Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden der - im Übrigen unberührt bleibende - Wahrspruch der Geschworenen, wonach die von der Hauptfrage I umfasste Tat eine schwere Körperverletzung der unmündigen Person zur Folge gehabt habe, sowie das darauf beruhende Urteil, das ebenfalls im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung dieser dem Schuldspruch I zugrunde liegenden Tat unter die Qualifikationsnorm des § 206 Abs 3 erster Fall StGB sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und wird die Strafsache an ein anderes Geschworenengericht beim Landesgericht Wiener Neustadt zu neuer Verhandlung sowie Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (I), mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (II) sowie des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (III) schuldig erkannt.
Danach hat er in der Zeit zwischen dem Jahr 2003 und dem Jahresbeginn 2005
(I) wiederholt sein Glied in den Anus des am 11. Dezember 1996 geborenen Johannes L***** eingeführt, wobei die Taten eine massive psychische Störung des Unmündigen von weit über 24-tägiger Dauer zur Folge hatten,
(II) durch die zum Schuldspruch I beschriebenen Tathandlungen mit seinem minderjährigen Sohn mehrmals geschlechtliche Handlungen vorgenommen und
(III) Johannes L***** durch die Drohung, er werde widrigenfalls dessen Mutter und Schwester töten, zur Unterlassung der Mitteilung einer der zum Schuldspruch I beschriebenen Tathandlungen genötigt. Die dagegen aus Z 6, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Die Instruktionsrüge (Z 8) weist zutreffend darauf hin, dass die den Geschworenen gemäß § 321 StPO zu erteilende Rechtsbelehrung (S 561 - 585/I) zwar das Erfordernis des wenigstens fahrlässigen Herbeiführens der Erfolgsqualifikation des § 206 Abs 3 erster Fall StGB festhält (S 567/I), den Fahrlässigkeitsbegriff aber nicht erläutert. Nach der Aktenlage ist sohin den Laienrichtern das wesentliche Kriterium für die subjektive Zurechnung der objektiv bejahten, qualifizierenden Tatfolge inhaltlich nicht erklärt worden.
Aufgrund dieses Verfahrensmangels war der Nichtigkeitsbeschwerde in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§§ 285e, 344 StPO). Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass eine Erfolgsqualifikation nach § 206 Abs 3 StGB dem Täter nur einmal angelastet werden darf, wenn mehrere gleichartige sexuelle Übergriffe für eine der in dieser Bestimmung bezeichneten Folgen ursächlich geworden sind (15 Os 26/06x, EvBl 2006/133, 691).
Im Übrigen verfehlt die Beschwerde ihr Ziel.
Die Fragenrüge (Z 6) bringt mit dem Einwand, die Verfahrensergebnisse hätten die Aufnahme einer auf das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB gerichteten Eventualfrage (§ 314 Abs 1 StPO) zur Hauptfrage I erfordert, den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung, weil sie nicht erkennen lässt, weshalb die hier gewählte Vorgangsweise, Fragen zusammenzufassen und die Geschworenen im Rahmen der Rechtsbelehrung über die Möglichkeit zu unterrichten, eine Frage nur teilweise zu bejahen (S 557, 567, 581 f/I), entgegen dem Wortlaut der Bestimmungen der §§ 317 Abs 2 und 330 Abs 2 StPO hier unzulässig sein soll (vgl auch 13 Os 99/02 sowie jüngst 11 Os 125/05z). Vollständigkeitshalber sei festgehalten, dass Tatsachen, die - wie hier - einen im Gesetz namentlich angeführten, strafsatzändernden Erschwerungs- bzw Milderungsumstand begründen würden, nach ständiger Judikatur grundsätzlich Gegenstand (nicht einer Eventual-, sondern) einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) sind (EvBl 1989/126, 465, zuletzt 11 Os 156/03).
Soweit die Tatsachenrüge (Z 10a) den Wahrspruch der Geschworenen mit dem Hinweis in Zweifel zu setzen trachtet, dass das Tatopfer den Beschwerdeführer zunächst nicht im Sinn der Anklage belastet hat, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Indem die Beschwerde aus der Niederschrift der Geschworenen argumentiert, verkennt sie, dass diese eine Begründung für die Beweiswürdigung darstellt und solcherart nicht gleichzeitig deren Gegenstand bilden kann, womit sie nach nunmehr ständiger Judikatur als Grundlage für eine Tatsachenrüge ausscheidet (jüngst 12 Os 31/06k, 11 Os 30/06f, 13 Os 44/06d).
In ihrem erfolglosen Teil war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.
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