OGH 11Os69/96

OGH11Os69/969.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Mag.Strieder und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter Josef L***** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5.Februar 1996, GZ 39 Vr 3640/95-15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter Josef L***** (zu 1) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und (zu 2) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 12.Dezember 1995 in Imst

(zu 1) durch Einschlagen einer Fensterscheibe im Blockhaus des Hans S***** eine fremde Sache in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert beschädigt und

(zu 2) an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er im Blockhaus des Hans S***** einen Vorhang anzündete, wobei das rasch um sich greifende Feuer das Blockhaus völlig "niederbrannte".

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (Faktum 2) richtet sich die auf die Z 4, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Ange- klagten, der bereits aus dem erstgenannten Grund Berechtigung zukommt.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel (Z 4) die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 5. Februar 1996 gestellten Antrages (105) auf Einholung des Gutachtens eines Brandsachverständigen "zum Beweis dafür, daß das Feuer kein solches Ausmaß hatte, daß von einer Feuersbrunst gesprochen werden kann". Das Schöffengericht begründete das abweisende Zwischenerkenntnis damit (105 f iVm US 9), "daß bereits aus dem Akt und der Lichtbildbeilage hervorgeht, daß es sich um ein ausgedehntes Schadensfeuer handelte, zumal die Hütte innen zur Gänze ausgebrannt ist und der Einsatz der Feuerwehr mit drei Löschfahrzeugen notwendig war, wobei die Schadenshöhe keine Rolle spielt".

Zwar obliegt die Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine Feuersbrunst vorliegt, als juristische Wertung allein dem Gericht, jedoch vermag der (Brand-)Sachverständige die Sachgrundlage für eine derartige Entscheidung - nämlich insbesondere das Ausmaß des Schadensfeuers - zu liefern, worüber die derzeitige Aktenlage keinen hinreichend verläßlichen Aufschluß gibt. Der Umstand, daß das Blockhaus (Ausmaß: 4 x 5 Meter) zur Gänze abbrannte bzw nur durch den Einsatz der Feuerwehr zum Teil erhalten werden konnte, reicht insoweit ebensowenig aus wie der Hinweis in der Anzeige (13), mit welcher Einsatzstärke die Feuerwehr "ausrückte" (wiewohl die Notwendigkeit des Einsatzes mehrerer Löschfahrzeuge zur Brandbekämpfung ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer Feuersbrunst darstellen kann - vgl 14 Os 131/87 ua). Auch ist die Schadenshöhe - wie das Erstgericht insoferne zutreffend ausführt - allein nicht ausschlaggebend, solang durch das Feuer fremdes Eigentum im bloß eng begrenzten Ausmaß betroffen ist (12 Os 161/77, 9 Os 65/84, 14 Os 10/94 ua). Vorliegend läßt sich die Frage, ob die Ausbreitung des Brandes (auf umliegende Bereiche) nur durch die (nach der Aktenlage erst rund 50 Minuten nach Brandbeginn) alarmierte Feuerwehr verhindert werden konnte und ob ohne deren Einschreiten eine Brandausbreitung auf angrenzende Bereiche anzunehmen ist, durch die im Akt erliegenden Lichtbilder und die diesbezüglichen Gendarmerieerhebungen nicht hinreichend klären. Aus den Erhebungen der Gendarmerie ergibt sich lediglich, daß der Angeklagte den Vorhang des südlichen Fensters des in Holzbauweise errichteten, auf einem Betonfundament ruhenden, 4 x 5 m großen Blockhauses anzündete, sodann die Hütte (ohne einen Versuch, den Brand zu löschen) verließ, rund eine halbe Stunde zu Fuß zur Sicherheitsbehörde ging, welche erst rund 20 Minuten nach der Anzeigenerstattung erheben konnte, um welches Objekt es sich handelte, und sodann die Feuerwehr Imst verständigte, die mit drei Tanklöschfahrzeugen, vier Löschfahrzeugen sowie mit schwerem Atemschutz ausrückte (11).

Die Begründung des Zwischenerkenntnisses erfaßt den Kern des im Zusammenhang mit der Frage der Größe und der Ausbreitung des Brandes in untrennbarem Zusammenhang stehenden Beweisantrages nicht und erweist sich solcherart als nicht ausreichend sachbezogen. Da bei der gegebenen Sachkonstellation den konkreten Umständen des Brandes (Ausdehnung des Feuers, Gefahr der Weiterverbreitung, Schwierigkeit der Eindämmung usw) entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der aktuellen Kriterien im Sinn des § 169 Abs 1 StGB zukommt, wurden durch die Abweisung des Beweisantrages Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt.

Zufolge dieses Verfahrensmangels (Z 4) war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde - ohne auf das weitere Rechtsmittelvorbringen näher einzugehen - das angefochtene Urteil in seinem Punkt 2 des Urteilssatzes aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wäre für den Fall eines Schuldspruchs (bloß) wegen schwerer Sach- beschädigung (§§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB) mit Beziehung auf den bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (laut Punkt 1 des Urteilssatzes) zu beachten, daß zufolge des diesfalls aktuellen Zusammenrechnungsprinzips nach § 29 StGB nur ein (einziges) Vergehen vorläge.

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