European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00076.16Y.1125.000
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 460,40 EUR (darin enthalten 76,73 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Pachtverhältnis zwischen ihm und den Beklagten aufgrund des von den Beklagten mit dem Rechtsvorgänger des Klägers am 2. 1. 2015 abgeschlossenen Pachtvertrags hinsichtlich der in der Klage einzeln bezeichneten Grundstücke aufgrund rechtswirksamer (außergerichtlicher) Kündigung des Klägers am 30. 11. 2016 endet. Der Kläger stützt sich dazu auf eine (erste) Aufkündigung des Pachtvertrags vom 2. 11. 2015.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging davon aus, dass der Pachtvertrag gemäß § 1120 ABGB auf den Kläger als Erwerber der Liegenschaften übergegangen sei, sodass der Kläger berechtigt sei, ihn ohne Rücksicht auf eine vertragliche zeitliche Bindung innerhalb der gesetzlichen Frist aufzukündigen. Die vom Kläger am 2. 11. 2015 ausgesprochene Kündigung sei zum 30. 11. 2016 wirksam. Ein Antrag auf Verlängerung des Pachtvertrags gemäß § 6 des Landpachtgesetzes, BGBl 1969/451 (LPG), sei von den Beklagten nicht gestellt worden.
Gegen dieses Urteil erhoben die Beklagten die vom Kläger beantwortete Berufung, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens anstreben.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz brachten die Beklagten als Antragsteller beim Bezirksgericht Gmünd zu AZ 5 Msch 1/16s gegen den Kläger als Antragsgegner gemäß § 6 LPG einen Antrag auf Verlängerung des Pachtvertrags bis 31. 12. 2020 über dieselben Grundstücke ein, die auch Gegenstand dieses Verfahrens sind. Im Rekursverfahren ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass der Kläger den Pachtvertrag (neuerlich) am 9. 5. 2016 außergerichtlich (ebenfalls zum 30. 11. 2016) aufkündigte. Das Bezirksgericht Gmünd hat über diesen Antrag bisher noch nicht entschieden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss unterbrach das Berufungsgericht das Verfahren über die Berufung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens AZ 5 Msch 1/16s des Bezirksgerichts Gmünd. Das anhängige Berufungsverfahren sei durch den von den Beklagten eingebrachten Antrag auf Verlängerung des Pachtvertrags gemäß § 6 LPG in analoger Anwendung des § 13 LPG unterbrochen. Es falle in die Kompetenz des Außerstreitgerichts zu beurteilen, ob der Verlängerungsantrag fristgerecht iSd § 10 LPG eingebracht worden sei. Da das Außerstreitgericht bisher den Verlängerungsantrag nicht als verspätet beurteilt habe, sei die Unterbrechungswirkung gemäß § 13 LPG eingetreten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten, mit dem diese die Fortsetzung des Verfahrens über ihre Berufung anstreben. Der Umstand, dass der Rekurs unrichtig an das Oberlandesgericht Wien gerichtet ist, führt für sich allein nicht zur Zurückweisung des Rekurses, weil die Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts im Rekursverfahren vom Gesetz gar nicht verlangt wird (8 Ob 28/89; RIS‑Justiz RS0006923).
Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung des Rekurses.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unzulässig.
1.1 Nach § 519 Abs 1 ZPO ist gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts der Rekurs nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat oder das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu treffende Entscheidung aufgetragen oder die Sache an ein anderes Berufungsgericht verwiesen und ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Vom Berufungsgericht im Berufungsverfahren gefasste Beschlüsse, die in § 519 ZPO nicht aufgezählt sind, können dagegen nicht angefochten werden. Der Zweck des § 519 ZPO ist die Beschränkung des Rechtszugs an den Obersten Gerichtshof. Anfechtbar sollen nur die genannten Entscheidungen sein (Zechner in Fasching/Konecny 2 § 519 Rz 4).
1.2 Nach ständiger Judikatur sind auch Unterbrechungsbeschlüsse des Berufungsgerichts ebenso unanfechtbar wie die Zurückweisung eines Fortsetzungsantrags (3 Ob 780/54 = SpR 39; vgl E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 519 Rz 2; RIS‑Justiz RS0037125; RS0105321). Davon ist der Oberste Gerichtshof nur in Fällen abgegangen, in denen mit der Entscheidung über die Unterbrechung bzw die Verweigerung der Fortsetzung auch die weitere Prozessführung abgeschnitten wird (RIS‑Justiz RS0105321; zB Bejahung der Anfechtbarkeit von Unterbrechungsbeschlüssen gemäß § 7 IO/KO [3 Ob 158/00g ua]; RS0043819; dazu ausführlich Zechner in Fasching/Konecny § 519 Rz 34). Durch den angefochtenen Unterbrechungsbeschluss wird jedoch die Fortsetzung des Verfahrens über die Berufung der Beklagten nicht in einer den Fällen des § 519 Abs 1 ZPO vergleichbaren Weise abschließend verweigert.
2.1 Die Beklagten rügen in ihrem Rekurs, dass die Unterbrechung des Berufungsverfahrens das von ihnen eingeleitete außerstreitige Verfahren über den Verlängerungsantrag gemäß § 6 LPG blockiere. Denn der Ausgang des vorliegenden streitigen Verfahrens sei für jenes – insbesondere auch betreffend die Beurteilung der Einhaltung der Frist des § 10 LPG – präjudiziell.
2.2 Eine den Fällen des § 519 Abs 1 ZPO vergleichbare Verweigerung des Rechtsschutzes für die Beklagten könnte nur darin liegen, dass eine der Zurückweisung ihrer Berufung vergleichbare Situation vorläge. Das ist nicht der Fall. Die Zurückweisung der Berufung durch das Berufungsgericht ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen setzt die Realisierung eines der Tatbestände gemäß § 471 Z 2 ZPO (Unzulässigkeit oder Verspätung) oder Z 3 ZPO (Form‑ und Inhaltsmängel) voraus (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 519 Rz 7; Zechner in Fasching/Konecny²IV/1 § 519 Rz 73; 4 Ob 557/95; 2 Ob 527/95). Keiner dieser Fälle oder ein gleichzuhaltender Fall liegt hier vor. Das Außerstreitgericht hat über den Verlängerungsantrag der Beklagten bisher keine Entscheidung getroffen, sodass die von den Rekurswerbern behauptete „Blockade“ dieses Verfahrens nicht vorliegt. Darüber hinaus steht den Beklagten auch im Fall der Abweisung des Verlängerungsantrags im Außerstreitverfahren immer noch die Fortsetzung des Berufungsverfahrens offen, um das von ihnen mit ihrer Berufung in diesem Verfahren angestrebte Ergebnis zu erreichen, nämlich die Abweisung des Klagebegehrens auf Feststellung der Wirksamkeit der ersten Aufkündigung des Pachtvertrags vom 2. 11. 2015.
Der Rekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung über den Zwischenstreit auf Unterbrechung (RIS‑Justiz RS0035908) beruht auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO. Zumindest in Fällen einer – wie hier vom Berufungsgericht in Analogie zu § 13 Abs 1 LPG angenommenen – zwingenden Unterbrechung des Verfahrens geht die Rechtsprechung seit der ZVN‑Novelle 2009, BGBl I 2009/30, von der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens iSd § 521a ZPO auch vor dem Obersten Gerichtshof aus (10 Ob 3/16p mwH; vgl auch RIS‑Justiz RS0125481). Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.
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