OGH 12Os79/89

OGH12Os79/8931.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.August 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vrabl-Sanda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing. Franz R*** wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 13. September 1988, GZ 14 Vr 1666/85-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Jänner 1924 geborene ehemalige Unternehmer Ing. Franz R*** des (Finanz-) Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt. Darnach hat er in Eferding für die Jahre 1981, 1982 und 1983 sowie für die Jahre von 1976 bis 1983 als Geschäftsführer der Firma M*** Metallwaren- und Spezialmaschinenfabrik (Ges.m.b.H.) vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung, und zwar an Umsatzsteuer im Betrag von 558.000 S, an Einkommensteuer im Betrag von 4,809.612 S und an Gewerbesteuer im Betrag von 1,303.530 S dadurch bewirkt, daß er

1. Schwarzverkäufe tätigte, sodaß in den Jahren 1981 und 1982 Erlöse in der Höhe von je 1,350.000 S und im Jahre 1983 Erlöse in der Höhe von 400.000 S nicht versteuert wurden, und

2. in den Jahren 1976 bis 1983 seine Exportumsätze über die Firma C***(-E***) in Liechtenstein abwickelte, wodurch Einkünfte in der Höhe von 3,900.000 S und 3,062.271 S der Besteuerung entzogen wurden.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte, schwergewichtig im Schuldspruch 2., mit einer auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung, diesen hilfsweise auch (als nichtig) aus dem § 281 Abs 1 Z 11 StPO.

Das Schöffengericht konstatierte auf Grund der vom Angeklagten in Gegenwart seines Steuerberaters Mag. A*** akzeptierten Berechnungen der Betriebsprüfer, daß das Ausmaß der durch Schwarzverkäufe erzielten Umsätze (Schuldspruch 1) mit insgesamt 3,100.000 S anzunehmen ist.

