (S 351/III), als auf den Nichtigkeitsgrund der Z 3 gerichtet zu verstehen ist, sei festgehalten, dass von entschlagungsberechtigten Zeugen verfasste Urkunden keine Aussagesurrogate sind und daher grundsätzlich nach § 252 Abs 2 StPO verlesen werden müssen (12 Os 79/89, SSt 60/54; zuletzt 13 Os 21/01).

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (S 363 f/III) der Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung der Finanzbeamten (richtig:) ADir L*, (richtig:) VB I* und Dr. B* (S 361 f/III) sowie auf Beischaffung des „Abgabenaktes" (S 363/III) zum Beweis dafür, „dass Berufungen gegen Abgabenerklärungen nicht erledigt wurden und nicht darüber entschieden wurde", Verteidigungsrechte nicht verletzt, weil diese Anträge die angesprochenen „Abgabenerklärungen" (gemeint wohl: Abgabenbescheide) und Berufungen nicht konkret bezeichneten und solcherart das Ziel der angestrebten Beweisführung nicht erkennen ließen. Hinzu kommt, dass es zur prozessordnungskonformen Antragstellung Darlegungen darüber bedurft hätte, aus welchem Grund die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis erwarten lassen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330). Vollständigkeitshalber sei festgehalten, dass die - im Übrigen nach der Aktenlage zu bejahende (ON 95) - Frage der Rechtskraft der aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Abgabenbescheide nicht entscheidungsrelevant ist.

Soweit der erstgenannte Beweisantrag auch auf den Nachweis abzielte, dass „laufend in den Jahren 1993, 1994, 1995 im Rahmen anderer Finanzstrafverfahren Beschlagnahmungen in der Firma G* durchgeführt wurden und auch Ordner mitgenommen wurden, die die Firma G* betreffen", legt er nicht dar, inwieweit der unter Beweis zu stellende Umstand für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung sein soll.

Das ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Indem sich die Mängelrüge (Z 5) gegen die Feststellung wendet, der Beschwerdeführer sei wirtschaftlich an der G* GmbH beteiligt gewesen (US 4), bezieht sie sich nicht auf entscheidende Tatsachen, weil die Tatbestände der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1Abs 2 lit a und Abs 2 lit b FinStrG keinen wirtschaftlichen Vorteil des Hinterziehenden voraussetzen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10, der Sache nach Z 11 zweiter Fall) gründet - die rechtliche Qualifikation der Tathandlungen als Finanzvergehen der versuchten (§ 13 FinStrG) Abgabenhinterziehung anstrebend - die Prämisse, die für die Abgabenfestsetzung zuständigen Mitarbeiter der Finanzbehörde seien (gemeint wohl:) vor Tatvollendung in Kenntnis der Malversationen des Beschwerdeführers gewesen, nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien, sondern auf eigene, urteilsfremde Spekulationen und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 600). Im Übrigen leitet das diesbezügliche Vorbringen nicht aus dem Gesetz ab, welche Umstände nach Ansicht des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der behaupteten Aufdeckung aus welchem Grund für den Erfolgseintritt (noch) erforderlich gewesen sein sollen.

Der Einwand der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall), das Erstgericht wäre (richtig:) gemäß § 21 Abs 3 FinStrG verpflichtet gewesen, eine Zusatzstrafe zum Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. Oktober 1996, AZ 12e Vr 7700/95, (ON 122) zu verhängen, ist verfehlt, weil der Beschwerdeführer nicht alle der nunmehr abgeurteilten Taten (US 1 f) vor der genannten Entscheidung begangen hat (Ratz in WK² § 31 Rz 2).

Die Behauptung, die vom Schuldspruch II umfassten Tathandlungen (US 2) seien nicht Gegenstand der Anklage gewesen (der Sache nach Z 8), entfernt sich von der Aktenlage (S 117/III), weshalb die darauf basierenden Beschwerdeerwägungen auf sich zu beruhen haben.

