OGH 11Os156/03

OGH11Os156/039.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gregori P***** und Boris B***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Boris B***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 2003, GZ 406 Hv 2/03a-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Aicher, sowie des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Kosak zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, welches auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Gregori P***** enthält, wurde Boris B***** des Verbrechens des schweren Raubes als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 14. Juli 2003 in Wien zur Ausführung der strafbaren Handlung (Tat) des Gregori P*****, welcher am selben Tag dadurch, dass er gegen Lisbeth W***** ein Messer gegen deren Hals richtete und der Genannten mit den Worten "Geld her" Bargeld in Höhe von 325 EUR, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abnötigte, dadurch beigetragen, dass er Gregori P***** gegenüber die Trafik der Lisbeth W***** als für einen Überfall günstig bezeichnete, Gregori P***** das als Tatwaffe verwendete Messer übergab, dem Genannten eine Jacke zur Abdeckung seiner Tätowierung zur Verfügung stellte und Ratschläge für die Flucht erteilte.

Die Geschworenen verneinten die Hauptfrage (B) wegen Bestimmung (§ 12 zweiter Fall) des Gregori P***** zum schweren Raub, bejahten aber unter Streichung einiger Passagen die nach Beitragstäterschaft zum Verbrechen des schweren Raubes gestellte Eventualfrage I, womit die Eventualfrage II wegen Hehlerei nicht mehr zu beantworten war.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Gründe der Z 6, 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Boris B*****, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt. Soweit der Beschwerdeführer die Stellung einer "uneigentlichen Zusatzfrage" nach unqualifiziertem Raub vermisst (Z 6) und darin eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung erblickt, übersieht er, dass die in § 143 StGB namentlich angeführten Erschwerungsgründe zwar den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) bilden, aber auch in die Hauptfrage aufgenommen werden können (§ 317 Abs 2 StPO), sofern die Geschworenen ausdrücklich darüber belehrt werden, dass sie diese mit einer entsprechenden Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) bejahen können (Schindler in WK-StPO § 314 Rz 32, zweiter Absatz). Dies ist vorliegend durch die allgemeine Rechtsbelehrung (§ 325 Abs 2 StPO), die Rechtsbelehrung gemäß § 321 StPO (S 29 der Beilage zu ON 41) und das Formblatt über die Fragen an die Geschworenen erfolgt. Dass die Laienrichter dies auch verstanden haben, zeigt die - einschränkende - Beantwortung der Eventualfrage I.

Die unter demselben Nichtigkeitsgrund bemängelte "Vermischung" der Beitragsformen (§ 12 zweiter und dritter Fall StGB) in der Anklageschrift (ON 26) erfuhr durch die gesonderte Fragestellung nach Bestimmungs- (Hauptfrage B) und Beitragstäterschaft (Eventualfrage I) eine Klarstellung. Zudem lässt die Beschwerde offen, worin eine (noch) "differenziertere Ausgestaltung" des Fragenschemas bestehen hätte können. Gleiches gilt für die Forderung, die Schwere der Schuld (als Beitragstäter) in das Fragenschema aufzunehmen, zumal dies als Strafbemessungsfrage gesetzlich nicht geboten ist (s §§ 33 Z 4; 34 Abs 1 Z 6 StGB).

Das Vorbringen zur Instruktionsrüge (Z 8) wiederum, die Geschworenen seien auf die "Unterscheidung" zwischen der "Vortat" des schweren Raubes durch Gregori P***** und jener der "Nachfolgetat" der Hehlerei durch den Beschwerdeführer nicht hingewiesen worden, übergeht die jeweils ausführlichen diesbezüglichen Belehrungen (Rechtsbelehrung S 12 f der Beilage zu ON 41). Welche "Rechtsbegriffe" von der Belehrung nicht erfasst worden sein sollen, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Eine Befassung mit dem Grundsatz "in dubio pro reo", wie dies der Beschwerdeführer verlangt, erübrigt sich schon deshalb, weil es sich hiebei um Fragen der Beweiswürdigung handelt, auf die in der schriftlichen Rechtsbelehrung grundsätzlich nicht einzugehen ist (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 39).

Ein Subsumtionsfehler des Schwurgerichtshofes bei der rechtlichen Beurteilung einer von den Geschworenen als erwiesen angenommenen Tat kann nur durch einen Vergleich des Verdikts mit der darauf angewendeten Strafbestimmung gesetzmäßig dargetan werden; indem aber ausgehend von der eigenen von den Geschworenen abgelehnten Verantwortung des Angeklagten nur die belastenden Angaben des Mitangeklagten als "widersprüchlich und völlig unglaubwürdig" bestritten werden und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (15 Os 58/90), die den hilfweisen Rückgriff auf Verfahrensergebnisse lediglich zur Sinndeutung des Wahrspruchs für zulässig erklärt, unrichtig interpretiert wird, entbehrt die eine Beurteilung des Tatverhaltens (höchstens) als Hehlerei anstrebende Subsumtionsrüge (Z 12) einer prozessordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Auch die Berufung ist unbegründet.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, wobei es als erschwerend nichts, als mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten sowie die Sicherstellung der Raubbeute wertete. Damit wurden die in Betracht kommenden Strafbemessungsgründe im Wesentlichen vollständig erfasst und ausgewogen gewichtet. Zusätzliche, vom Erstgericht unberücksichtigte Milderungsgründe vermochte der Berufungswerber nicht aufzuzeigen. Denn dass ihm Beitragstäterschaft angelastet wird, ist für sich allein nicht als mildernd zu werten, von der hiefür notwendigen Voraussetzung, dass er an der Straftat nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen wäre (§ 34 Abs 1 Z 6 StGB) kann angesichts der festgestellten Beitragshandlungen keine Rede sein. Auch das reklamierte Teilgeständnis liegt nicht vor, wird doch mit dem Eingeständnis, sich der Hehlerei schuldig gemacht zu haben, in Wahrheit der Tatvorwurf der Beitragstäterschaft zum schweren Raub in Abrede gestellt. Schließlich wurde von der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB zu Recht kein Gebrauch gemacht. Mag auch beim Fehlen von Erschwerungsgründen die Annahme mildender Umstände deren beträchtliches Überwiegen indizieren, so stehen der Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung die vom Geschworenengericht zutreffend geäußerten präventiven Bedenken entgegen. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher zu einer Reduktion der (Mindest-)Strafe nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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