OGH 10Ob66/22m

OGH10Ob66/22m17.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober, Dr. Thunhart und Dr. Annerl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen L*, geboren * 2009, *, vertreten durch das Land Wien als Träger der Kinder‑ und Jugendhilfe (Magistrat der Stadt Wien, Rechtsvertretung Bezirk 22, 1220 Wien, Simone‑de‑Beauvoir‑Platz 6), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Vaters A*, vertreten durch die Kuratorin Mag. Susanne Paul-Malek LL.M., diese vertreten durch Dr. Michael Vallander, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. November 2022, GZ 44 R 396/22v‑64, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 16. September 2022, GZ 48 Pu 135/18v‑58, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0100OB00066.22M.0117.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Mit Beschluss vom 8. März 2022 gewährte das Erstgericht dem Kind für die Zeit von 1. März 2022 bis 28. Februar 2027 Unterhaltsvorschüsse nach §§ 3, 4 Z 1 UVG in Höhe von 390 EUR monatlich.

[2] Aufgrund eines dagegen vom Vater erhobenen Rekurses hielt das Erstgericht gemäß § 16 Abs 2 UVG mit der Auszahlung der Unterhaltsvorschüsse inne.

[3] Nach rechtskräftiger Erledigung des Rekurses hob das Erstgericht mit Beschluss vom 16. September 2022 die Innehaltung auf und ordnete die Auszahlung der Vorschüsse an.

[4] Das Rekursgerichtgab dem gegen die Aufhebung der Innehaltung erhobenen Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[5] Dagegen richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Vaters, den das Erstgericht samt den Akten dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.

[6] Die Aktenvorlage entspricht nicht dem Gesetz.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist bei einem 30.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand ein Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (10 Ob 27/21z ua).

[8] 2. Der Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschuss ist rein vermögensrechtlicher Natur (RIS‑Justiz RS0007110 [T27]), was auch für die Innehaltung der Auszahlung und deren Aufhebung gilt (10 Ob 44/16t; 10 Ob 9/08h ua). Der Streitwert richtet sich demgemäß nach dem dreifachen Jahresbetrag des begehrten oder bekämpften Unterhaltsvorschusses (RS0042366 [T11]; vgl auch RS0122735).

[9] 3. Im Anlassfall beträgt dieser Wert 14.040 EUR, womit auch der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, 30.000 EUR nicht übersteigt. In diesem Fall steht einer Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG nur der – mit der Ausführung des Revisionsrekurses zu verbindende – Antrag an das Rekursgericht offen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung ist nach § 69 Abs 3 AußStrG dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen, woran auch der Umstand nichts ändert, dass das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (RS0109623 [T13]; 10 Ob 58/20g ua).

[10] 4. Der vom Rechtsmittelwerber eingebrachte „außerordentliche Revisionsrekurs“ ist daher nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern dem Rekursgericht vorzulegen. Solange dieses seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht abändert, ist der Oberste Gerichtshof funktionell nicht zuständig (RS0120898).

[11] Ob die Rechtsmittelschrift den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

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