Der mit diesem Vorbringen verknüpfte Verjährungseinwand (der Sache nach Z 9 lit b) übersieht im Übrigen, dass das Strafverfahren am 1. August 1997 eingeleitet worden ist (S 3/I), womit (selbst ohne Berücksichtigung der angesprochenen Taten) dem Verjährungseintritt die Bestimmung des § 31 Abs 4 lit b FinStrG entgegensteht.

Mit den Ausführungen zur nach Ansicht des Beschwerdeführers überlangen Verfahrensdauer wird ein aus Z 11 beachtlicher Mangel materiell nicht einmal behauptet.

Im Übrigen hat das Erstgericht den insoweit formell reklamierten Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB nicht ausdrücklich abgelehnt, womit dieser nicht im Sinn des zweiten Falles des § 281 Abs 1 Z 11 StPO maßgebend war. Aus dem Blickwinkel der Berufung wird auf die angesprochene Problematik noch einzugehen sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Festzuhalten ist, dass das Ersturteil hinsichtlich des Schuldspruchs I 1 keine hinreichenden Konstatierungen zur Tatvollendung enthält.

Das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG ist nach dem Gesetzeswortlaut vollendet, sobald der Täter die Abgabenverkürzung bewirkt. Vor diesem Zeitpunkt gelangen demnach die Bestimmungen über die Strafbarkeit des Versuchs (§ 13 FinStrG) zur Anwendung. In Bezug auf Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, ist die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs 3 lit a FinStrG dann bewirkt, wenn diese Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Zur Abgrenzung von Versuch oder Vollendung der zu I 1 genannten Taten ist den Entscheidungsgründen nichts zu entnehmen, weil zu den Kriterien des § 33 Abs 3 lit a FinStrG keine Feststellungen getroffen worden sind.

Entgegen der bisherigen Judikatur (RIS‑Justiz RS0099971) wird durch diesen Mangel an Feststellungen nicht der Nichtigkeitsgrund der Z 10, sondern jener der Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO hergestellt.

Mit der im Zuge der Neufassung der Z 11 durch Art II Z 36 lit d StRÄG 1987 BGBl 605 erfolgten Aufnahme des zweiten Falls dieser Bestimmung in den Katalog der Nichtigkeitsgründe sollte nämlich die Möglichkeit geschaffen werden, (ohne Schmälerung des Anwendungsbereichs der Berufung) die fehlerhafte Beurteilung von Strafzumessungstatsachen im Nichtigkeitsverfahren zu relevieren (JAB 359 BlgNR 17. GP 44). Die rechtliche Bedeutung der Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Tat beschränkt sich auf die Frage des Vorliegens des (gemäß § 23 Abs 2 FinStrG auch im Finanzstrafverfahren zu beachtenden) Milderungsumstands des § 34 Abs 1 Z 13 StGB, womit darauf bezogene Feststellungen Strafzumessungstatsachen betreffen (vgl auch Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 645) und solcherart dem Regelungsbereich des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO zugehören. Die Folgefragen nach absolut untauglichem Versuch (§ 15 Abs 3 StGB§ 13 Abs 3 FinStrG) sowie Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB, § 14 FinStrG) interessieren hier nicht, weil sie die Strafbarkeit betreffen und demgemäß Gegenstand der Rechtsrüge aus Z 9 lit a bzw Z 9 lit b sind (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 635‑637).

Die vorangeführte Judikatur zur Z 10 des § 281 Abs 1 StPO geht auf vor dem Inkrafttreten des StRÄG 1987 gefällte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zurück (11 Os 86/81, 12 Os 38/82, 9 Os 131/82). Hiedurch wurde die nach der damaligen Fassung der Z 11 nicht gegebene Möglichkeit geschaffen, die für die Strafbemessung entscheidende Frage der Tatvollendung im Nichtigkeitsverfahren aufzugreifen. Da das Gesetz diesbezüglich nunmehr einen eigenen Nichtigkeitsgrund vorsieht (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO), ist diese Judikatur obsolet.

Das Eingehen auf Fragen der Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Tat im Rahmen des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 10 StPO war zwar unter dem Aspekt der vor dem StRÄG 1987 geltenden Rechtslage aus Gründen des Rechtsschutzes zu begrüßen, dogmatisch aber nicht konsequent. Z 10 setzt nämlich voraus, dass die der Entscheidung zugrunde liegende Tat einem Strafgesetz unterzogen wurde, das darauf nicht anzuwenden ist, wogegen die versuchte Tat dem selben Gesetz zu unterstellen ist wie die vollendete, nämlich der durch sie verletzten materiellen Strafnorm. Erst bei der dem Subsumtionsvorgang nachgelagerten Strafbemessung wird die Frage der Abgrenzung zwischen dem Versuchs- und dem Vollendungsstadium rechtlich relevant (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB [iVm § 23 Abs 2 FinStrG]).

In diesem Zusammenhang sei auch auf die insoweit ähnlich gelagerte Problematik der Einordnung kriminellen Handelns in eine der Täterschaftsformen des § 12 StGB bzw des § 11 FinStrG hingewiesen, die nach nunmehr ständiger Judikatur - ebenfalls entgegen der älteren Rechtsprechung (EvBl 1973/111, 246; SSt 46/81 = EvBl 1976/133, 244; 13 Os 114/76) - aufgrund der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen nicht aus Z 10 relevierbar ist (RIS‑Justiz RS0117604).

Aus dem Blickwinkel des Rechtsschutzes bringt die Behandlung der Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Tat unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO wesentliche, im Bereich der Prozessökonomie gelegene Vorteile.

So hat der Oberste Gerichtshof im Fall einer Nichtigkeit aus Z 11 die Möglichkeit, nach Aufhebung des Strafausspruchs auch im Tatsächlichen in der Sache selbst zu entscheiden (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO) und solcherart eine überflüssige Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens zu vermeiden (vgl Ratz, WK‑StPO § 285i Rz 3‑5). Zu der hiebei vorzunehmenden Sanktionsfindung kann anlässlich der Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde, der Erwiderung oder der letzten Äußerung (§ 287 Abs 3 StPO) Stellung genommen werden, wobei neues Tatsachenvorbringen ebenso zulässig ist wie das Einbringen von Beweisanträgen (Ratz, WK‑StPO § 288 Rz 28).

Weist der Oberste Gerichtshof eine Nichtigkeitsbeschwerde zurück und ist die angefochtene Entscheidung mit in der Beschwerde nicht aufgegriffener Nichtigkeit aus Z 11 belastet, ist diese (bei unter einem erhobener Berufung) vom Berufungsgericht wahrzunehmen (RIS‑Justiz RS0119220). Dabei ist insoweit weder dieses an die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts gebunden noch der Rechtsmittelwerber durch das Neuerungsverbot beschränkt (Ratz, WK‑StPO § 283 Rz 1 f). Auch diesfalls wird der mit einer neuerlichen Hauptverhandlung verbundene Kosten- und Zeitaufwand vermieden.

Fallbezogen ist das Schöffengericht im Schuldspruch I 1 ausdrücklich von der Tatvollendung ausgegangen (§ 260 Abs 1 Z 1 und Z 4 StPO) und hat damit den - solcherart maßgebend gewesenenen - Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 13 StGB in Rechnung zu stellen abgelehnt. Ausgehend von den obigen Überlegungen bedeutet dies, dass der Oberste Gerichtshof den hinsichtlich des Schuldspruchs I 1 bestehenden Mangel an Feststellungen zur Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Tat im Rahmen der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen hat.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 33 Abs 5 FinStrG unter Anwendung des § 21 (zu ergänzen:) Abs 1 und Abs 2 FinStrG eine Geldstrafe von 900.000 Euro, für den Fall deren Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Dabei werteten die Tatrichter eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilung (ON 122) als erschwerend (§ 33 Z 2 StGB iVm § 23 Abs 2 FinStrG), das im Urteilszeitpunkt etwa siebenjährige Zurückliegen der letzten Tathandlung als mildernd (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB iVm § 23 Abs 2 FinStrG).

Der gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung des Angeklagten, die eine Herabsetzung der Geldstrafe sowie die bedingte Strafnachsicht anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu.

Im Lichte der Darlegungen zum vorliegenden, aber nicht relevierten Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO ist festzuhalten, dass die dem Schuldspruch I 1 zugrunde liegenden Taten jeweils das vollendete Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG herstellen. Nach dem im Gerichtstag durch Befragung des Berufungswerbers sowie durch auszugsweise Verlesung der Abgabenakten diesbezüglich durchgeführten Beweisverfahren steht nämlich fest, dass der Berufungswerber (mit entsprechendem Vorsatz - US 6) die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1994 und 1996 nicht bis zum Ende des Monats März des jeweiligen Folgejahres (§ 134 Abs 1 BAO idF BGBl 1972/224) eingereicht hat und dass die Umsatzsteuerlast erst mit den aufgrund der (nachträglich eingeleiteten) Betriebsprüfung erlassenenen Bescheiden vom 9. Dezember 1998 festgesetzt worden ist (vgl § 33 Abs 3 lit a FinStG idF BGBl 1985/571), womit die Abgabenverkürzungen gemäß § 33 Abs 3 lit a FinStrG bewirkt, die Taten sohin vollendet gewesen sind.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass das Erstgericht es darüber hinaus verabsäumt hat, Feststellungen zu den bloß im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) erwähnten Verkürzungsbeträgen zu treffen. Amtswegige Wahrnehmung der darin liegenden Nichtigkeit des Sanktionsausspruchs (Z 11 erster Fall) hat sich aber angesichts der Berufung des Angeklagten erübrigt. Im Rahmen deren Erledigung hat sich der Oberste Gerichtshof anhand der Akten von der Richtigkeit der im Erkenntnis des angefochtenen Urteils bezeichneten Verkürzungsbeträge überzeugt. Aus dem - durch andere Beweismittel nicht in Zweifel gesetzten - Betriebsprüfungsbericht vom 16. November 1998 (ON 36), aufgrund dessen die letztlich in Rechtskraft erwachsenen (ON 95) Abgabenbescheide betreffend die Jahre 1994 bis 1996 (Körperschaftssteuerakt) ergangen sind, ergeben sich nämlich Fehlbeträge an Umsatzsteuer für die Jahre 1994 von 1,012.936 S (S 343/II) und 1996 von 6,761.122 S (S 347/II) sowie an Kapitalertragsteuer für die Jahre 1994 von 1,432.199 S, 1995 von 282.051 S und 1996 von 4,255.068 S (S 355/II). Hinsichtlich des Schuldspruchs II folgt aus dem - inhaltlich unwidersprochen gebliebenen - finanzbehördlichen Strafakt, dass sich der aus der Unterlassung der Abgabe von Umsatzsteuer‑Voranmeldungen resultierende, auf der Basis der nachträglichen Angaben der steuerlichen Vertretung der GBG GmbH errechnete Verkürzungsbetrag an Umsatzsteuer für die Monate Juni 1998 bis April 1999 auf 3,175.759 S beläuft (6 ff in ON 62; s auch Umsatzsteuerakt sowie ON 61). Die Fehlbeträge an Lohnsteuer samt Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bezüglich der Jahre 1994 von 3,239.000 S, 1995 von 1,663.000 S und 1996 von 1,111.000 S ergeben sich aus der - auf den Ergebnissen der Betriebsprüfung aufbauenden, ebenfalls nicht durch andere Beweismittel widerlegten - Lohnsteuerprüfung (s Lohnsteuerakt).

Der Berufung zuwider endete der Tatzeitraum nicht im Jahr 1996, sondern - wovon das Erstgericht zutreffend ausging (US 8) - mit dem Ablauf der Frist zur Einreichung der Umsatzsteuer‑Voranmeldung für den Monat April 1999 (II), sohin am 15. Juni 1999 (§ 21 Abs 1 erster Satz UStG).

