OGH 10ObS200/04s

OGH10ObS200/04s25.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Rudolf Schallhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wolfgang K*****, ohne Beschäftigung, ***** , vertreten durch Dr. Hildegard Hartung, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juli 2004, GZ 10 Rs 103/04x-90, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Ausschluss vom Arbeitsmarkt nur dann anzunehmen, wenn die maßgebliche Gesamtdauer der voraussichtlichen (leidensbedingten) Krankenstände mit hoher Wahrscheinlichkeit sieben Wochen jährlich oder mehr beträgt (SSV-NF 10/14; 7/76 uva; RIS-Justiz RS0084898 [T1]; RS0084429 [T3]; RS0113471). Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bei Verrichtung dem Leistungskalkül entsprechender Arbeiten künftig Krankenstände mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ist eine Tatsachenfrage, die von den Gerichten erster und zweiter Instanz aufgrund von Gutachten ärztlicher Sachverständiger zu klären ist. In welchem Umfang ein Versicherter in der Vergangenheit im Krankenstand war, ist bei Beurteilung eines Anspruches auf eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit (hier: Invaliditätspension) ohne Bedeutung; wesentlich ist ausschließlich die Prognose für die Zukunft und zwar ausgehend von den Anforderungen in den Verweisungsberufen (SSV-NF 7/75 uva). Entgegen der Ansicht der Revision beruht die Berufungsentscheidung nicht auf einer mangelhaften Entscheidungsgrundlage der ersten Instanz. Die Feststellungen des Erstgerichtes reichen aus, einen Ausschluss des Klägers vom allgemeinen Arbeitsmarkt zu verneinen, weil beim Kläger bei kalkülsentsprechender Tätigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit leidensbedingte Krankenstände nur im Ausmaß von insgesamt zwei Wochen jährlich prognostizierbar sind. Es bedarf somit - im Gegensatz zu den vom Kläger zitierten Fällen 10 ObS 159/03k und 10 ObS 421/98d - keiner Ergänzung des gegenständlichen Verfahrens in erster Instanz.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kann der Kläger, wenn er Kompressionsstrümpfe trägt, keine Tätigkeiten in ausschließlich sitzender oder stehender Körperhaltung verrichten. Soweit der Kläger meint, er könne deshalb auch die von den Vorinstanzen als zumutbare Verweisungstätigkeit genannten Verpackungs- und Einschlichttätigkeiten nicht verrichten, entfernt er sich in unzulässiger Weise von den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes, welche vom Berufungsgericht als Ergebnis der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen als unbedenklich übernommen wurden, werden diese Verpackungs- und Einschlichttätigkeiten nicht in ausschließlich sitzender und/oder stehender sondern bloß in überwiegend stehender (in der Elektronikgerätebranche) oder auch in überwiegend sitzender Körperhaltung (in der Leichtwarenbranche) ausgeübt, wobei ein Wechsel der Körperhaltung immer wieder möglich ist. Die Möglichkeit zum jederzeitigen Wechsel der Körperhaltung ist nach dem festgestellten Leistungskalkül des Klägers nicht erforderlich. Soweit der Kläger die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, wonach er aufgrund seines festgestellten medizinischen Leistungskalküls die genannten Verweisungs- und Einschlichttätigkeiten noch verrichten könne, in Zweifel zu ziehen versucht, bekämpft er mit diesen Ausführungen in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Schließlich wiederholt der Kläger seine bereits in der Berufung ausgeführte Mängelrüge bezüglich der Unterlassung der Einholung eines kieferchirurgischen Sachverständigengutachtens. Nach ständiger Rechtsprechung des Senates können auch in Sozialrechtssachen angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 uva).

Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte