OGH 12Os102/12k

OGH12Os102/12k11.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Sol und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Viktorin als Schriftführer in der Strafsache gegen Alexander H***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 27. Februar 2012, GZ 42 Hv 117/10i-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer, des Verteidigers Mag. Kregcjk und der Privatbeteiligtenvertreterin Mag. Lichtenstrasser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe wird Folge gegeben und Alexander H***** zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt.

Seiner Berufung gegen den Privatbeteiligtenzuspruch wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander H***** der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I./), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./), des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 vierter Fall StGB (III./) sowie des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ Tamara F***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung genötigt, und zwar

1./ im Zeitraum zwischen Ende August und Anfang September 2008 in M*****, indem er sie am Hals packte, würgte und äußerte, sie habe die Wohnung nicht zu verlassen, solange er noch etwas zu sagen habe, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme vom Verlassen seiner Wohnung;

2./ zwischen Ende September und Anfang Oktober 2008 in V*****, indem er durch die Äußerung, er werde ansonsten ihrer Schwester „die Albaner oder die Ungarn schicken und die werden ihr dann zeigen, wie das mit dem Sex funktioniert“, eine Vergewaltigung ankündigte, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung gegen ihn;

3./ zwischen Ende Oktober und Anfang November 2008 in V***** durch die unter Punkt II./2./ beschriebenen Tathandlungen zu einer Handlung, nämlich zur telefonischen Kontaktaufnahme mit ihrer Cousine Melanie F***** und zum Widerruf des tags zuvor dieser gegenüber bezüglich der Gewalttätigkeiten des Angeklagten gehörigen Angaben;

II./ Tamara F***** in V***** vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar

1./ zwischen Ende September und Anfang Oktober 2008, indem er ihr Schläge mit der Hand ins Gesicht, Faustschläge in den Bauchbereich und Fußtritte gegen den Oberschenkel versetzte, wodurch sie Hämatome an den genannten Stellen erlitt;

2./ im Zeitraum zwischen Ende Oktober und Anfang November 2008, indem er ihr Schläge und Tritte gegen den Körper versetzte, wodurch sie Hämatome im Bereich der Oberschenkel und des Bauches sowie starke, länger andauernde Schmerzen im Bereich der Rippen erlitt;

III./ am 21. März 2010 in B***** Susanne D***** durch Versetzen von Tritten gegen ihren Körper sowie durch die Äußerung „ich kann dich so lange ficken, bis alles blutet und aufgerissen ist“, sohin eine Person mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme bzw Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Oral- und Analverkehrs, genötigt, wobei er die vergewaltigte Person durch Ejakulieren in ihr Gesicht in besonderer Weise erniedrigte;

IV./ im Zeitraum von Mitte Jänner 2010 bis einschließlich 28. März 2010 in W***** und anderen Orten gegen Susanne D***** längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er in oftmaligen Angriffen sie durch wiederholte Schläge ins Gesicht, Schläge und Tritte gegen ihren Körper, durch zu Boden drücken, sowie durch Würgen am Körper misshandelte, wodurch sie Hämatome am Oberschenkel, Kopfprellungen sowie Rötungen im Bereich der Halsweichteile erlitt und durch Äußerungen wie „noch eine falsche Antwort und ich brich dir etwas im Gesicht“, „ich werde dir gleich mit der Faust durch den Schädel fahren“ und „stirb endlich, bitte stirb“ vorsätzlich mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben bzw gegen die Freiheit (§§ 83 Abs 1, 107 Abs 1 StGB) beging.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung (ON 51 S 27 ff und S 42) des Antrags auf Einvernahme der Zeugen Roland Fr*****, Iris Z***** und Andreas S***** jeweils „zum Beweis dafür, dass Tamara F***** auch von einem weiteren Exfreund, nämlich dem Herrn Andreas S***** (...) wahrheitswidrig behauptet hat, dass dieser sie geschlagen und vergewaltigt hat“ (ON 51 S 23 f), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht geschmälert.

Die Beurteilung der Wahrheit und Richtigkeit der Aussagen von Zeugen ist ein Akt freier Beweiswürdigung, der ausschließlich dem Gericht zusteht, wobei die Richter sich aufgrund des Beweisverfahrens, des persönlichen Eindrucks von den Zeugen und vom Angeklagten sowie aufgrund ihrer Berufserfahrung und Lebenserfahrung über die Verlässlichkeit der Aussagen schlüssig zu werden haben (RIS-Justiz RS0097733, Lendl, WK-StPO § 258 Rz 23).