Hinsichtlich der Behauptung, die Voranmeldungszeiträume von Juni 1998 bis April 1999 (II) seien nicht von der Anklage gedeckt, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zur behaupteten Anklageüberschreitung (nominell Z 11, der Sache nach Z 8) verwiesen.

Aus welchem Grund der Umstand, dass der Berufungswerber einen Teil der nunmehr abgeurteilten Taten vor Rechtskraft des im Verfahren 12 e Hv 3400/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG ergangenen Urteils (ON 21) begangen hat, mildernd wirken soll, vermag die Berufung nicht darzulegen. Vielmehr stellt die laufende Delinquenz während anhängiger Strafverfahren (ON 122) einen den Erschwerungsgrund des § 33 Z 2 StGB aus spezialpräventiver Sicht verstärkenden Aspekt dar (Ebner in WK2 § 33 Rz 9). Mit dem Vorbringen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilung liege nunmehr rund 10 Jahre zurück, verkennt die Berufung die Ratio des Erschwerungsgrundes des § 33 Z 2 StGB, die Tatbegehung trotz einschlägiger Vorbelastung aggravierend zu werten, weshalb bei der Beurteilung dieses erschwerenden Umstandes auf die zeitliche Relation zwischen der Vorstrafe und der aktuell abzuurteilenden Tat abzustellen ist.

Ausgehend von den vom Erstgericht angenommenen Strafbemessungsgründen sowie unter Berücksichtigung des durch die laufende Delinquenz während anhängiger Strafverfahren erhöhten Gewichts des Erschwerungsumstands des § 33 Z 2 StGB und der - nur eine der Strafzumessungskomponenten darstellenden und demnach in ihrer Bedeutung gegenüber den sonstigen Strafzumessungsgründen abzuwägenden (RIS‑Justiz RS0086328) - (geringen) wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Berufungswerbers (dieser bezieht nach seinen unwiderlegten Angaben im Gerichtstag eine monatliche Berufsunfähigkeitspension von rund 1.000 Euro und trägt die Sorgepflichten für zwei Kinder) wäre die vom Schöffengericht gefundene Sanktion grundsätzlich schuld- und tatangemessen.

Nominell verfehlt im Rahmen der Sanktionsrüge reklamiert der Berufungswerber aber inhaltlich zutreffend den Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB für sich. Nach der Aktenlage wurde das Strafverfahren am 1. August 1997 eingeleitet (S 3/I) und mit der gegenständlichen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 3. Mai 2007, also nach fast zehnjähriger Verfahrensdauer, rechtskräftig beendet. unter Berücksichtigung des keineswegs überdurchschnittlichen Aktenumfangs (die Hv‑Akten umfassen drei Bände), der geringen rechtlichen Komplexität der Strafsache sowie des Umstandes, dass das Verfahren nur einen Angeklagten, ein vom ihm geführtes Unternehmen und - im Wesentlichen - drei steuerliche Veranlagungsjahre betrifft, erweist sich dieser Zeitraum als unangemessen lang. Der Oberste Gerichtshof erkennt dies als Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art 6 Abs 1 MRK) an und gleicht diese durch die Reduktion der Geldstrafe von 900.000 Euro auf 700.000 Euro sowie der Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten auf fünf Monate aus.

Im Hinblick darauf, dass sich der Berufungswerber weder durch ein anhängiges Finanzstrafverfahren noch durch eine Geldstrafe von 275.000 S (ds 19.985,03 Euro) von weiteren Straftaten abhalten ließ, sondern in deutlich erhöhtem Umfang - teils sogar verfahrensüberschneidend - weiterhin einschlägig delinquierte, kommt eine (teil‑)bedingte Strafnachsicht (§§ 43 f StGB iVm § 26 Abs 1 FinStrG) aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

 

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