OGH 11Os67/98

OGH11Os67/9815.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Ebner, Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. Wolfgang M***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dr. Wolfgang M***** und Franz K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 29. Oktober 1997, GZ 14 Vr 350/97-330, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, der Angeklagten Dr. Wolfgang M***** und Franz K***** und der Verteidiger Dr. Graff und Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Dr. M***** wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf vier Monate herabgesetzt.

Der Berufung des Angeklagten K***** wird mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, daß bei diesem Angeklagten die Vorhaft vom 9. Februar 1996,

18.20 Uhr bis 23. Juli 1996, 12.00 Uhr sowie vom 24. Juli 1996, 02.24 Uhr bis 18. September 1996, 12.00 Uhr auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dr. Wolfgang M***** des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs 1 StGB (A 1) und Franz K***** des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (A 2 a) sowie des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 12 zweiter Fall, 310 Abs 1 StGB (A 2 b) schuldig erkannt.

Darnach haben

(zu A 1) Dr. Wolfgang M***** zwischen 29. Jänner und 9. Februar 1996 in Wien als Beamter, nämlich als für die Strafsache gegen Alexander W***** und Valentina H***** zuständiger Staatsanwalt dadurch, daß er Franz K***** den Gegenstand und Stand des erwähnten Strafverfahrens, insbesondere die von ihm am 19. Jänner 1996 erfolgte Antragstellung auf Einleitung der Voruntersuchung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 144a StPO durch Sperre sämtlicher von Alexander W***** und Valentina H***** direkt oder indirekt beherrschten Konten, mitteilte, ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes zugänglich gewordenes Geheimnis geoffenbart, dessen Offenbarung das öffentliche Recht des Staates auf Sicherung der Abschöpfung der Bereicherung gemäß § 20a StGB (alte Fassung) und das private Interesse der Valentina H***** auf Sicherung ihrer Kreditwürdigkeit und ihres Fortkommens zu verletzen geeignet war;

(zu A 2) Franz K*****

a) versucht, Valentina H***** durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, die sie oder einen anderen am Vermögen schädigen sollte, nämlich zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages von 6,000.000 S zu nötigen, dadurch, daß er mit der Genannten in Kontakt trat und ihr in mehrmaligen Gesprächen mit Bezug auf das gegen sie beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 24 d Vr 769/96 wegen §§ 12, 153 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall sowie 223 Abs 2 StGB im Stadium der Voruntersuchung anhängige Strafverfahren unter Hinweis auf entsprechende Informationen durch den für diese Strafsache zuständigen Staatsanwalt Dr. Wolfgang M***** und sein Einvernehmen mit diesem Staatsanwalt die gegen sie bestehende Verdachtslage als vom Staatsanwalt äußerst gravierend beurteilt darstellte, insbesondere die nahe Gefahr ihrer Verhaftung und auch prozessualer Zwangsmaßnahmen gegen ihr Vermögen betonte, ihr aber für den Fall der Zahlung eines der Höhe nach letztlich mit 6,000.000 S bestimmten Geldbetrages eine Hilfestellung des Staatsanwaltes bei der Vorbereitung ihrer Vernehmung durch den Untersuchungsrichter sowie den aufgrund ihrer manipulierten Verantwortung ermöglichten Verzicht des Staatsanwaltes auf ihre weitere Verfolgung in Aussicht stellte und schließlich von Valentina H***** den Geldbetrag unter von ihm vorgegebenen Übergabemodalitäten übernahm;

b) dadurch zu der unter A 1 angeführten strafbaren Handlung des Dr. Wolfgang M***** beigetragen, daß er ihn dazu bestimmte, die unter A 1 genannten Amtsgeheimnisse zu offenbaren.

