OGH 10ObS65/92

OGH10ObS65/9224.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinz Paul und Dr.Sylvia Krieger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Otto N*****, vertreten durch Dr.Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle Niederösterreich), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Höhe der Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Jänner 1992, GZ 32 Rs 200/91-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 21.Oktober 1991, GZ 15 Cgs 319/91-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, § 149 Abs 7 GSVG idF der 16. und 17. GSVG-Nov und Abs 8 leg cit idF der 16. GSVG-Nov nach § 140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

Text

Begründung

Der Kläger bezieht von der beklagten Partei eine Alterspension, deren monatliche Höhe vom 1.1.1991 an 7.802,20 S betrug.

Mit Bescheid vom 31.5.1991 stellte die beklagte Partei die Höhe der dazu gebührenden Ausgleichszulage vom 1.1.1991 an mit monatlich 419,10 S fest. Dabei legte sie ein monatliches Nettoeinkommen aus einem forstwirtschaftlichen Betrieb von 378,70 S zugrunde.

Mit der rechtzeitigen Klage begehrt der Kläger die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß "ohne Hinzurechnung von Einkünften aus der Forstwirtschaft", weil er und seine Ehegattin die Bewirtschaftung des forstwirtschaftlichen Betriebes alters- und leidensbedingt aufgegeben hätten und sich wegen der geringen Größe kein Pächter oder Käufer finde. Deshalb seien die Voraussetzungen des § 149 Abs 8 GSVG gegeben.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage, weil nach dem Forstgesetz eine Bewirtschaftungspflicht dahin bestehe, daß der Wald jedenfalls gepflegt und erhalten werden müsse, womit auch ein Betrieb verbunden sei.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei, dem Kläger vom 1.1.1991 an eine Ausgleichszulage von 419,10 S monatlich zu zahlen und wies das auf eine Ausgleichszulage ohne Hinzurechnung von Einkünften aus der Forstwirtschaft gerichtete Klage(Mehr)begehren ab.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen bezieht der Kläger (seit 1.1.1991) eine Pension von 7.802,20 S monatlich. Er ist Hälfteeigentümer eines 5,3213 ha großen land(forst)wirtschaftlichen Betriebes, von dem 0,3518 ha landwirtschaftlich und 4,9695 ha forstwirtschaftlich genutzte Flächen sind. Für diesen Betrieb wurde zum 1.1.1989 gemäß § 20 Abs 1 Z 1 BewG ein Einheitswert von 7.000 S festgestellt, allein für die forstwirtschaftlich genutzte Fläche ein solcher von

5.963 S. Die Forstwirtschaft wird seit zwei oder drei Jahren nicht mehr betrieben, weil der Kläger und seine Ehegattin sich dazu gesundheitlich und altersmäßig nicht mehr in der Lage erachten. Ein Fremder führt die Erhaltungsarbeiten durch, wofür ihm der Kläger und seine Gattin "Gebühren" zahlen müssen, deren genauer Betrag nicht festgestellt werden konnte, der sich aber "bei einigen tausend Schilling im Jahr" bewegt. Erzielt wird nur Holz, das der Kläger und seine Ehegattin selbst verbrauchen.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes komme es, wenn ein Einheitswert für land- und forstwirtschaftliches Vermögen festgestellt sei, für die Pauschalanrechnung nicht mehr darauf an, ob der Pensionsberechtigte zuletzt tatsächlich einen Ertrag erzielen konnte oder erzielen hätte können. Die Pauschalanrechnung sei daher ungeachtet dessen vorzunehmen, daß der Kläger und seine Ehegattin aus der Forstwirtschaft keine Einkünfte mehr erzielen. Bereits die Pflege und Erhaltung des Waldes, wozu die Eigentümer nach § 12 ForstG verpflichtet seien, stelle einen Betrieb dar.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge, weil es die rechtliche Beurteilung des erstgerichtlichen Urteils für richtig erachtete (§ 500a ZPO).

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, die Urteile der Vorinstanzen im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder sie allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig.

Einer sachlichen Erledigung dieses Rechtsmittels steht jedoch vorerst entgegen, daß der Oberste Gerichtshof gegen die anzuwendenden Bestimmungen des § 149 Abs 7 und 8 GSVG, die insoweit in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, verfassungsrechtliche Bedenken hat.

Wegen dieser Bedenken hat der erkennende Senat bereits mit Beschluß vom 25.2.1992 10 Ob S 212/91 beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag gestellt, § 149 Abs 7 GSVG idF der 16. und 17. GSVG-Nov und Abs 8 leg cit idF der 16. GSVG-Nov nach § 140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben und dies wie folgt begründet:

"Das österreichische Pensionsversicherungssystem soll dem Versicherten im Alter und bei Minderung der Arbeitsfähigkeit eine Leistung sichern, die sich am Lebensstandard vor der Pensionierung orientiert. Am deutlichsten wird das Ineinandergreifen der versicherungsmäßigen und der sozialen Komponente der Pensionsversicherung, wenn die versicherungsmäßig ermittelte Pensionsleistung nicht mehr ausreicht, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Dies kann bei sehr niedriger Bemessungsgrundlage und/oder kurzer Versicherungsdauer eintreten. Eine Lösungsmöglichkeit wäre eine gesetzlich festgelegte Mindestpension. Das System der Mindestpension, das in der österreichischen Sozialversicherung vor dem Inkrafttreten des ASVG in Geltung stand, erwies sich aber nicht nur wegen seines Widerspruchs zum Versicherungsprinzip, sondern auch wegen seiner relativen Unbeweglichkeit gegenüber den Erfordernissen des Einzelfalles als nicht befriedigend. Es wurde daher mit dem Inkrafttreten des ASVG durch ein System abgelöst, das bedürftigen Versicherten neben der versicherungsmäßig ermittelten Pension eine Ausgleichszulage gewährt, die seither die Alimentationsfunktion übernimmt. Die Ausgleichszulage errechnet sich als Differenz zwischen dem gesamten zu berücksichtigenden Einkommen (Pensions- und sonstiges Einkommen) des Berechtigten und dem vom Gesetzgeber in einem Schillingbetrag fixierten Richtsatz. Dieser Ausgleichszulagenrichtsatz legt gleichsam das Existenzminimum für den Bereich der Sozialversicherung fest. Die Ausgleichszulage ist keine Versicherungsleistung im engeren Sinne, sondern eine Leistung mit Fürsorge(Sozialhilfe)charakter (Binder in ZAS 1981, 89; Prähauser in ZAS 1971, 105; Teschner in Tomandl SV-System 5.ErgLfg 413 f mwN; so auch etwa die Materialien zur 14. BSVGNov 1102 BlgNR 17. GP, 7).

Das landwirtschaftliche

Zuschußrentenversicherungsgesetz - LZVG - BGBl 1957/293 verzichtete allerdings auf die Einführung von Ausgleichszulagen in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung nach dem Vorbild der §§ 292 ff ASVG bzw der §§ 89 ff GSPVG. In den Gesetzesmaterialien wurde dies damit begründet, daß es sich bei den Rentenleistungen in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung nur um Zuschüsse zu den in der Landwirtschaft üblichen Ausgedingeleistungen handelt und der Wert des Ausgedinges zuzüglich der Zuschüsse die Beträge der Richtsätze für die Ausgleichszulage im allgemeinen erreichen oder übersteigen werde (344 BlgNR 8. GP, 40).

Erst die Einführung einer vollwertigen Pensionsversicherung für die selbständig Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft durch das B-PVG BGBl 1970/28 brachte es mit sich, daß die Einrichtung der Ausgleichszulage, wie sie im ASVG und GSPVG bereits bestand, grundsätzlich auch in das B-PVG übernommen wurde. Um die Einheitlichkeit des Ausgleichszulagenrechtes zu wahren, wurden die einschlägigen Bestimmungen des ASVG bzw GSPVG übernommen. Eine Besonderheit stellte jedoch die Bestimmung des § 85 Abs 3 B-PVG dar, wozu die Gesetzesmaterialien

(1411 BlgNR 11. GP, 57) folgendes ausführten:

'Eine Besonderheit, auf die bei der Regelung des

Ausgleichszulagenrechtes im Bereich der Pensionsversicherung der

Bauern Bedacht genommen werden mußte, stellt die Einrichtung des

Ausgedinges dar. In der Land- und Forstwirtschaft ist noch immer

die Gepflogenheit weit verbreitet, daß der Übergeber eines

Betriebes vom Betriebsnachfolger ein Ausgedinge erhält, das ihm

für seinen Lebensabend Wohnung und Verpflegung sichert. Die

üblichen Ausgedingsleistungen sollen im Ausgleichszulagenrecht

ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang solche Leistungen

im Einzelfall tatsächlich empfangen werden, bei der Ermittlung

des Gesamteinkommens durch Hinzurechnung eines Pauschalbetrages

berücksichtigt werden. ... Da sich die Höhe der

Ausgedingsleistungen im allgemeinen nach der Ertragsfähigkeit des

übergebenen Betriebes richtet, erscheint es gerechtfertigt, auch

bei der Bewertung von Ausgedingsleistungen den Einheitswert als

Maßstab heranzuziehen. ... Bei der Abfassung der Bestimmung des

§ 85 Abs 3 war auch darauf Bedacht zu nehmen, daß eine Umgehung dieser Bestimmung nach Möglichkeit ausgeschlossen wird. Insbesondere mußte dafür gesorgt werden, daß die Hinzurechnung des Pauschalbetrages zum Einkommen des Pensionsberechtigten auch dann erfolgt, wenn der Betrieb nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht übergeben, sondern lediglich verpachtet oder gegen einen bestimmten Betrag verkauft wird. ...'

Diese ursprünglich nur für die Pensionsversicherung der Bauern gedachte Pauschalierung von Ausgedingsleistungen ohne Rücksicht auf deren tatsächliche Erbringung wurde erst durch die

29. ASVGNov und die 21. GSPVGNov (BGBl 1973/31 und 32) allgemein eingeführt. § 85 Abs 8 B-PVG entsprach nun wörtlich dem § 292 Abs 8 ASVG und dem § 89 Abs 8 GSVG. Die Gesetzesmaterialien zur

29. ASVGNov (404 BlgNR 13. GP, 110) führten dazu aus:

'Abs 8 sieht eine Pauschalanrechnung von Ausgedingsleistungen vor. Die Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen Ausgleichszulagenrechtes in allen Pensionsversicherungsgesetzen bedingt auch die Einführung einer schon im Bauernpensionsversicherungsgesetz bestehenden Regelung über die Pauschalanrechnung von Ausgedingsleistungen im ASVG und GSPVG. Eine solche einheitliche Regelung ist vor allem deshalb erforderlich, weil es ansonsten in Wanderversicherungsfällen bei Vorliegen ähnlicher tatsächlicher Verhältnisse zu unterschiedlichen Ansprüchen auf Ausgleichszulage käme, je nachdem, ob die Pensionsversicherungsanstalt der Bauern oder ein anderer Pensionsversicherungsträger leistungszuständig ist. Nicht zuletzt wird aber eine einheitliche Regelung der Pauschalanrechnung des Ausgedinges durch die Schaffung des "Familienrichtsatzes" zur Notwendigkeit. ...'

Die nunmehr geltende Fassung der hier anzuwendenden Bestimmung des § 149 Abs 7 und 8 GSVG geht auf die 16. und 17. Nov zum GSVG (BGBl 1989/643 und 1990/295) zurück, die diesbezüglich mit der