Zum Schuldspruch 2 trafen die Tatrichter nachfolgende Feststellungen: Der Angeklagte bediente sich in den Jahren 1976 bis 1983 der Firma C***(-E***) in Vaduz - vermutlich einer reinen Domizilgesellschaft - zur Abwicklung seiner Exportgeschäfte. Dies erfolgte in der Weise, daß die zur R*** gehörenden Unternehmungen mit Auslandskunden Geschäftsabschlüsse tätigten, wobei in den von der Firma P***(-Metallfertigbauteile Ges.m.b.H.) bzw M***(-Metallwaren- und Spezialmaschinenfabrik Ges.m.b.H.) an die Firma C*** ausgestellten Rechnungen nur etwa die halbe Auftragssumme eingesetzt wurde und in der von der Firma C*** an den jeweiligen Kunden (Käufer) gelegten Rechnung dann der gesamte vom Angeklagten kalkulierte Rechnungsbetrag aufschien. Machthaber dieser Firma C*** zumindest im Hinblick auf die durch die erwähnten Firmen getätigten Geschäfte war der Angeklagte selbst. Insgesamt hat Ing. R*** in dem Zeitraum von 1976 bis 1983 durch diese Art der Abwicklung von Exportgeschäften Einkünfte in der Höhe von 3,900.000 S und 3,062.271 S der österreichischen Steuerhoheit vorsätzlich entzogen. Das Schöffengericht ging ausdrücklich davon aus, daß das Vorgehen des Angeklagten bei beiden Schuldspruchsfakten von dem Vorsatz getragen war, unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- bzw Wahrheitspflicht, indem er tatsächlich erzielte Erlöse nicht erklärte, eine Abgabenverkürzung zu bewirken, wodurch die aus dem Spruch ersichtlichen Steuerverkürzungen eintraten, deren Grund und Höhe durch rechtskräftige Abgabenbescheide feststehen (S 407 und 408). Die Feststellungen zum Faktum C*** traf das Gericht auf Grund der Angaben der ehemaligen leitenden Angestellten Josef G*** und Dipl.Ing. Rudolf M***, deren Depositionen durch die bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Unterlagen und die Auswertung der vom Angeklagten nach seinem vor den Beamten der Prüfungsabteilung Strafsachen des Finanzamtes Linz (V.Nr. 178/84-180/84) am 14. November 1984 abgelegten Geständnis (Band IV S 47 ff dieser Beilagen) selbst vorgelegten Kontoauszüge der Firma C*** bestätigt erschienen. Demgemäß wurde der leugnenden Verantwortung des Angeklagten im gerichtlichen Verfahren, in dem er sein früheres Geständnis unter anderem als Ergebnis erpresserischer Vernehmungsmethoden der Finanzbeamten hinzustellen versuchte und behauptete, niemals Machthaber der Firma C*** gewesen zu sein, unter ausführlicher Würdigung der Verfahrensergebnisse die Glaubwürdigkeit abgesprochen (S 412-424). Als einen "der schlagendsten Beweise für die Identität des Angeklagten mit der Firma C***" wertete das Gericht die in den Strafakten des Finanzamtes Grieskirchen, Straflisten-Nr. 64/84, erliegende Rechtfertigung des Angeklagten vom 26.August 1985, in der der Steuerberater des Angeklagten Mag. A*** gemäß § 116 FinStrG unter mehrmaligem Hinweis auf das Auftragsverhältnis ("namens meines Mandanten" ... "auftrags meines Mandanten") darlegte, daß die Gewinne der C*** tatsächlich nach Österreich zurücktransferiert wurden, um hier in Österreich investiert zu werden. Man möge bei der Strafbemessung berücksichtigen, daß sich der Angeklagte nicht persönlich bereichert habe.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rechtfertigung wurde in der Hauptverhandlung wiederholt erörtert und auch formell verlesen, ohne daß der Verteidiger sich dagegen ausgesprochen und eine Entscheidung des Senates begehrt hätte (§ 238 StPO). Schon aus diesem Grund kann der diesbezüglich angezogene Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO nicht mit Erfolg releviert werden. Der Vorgang steht aber - entgegen den Beschwerdebehauptungen - auch nicht unter der Sanktion der Z 3. Wohl stimmt es, daß der Angeklagte seinen Steuerberater Mag. A*** auch in der Hauptverhandlung nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden hat, worauf sich dieser der Zeugenaussage entschlug (S 391). Damit wäre es dem Gericht gemäß § 252 Abs 1 Z 3 StPO verwehrt gewesen, frühere gerichtliche Aussagen dieses Zeugen zu verlesen und zu verwerten. Unter dieses Verbot kann aber keinesfalls eine vom Zeugen verfaßte Eingabe fallen, die er ausdrücklich im Vollmachtsnamen des Angeklagten in einem Verwaltungsstrafverfahren abgegeben hatte und die Bestandteil der dieses Verfahren betreffenden Akten geworden ist. Dem Gericht ist es nämlich lediglich verwehrt, den Steuerberater als Zeugen darüber zu vernehmen, was ihm sein Vollmachtgeber in dieser Eigenschaft seinerzeit anvertraut hat oder ob - wie die Verteidigung nunmehr in den Raum stellt - der Steuerberater diese Rechtfertigung eigenmächtig abgegeben hat. Das diesbezüglich vom Zeugen auch in Anspruch genommene Entschlagungsrecht hat das Gericht akzeptiert, sodaß der Vorschrift des § 152 Abs 1 Z 2 StPO entsprochen wurde und keine Rede davon sein kann, diese unter Nichtigkeitssanktion stehende Bestimmung sei zum Nachteil des Angeklagten verletzt worden (§ 281 Abs 1 Z 3 iVm Abs 3 StPO).

Zu der Verfahrensrüge (Z 4), durch die Ablehnung des Beweisantrages auf Überprüfung des Umfanges der Schwarzverkäufe (S 332 iVm S 397, 399) seien Verteidigungsrechte beschränkt worden, und zu dem umfangreichen Vorbringen in der nur das C***-Faktum betreffenden Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) ist grundsätzlich festzuhalten, daß das Gericht im Finanzstrafverfahren von der sich aus dem rechtskräftigen Abgabenbescheid ergebenden Abgabenfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach als Tatsache auszugehen hat, worunter auch die damit entschiedene Vorfrage fällt, ob überhaupt eine inländische Steuerpflicht bezüglich bestimmter Einkünfte besteht. Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung können sohin Grund und Höhe der Steuerpflicht jedenfalls dann nicht mehr sein, wenn der Angeklagte im Abgabenfestsetzungsverfahren Parteistellung hatte und dort seine Einwendungen vorbringen konnte. Das Strafgericht hat allerdings allein und ohne jede Bindung die Frage zu beurteilen, ob den Angeklagten ein strafrechtliches Verschulden (hier Vorsatz im Sinn des § 8 Abs 1 FinStrG) an den festgestellten Abgabenverkürzungen trifft (Dorazil-Reichel-Harbich-Kropfitsch Komm zum FinStrG E 1-18 d zu § 55).

Daraus erhellt zunächst, daß der auf den Umfang der durch Schwarzverkäufe hinterzogenen Steuern abzielende Beweisantrag einen im gerichtlichen Finanzstrafverfahren nicht mehr zu prüfenden somit unerheblichen Umstand betraf und deshalb zu Recht abgelehnt wurde (S 399, 424).

Wenngleich die Beschwerde der Rechtslage insofern Rechnung trägt, als sie nur die Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu bekämpfen vorgibt (S 435), zielt das Vorbringen inhaltlich doch weitgehend auf die Bekämpfung der Urteilsannahme ab, der Angeklagte habe seine Exporte deshalb über die Firma C*** in Vaduz laufen lassen, um die ansonsten bei seinen inländischen Firmen (zumindest in der bei der Betriebsprüfung festgestellten Höhe) anfallenden Gewinne zu verschleiern und nicht versteuern zu müssen. Wie sonst sollten nämlich die Einwände gewertet werden, daß der Zeuge G*** zu wenig Einblick in die Auslandsgeschäfte hatte, die Steuerhinterziehung bei der vorangegangenen Betriebsprüfung im Jahre 1980 bereits geprüft (allerdings noch nicht erkannt) wurde und die festgestellte und vom Angeklagten früher auch zugestandene Machthaberfunktion bei der Firma C*** nicht feststehe, weil es an entsprechenden Beweisergebnissen über die tatsächliche Geschäftsabwicklung dieser Firma und die Bestellung des Verwaltungsrates fehle und die jahrelange, die Bezahlung von Lizenzgebühren beinhaltende Geschäftsverbindung nicht näher erörtert wurde.

Abgesehen davon, daß diese Ausführungen an Bestimmungen des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts (insbesondere Art 534-551) vorbeigehen, wie sie auch der Zeuge Dr. Peter N*** in der Hauptverhandlung und nunmehr das Finanzamt Grieskirchen in seinen Gegenausführungen erläuterten (S 375-379, ON 56), betreffen sie nicht die Vorsätzlichkeit der Steuerhinterziehung, sondern die Frage, ob die von ihm bewußt und gewollt ins Ausland transferierten Gewinne bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Versteuerung im Inland unterliegen. Diese Frage wurde durch die im Einverständnis mit dem Angeklagten und seinem Steuerberater bescheidmäßig festgesetzte und vom Angeklagten nach ständiger Rechtsberatung durch seinen Steuerberater (ohne Ergreifung eines Rechtsmittels) akzeptierte Abgabenfestsetzung bereits rechtskräftig entschieden. Der Angeklagte hat sich im Zuge der Betriebsprüfung auch niemals damit verantwortet, daß ihm zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechnungslegung und Geldtransaktion nicht bekannt gewesen sei, daß die von ihm mit seinen inländischen Firmen - wenn auch über den Umweg der Rechnungslegung durch die Firma C*** - erzielten Gewinne in Österreich seiner Meinung nach nicht offenzulegen und auch nicht zu versteuern seien bzw daß er eine solche Rechtsauskunft von irgend jemandem erhalten hätte. Er hat vielmehr zunächst überhaupt bestritten, die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Firma C*** besessen zu haben, gab diese schließlich nach Beratung mit seinem Steuerberater vor der Finanzbehörde zu (S 278-283, 373, 377), um im Zuge des gerichtlichen Finanzstrafverfahrens wieder zu erklären, er sei sich über den Begriff des Machthabers auch zum Zeitpunkt seines Geständnisses nicht im klaren gewesen, sodaß dieses Geständnis in subjektiver Richtung keinen Beweiswert habe.

Bei Prüfung der Aktenlage unter dem Aspekt, daß es sich beim Angeklagten um einen langjährigen und erfahrenen Unternehmer handelt, der die inkriminierte Vorgangsweise offensichtlich nach dem Vorbild anderer Geschäftsleute unter Beiziehung von Anwälten und Steuerberatern gewählt hatte (S 378) und die tatsächliche (zur Gänze von Eferding aus inszenierte) Geschäftsabwicklung so glaubhaft zu verschleiern vermochte, daß er sogar die Betriebsprüfer im Jahre 1980 mit Erfolg durch die Vorlage von eigens für diesen Zweck eingeholten Urkunden, deren mangelnden Aussagewert die Finanzbeamten damals nicht erkannten, täuschen konnte (S 374), kommen keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der zitierten, zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen auf. Unterzieht man die sichergestellten Urkunden, insbesondere die vom Verwaltungsrat der Firma C*** für ihn ausgestellte Generalvollmacht und die vom Angeklagten ausgestellte Ermächtigung an den Verwaltungsrat, sich seine Honorare selbst vom Konto der C*** abzuheben, im Zusammenhalt mit der durch Zeugenaussagen belegten Tatsache, daß Ing. R*** tatsächlich über die Guthaben am Konto der Firma C*** (durch Abhebung) verfügt hat (S 309, 320) und daß er den Betriebsprüfern die Kontoauszüge der Firma C*** im Jahre 1985 vorlegen konnte, einer lebensnahen Beurteilung, so liegt die vom Schöffengericht vorgenommene, jeden Tatbild- oder Rechtsirrtum (§ 9 FinStrG) ausschließende Würdigung der Beweisergebnisse geradezu auf der Hand.

Es kommt daher weder der Tatsachenrüge (Z 5 a), noch der mit derselben Argumentation (ohnehin nur hilfsweise) erhobenen Mängelrüge (Z 5) Berechtigung zu.

Dasselbe gilt aber auch für den - ebenfalls nur

hilfsweise - geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a, weil hier nicht - wie dies bei der Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre - von den Feststellungen, daß nämlich Ing. Franz R*** tatsächlich Machthaber war und demgemäß über die aus der Geschäftsverbindung der Firma C*** mit seinen inländischen Firmen erwachsenden Gewinne verfügt und in allen Fakten vorsätzlich gehandelt hat (S 407, 408), ausgegangen, sondern neuerlich unterstellt wird, daß der Angeklagte tatsächlich nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Firma C*** war und die vom Erstgericht - nach Meinung des Beschwerdeführers - unzureichend durchgeführten Nachforschungen nicht ausreichen, um in subjektiver Richtung das Vergehen zurechnen zu können. Der Rechtsrüge mangelt es sohin an der prozeßordnungsgemäßen Ausführung.

Schließlich wird auch mit der - im Rahmen der

Berufungsausführungen - erhobenen Rüge, für die Strafzumessung

wesentliche Umstände seien nicht festgestellt und gewürdigt worden,

der Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO nicht

dargestellt, weil mit diesem neuen Nichtigkeitsgrund nur eine

rechtlich fehlerhafte Beurteilung festgestellter

Strafzumessungstatsachen, nicht aber das Unterlassen gewünschter

Feststellungen bekämpft werden kann (14 Os 72/88 = EvBl 1988/115

= RiZ 1988/47 uva). Dieses Vorbringen wird sohin erst im Rahmen der

Berufung zu prüfen sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Über die Berufung wird demnach der örtlich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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