Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen rechtlich verfehlten (vgl RIS-Justiz RS0120128, RS0091051) Teilfreispruch von der Tatbegehung zum Schuldspruch I mittels gefährlicher Drohung enthält - wurde Karl S***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (I) und der Vergehen der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er am 25. Juni 2007 in Trieben August F*****
I) außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Duldung einer
geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er ihn aus einem Abstand von zwei Metern ansprang, ihn mit der rechten Hand an der linken Schulter packte, sodann in dessen Genitalbereich griff und dessen Glied fest anfasste;
II) durch geschlechtliche Handlungen vor ihm unter Umständen, unter denen dies geeignet war, berechtigtes Ärgernis zu erregen, belästigt, indem er in wiederholten Angriffen seinen eigenen erigierten Penis vor ihm entblößte und daran Masturbationsbewegungen vornahm bzw zu solchen ansetzte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 [lit] a und 10a StPO.
Der Vorwurf der Undeutlichkeit in der Mängelrüge (Z 5) hinsichtlich der Feststellungen zum Schuldspruch I, der Angegriffene habe dem Angreifer „unmittelbar darauf" einen Stoß versetzt (US 5), betrifft sinnfällig ein Verhalten nach der Tat und bezieht sich somit, zumal daraus dem Beschwerdestandpunkt entgegen keinerlei Rückschlüsse auf deren Dauer zu ziehen sind, auf keine entscheidende Tatsache. Die bloße Behauptung, „ein einmaliges äußerst kurzes Berühren in der Penisgegend über einer Sporthose, die sich nicht öffnen lässt, vermag jedoch nicht unter die geschlechtliche Nötigung zu subsumieren sein", zeigt keinen nichtigkeitsbegründenden Formalmangel des Urteiles auf. Die Rüge eines Feststellungsmangels in diesem Zusammenhang (der Sache nach Z 9 lit a) lässt nicht erkennen, aus welchem rechtlichen Grund festzustellen gewesen wäre, dass sich die Sporthose (des Opfers) nicht öffnen ließ. Der Vollständigkeit halber sei betont, dass die Beurteilung als geschlechtliche Handlung rechtsrichtig erfolgte (vgl jüngst 12 Os 131/07f mwN).
Die Argumentation, dem Angeklagten „hätte es nie gelingen können, dem austrainierten Bergkameraden F***** Gewalt anzutun", verlässt mit eigenständig beweiswürdigenden Überlegungen den gesetzlichen Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde.
Die Behauptung einer „unzureichenden Scheinbegründung" vermag eine willkürliche Ableitung des Schuldspruches zu I (US 6 f) nicht einmal ansatzweise darzutun, nur dies würde aber Nichtigkeit nach sich ziehen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444; RIS-Justiz RS0098671). Ebensowenig nachvollziehbar ist fallbezogen der Vorwurf inhaltsloser Verwendung der verba legalia (US 5; vgl jüngst 12 Os 89/07s mwN). Das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen (ON 18) haben die Tatrichter in ihre Überlegungen miteinbezogen (US 7), ohne darin enthaltene Passagen zur Motivations- und Gefühlslage beim Beschwerdeführer erörtern zu müssen, weil dies keine für Schuld oder Subsumtion bedeutsame (= entscheidende) Tatsachen betrifft (RIS-Justiz RS0106268).
Auch in seiner Tatsachenrüge (5a) verkennt der Rechtsmittelwerber den Unterschied zwischen Tatmotiv und innerer Tatseite (siehe dazu RIS-Justiz RS0088761). Für den Vorwurf, „dem Erstgericht - das offensichtlich in Homosexualität eine verwerfliche Eigenschaft sieht - fehlte es wohl an der notwendigen Sensibilität hinsichtlich des Sachverhaltes bzw des gegenständlichen Themas", finden sich weder auf US 7 noch sonst in den Akten Anhaltspunkte; er ist daher haltlos. Erhebliche Bedenken gegen die Feststellung ausgeübter Gewalt werden mit dem Hinweis auf eine isolierte Passage in der Zeugenvernehmung F***** (S 129: Antwort auf die Frage nach der Intensität des Griffes auf die Schulter „Es ist damals alles sehr schnell gegangen und ich habe auch sogleich eine Abwehrreaktion gesetzt") nicht erweckt, zumal der Genannte durchgehend deponierte, vom Beschwerdeführer angesprungen und an der Schulter gepackt worden zu sein (S 9, 127). Der geltend gemachte formelle Nichtigkeitsgrund greift seinem Wesen nach nämlich erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen (13 Os 43/03, 12 Os 38/04), nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt dem aus einer Mehrzahl von Richtern bestehenden Spruchkörper erster Instanz vorbehalten, der unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheidet. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit - wie in Erledigung einer Berufung wegen Schuld - sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583; 11 Os 52/05i, 12 Os 94/07a uva).
Auch rechtlich gesehen - so sei zur Abrundung erwähnt - erfolgte die Annahme von Gewalt zutreffend (vgl dazu etwa 13 Os 45/06a mwN). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entfernt sich vom Urteil, indem sie spekuliert, es handle sich im gegenständlichen Fall „offensichtlich nur um einen Griff, der noch dazu zeitlich gesehen sprich wörtlich nur einen Augenblick gedauert haben muss". Ebenso prozessordnungswidrig ist die bloße Hypothese, „der Eingriff in die Sphäre des Zeugen F***** ist wohl nicht von solcher Erheblichkeit und Bedeutung, dass dies gleich als geschlechtliche Nötigung zu qualifizieren sein wird", steht sie doch im Gegensatz zur Konstatierung eines festen Anfassens des Geschlechtsteils des Opfers (US 5). Wie weit der Zweifelsgrundsatz bei Lösung von Rechtsfragen zum Tragen kommen kann, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Ebenso unsubstantiiert bleibt die Relevierung von Feststellungsmängeln und das Vorbringen „schlussendlich fehlt es bei richtiger rechtlicher Beurteilung auch an der subjektiven Tatseite" (neuerlich US 5). Die Diversionsrüge (Z 10a) reklamiert - unter Auseinandersetzung mit bloß einigen, nicht aber allen der kumulativ notwendigen Anwendungsvoraussetzungen - die Nichtdurchführung der Diversion hinsichtlich des Vergehens der sexuellen Belästigung. Sie lässt indes die Bestrafung wegen des Schuldspruches I völlig außer Acht und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.
Der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 Satz 2 StPO) sei festgehalten, dass in einem gemeinsam geführten Strafverfahren inkriminierte strafbare Handlungen entweder insgesamt einer diversionellen Erledigung zuzuführen sind (was im Gegenstand schon wegen §§ 90a Abs 2 Z 1, 13 Abs 2 Z 4 erster Fall StPO aF - nunmehr §§ 198 Abs 2 Z 1, 31 Abs 1 StPO - ausscheidet) oder es ist - weil angesichts der Faktenmehrheit gegen eine solche Vorgangsweise spezialpräventive Bedenken bestehen - das ordentliche Strafverfahren fortzuführen und im Fall eines Schuldspruches eine nach § 28 StGB auszumessende Strafe festzusetzen (grundlegend Schroll, WK-StPO § 90a Rz 47).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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