Beide Angeklagten bekämpfen dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerden, die vom Angeklagten Dr. M***** auf die Gründe der Z 5, 5a und 9 lit a sowie vom Angeklagten K***** auf jene der Z 1, 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. M*****:

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Erstgericht die entscheidende Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte Dr. M***** dem Mitangeklagten K***** am 29. Jänner 1996 seinen im Verfahren gegen Valentina H***** gestellten Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung und auf einstweilige Verfügung durch Sperre sämtlicher von ihr beherrschten Konten mitteilte (US 19), hinreichend begründet. Ist doch der von den Tatrichtern aus den eingehend erörterten Beweisergebnissen gezogene Schluß, daß Franz K***** die erwähnten Informationen nur vom Erstangeklagten erhalten haben konnte, als er sich am genannten Tag bei ihm über den Verfahrensstand erkundigte (US 35 f), logisch nachvollziehbar und keineswegs lebensfremd. Den gegen diese Urteilsannahme vorgebrachten Einwänden (vgl die Punkte a) bis o) der Mängelrüge) ist entgegenzuhalten, daß das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 258 Abs 2 StPO nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet ist, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und seine Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen (11 Os 108/92, 12 Os 18/94 uva; Mayerhofer StPO4 § 258 E 26 und 30).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Schöffengericht bei der Begründung der bekämpften Feststellung auch keine ihr entgegenstehende Beweisergebnisse übergangen. So räumt selbst der Beschwerdeführer ein, daß in der Wirtschaftswoche lediglich von Vorerhebungen und Kontoöffnungen die Rede war (vgl auch US 36). Die Argumentation, er habe gar nicht wissen können, wie die Ratskammer über seinen Antrag auf einstweilige Verfügung entscheiden werde, betrifft keine entscheidende Tatsache; übersieht sie doch, daß das Schöffengericht bereits den Verrat dieser Antragstellung als Verletzung des Amtsgeheimnisses festgestellt hat. Der Einwand aber, daß der Angeklagte K***** das Wesen einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO nicht kenne und nicht zwischen Kontoöffnung und Kontosperre unterscheiden könne, geht am Kern dieser Konstatierung vorbei und zielt vielmehr auf die Bekämpfung der Feststellung ab, daß erst die Kenntnis des genauen Verfahrensgegenstandes dem Zweitangeklagten sein weiteres Vorgehen in Richtung Erpressungsversuch ermöglichte (US 19 f).

Mit den Aussagen der Zeugen Dr. A***** und Mag. S***** mußte sich das Erstgericht schon deshalb nicht näher auseinandersetzen, weil ihnen kein Umstand zu entnehmen ist, der gegen den Verrat der staatsanwaltschaftlichen Antragstellung durch Dr. M***** dem Angeklagten K***** gegenüber spricht. Daß Gespräche der Valentina H***** mit ihrem Verteidiger Dr. A***** (US 43; S 322 f/XII) und ihrem Angestellten Mag. S***** (S 300 f/XII) über die Befürchtung einer Kontensperre stattfanden und Dr. A***** - nach seinen Angaben - mit einer darauf gerichteten einstweiligen Verfügung sogar rechnete (S 325/XII), schließt die pflichtwidrige Bekanntgabe der dann tatsächlich erfolgten Antragstellung durch den zuständigen Staatsanwalt keineswegs aus.

Soweit der Beschwerdeführer jedoch einen Informationsfluß von Dr. A***** und Mag. S***** zum Angeklagten K***** über die bevorstehende einstweilige Verfügung darzutun sucht, erschöpft sich das Vorbringen in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Dieses hat dem Zweitangeklagten mit mängelfreier Begründung die Glaubwürdigkeit versagt (US 29), sodaß es sich nicht mehr mit jeder Einzelheit seiner Verantwortung befassen mußte. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand daher auch kein Anlaß für eine Erörterung der Angabe des Angeklagten K*****, Valentina H***** habe ihm von der Mitteilung des Dr. A***** über eine bevorstehende Kontensperre erzählt (S 64/XII).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) geht über das Vorbringen zur Mängelrüge nicht hinaus. Sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsfeststellung des Verrates der Antragstellung nach § 144a StPO vermag der Beschwerdeführer damit nicht aufzuzeigen.

Indem er mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) die beiden Elemente der von ihm dem Angeklagten K***** verratenen Antragstellung, nämlich die Anträge auf Einleitung der Voruntersuchung einerseits und auf einstweilige Verfügung durch Kontensperre andererseits (US 19), einer getrennten Beurteilung ihres Charakters als Amtsgeheimnis zu unterziehen trachtet, ist die Rüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil eine den Prozeßgesetzen entsprechende Darlegung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes ein Festhalten am gesamten vom Erstgericht festgestellten Tatsachensubstrat erfordert. Darnach aber war die Antragstellung der Staatsanwaltschaft bloß einer beschränkten Personenzahl bekannt, zu welcher, wie dem Beschwerdeführer, der auch wußte, daß es sich hiebei um ein Amtsgeheimnis handelte, sehr wohl bekannt war, K***** nicht zählte (US 36, 39). Im übrigen vermag ein auch nur auf Einleitung der Voruntersuchung gerichteter Antrag der Staatsanwaltschaft sehr wohl ein Amtsgeheimnis darzustellen (vgl Bertel im WK § 310 Rz 4).

Sofern der Beschwerdeführer jedoch die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes zum Geheimnischarakter der geoffenbarten Antragstellung (US 19 f, 36, 39 f) anficht, erschöpft sich die Rüge erneut in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, sodaß es ihr auch in diesem Umfang an der gesetzmäßigen Ausführung mangelt. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe dem Angeklagten K***** die Antragstellung nach § 144a StPO gar nicht verraten.

Keine Berechtigung kommt der Rechtsrüge auch insoweit zu, als sie die Verletzung eines öffentlichen Interesses oder eines berechtigten privaten Interesses an der verratenen Antragstellung bestreitet. Sie verkennt nämlich, daß für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 310 Abs 1 StGB bereits die abstrakte Eignung der Offenbarung oder Verwertung des Amtsgeheimnisses zur Verletzung eines der genannten Interessen genügt (11 Os 145/80, 11 Os 189/96). Der tatsächliche Eintritt einer solchen Interessensverletzung ist hingegen nicht erforderlich (Bertel/Schwaighofer BT II3 § 310 Rz 4).

In diesem Sinne war die Offenbarung der auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO gerichteten Antragstellung der Staatsanwaltschaft sehr wohl geeignet, die Wirksamkeit dieses Sicherungsmittels zu beeinträchtigen, sodaß in jedem Fall ein öffentliches Interesse an ihrer Geheimhaltung vorlag, wobei es rechtlich belanglos ist, ob die Maßnahme in der Folge vom Gericht beschlossen wird oder nicht (11 Os 189/96). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß Valentina H***** von der Möglichkeit der Sperre ihrer Konten durch ihren Verteidiger informiert worden war (US 43).

Der Beschwerde zuwider bestand aber auch ein berechtigtes privates Interesse der Valentina H***** an der Geheimhaltung der Antragstellung nach § 144a StPO, weil die Offenbarung dieser Tatsache an einen Dritten geeignet war, ihren Kredit, ihren Erwerb und ihr Fortkommen als Geschäftsfrau zu gefährden. Darüber hinaus eröffnete die Bekanntgabe der drohenden Verfügungsbeschränkung dem Angeklagten K***** die Möglichkeit, ihr mit dem Vollzug dieses strafprozessualen Sicherungsmittels zu drohen und sie zur Bezahlung eines Geldbetrages zu nötigen (11 Os 189/96), sodaß ihr privates Interesse auch tatsächlich massivst beeinträchtigt war (US 19 ff).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich einen Feststellungsmangel zu seiner inneren Tatseite in bezug auf die Gefährdungseignung seines Verrates rügt, läßt die Beschwerde abermals eine gesetzmäßige Ausführung vermissen, weil sie die auch diesbezüglich klaren Konstatierungen des Erstgerichtes (US 20, 41) unbeachtet läßt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*****:

Keine Berechtigung kommt der auf die Z 1 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rüge zu, mit welcher der Beschwerdeführer die nicht gehörige Besetzung des Gerichtshofes mit der Begründung geltend macht, die Schriftführerin sei während des Schlußvortrages seines Verteidigers für einen Zeitraum von mindestens zehn Minuten abwesend gewesen. Nichtigkeit im Sinne der erwähnten Gesetzesstelle liegt nämlich (ua) nur dann vor, wenn der gesamten Verhandlung kein Schriftführer beigezogen wurde (JBl 1974, 584; Steininger, Handbuch der Nichtigkeitsgründe2, § 281 Z 1 Rz 19 mit Judikaturnachweis), wohingegen die kurzfristige Abwesenheit des Schriftführers während eines inhaltlich in der Regel gar nicht zu protokollierenden Vorganges - wie eben des Plädoyers des Verteidigers - Nichtigkeit nicht zu begründen vermag. Im übrigen setzt die Geltendmachung dieser Nichtigkeit die sofortige Rüge des Umstandes nach Kenntnis voraus, sodaß dessen Vorbringen erst in der Nichtigkeitsbeschwerde jedenfalls verspätet wäre.

Der Strafzumessungsrüge (Z 11) zuwider hat das Erstgericht bei seinem Ausspruch über die Strafe auch nicht für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen unrichtig beurteilt. Der Umstand, daß das Gesetz beim Verbrechen der Erpressung keine Schadensqualifikation vorsieht, hat nicht zur Folge, daß die Schadenshöhe bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen wäre. Der Beschwerdeführer läßt nämlich die Vorschrift des § 32 Abs 3 StGB außer Acht, nach der die Strafe umso strenger zu bemessen ist, je größer die Schädigung oder die Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, auf die sich aber sein Verschulden erstreckt hat. In diesem Sinne hat das Erstgericht mit Recht die Höhe des vom Beschwerdeführer beabsichtigten Schadens als erschwerend gewertet, wobei es die Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB als Maßstab heranziehen konnte, eben weil das Gesetz für das Verbrechen der Erpressung keine einen höheren Strafsatz bedingende Wertgrenze vorsieht.

Zu Punkt A 2 a des Schuldspruchs:

Der Mängelrüge (Z 5) gelingt es nicht, einen formellen Begründungsmangel betreffend einen Ausspruch des Gerichtshofes über eine entscheidende Tatsache aufzuzeigen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat sich das Erstgericht mit den wesentlichen Ergebnissen der Beweisaufnahme sehr wohl auseinandergesetzt und sie entsprechend gewürdigt. Der Verantwortung des Beschwerdeführers versagte das Schöffengericht mit mängelfreier Begründung den Glauben (US 29), sodaß es zur Erörterung einzelner Äußerungen nicht verhalten war. Auf das Verhältnis der Zeugin H***** zur EDOK ging das Erstgericht ausführlich und ausreichend ein und setzte sich auch eingehend mit der Frage der Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin auseinander, wobei es keinen Grund fand, an ihren Angaben über ihre mit dem Angeklagten K***** geführten Gespräche zu zweifeln, weil diese zum Teil durch Tonbandaufnahmen bestätigt wurden (US 32 f). Ob die Zeugin aber schon am 6. Februar 1996 anläßlich ihres Zusammentreffens mit dem Zweitangeklagten im Cafe Dommayer mit einem Tonbandgerät ausgestattet war, stellt keinen wesentlichen Umstand dar, der einer gesonderten Erörterung bedurft hätte.

Einen inneren Widerspruch zwischen den Urteilsfeststellungen über den Kontakt des Angeklagten K***** zum Angeklagten Dr. M***** einerseits und über die Vortäuschung eines mit dem Staatsanwalt abgestimmten Vorgehens des Zweitangeklagten gegenüber dem Tatopfer andererseits vermag der Beschwerdeführer auch nicht ansatzweise aufzuzeigen. Vielmehr hat das Erstgericht ausdrücklich darauf verwiesen, daß zwischen dem, was der Angeklagte K***** mit dem Angeklagten Dr. M***** besprach, und dem, was er der Zeugin H***** sagte, genau zu unterscheiden sei (US 35).

Sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen über den Sinngehalt der vom Beschwerdeführer gegenüber Valentina H***** geäußerten Drohungen (US 20 ff, 42) kann der Beschwerdeführer mit seiner Tatsachenrüge (Z 5a) nicht dartun; daran vermag auch die Zusammenarbeit des Erpressungsopfers mit den Strafverfolgungsbehörden nichts zu ändern.

Soweit er diese Feststellungen auch im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) bekämpft, ist das Rechtsmittel - mit dem die Beurteilung der Tat als Vergehen der verbotenen Intervention nach § 308 Abs 1 StGB angestrebt wird - nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil die Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes ein Festhalten am erstgerichtlichen Tatsachensubstrat erfordert. Dies gilt insbesonders für das Vorbringen, die Eignung der Drohungen, begründete Besorgnisse einzuflößen, sei ab dem Zeitpunkt der Ausstattung des Erpressungsopfers mit einem Tonaufnahmegerät weggefallen. Denn der Beschwerdeführer läßt prozeßordnungswidrig die Konstatierungen über die vorher geäußerten Drohungen (US 20 f) außer Acht, mit welchen er - zusammengefaßt - den Eindruck erweckte, er handle im Einvernehmen mit dem Angeklagten Dr. M***** und habe es in der Hand, das angedrohte Übel, nämlich ihre jederzeit mögliche, mit der Prognose einer langjährigen Freiheitsstrafe und der Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz und ihrer gesellschaftlichen Stellung verbundenen Verhaftung, auszulösen. Im übrigen vermag der Umstand, daß das Tatopfer mit den Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet hat, die Eignung einer Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen, keinesfalls zu beseitigen, zumal es nicht erforderlich ist, daß die Drohung in dem Bedrohten tatsächlich Besorgnis erweckt hat (Leukauf/Steininger Komm3 RN 21, Mayerhofer StGB4 E 37, je zu § 74).

Zu Punkt A 2 b des Schuldspruches:

Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) geht über jenes des Angeklagten Dr. M***** nicht hinaus, sodaß auf die diesbezüglichen Erwiderungen zu dessen Nichtigkeitsbeschwerde verwiesen werden kann, zumal auch dieser Beschwerdeführer keinen formellen Begründungsmangel aufzuzeigen vermag.

Auch der Tatsachenrüge (Z 5a) gelingt es nicht, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen über die Verleitung des Erstangeklagten zur Verletzung des Amtsgeheimnisses zu erwecken.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungsmängel hinsichtlich der Frage behauptet, ob überhaupt von einem Offenbaren geheim zu haltender Tatsachen gesprochen werden könne, weil Valentina H***** sowohl von dem gegen sie eingeleiteten Verfahren als auch von der möglicherweise bevorstehenden Kontensperre Kenntnis hatte, ist sie nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie die Feststellungen über den Verrat der entsprechenden staatsanwaltschaftlichen Antragstellung (US 19) außer Acht läßt. Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer, daß vorliegend die abstrakte Gefährdung des Erfolges der Antragstellung durch ihre Mitteilung an ihn auch bei Kenntnis der Betroffenen bzw ihres Verteidigers vom Inhalt der Anträge der Staatsanwaltschaft nicht ausgeschlossen wäre (11 Os 189/96). Vielmehr genügt für die Strafbarkeit die Offenbarung des Amtsgeheimnisses gegenüber einer einzigen Person, der dieses nicht (als sicher) bekannt war (SSt 53/4).

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Dr. M***** nach § 310 Abs 1 StGB eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei als erschwerend gewertet wurde, daß die Informationsweitergabe an Franz K***** erst dessen erpresserisches Vorgehen gegenüber Valentina H***** ermöglichte, während der bisherige ordentliche Lebenswandel mildernde Berücksichtigung fand.

Der gegen diesen Strafausspruch erhobenen Berufung des Angeklagten, mit welcher die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf drei Monate angestrebt wird, kommt Berechtigung zu.

