Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
„Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin ab 1. Juli 2004 nach dem am 4. Juni 2004 verstorbenen Friedrich K***** die Witwenpension zu gewähren.
Die Pension beträgt ab 1. Juli 2004 monatlich EUR 0,--. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1. Juli 2004 eine Witwenpension in der gesetzlichen Höhe (von mehr als EUR 0,-- monatlich) zu gewähren, wird abgewiesen."
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Ehemann der Klägerin, Friedrich K*****, ist am 4. 6. 2004 verstorben.
Die Klägerin bezieht von der B***** eine Pension, die aufgrund eines pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnisses (§ 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG) entstanden ist. In den Kalenderjahren 2002 und 2003 hatte diese Eigenpension eine Bruttohöhe von EUR 52.318,36 (2002) bzw EUR 53.392,82 (2003), insgesamt EUR 105.711,18. Die Summe der Bruttobezüge des verstorbenen Ehegatten betrug für das Jahr 2002 EUR 61.785,77 und für das Jahr 2003 EUR 63.048,38, insgesamt EUR 124.834,15 für diese beiden Jahre. Darin enthalten ist die ASVG-Pension des verstorbenen Ehegatten für das Jahr 2002 in Höhe von EUR 17.982,58 brutto und für das Jahr 2003 von EUR 18.072,46 brutto. Unter Berücksichtigung des Wertausgleichs gemäß § 299a ASVG ergibt sich ein gesamter Pensionsbezug des verstorbenen Ehegatten nach ASVG für die Jahre 2002 und 2003 in Höhe von EUR 36.433,77. Der Pensionszuschuss der E***** AG an den verstorbenen Ehegatten der Klägerin - dabei handelt es sich um eine Firmenpension laut Sparkassenkollektivvertrag - betrug für das Jahr 2002 EUR 43.803,12 und für das Jahr 2003 EUR 44.975,92.
Mit Bescheid vom 22. 12. 2004 hat die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension ab 1. 7. 2004 anerkannt und die Höhe mit EUR 0,-- festgesetzt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1. 7. 2004 eine Witwenpension in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der im Jahre 2002 und 2003 ausbezahlten Betriebspension der E***** AG zuzuerkennen, ab (ohne den bescheidmäßigen Zuspruch zu wiederholen). Gemäß § 49 Abs 3 Z 18 ASVG stellten bestimmte Aufwendungen des Dienstgebers für die Zukunftssicherung seiner Dienstnehmer, darunter Betriebspensionen, kein beitragspflichtiges Entgelt iSd § 49 Abs 1 ASVG dar. Da Leistungen aus privaten Pensionskassen sowie Betriebspensionen nicht dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG unterlägen, habe die Betriebspension des verstorbenen Gatten zwar zu einer Erhöhung des Lebensstandards des Ehepaars geführt, könne aber bei der Berechnung der Witwenpension nicht berücksichtigt werden. Die Entgeltbegriffe der Regelungen der §§ 49 und 91 Abs 1 ASVG dürften nicht unabhängig voneinander gesehen werden. Als Einkommen nach § 91 Abs 1 ASVG könne aufgrund der Koppelung von zu entrichtenden Beiträgen mit der zu erwartenden Leistung bei einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nur das aus dieser Tätigkeit gebührende Bruttoentgelt gemäß § 49 ASVG inklusive Sonderzahlungen gelten.