Der Umstand, dass ein Zeuge bereits wegen Verleumdung oder falscher Beweisaussage zur Verantwortung gezogen wurde, kann eine unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeitsbeurteilung erhebliche Tatsache darstellen. Voraussetzung einer solchen Erheblichkeit sind Anhaltspunkte für eine habituelle und demzufolge die Aussagen im Strafverfahren erschütternde Falschbezichtigungstendenz des Zeugen oder für einen Zusammenhang früherer falscher Angaben mit dem Verfahrensgegenstand (RIS-Justiz RS0120109).

Diesen Erfordernissen werden die gegenständlichen Beweisanträge mit dem Vorbringen, die Zeugin Tamara F***** habe in der kontradiktorischen Einvernahme zu Protokoll gegeben, dass erste Mal in ihrem Leben vor einem anderen Menschen (dem Angeklagten) Angst gehabt zu haben, weil sie vorher noch niemand geschlagen habe und noch nie ein Mensch so mit ihr umgegangen sei, was durch den hier nicht verfahrensgegenständlichen - (angeblich falschen) - Vorwurf, sie sei von Andreas S***** bereits geschlagen und vergewaltigt worden, zu widerlegen sei (ON 51 S 23 f), nicht gerecht. Denn zum einen betrifft dieser Einwand - im Gegensatz zu der in der Nichtigkeitsbeschwerde zitierten Entscheidung 14 Os 24/11b, der die Behauptung des Beschwerdeführers zugrunde lag, die Belastungszeugin habe bei Fehlen sonstiger objektiver Beweismittel anderen Personen gegenüber zugestanden, die verfahrensgegenständlichen belastenden Angaben erfunden zu haben - keine entscheidende Tatsache. Zum anderen wird eine (darüber hinausgehende) habituelle Falschbezichtigungs-tendenz der Zeugin vom Antragsteller - ohne jegliches Substrat - bloß behauptet (ON 51 S 41).

Auch die Abweisung des Antrags auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Orthopädie bzw Unfallchirurgie „zum Beweis dafür, dass der Angeklagte aufgrund seiner wenige Stunden zuvor erlittenen Verletzung (...) und der damit verbundenen Bewegungseinschränkung und der Schmerzen nicht in der Lage war, den Geschlechtsverkehr (...) bzw die Misshandlung durch Schläge und Tritte, wie sie von der Zeugin Susanne D***** (...) geschildert wurde(n), zu setzen“ (ON 51 S 25), ist nicht zu beanstanden. Der Beweisantrag muss, um aus der Z 4 durchsetzbar zu sein, erkennen lassen aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erbringen wird. Die Begründung des Beweisbegehrens muss dabei umso eingehender sein, je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschritts im Lichte der übrigen Beweisergebnisse ist (RIS-Justiz RS0099453 [insbesondere T17]). Warum im Fall der Verletzung an der rechten Schulter Schläge mit der linken Hand und Tritte gegen den Oberschenkel des Opfers sowie ein dadurch - im Übrigen auch durch gefährliche Drohung - erzwungener Geschlechtsverkehr (vgl US 17 f) nicht möglich sein sollten, legt der Antragsteller nicht dar.

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 ff) angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt lässt (RIS-Justiz RS0118316). Solche erheblichen Umstände werden durch die im Rahmen der Mängelrüge aufgeworfenen Fragen, ob der Angeklagte über ein erhöhtes Aggressionspotential verfügt oder nicht und ob er sich anderen Frauen gegenüber nicht eifersüchtig oder ausfällig gezeigt hat, mangels Einflusses auf entscheidende Tatsachen nicht angesprochen.

Ein Begründungsmangel ist überdies nicht schon deshalb gegeben, weil nicht der vollständige Inhalt sämtlicher Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert wird (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428), sodass auch das Vorbringen, die Tatrichter hätten nicht berücksichtigt, dass die Zeugin Susanne D***** unmittelbar nach den (angeblich) gewalttätigen Übergriffen in H***** den Angeklagten ihrer Mutter vorstellte, ins Leere geht.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkrete Verweise auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780). Indem der Beschwerdeführer zum Schuldspruchfaktum III./ eigene beweiswürdigende Erwägungen über den Tathergang anstellt und die betreffenden Urteilsannahmen als „grob unvernünftig“ bzw „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet, bringt er diesen Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig zur Darstellung.

Die das Urteilsfaktum IV./ betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a), legt nicht dar, weshalb das Tatbestandsmerkmal einer über „eine längere Zeit hindurch“ fortgesetzten Gewaltausübung in § 107b Abs 1 StGB hinsichtlich des zeitlichen Elements an der zur fünfjährigen Frist des § 39 Abs 2 StGB entwickelten Judikatur zu messen wäre. Sie übergeht im Übrigen, dass bei Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit nach § 107b Abs 1 StGB stets eine einzelfallbezogene Gesamtbetrachtung der Faktoren, Dauer, Dichte und Intensität der Gewaltausübung vorzunehmen ist, wobei eine besonders starke Ausprägung eines dieser Faktoren unter dem Aspekt der Subsumtion eine Reduktion des Gewichts der übrigen Faktoren zulässt (RIS-Justiz RS0127377). Ausgehend von diesen Prüfungskriterien ist angesichts der Intensität und Dichte der Übergriffe im März 2010 eine Subsumtion unter den Grundtatbestand des § 107b Abs 1 StGB zu Recht erfolgt.

Weshalb dem in § 107b Abs 2 StGB normierten Gewaltbegriff zuwider gefährliche Drohungen und „Nötigungen, die durch eine gefährliche Drohung begangen werden“ als „Anknüpfungstaten“ für § 107b Abs 1 StGB ausscheiden sollten, lässt das weitere Vorbringen der Rechtsrüge, das sich insoweit - nicht methodengerecht (RIS-Justiz RS0117321, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588 ff) - mit dem unreflektierten Zitat einer vereinzelten Lehrmeinung begnügt (vgl hingegen Schwaighofer in WK2 § 107b Rz 18 und 22, Winkler, SbgK § 107b Rz 9, 25 ff und 89 ff sowie Fabrizy, StGB10 § 107b Rz 3) nicht erkennen.

Ebenso wenig aus dem Gesetz abgeleitet (RIS-Justiz RS0116565) ist der sich in einer bloßen Behauptung erschöpfende Einwand, „die Tat“ umfasse „gegenüber Susanne D***** sämtliche im Urteil auf Seite 12 bis 21 enthaltenen Feststellungen, also auch das Delikt gemäß § 201 Abs 1 und 2, 4. Fall StGB (Faktum III des Urteils)“, weshalb die Subsidiaritätsklausel des § 107b Abs 5 StGB zur Anwendung komme.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung mangels Anführung in § 107 Abs 2 StGB keine Anknüpfungstaten für den Tatbestand nach § 107b Abs 1 StGB sind (vgl Schwaighofer, WK2 § 107b Rz 47, Winkler, SbgK § 107b Rz 134, Tipold, JBl 2009, 679), sodass § 201 StGB in echter Konkurrenz zu § 107b Abs 1 StGB steht (Schwaighofer, WK2 § 107b Rz 54).

Der Standpunkt der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit b), die Anklagebehörde hätte sich hinsichtlich der den Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Urteilsfakten I./ und II./) zugrunde liegenden Taten „verschwiegen“, ist angesichts der Einbringung des diese Fakten betreffenden Strafantrags zu 42 Hv 49/11s des Landesgerichts Wiener Neustadt am 6. Juli 2011 (ON 4 in ON 33), des Beschlusses der Vorsitzenden vom 7. Juli 2011 auf gemeinsame Führung mit dem Verfahren 42 Hv 117/10i (ON 1 S 16) sowie dem mündlichen Vortrag des Strafantrags in der Hauptverhandlung am 12. Juli 2011 (ON 34 S 3) - alles somit innerhalb von drei Monaten (§ 263 Abs 4 StPO) nach Thematisierung dieser Sachverhalte in der Hauptverhandlung am 13. April 2011 (ON 27 S 73 ff) - nicht nachvollziehbar, weil sowohl die Einbringung des Strafantrags innerhalb der Frist nach § 263 Abs 4 StPO in einem anderen Verfahren (RIS-Justiz RS0097115), als auch der Vortrag des Strafantrags in der neu durchgeführten Hauptverhandlung am 12. Juli 2011 (SSt 28/13, Fabrizy, StPO11 § 263 Rz 8; aA ohne nähere Begründung Lewisch, WK-StPO § 263 Rz 66), einer Verschweigung entgegensteht.

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) teils spekulative Überlegungen zum „allgemeinen Sprachgebrauch der Bevölkerung“ sowie zu einer in den letzten Jahren und Jahrzehnten erfolgten Wandlung des „sexuellen Spektrums“ anstellt und solcherart versucht, der bisherigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu § 201 Abs 2 vierter Fall StGB - wonach die vergewaltigte Person dann in besonderer Weise erniedrigt wird, wenn die Tat unter Begleitumständen verübt wird, die das mit einer Vergewaltigung notwendigerweise verbundene Maß der Demütigung des Opfers erheblich überschreiten, wie es auch beim Ejakulieren ins Gesicht der Fall ist (RIS-Justiz RS0095315 [insb T4]) - einen „Wertungswiderspruch“ zu unterstellen, wobei sie dabei (im Übrigen) nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts in seiner Gesamtheit argumentiert und außer Acht lässt, dass der Angeklagte Susanne D***** nicht nur ins Gesicht, sondern auch auf den Oberkörper und ihre Haare ejakulierte und sie in diesem Zusammenhang auch verbal demütigte („wie eine richtige Schlampe“; US 18), verfehlt sie ihren gesetzlichen Anfechtungsrahmen, wird die Unrichtigkeit einer Gesetzesauslegung doch nur prozessförmig aufgezeigt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, warum der allgemeine oder besondere Sprachgebrauch des Gesetzes von demjenigen des Erstgerichts bei der Auslegung der angewendeten Bestimmungen des materiellen Rechts abweicht, der Gesetzeskontext eine spezifisch andere Bedeutung nahe legt, der historische Gesetzgeber eine andere Bedeutung bezweckt, durch eine von der Ansicht des Erstgerichts verschiedene Auslegung ein Wertungswiderspruch vermieden wird oder schließlich die Rechtsauffassung des Erstgerichts, an den Verfassungsprinzipien gemessen, keinen Bestand haben kann (RIS-Justiz RS0118416).

Ein mit Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO bedrohter Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) liegt vor, wenn Tatsachen, die schon die Strafdrohung bestimmen, auch als schuldrelevante Strafzumessungsfaktoren, dh nochmals als erschwerend herangezogen werden (RIS-Justiz RS0090946). Ein derartiger Fehler wird mit den zum Berufungsvorbringen abgehandelten Einwänden nicht dargetan.

Durch den Hinweis des Erstgerichts, wonach mit Blick auf den Umstand, dass der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren die besondere Verwerflichkeit von Sexualstraftaten zum Ausdruck gebracht hat, aus generalpräventiven Erwägungen eine hohe Strafe zu verhängen war (US 43), wurde nicht in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen (zur Mitberücksichtigung der Generalprävention bei Bestimmung der Strafhöhe vgl Leukauf/Steininger, StGB3 Rz 9 ff; Fabrizy, StGB10 Rz 5 jeweils zu § 32 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren. Dabei wertete es „das Zusammentreffen von Verbrechen mit einer Vielzahl von Vergehen, Gewalttaten gegenüber zwei Opfern und das immense Druckausüben auf die Opfer“ als erschwerend, den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten hingegen als mildernd.

Der dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Indem das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen als ebenso erschwerend gewertet wurde wie der Umstand, dass Gewalttaten gegen zwei Opfer gesetzt wurden, wertete das Erstgericht dasselbe Geschehen verfehlt zweifach zu Lasten des Berufungswerbers.

Mit Blick auf die verwirklichten Delikte liegt - der Ansicht des Schöffengerichts zuwider - ein „immenses Druckausüben auf die Opfer“ nicht in einer solchen Intensität vor, als dass eine Wertung als Erschwerungsgrund gerechtfertigt wäre.

Hingegen ist - dem Berufungsvorbringen folgend - die in Anbetracht der konkreten Vorwürfe und des dazu notwendigen Verfahrensaufwands objektiv lange, nämlich von April 2010 bis (einschließlich des Rechtsmittelverfahrens) April 2013 reichende, nicht vom Angeklagten oder seinem Verteidiger zu vertretende, Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB und Art 6 Abs 1 EMRK) als mildernd zu berücksichtigen und an Stelle der an sich zu verhängenden schuldangemessenen Strafe von sechs Jahren zum Ausgleich für diese Konventionsverletzung eine um sechs Monate geringer bemessene Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren festzusetzen.

Der Berufung des Angeklagten gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche, die keine inhaltlichen Einwände gegen den Zuspruch erhebt und sich darin erschöpft, auf die geltend gemachten, auf einen Freispruch zielenden, Nichtigkeitsgründe zu verweisen, kommt mangels Substantiierung keine Berechtigung zu.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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