  1. 14. und 15. Nov zum BSVG (BGBl 1989/644 und 1990/296) und der
  2. 48. und 49. Nov zum ASVG (BGBl 1989/642 und 1990/294) übereinstimmen. Die Materialien zur 16. GSVGNov verweisen zur Änderung des § 149 auf Erläuterungen zur 14. BSVGNov (1101 BlgNR 17. GP, 11). Die durch die 17. GSVGNov rückwirkend mit 1.1.1990 vorgenommene Änderung des § 149 Abs 7 (Satz 3) GSVG sollte lediglich der Klarstellung offener Zweifel hinsichtlich der Bezieher von Waisenpensionen dienen (1278 BlgNR 17. GP, 12), brachte aber sonst inhaltlich keine Änderungen. In den Materialien zur 14. BSVGNov wird betont, daß die Ausgleichszulage zu einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung sich ihrem Wesen nach als eine Leistung der Sozialhilfe darstelle und daß im Bereich des bäuerlichen Ausgleichszulagenrechtes als Sonderregelung gelte, daß die aus der Aufgabe (Übergabe) eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes üblicherweise gewährten Leistungen pauschal zu berücksichtigen seien. Dies beruhe einerseits auf der Überlegung, daß es dem Eigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes zugemutet werden könne, seinen Betrieb so zu verwerten, daß er einen Teil seines Lebensunterhaltes auch nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten in der Lage ist. Andererseits wurde eine genaue ziffernmäßige Ermittlung der in Güterform aus dem übergebenen Betrieb tatsächlich empfangenen bzw erzielbaren Naturalleistungen im Hinblick auf die große Zahl der Ausgleichszulagenbezieher als praktisch ausgeschlossen angesehen. Eine Berücksichtigung lediglich der tatsächlich bezogenen Ausgedingsleistungen hätte zur Folge, daß derartige Leistungen nicht mehr gewährt würden und die Übernehmer land(forst)wirtschaftlicher Betriebe ihren traditionellen Verpflichtungen zur Versorgung der Betriebsübergeber nicht mehr nachkämen. Dies gelte nicht in jenen Fällen, in denen aus Gründen, die der Einflußsphäre des Betriebsinhabers entzogen seien, die Leistung eines Ausgedinges nicht erbracht werden könne und demnach der faktischen Anrechnung des Ausgedinges keine tatsächlich empfangenen Naturalleistungen gegenüberstünden. In jenen Fällen, in denen aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, die Erbringung von Ausgleichsleistungen unmöglich (geworden) ist, soll eine Pauschalanrechnung überhaupt unterbleiben (1102 BlgNR 17. GP, 7 f).

Nach Meinung der bisherigen Judikatur ist es nicht erforderlich, daß Ausgedingsleistungen auch tatsächlich ausbedungen wurden; es soll schon die Möglichkeit, ein Ausgedinge zu vereinbaren, genügen (vgl SSV-NF 4/44, 4/145). Die Anrechnung von Ausgedingsleistungen unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung soll nunmehr lediglich durch § 292 Abs 9 ASVG, § 149 Abs 8 GSVG und § 140 Abs 8 BSVG gemildert werden.

Gegen eine Pauschalanrechnung von Einkünften aus der Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unabhängig von der Vereinbarung eines Ausgedinges bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes des Art 7 B-VG. Die oben dargestellten Bestimmungen über die Ausgleichszulage führen nämlich zu einer Ungleichbehandlung der Pensionisten, wie im folgenden dargelegt werden soll.

Gemäß § 149 Abs 1 GSVG (§ 292 Abs 1 ASVG, § 140 Abs 1 BSVG) hat der Pensionsberechtigte, solange er sich im Inland aufhält, Anspruch auf Ausgleichszulage zu seiner Pension, wenn die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 151 GSVG (§ 294 ASVG, § 142 BSVG) zu berücksichtigenden Beträge (das sind die Unterhaltsansprüche) nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes erreicht. Gemäß § 149 Abs 3 GSVG (§ 292 Abs 3 ASVG, § 140 Abs 3 BSVG) ist Nettoeinkommen im Sinne der Abs 1 und 2, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht § 149 Abs 7 GSVG (§ 292 Abs 8 ASVG, § 140 Abs 7 BSVG) anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, daß als Wert der vollen freien Station der Betrag von 2.040 S heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres erstmals ab 1. Jänner 1987 der unter Bedachtnahme auf § 51 GSVG (§ 108i ASVG, § 47 BSVG) mit dem Anpassungsfaktor vervielfachte Betrag. Im § 149 Abs 4 GSVG (§ 292 Abs 4 ASVG, § 140 Abs 4 BSVG) sind eine Reihe von Ausnahmen von der Anrechnung als Einkünfte aufgezählt, und § 149 Abs 5 und 6 GSVG (§ 292 Abs 5 und 7 ASVG, § 140 Abs 5 und 6 BSVG) regeln die Ermittlung des Nettoeinkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb. In allen bisher aufgezählten Bestimmungen wird daher ausschließlich das Nettoeinkommen, seien es Barbezüge oder Sachbezüge, berücksichtigt, nicht aber sonstiges Vermögen. Der Pensionist ist daher nicht verpflichtet, Vermögenswerte zu versilbern oder sein Kapital fruchtbringend anzulegen. Nur die tatsächlich bezogenen Einkünfte vermindern seinen Anspruch auf Ausgleichszulage. Hat er dagegen ein noch so großes Vermögen, das keine Einkünfte abwirft, oder einen Betrieb, der keinen steuerlichen Gewinn erzielt, ja sogar Bargeld in beträchtlicher Höhe, das er nicht fruchtbringend verwertet, so mindert dies seit der 1. Nov zum ASVG BGBl 1956/266 seinen Anspruch auf Ausgleichszulage in keiner Weise (vgl dazu ausführlich Binder, Probleme der pensionsversicherungsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 89 ff). Bis zur 1. ASVGNov war dagegen das Gesamteinkommen des Rentenberechtigten nach den bei Bemessung einer Fürsorgeunterstützung nach den über die öffentliche Fürsorge anzuwendenden Vorschriften zu berechnen (vgl § 292 Abs 2 des Stammgesetzes). Mit der 1.ASVGNov ging der Gesetzgeber ohne nähere Begründung von der fürsorgerechtlichen Verankerung des Begriffs des Gesamteinkommens ab und schuf nunmehr einen davon unabhängigen Einkommensbegriff (vgl dazu Prähauser aaO und Reiger in ZAS 1967, 55; jüngst Schrammel, Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9 f), der später auch in die anderen Sozialversicherungsgesetze, darunter in das B-PVG und das BSVG übernommen wurde. Dieser Grundsatz, daß Vermögen, wenn es nicht so eingesetzt wird, daß es tatsächlich Einkünfte abwirft, auf den Anspruch auf Ausgleichszulage keinen Einfluß hat, gilt jedoch für den Bereich der land(forst)wirtschaftlichen Flächen nicht. Wurde nämlich die Bewirtschaftung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes aufgegeben, der Betrieb übergeben, verpachtet oder auf andere Weise jemandem zur Bewirtschaftung überlassen, so ist bei Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (des Verpächters) ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen vom Einheitswert der übergebenen, verpachteten oder zur Bewirtschaftung überlassenen land(forst)wirtschaftlichen Flächen auszugehen, sofern die Übergabe (Verpachtung, Überlassung) nicht mehr als zehn Jahre, gerechnet vom Stichtag, zurückliegt. Bei einer Übergabe (Verpachtung, Überlassung) vor dem Stichtag ist vom durchschnittlichen Einheitswert, in allen übrigen Fällen von dem auf die übergebenen Flächen entfallenden Einheitswert im Zeitpunkt der Übergabe (Verpachtung, Überlassung) auszugehen. Als monatliches Einkommen gilt für Personen, die mit dem Ehegatten (der Ehegattin) im gemeinsamen Haushalt leben, bei einem Einheitswert von 77.000 S und darüber sowie bei alleinstehenden Personen bei einem Einheitswert von 54.000 S und darüber ein Betrag von 35 vH des Richtsatzes, und zwar 1. für alleinstehende Personen und für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension bzw auf Waisenpension des Richtsatzes nach § 150 Abs 1 lit a sublit bb GSVG (§ 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG, § 141 Abs 1 lit a sublit bb BSVG), 2. für alle übrigen Personen des Richtsatzes nach § 150 Abs 1 lit a sublit aa GSVG (§ 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG, § 142 Abs 1 lit a sublit aa BSVG) gerundet auf volle Schilling. Diese Beträge vermindern sich für Einheitswerte unter 77.000 S und 54.000 S im Verhältnis des maßgeblichen Einheitswertes zu den genannten Einheitswerten gerundet auf volle Schilling. § 149 Abs 6 GSVG (§ 292 Abs 7 ASVG, § 140 Abs 6 BSVG) ist entsprechend anzuwenden. Nach § 149 Abs 8 GSVG (§ 292 Abs 9 ASVG, § 140 Abs 8 BSVG) hat die Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (Verpächters) zu unterbleiben, wenn die Gewährung von Gegenleistungen (Ausgedingsleistungen) aus einem übergebenen (aufgegebenen) land(forst)wirtschaftlichen Betrieb in Geld- oder Güterform (landwirtschaftliche Produkte, unentgeltlich beigestellte Unterkunft) aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, am Stichtag zur Gänze ausgeschlossen oder später unmöglich geworden ist, und zwar solange wie diese Voraussetzungen zutreffen und die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen dem Ausgleichszulagenwerber nicht zugerechnet werden kann.

Wie bereits oben dargelegt, wurde die Pauschalanrechnung bei land(forst)wirtschaftlich genutzten Flächen in den Materialien damit begründet, daß in der Land- und Forstwirtschaft noch immer die Gepflogenheit weit verbreitet sei, daß der Übergeber eines Betriebes vom Betriebsnachfolger ein Ausgedinge erhält, das ihm für seinen Lebensabend Wohnung und Verpflegung sichert. Den Eigentümern land(forst)wirtschaftlicher Betriebe könne zugemutet werden, je nach Größe und Ertragslage der Grundstücke dafür zu sorgen, daß sie auch nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst bestreiten können. Es sei zwar im Wesen der Pauschalierung begründet, daß in den Einzelfällen Härten auftreten. Eine gesetzliche Regelung, die vorsehe, daß im Bereich der Sozialversicherung nur tatsächlich empfangene Ausgedingsleistungen als Einkommen berücksichtigt werden, hätte aber zweifellos zur Folge, daß die im weiten Umfang auch derzeit noch üblichen Ausgedingsleistungen entfallen oder zumindest nicht mehr vereinbart würden, weil es nunmehr die Übernehmer von Betrieben in der Hand hätten, ihre traditionellen Verpflichtungen gegenüber den Übergebern auf die bäuerliche Riskengemeinschaft und im Wege über den Bundesbeitrag auf die Allgemeinheit zu überwälzen (vgl 404 BlgNR 13. GP, 110 f; 406 BlgNR 13. GP, 16).

Damit hat aber der Gesetzgeber eine bestimmte Bevölkerungsgruppe anders als alle andern Pensionisten gezwungen, ihr Vermögen fruchtbringend zu verwerten. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, daß ausschließlich bei land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse bei Aufgabe des Betriebes in Form der Pauschalanrechnung angenommene Einkünfte aus der Übergabe bei Berechnung der Ausgleichszulage berücksichtigt werden, ist nicht ersichtlich. Die bloße Tatsache, daß es in bäuerlichen Kreisen üblich ist, sich bei der Übergabe vom Übernehmer (aber ohne jede rechtliche Verpflichtung) Ausgedingsleistungen auszubedingen, kann keine Rechtfertigung für eine Pauschalanrechnung und damit den Zwang zur fruchtbringenden Verwertung des Vermögens darstellen. Denn es ist kein sachlicher Grund dafür einzusehen, zwar Landwirte, nicht aber etwa Inhaber eines Gewerbebetriebes oder eines sonstigen Vermögens zu einer solchen Handlungsweise zu zwingen. Während etwa ein Gewerbetreibender seinen Betrieb ohne Gegenleistung übergeben oder verschenken sowie veräußern kann, ohne daß ihm hiebei Beträge auf die Ausgleichszulage anrechnet werden, ist dies bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken regelmäßig der Fall. Dies kann auch nicht mit Besonderheiten der Bauernpension gerechtfertigt werden. Abgesehen davon, daß es sich bei den Pensionen nach dem BSVG - anders als bei der Zuschußrente nach dem LZVG - um echte Pensionen handelt, enthalten sowohl das ASVG als auch das GSVG völlig gleichlautende Bestimmungen über die Pauschalanrechnung, obwohl die dortigen Pensionisten keine überwiegend in der Landwirtschaft tätigen Personen sind.... Diese Ungleichbehandlung von Pensionsbeziehern macht aber die Regelung des § 140 Abs 7 und 8 GSVG (§ 292 Abs 8 und 9 ASVG, § 140 Abs 7 und 8 BSVG) aus dem Gleichheitsgebot des Art 7 BSVG verfassungsrechtlich bedenklich. Insoweit hält der erkennende Senat seine in der Entscheidung SSV-NF 3/94 vertretene gegenteilige Ansicht nicht aufrecht.

In jüngster Zeit hat auch Schrammel (Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9 (17)) erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Pauschalanrechnung von Einkünften aus der Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unabhängig von der Vereinbarung eines Ausgedinges angemeldet, weil offenbar Gleiches ungleich behandelt werde. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum nur in der Land- und Forstwirtschaft das alte "Fürsorgedenken" wiederbelebt werden solle. Die Tradition und die Befürchtung, sie werde nicht fortgeführt, scheine als Begründung für die unterschiedliche Behandlung von Einkünften aus Anlaß einer Betriebsübergabe etwas dünn zu sein. Die Absicht des Gesetzgebers zu verwirklichen, heiße daher in Wahrheit, das Gesetz mit Verfassungswidrigkeit zu belasten. Der Verfassungsgerichtshof habe zwar in einem Erkenntnis zum KOVG die Meinung vertreten, es sei nicht unsachlich, bei der Bewertung von Ausgedingsleistungen am Einheitswert anzuknüpfen, im Anlaßfall sei allerdings ein Ausgedinge tatsächlich vereinbart worden (VfSlg 5882). Wenn die Materialien zur 14. BSVGNov auf dieses Erkenntnis verweisen, so könne daraus nur abgeleitet werden, daß es nicht unsachlich sei, die ziffernmäßige Ermittlung der Einkünfte durch Festlegung von Pauschalbeträgen zu erleichtern, wenn ein Ausgedinge vereinbart worden sei. Nur bei dieser Sicht ließen sich im übrigen Widersprüche mit der Behandlung von Unterhaltsansprüchen vermeiden. Die pauschale Anrechnung von Unterhaltsansprüchen gemäß § 294 ASVG beziehe sich nur auf gesetzliche Unterhaltsansprüche. Wenn gesetzliche Unterhaltsansprüche unabhängig davon angerechnet würden, ob sie tatsächlich erbracht werden, so könne immer noch argumentiert werden, daß ja zumindest eine Grundlage für die Zahlung von Unterhalt bestehe. Vertragliche Unterhaltsansprüche seien demgegenüber von einer Pauschalanrechnung ausgenommen (SSV-NF 2/15). Bestehe kein Unterhaltsvertrag, dann finde auch keine Anrechnung statt. Dies müsse auch für Ausgedingsleistungen aus der Übergabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gelten, weil kein sachlicher Grund ersichtlich sei, warum allein in diesem Fall schon die bloße Möglichkeit, Einkünfte zu erzielen, als "Einkunft" angerechnet wird.

Die von Schrammel aaO weiters in Erwägung gezogene verfassungskonforme Auslegung der hier in Rede stehenden Bestimmungen scheitert aber nicht nur an den ausführlich dargelegten Gesetzesmaterialien, sondern auch am Wortlaut der Bestimmungen ("ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen"). Es wäre darüber hinaus wiederum verfassungsrechtlich bedenklich, ausgerechnet bei land(forst)wirtschaftlichen Betrieben die Pauschalanrechnung vorzunehmen, wenn auch nur ein geringfügiges laufendes Ausgedinge vereinbart würde, nicht aber, wenn es an einer solchen Vereinbarung fehlte oder ein Verkauf gegen einen einmaligen, vielleicht auch sehr hohen Kaufpreis erfolgte. Es besteht kein sachlicher Grund, etwa im Falle eines Verkaufes den Pensionisten, der den Kaufpreis nicht fruchtbringend anlegt, sondern ihn laufend als Zuschuß zu seiner Pension verbraucht, ausgleichszulagenrechtlich besser zu stellen als den Pensionisten, der eine - wenn auch vielleicht ganz

geringe - laufende Leistung (etwa ein geringfügiges Wohnrecht) erhält.

Schließlich ist aber auch die seit der 16. GSVGNov bestehende Regelung über die Höhe der Pauschalanrechnung unter dem Gesichtspunkt der Gleichheitswidrigkeit bedenklich. Während nämlich ab einem Einheitswert von 77.000 S bzw 54.000 S ein Betrag von 35 vH des Richtsatzes als Einkommen angerechnet wird, vermindert sich diese Anrechnung für Einheitswerte unter den genannten Beträgen im Verhältnis des tatsächlichen Einheitswertes zu den obigen Grenzen. Da in der Land(Forst)wirtschaft durchaus häufig Einheitswerte von mehreren 100.000 S vorkommen, erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, über den Einheitswerten von 77.000 S bzw 54.000 S keine Abstufungen vorzunehmen. Die Begründung in den Materialien (1102 BlgNR 17. GP, 8), es solle sichergestellt werden, daß als geldwerter Vorteil höchstens jener Betrag heranzuziehen sei, der nach den Regeln des Einkommensteuergesetzes als geldwerter Vorteil für die volle freie Station festgesetzt sei, überzeugt nicht.

Den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken kann auch nicht entgegengehalten werden, die Pension für die Bauern sei von vornherein so konzipiert gewesen, daß der Lebensunterhalt in den Fällen des Alters oder der Erwerbsunfähigkeit einerseits durch Sozialversicherungsleistungen, andererseits durch Ausgedingsleistungen sicherzustellen gewesen wäre (vgl 344 BlgNR 8. GP, 40), so daß der Wegfall der Berücksichtigung von Ausgedingsleistungen von den Versicherungsträgern finanziell nicht verkraftet werden könnte und zu einer für die Landwirtschaft nicht tragbaren Beitragserhöhung führen müßte. Von Anfang an war nämlich die Ausgleichszulage von den Ländern zu ersetzen (§ 299 ASVG, § 156 GSVG, § 147 BSVG bzw die vorher in Geltung stehenden Gesetze), niemals aber aus Mitteln der Sozialversicherungsträger, was sich schon aus dem bereits erwähnten Sozialhilfecharakter der Ausgleichszulage erklärt. Daß ab dem Finanzausgleichsgesetz 1959, BGBl Nr 97, die nach den genannten Bestimmungen den Ländern, Bezirksfürsorgeverbänden und Gemeinden auferlegte Kostentragung vom Bund übernommen wurde (zuletzt für die Jahre 1989 bis 1992 durch § 2 Finanzausgleichsgesetz 1989, BGBl 1988/687), änderte daran nichts Grundsätzliches, weil die Bestimmungen der §§ 299 ASVG, 156 GSVG und 147 BSVG immer nur für die Geltungsdauer der jeweiligen Finanzausgleichsgesetze inhaltlich derogiert, jedoch nie aufgehoben wurden. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wäre daher durch eine Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen finanziell nicht belastet, so daß auch eine in der Landwirtschaft vielleicht nur schwer verkraftbare Beitragserhöhung nicht notwendig wäre. Für die Pensionen nach dem ASVG und dem GSVG könnte aber das Argument von den zwei Säulen, auf denen die Sicherung des Lebensunterhaltes des Pensionisten beruhen soll, überhaupt nicht herangezogen werden".

Diese gewichtigen Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der auch im vorliegenden Fall anzuwendenden gesetzlichen Regelung machen es erforderlich, dem Verfassungsgerichtshof auch im vorliegenden Fall die Möglichkeit zu einer Gesetzesprüfung zu geben. Unter Bedachtnahme auf die bereits erwähnte Rückwirkung der Novellierung des § 149 Abs 7 Satz 3 GSVG durch die 17. Nov erübrigte sich eine Antragstellung dahin, daß ausgesprochen werde, § 149 Abs 7 Satz 3 GSVG idF der 16. Nov sei verfassungswidrig gewesen (Art 89 Abs 3 und 140 Abs 4 B-VG), weil diese Bestimmung idF der 16. Nov auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden wäre.

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