Der Verfassungsgerichtshof habe den Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG in seinem Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 nicht als verfassungswidrig angesehen. Es sei daher als sachlich begründet anzusehen, dass Einkommen aus vertraglichen Pensionszusagen privater Dienstgeber anders als Einkommen aus vertraglichen Pensionszusagen öffentlicher Gebietskörperschaften keine Berücksichtigung bei der Bildung der Berechnungsgrundlagen finden. Die Aufzählung von Anwartschaften und Ansprüchen in § 264 Abs 5 ASVG sei ausführlich und erschöpfend; eine planwidrige, der Analogie fähige Lücke liege nicht vor. Der Inhalt des angefochtenen Bescheides sei daher richtig. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Der Verfassungsgerichtshof habe sich in seinem Erkenntnis G 300-314/02-18 (Punkt 2.2.1.2, Seite 152) ausdrücklich mit der auch im vorliegenden Fall maßgeblichen Frage beschäftigt, weil die damals antragstellenden Abgeordneten auch vorgebracht hätten, dass das Gesetz ohne sachliche Rechtfertigung zwischen Personen, denen ein Ruhebezug „aus einem der Pensionssysteme - sei es der Sozialversicherung, sei es des öffentlichen Dienstes oder diesen verwandter Pensionssysteme -" zukomme, und sonstigen Personen differenziere. Insbesondere würden diese Personen gegenüber all jenen benachteiligt, die ein anderes, aber völlig vergleichbares Einkommen hätten, wie insbesondere jenes aus einer privaten Pensionsversicherung oder aus anderen Einkunftsquellen. Diesen Bedenken sei der Verfassungsgerichtshof aber zutreffenderweise nicht gefolgt. Die gesetzliche Pensionsversicherung schütze nämlich nicht Einkommen jeder Größenordnung, sondern habe den Einkommensschutz durch die Einführung der Höchstbeitragsgrundlage begrenzt; die Sicherung von Einkommen, die diese Grenze übersteigen, sei nicht mehr Angelegenheit der auf Solidarität beruhenden Sozialversicherung.
Der Einkommensbegriff in § 264 Abs 5 ASVG idF BGBl I 2004/78 (§ 614 ASVG) sei dem früher geltenden Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG nachgebildet worden. Entscheidend sei in erster Linie die Abstimmung und Übereinstimmung mit dem öffentlichen Dienst gewesen; darüber hinaus würden auch Pensionsleistungen berücksichtigt, die an Dienstnehmer bzw ehemalige Dienstnehmer von öffentlich-rechtlichen Körperschaften gewährt werden. Demgegenüber würden Leistungen aus privaten Pensionskassen vom Gesetz bewusst nicht angerechnet. Auch im vorliegenden Fall ergebe sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen, dass im Sparkassenkollektivvertrag Regelungen über die Witwen-/Witwerpension enthalten seien (etwa § 73 Abs 2 lit a des Sparkassenkollektivvertrags, der ausdrücklich die Witwen-/Witwerpension als Versorgungsgenuss nenne). Eine Analogie sei nicht möglich, da der Gesetzgeber die vertraglichen Pensionszusagen bei der Aufzählung des § 264 Abs 5 ASVG keinesfalls „vergessen" habe; dies ergebe sich schon alleine aus der aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden bewussten Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit der Neuschaffung dieser Regelungen durch das 2. SVÄG 2004 nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Auch im geplanten SVÄG 2006 sei eine Berücksichtigung einer Firmenpension, wie sie der verstorbene Gatte der Klägerin erhalten habe, nicht vorgesehen.
Schließlich sei die Firmenpension auch kein anrechenbares Erwerbseinkommen gemäß § 91 Abs 1 ASVG, wie sich bereits aus der Systematik des § 264 Abs 5 ASVG ergebe. In dieser Bestimmung werde der Oberbegriff des Einkommens unterteilt in Erwerbseinkommen sowie wiederkehrende Geldleistungen, außerordentliche Versorgungsbezüge und Pensionen aufgrund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme. Auch wenn eine Betriebspension nach der Rechtsprechung „thesauriertes Entgelt" darstelle, handle es sich dabei nicht um Erwerbseinkommen iSd § 91 Abs 1 ASVG und auch nicht iSd § 264 Abs 5 ASVG. Ob ein Entgelt iSd § 49 ASVG vorliege (oder eine der zahlreichen Ausnahmen) sei nicht maßgeblich. § 91 ASVG stelle auf die Durchführung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ab, nicht aber auf den Erhalt einer Betriebspension.
§ 264 Abs 5 Z 2 - 5 ASVG regle zahlreiche Fälle wiederkehrender Geldleistungen aus unterschiedlichsten Pensionsansprüchen, die als Einkommen im Sinn des § 264 Abs 5 ASVG gelten sollen. Auch daraus ergebe sich, dass § 91 Abs 1 ASVG nicht ausdehnend dahin ausgelegt werden könne, dass auch „thesauriertes" Entgelt aus einer früheren Erwerbstätigkeit ein Erwerbseinkommen im Sinn dieser Bestimmung darstelle, das nach § 264 Abs 5 ASVG zu berücksichtigen wäre. Dem Gesetzgeber stehe es grundsätzlich frei, welche Arten von Einkommen er zur Berechnung der Witwen-/Witwerpension heranziehen möchte. Auch wenn mit diesem Ergebnis eine gewisse Härte für die Klägerin verbunden sei, ergebe sich daraus noch nicht die Verfassungswidrigkeit der von ihr beanstandeten Bestimmungen. Insbesondere sei nicht erkennbar, wieso in einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Fällen das Ziel der Witwen-/Witwerpensionsregelung, nämlich die Sicherung des Lebensunterhaltes der Witwe bzw des Witwers, durch die von der Berufungswerberin beanstandeten Regelungen verfehlt würde. Betriebspensionen stellten ein eigenes Regime dar, das vom System der Sozialversicherung abweiche; es bestünden eigene Regelungen für Hinterbliebene. Da der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 264 Abs 5 ASVG in der Fassung des SRÄG 2000 ausdrücklich nur wegen des Heranziehens der Bemessungsgrundlage als verfassungswidrig aufgehoben habe, sei eine Gleichheitswidrigkeit der nunmehrigen Regelung vor dem Hintergrund des Artikel 7 B-VG nicht zu erkennen, die eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof im Sinne der Anregung der Berufungswerberin begründen könnte.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob eine Betriebspension Erwerbseinkommen iSd § 91 Abs 1 ASVG und daher auch iSd § 264 Abs 5 ASVG sei, die bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen wäre, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorhanden sei. Darüber hinaus existiere auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob eine Firmenpension bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die Berechnung einer Witwen-/Witwerpension zu berücksichtigen sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Angeregt wird auch ein Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt. Vorweg kann auf die gründlichen und zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zur rechtlichen Beurteilung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Z 2 ZPO). Ergänzend ist dem Revisionswerber Folgendes entgegenzuhalten:
Die Witwen(Witwer)pension soll den Unterhaltsausfall ausgleichen, der in einer partnerschaftlichen Ehe durch den Tod eines Ehepartners entsteht (vgl VfSlg 8871; 10 ObS 382/02b = SSV-NF 17/34). Ansatzpunkt für die Berechnung der Höhe der Witwen/Witwerpension war ab 1. 1. 1995 das zu Lebzeiten des Versicherten erzielte Haushaltseinkommen und dessen Verteilung auf die beiden Ehepartner. Ausgehend von dem Gedanken, dass der Anteil des Verstorbenen am gemeinsamen Haushaltseinkommen die Höhe des durch den Tod bedingten Unterhaltsausfalls bedingte (Tomandl, Grundriss des österreichischen Sozialrechts5 Rz 275), wurde als maßgebend für die Höhe der Witwen(Witwer)pension die Relation der Pensionsbemessungsgrundlage des Verstorbenen und des überlebenden Ehepartners angesehen. Die Witwen(Witwer)pension betrug mindestens 40 %, höchstens 60 % der Pension des Verstorbenen, wobei die Berechnung der exakten Höhe einen komplizierten Rechenvorgang erforderte. Durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 (SRÄG 2000 - BGBl I Nr 92/2000) wurde die Formel zur Ermittlung der Höhe der Witwen(Witwer)pension neu geregelt: Um sowohl Aktiv- als auch Pensionseinkommen berücksichtigen zu können, wurde für jeden der beiden Ehepartner eine so genannte Berechnungsgrundlage ermittelt (dabei handelt es sich entweder um die Bemessungsgrundlage einer schon gebührenden Sozialversicherungs- bzw Beamtenpension oder bei noch bestehender Erwerbstätigkeit um eine aus dem Aktiveinkommen errechnete fiktive Bemessungsgrundlage). Waren beide Berechnungsgrundlagen gleich hoch, betrug die Witwen(Witwer)pension 40 % (§ 264 Abs 2 ASVG idF SRÄG 2000). War die Berechnungsgrundlage des hinterbliebenen Ehegatten jedoch kleiner, dann erhöhte sich der Pensionsanspruch pro 1 % Unterschied um 0,3 % bis zum Maximum von 60 % (das war dann der Fall, wenn die Berechnungsgrundlage des Verstorbenen mindestens dreimal so hoch war). War hingegen die Berechnungsgrundlage des hinterbliebenen Ehegatten größer, dann verminderte sich die Pensionshöhe pro 1 % Unterschied um 0,3 % bis auf 0 % (das war zB dann der Fall, wenn die Berechnungsgrundlage des Verstorbenen 1.000 EUR und jene des hinterbliebenen Ehegatten mehr als 2.300 EUR betrug). Die Witwen(Witwer)pension wurde jedoch auf 60 % aufgestockt, wenn die Summe aus eigenem Einkommen und Witwen(Witwer)pension den so genannten „Schutzbetrag" von ATS 20.000 (2000; veränderlicher Wert) monatlich nicht erreichte (§ 264 Abs 6 ASVG idF SRÄG 2000). Andererseits kam es zu einer Kürzung der Witwen(Witwer)pension bis auf Null, wenn diese zusammen mit eigenem Einkommen die doppelte Höchstbeitragsgrundlage überschritt (Tomandl aaO). Durch das SRÄG 2000 wurde daher mit Wirkung ab 1. 10. 2000 eine Spreizung zwischen 0 % und 60 % der Pension des verstorbenen Ehegatten bei gleichzeitiger Änderung der Berechnungsformel eingeführt (§ 264 Abs 2 ASVG idF SRÄG 2000). Nach den Gesetzesmaterialien (RV 181 BlgNR 21. GP 33) sollte diese Änderung das im Koalitionsabkommen genannte Ziel einer stärkeren Bedarfsorientierung der Hinterbliebenenpension verwirklichen und auch an die mit dem Gedanken der Bedarfsorientierung zusammenhängende ursprüngliche Unterhaltsersatzfunktion der Hinterbliebenenpensionen anknüpfen. Sei das Einkommen der hinterbliebenen Person wesentlich höher als jenes des verstorbenen Ehegatten, dann bestehe kein konkreter Unterhaltsbedarf. Die vorgeschlagene 0/60 %-Regelung mit einer Obergrenze von (damals) ATS 86.400 erscheine damit zweckmäßig und sozialpolitisch gerechtfertigt. Sie sei zudem sozial ausgewogen: Die Erhöhung des „Schutzbetrages" stelle sicher, dass innerhalb dieser Einkommensgrenze auch dann eine Hinterbliebenenpension im Ausmaß von 60 % gebühre, wenn die Berechnungsgrundlage der Witwe (des Witwers) gleich oder höher sei als jene des Verstorbenen. Schließlich bleibe insbesondere bei Frauen, deren Berechnungsgrundlage wegen Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege älterer Menschen niedriger sei als die durchschnittliche Berechnungsgrundlage der Versicherten, die 60 %-Marke fast immer gewahrt (RV aaO).
Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen im Zusammenhang mit der Pensionsreform 2000 hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 ua (VfSlg 16.923), § 264 Abs 2 bis 5 ASVG idF BGBl I 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft tritt. Diese Entscheidung wurde mit Unsachlichkeit der antragsgegenständlichen Bestimmungen begründet, weil dem für die Spreizung maßgeblichen Vergleich die in § 264 Abs 3 und 4 ASVG geregelten Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegt würden, die nicht die tatsächliche „Pensionshöhe" widerspiegelten:
„Die Witwen(Witwer)pension hat die Aufgabe, den Lebensunterhalt der Witwe bzw. des Witwers zu gewährleisten, und zwar dahingehend, dass ihr/ihm auch nach dem Ableben des Ehepartners 'eine [dem] zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung' gesichert ist (VfSlg 5241/1966, S 172). Ausgehend davon kann gegebenenfalls die Verminderung, unter Umständen sogar die Nichtgewährung der Witwen(Witwer)pension sachlich gerechtfertigt sein; dann nämlich, wenn der/dem Hinterbliebenen - wegen ihres/seines vergleichsweise hohen eigenen (Pensions)Einkommens - eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung auch im Falle einer verminderten Witwen(Witwer)pension bzw. des gänzlichen Entfalles der Hinterbliebenenpension gesichert ist. Gemäß § 264 Abs 2 bis 5 ASVG ist für die dabei anzustellende Vergleichsberechnung aber allein auf die jeweils maßgebliche Bemessungsgrundlage, vor allem iSd § 238 ASVG, abzustellen. Diese spiegelt jedoch - was von den Vertretern der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof auch eingeräumt wurde - in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen nicht die Versorgungslage der/des Hinterbliebenen wider. Dies insbesondere dann, wenn im Einzelfall ungeachtet des Vorliegens einer solchen Bemessungsgrundlage ein Pensionsanspruch nicht besteht und auch nicht erwartet werden kann, das Abstellen auf die Bemessungsgrundlage aber zu einer Verminderung oder gar zu einem gänzlichen Entfall der Hinterbliebenenpension führt. Insoferne sind die Bestimmungen des § 264 Abs 2 bis 5 ASVG nicht geeignet, das wesensbestimmende Ziel der (Regelungen über die) Witwen(Witwer)pension, nämlich eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahe kommende Versorgung zu sichern, zu erreichen. Diese Bestimmungen sind somit unsachlich. Diese Unsachlichkeit wird zwar durch die Regelung des § 264 Abs 6 ASVG über den so genannten Schutzbetrag im Effekt gemildert, nicht aber beseitigt. Das diesbezügliche Vorbringen der Bundesregierung ist somit nicht geeignet, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des § 264 Abs 2 bis 5 ASVG zu zerstreuen."
Schon das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. 6. 2003 ausdrücklich mit der auch hier relevanten Frage beschäftigt hat, inwieweit eine Differenzierung zwischen Beziehern einer Pension aus der Sozialversicherung oder aus dem öffentlichen Dienst einerseits und sonstigen Personen andererseits sachlich gerechtfertigt sei. Er ist insoweit den von den antragstellenden Abgeordneten aufgeworfenen Bedenken nicht gefolgt; für die Aufhebung der Absätze 2 bis 5 des § 264 ASVG in der Fassung des SRÄG 2000 war ausschließlich das Abstellen auf die Bemessungsgrundlage iSd § 238 ASVG maßgeblich. So wie andere Bestimmungen (zB § 254 Abs 6 ASVG) verweist § 264 Abs 5 Z 1 ASVG für den Begriff des Erwerbseinkommens auf die mit dem SRÄG 1996, BGBl 1996/411, eingeführte Legaldefinition des § 91 ASVG. Darin ist der Bezug einer Betriebspension zumindest nicht explizit enthalten; er kann auch weder unter Abs 1 Z 1 noch unter Abs 1 Z 2 subsumiert werden, weil in beiden Fällen auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit abgestellt wird. Bei der Betriebspension handelt es sich zwar nach der Judikatur ebenfalls um Entgelt, allerdings um solches im arbeitsrechtlichen Sinn: In der Diktion des OGH stellt sie „gewissermaßen ein aufgespartes 'thesauriertes' Entgelt, das sich der einzelne Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit und Loyalität gegenüber dem Betrieb erdient hat (RIS-Justiz RS0021639; zuletzt 9 ObA 27/04t = DRdA 2005/21, 315 [Pfeil]); dar. Wären der arbeits- und der sozialversicherungsrechtliche Entgeltbegriff ident, bedürfte es nicht der Legaldefinition des § 91 (siehe auch 214 BlgNR 20. GP 39: „zur Erleichterung der Vollzugspraxis"). Darüber hinaus spricht § 264 Abs 5 neben dem in Z 1 genannten „Erwerbseinkommen im Sinne des § 91 Abs 1" weitere Leistungen an, die als Einkommen zählen und einer Betriebspension viel näher stehen, etwa „vertragliche Pensionszusagen einer Gebietskörperschaft" in Z 3 lit l. Dieser Erwähnung bedürfte es nicht, wenn Betriebspensionen schon unter den Begriff des Erwerbseinkommens iSd § 91 Abs 1 ASVG fielen.
Aus dieser Berücksichtigung von „vertraglichen Pensionszusagen einer Gebietskörperschaft" ist für die Klägerin im Übrigen auch nichts zu gewinnen: eine solche Zusage liegt in ihrem Fall nicht vor. Die Bestimmung des § 264 Abs 5 Z 3 lit 1 ASVG wäre bei einer Gesetzetsanfechtung an den Verfassungsgerichtshof nur als präjudiziell anzusehen, wenn sie analog auf Betriebspensionen anzuwenden wäre. Diese Bestimmung ist insofern systemwidrig, als der Gesetzgeber - wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf Teschner/Widlar/Pöltner (ASVG 95. Erg.-Lfg 1360/16d f [Rz 5]) schon ausführlich dargestellt hat - Leistungen aus privaten Pensionskassen aus dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG ausklammern wollte. Dies zeigt im Übrigen auch das SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, das nunmehr den Katalog von zu berücksichtigenden Einkommensbestandteilen explizit (und nur) um die so genannten Administrativpensionen (sowie laufende Überbrückungszahlungen aufgrund eines Sozialplans) erweitert hat. Solche Leistungen sind also nach Ansicht des Gesetzgebers - ebenso wie Betriebspensionen - früher nicht dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG unterlegen. Mangels einer Gesetzeslücke kommt daher eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 264 Abs 5 Z 3 lit 1 ASVG nicht in Betracht.
Es ist zu betonen, dass es dem einfachen Gesetzgeber aufgrund des demokratischen Prinzips nicht verwehrt ist, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (10 ObS 205/02y = SZ 2002/151 mwN). Innerhalb des ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes ist der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz (nur) insoweit an inhaltliche Schranken gebunden, als sachlich nicht begründbare gesetzliche Regelungen verfassungsrechtlich verboten sind (VfSlg 14.868; zuletzt etwa VfGH G 29/05). Dabei ist unter der „Sachlichkeit" einer Regelung nicht ihre „Zweckmäßigkeit" oder „Gerechtigkeit" zu verstehen (VfSlg 13.743); die Zweckmäßigkeit einer Regelung unterliegt in der Regel nicht der verfassungsrechtlichen Überprüfung (vgl VfSlg 11.664). Nicht einmal der Umstand, dass durch eine gesetzliche Regelung - so wie hier - Härtefälle entstehen können, macht das Gesetz per se gleichheitswidrig (RIS-Justiz RS0053509 [T6] und [T7]). Letztlich ist der Revisionswerberin zu entgegnen, dass der Zweck der Witwen(Witwer)pension nicht allein in der Ermöglichung der Aufrechterhaltung des früheren Lebensstandards dient; diese Ausführungen des VfGH in dem schon mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 27. 6. 2003 beziehen sich auf die Höhe der Hinterbliebenenpension. Auch dann, wenn der erreichte Lebensstandard beispielsweise allein auf nicht beitragsrechtlich relevantes Einkommen (zB Zinseinkünfte) zurückzuführen ist, vermag der Gedanke der Lebensstandarderhaltung keine Hinterbliebenenpensionsleistung zu begründen. Hegt das Gericht - wie hier - keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung, besteht kein Anlass zur Antragstellung gemäß Art 140 B-VG (10 ObS 148/03t = SSV-NF 17/68).
Der Revision muss daher ein Erfolg versagt bleiben. Die angefochtenen Entscheidungen sind mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der bescheidmäßig zuerkannte Anspruch in den Urteilsspruch aufzunehmen ist (RIS-Justiz RS0084896).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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