Zwar stellen die in der Berufung angeführten Umstände, daß nämlich keinerlei sonstige Pflichtwidrigkeiten, Parteilichkeit oder Hilfestellung des Angeklagten geplant waren, von Geld "nicht gesprochen wurde" und dieser vom erpresserischen Verhalten des Angeklagten K***** keine Kenntnis hatte, keinerlei zusätzliche Milderungsgründe dar, hätte der Berufungswerber doch andernfalls weitere strafbare Handlungen, etwa der Beitragstäterschaft zur Erpressung, des Mißbrauchs der Amtsgewalt oder der Geschenkannahme durch Beamte zu verantworten. Doch ist der Berufung im Ergebnis darin beizupflichten, daß die - bei einer angedrohten Höchststrafe von drei Jahren - mit sechs Monaten bestimmte Freiheitsstrafe zur Strafzumessungsschuld, gemessen an den Determinationsindikatoren des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB, in keinem ausgewogenen Verhältnis steht. Insbesondere der bisherige ordentliche Lebenswandel aber auch die tatsächlichen, durch die erlittene Untersuchungshaft bewirkten beruflichen Nachteile und der Wegfall des vom Schöffengericht zu Unrecht als erschwerend berücksichtigten Umstands der deliktischen Informationsverwertung durch K***** rechtfertigt die Reduzierung der Freiheitsstrafe auf vier Monate.

Bei der über Franz K***** nach §§ 28, 145 Abs 1 StGB verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren wurde das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, der überaus intensive Täterwille, die mehrfachen Drohungen und das mehrfache Übersteigen der Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB als erschwerend, als mildernd hingegen der Umstand, daß es (hinsichtlich der Erpressung) beim Versuch geblieben ist sowie der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet.

Mit seiner Berufung zielt dieser Angeklagte auf eine Herabsetzung des Strafmasses und auf die Gewährung einer zumindest teilbedingten Strafnachsicht; des weiteren begehrt er die Berichtigung der Vorhaftanrechnung.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers ist die vergleichsweise Heranziehung der Qualifikationsgrenze des (mit gleicher Strafdrohung bewehrten) Verbrechens des schweren Betruges nach § 147 Abs 3 StGB (500.000 S) zur Gewichtung des durch die (beabsichtigte) Schadenshöhe von 6 Mio S mitbestimmten Tatunrechtes keinesfalls verfehlt: ist doch nach § 32 Abs 3 StGB die Strafe im allgemeinen ua umso strenger zu bemessen, je höher die Schädigung oder Gefährdung ist, auf die sich sein Verschulden erstreckt.

Daß das Erpressungsopfer bereits zum Tatzeitpunkt mit den Strafverfolgungsbehörden kooperierte, vermag die Tatschuld des Angeklagten nicht zu mindern, das Unterbleiben einer Vermögensschädigung aber fand (im zutreffend angenommenen Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 13 StGB) ebenso Berücksichtigung wie der bisherige ordentliche Lebenswandel.

Hingegen kann den behaupteten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, durch welche sich der Berufungswerber seinen Behauptungen zufolge zur Tat hinreißen ließ, keine mildernde Wirkung zuerkannt werden, könnte dies doch nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Tatbegehung unter diesen Umständen auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte (§ 32 Abs 2 StGB). Auch von einer die Tatschuld relativierenden besonders verlockenden Gelegenheit kann nach den Umständen des Falles keine Rede sein.

Mit dem Hinweis auf die erhöhte Publizität des Strafverfahrens hat das Erstgericht schließlich zu Recht die fallbezogen besondere Bedeutung generalpräventiver Überlegungen unterstrichen.

Somit vermochte der Berufungswerber weder zusätzliche Milderungsgründe ins Treffen zu führen - dem Beitrag zur Wahrheitsfindung in Ansehung des Vergehens der Bestimmung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses kommt im gegebenen Zusammenhang nur untergeordnete Bedeutung zu - noch die vom Schöffensenat angenommenen erschwerenden Umstände auch nur zum Teil zu entkräften, sodaß zur Herabsetzung des Strafmaßes kein Anlaß besteht.

Die für die Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 4 StGB vorausgesetzte hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens ist nicht indiziert, sodaß auch insoweit der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Hingegen war die Anrechnung der Vorhaft dem Antrag des Berufungswerbers folgend wie im Spruch zu berichtigen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte