OGH 11Os5/19y

OGH11Os5/19y2.4.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Asan A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Bekim D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. September 2018, GZ 162 Hv 61/18f‑113, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00005.19Y.0402.000

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D***** und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich Bekim D***** in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch A./I./ erfassten Tat auch unter § 143 Abs 1 erster Fall StGB und der vom Schuldspruch A./II./ erfassten Taten auch unter § 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB und § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB sowie demzufolge in der zu A./II./ gebildeten Subsumtionseinheit, hinsichtlich Asan A***** und Jaser Z***** in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch A./I./ erfassten Tat auch unter § 143 Abs 1 erster Fall StGB und der vom Schuldspruch A./II./ und B./ erfassten Taten auch unter § 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 zweiter Fall) StGB und § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 zweiter Fall) StGB sowie demzufolge in der zu A./II./ und B./ gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß in den die Genannten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D***** zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird er auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthaltenden – Urteil wurden Asan A*****, Jaser Z***** und Bekim D***** (dieser richtig: [vgl RIS-Justiz RS0089420] durchwegs als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) jeweils des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB (A./I./) und des Verbrechens des „gewerbsmäßig schweren“ Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung (richtig: des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls) nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) und Abs 3 (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB (D***** zu A./II./; die beiden Erstgenannten zu A./II./ und B./) schuldig erkannt.

 

Danach haben

A./ Asan A*****, Jaser Z***** und Bekim D***** als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12) der anderen Mitglieder dieser Vereinigung

I./ am 27. Februar 2018 in Wien mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89) unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Pfeffersprays und eines Messers, Dr. Tarek M***** und Eva M***** fremde bewegliche Sachen, nämlich in‑ und ausländisches Bargeld, Warengutscheine, Schmuck und Uhren sowie weitere Gegenstände von im Urteil näher bezeichnetem Wert mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt bzw weggenommen, indem D***** die Mitangeklagten A***** und Z***** zum Haus der M***** fuhr, A***** und Z***** versuchten, Dr. M***** mit dem von D***** organisierten Pfefferspray ins Gesicht zu sprühen, ihn durch einen Stoß gegen die Brust niederstießen, Dr. Tarek und Eva M***** mit dem von D***** organisierten Klebeband fesselten und Geld forderten, A***** Dr. M***** ein von D***** bereitgestelltes Messer an den Hals setzte, A***** und Z***** ihn mehrmals ins Gesicht schlugen und D***** schließlich A***** und Z***** mit dem Fluchtwagen abholte,

II./ gewerbsmäßig „(§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 erster Fall StGB)“ fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in Wohnstätten (1./a./, 1./b./ und 1./c./) und in ein Gebäude (2./) weggenommen, wobei D***** als Tippgeber für die Tatorte, Chauffeur und Aufpasser fungierte, während A***** und Z***** die Taten mit dem von D***** organisierten Tatwerkzeug durchführten, und zwar

1./a./ am 17. Jänner 2018 in G***** Hamzo und Elena O***** Bargeld, Schmuck, Uhren und elektronische Geräte in nicht mehr festzustellendem Wert durch Aufbrechen eines Fensters des Wintergartens des Einfamilienhauses „mit einem nicht mehr festzustellenden Werkzeug, vermutlich einem Schraubendreher“,

1./b./ am 18. Jänner 2018 in G***** Thomas P***** und Nadine G***** Bargeld und Gutscheine im Gesamtwert von 4.025 Euro sowie Schmuck, Kleidung und einen Fotoapparat samt Zubehör im Gesamtwert von 112.304 Euro durch Aufbrechen der Eingangstür der Wohnung „mit einem nicht (mehr) festzustellenden Werkzeug, vermutlich einem Schraubendreher“,

1./c./ am 22. Februar 2018 in Gr***** Adelinde S***** Bargeld in der Höhe von 1.300 Euro sowie Münzsammlungen, Uhren, Schmuck und eine Handtasche im Gesamtwert von 6.453 Euro durch Aufbrechen der Terrassentür des Einfamilienhauses,

2./ am 18. Jänner 2018 in L***** Ing. Bernhard W***** Bargeld in der Höhe von insgesamt 3.100 Euro und eine Schreckschusspistole durch Aufbrechen eines Fensters des Firmengebäudes und eines versperrten Kastens,

B./ A***** und Z***** am 5. März 2018 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Farzad P***** Mo***** und Masoumed Za***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von 5.000 Euro sowie Schmuck und Uhren in nicht mehr festzustellendem Wert durch Einbruch in deren Wohnstätte durch Aufbrechen der Wohnungseingangstür mit einem hebelartigen Werkzeug weggenommen.

 

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte D***** mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

 

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter zu A./I./ ihre Überzeugung, wonach der Vorsatz des Beschwerdeführers auch die Verwendung einer Waffe durch (die beiden unmittelbaren Täter) A***** und Z***** umfasste (US 12), aus den objektiven Tatumständen (Besorgen ua des Pfeffersprays und des Messers durch den Drittangeklagten D***** und Übergabe dieser Waffen an den Erst‑ und Zweitangeklagten am Tatort [US 11, 14 f]) sowie den Angaben der Mitangeklagten [US 14 f] und des Rechtsmittelwerbers vor der Polizei (wonach er den Pfefferspray gekauft habe; vgl ON 41 S 349 [US 14]) logisch und empirisch einwandfrei abgeleitet.

Zu A./II./ zeigt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) dagegen zutreffend auf, dass die Feststellung, wonach es (auch) D***** „darauf an[kam], sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten und Gebäude über mehrere Wochen ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen von durchschnittlich wesentlich mehr als 400 Euro monatlich zu verschaffen“ (US 10), unbegründet geblieben ist.

Das Schöffengericht stützte die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite „hinsichtlich der Einbruchsdiebstähle“ pauschal auf die geständige Verantwortung der drei Angeklagten (US 16): Während sich aber A***** und Z***** in der Hauptverhandlung uneingeschränkt geständig verantworteten (vgl ON 111 S 5 ff, S 26 ff), bekannte sich der Drittangeklagte D***** nur teilweise schuldig (ON 111 S 47) und gab zusammengefasst an, er habe sich von A***** und Z***** zu gemeinsamen Einbrüchen in G***** und Gr***** überreden lassen bzw sich an diesen Einbruchsdiebstählen als Chauffeur beteiligt; er habe nach drei Einbrüchen aussteigen wollen (vgl ON 111 S 47 bis 52). Auch bei seiner polizeilichen Vernehmung (US 9 iVm „ON 41 AS 345“ [offenbar gemeint: ON 80 AS 513]) hatte D***** ausgesagt, er hätte die beiden langjährig erfahrenen Einbrecher bloß chauffieren und im Bedarfsfall warnen sollen. Im Hinblick auf die Vereinbarung der Aufteilung der Beute und eine drückende Schuldenlast von 12.000 Euro habe er zugestimmt und die beiden „maximal sieben Tage“ herumgefahren.

Diese Verantwortung des D***** vermag für sich allein die Urteilsannahmen zur Absicht des Beschwerdeführers, sich durch die wiederkehrende Begehung von Wohnstätten‑ und Gebäudeeinbrüchen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes, bei einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigendes Einkommen zu verschaffen, nicht zu begründen (vgl RIS‑Justiz RS0108963 [T3]).

Weiters weist die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zu A./I./ und A./II./ zu Recht darauf hin, dass die Urteilsannahmen zum Vorsatz des Beschwerdeführers auf Begehung der ihm angelasteten Taten jeweils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (US 10) gänzlich unbegründet geblieben sind.

Denn weder der Verweis auf die – oben referierte – Verantwortung des Rechtsmittelwerbers zu den Einbruchsdiebstählen noch jener auf die objektiven Tatumstände des Überfalls auf das Ehepaar M***** und die bezughabenden Angaben des Drittangeklagten vor der Polizei (vgl US 16) vermögen die Konstatierungen zur inneren Tatseite in Ansehung der Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (iSd § 278 Abs 2 StGB) zu begründen.

Da die aufgezeigten Begründungsmängel die Aufhebung der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch A./I./ zugrunde liegenden Tat auch unter § 143 Abs 1 erster Fall StGB und der dem Schuldspruch A./II./ zugrunde liegenden Taten auch unter § 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB und § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB sowie demzufolge die Aufhebung der zu A./II./ gebildeten Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) und des Strafausspruchs erfordern, erübrigt sich ein Eingehen auf das gegen die Annahme der angeführten Deliktsqualifikationen gerichtete Vorbringen der Subsumtionsrüge ebenso wie eine Behandlung der Sanktionsrüge.

Die weitere, zu A./II./ erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) wiederum verfehlt ihr Ziel:

Das Vorbringen zur Wertqualifikation nach § 128 Abs 1 Z 5 StGB lässt nicht erkennen, weshalb die erstrichterlichen Feststellungen, wonach die Angeklagten bei Begehung der Einbruchsdiebstähle wussten, dass ihnen die – durch zulässigen Verweis auf den Urteilstenor (vgl RIS‑Justiz RS0098936 [T15]) konstatierten (vgl US 9 iVm US 4) – Gegenstände in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert nicht zustanden und sie sich durch deren Zueignung unrechtmäßig bereichern würden, und sie dies auch wollten (US 10), die vorgenommene Subsumtion unter § 128 Abs 1 Z 5 StGB in subjektiver Hinsicht nicht tragen sollen.

Auch die gegen die Qualifikation nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB (bzw § 129 Abs 2 Z 1 iVm Abs 1 Z 1 StGB) gerichtete Kritik wird den Anfechtungskriterien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht gerecht. Die Beschwerde legt nämlich nicht dar, weshalb die – ua durch zulässigen Verweis auf den Urteilstenor getroffenen – Konstatierungen, wonach A***** und Z***** sich in Umsetzung des gemeinsamen Vorhabens zu den vom auch als Chauffeur fungierenden Angeklagten D***** ausgewählten Wohnstätten und Gebäuden durch Aufbrechen von Türen und Fenstern mit vom Letztgenannten zur Verfügung gestelltem Werkzeug Zugang verschafften und daraus Wertgegenstände wegnahmen, während D***** (vereinbarungsgemäß) Aufpasserdienste leistete (US 9 iVm US 4), und die – von der Rüge prozessordnungswidrig ignorierten (RIS‑Justiz RS0099810) – Urteilsannahmen, wonach alle drei Angeklagten bei der Begehung der Einbruchsdiebstähle wussten, dass ihnen die weggenommenen Sachen nicht zustanden, und sie sich unrechtmäßig bereichern wollten (US 10), die Einbruchsqualifikation in objektiver und subjektiver Hinsicht nicht abdecken sollten.

 

Das vom Nichtigkeitswerber D***** aufgezeigte Begründungsdefizit der Feststellungen zur Begehung des bewaffneten Raubs und der Einbruchsdiebstähle jeweils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung haftet auch den diesbezüglichen Feststellungen betreffend die Mitangeklagten A***** und Z***** an, die das Urteil unbekämpft ließen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO).

Zusammengefasst war daher das angefochtene Urteil – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D*****, betreffend die Mitangeklagten A***** und Z***** überdies aus deren Anlass, im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und diesbezüglich Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285e StPO).

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde – gleichfalls im Einklang mit der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte D***** auf die (teil‑)kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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