Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin, eine uneheliche Tochter des am 27. 9. 1983 verstorbenen Franz H*****, hat im Juli 1998 die Beklagte, eine Rechtsanwältin, zu ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Verlassenschaftsverfahren nach der am 16. 11. 1997 verstorbenen Großmutter väterlicherseits, Frau Maria H*****, beauftragt. Insbesondere sollte die Beklagte die Pflichtteilsansprüche gegen den zum Alleinerben eingesetzten Adoptivsohn der Verstorbenen, Herrn Stojan K*****, geltend machen. Das von Maria H***** verfasste Testament vom 3. 7. 1994 samt Nachtrag vom 13. 12. 1996 wurde am 2. 12. 1997 kundgemacht. Mit der am 1. 2. 2001 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingelangten Klage begehrte die Klägerin, vertreten durch die nunmehrige Beklagte, von der Verlassenschaft nach Maria H***** ihren Pflichtteil von ATS 3,917.541,50 samt 15 % Zinsen seit 16. 11. 1997. Das in der Folge auf ATS 3,042.541,72 (EUR 221.110,13) samt 15 % Zinsen seit 16. 11. 1997 eingeschränkte Klagebegehren wurde aus dem Grund der Verjährung (§ 1487 ABGB) abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos; eine außerordentliche Revision wurde nicht erhoben. Die Klägerin begehrt von der Beklagten wegen mangelhafter Vertretung Schadenersatz in Höhe von EUR 268.176,81 samt 4 % Zinsen seit Klagstag, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Pflichtteilsklage erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, die am 2. 12. 2000 geendet habe, eingebracht worden sei. Die Beklagte habe ihre Pflichten aus der übernommenen Beauftragung verletzt.
Die Klagsforderung wurde wie folgt aufgeschlüsselt:
- Pflichtteil aus einem Viertel des Reinnachlasses von ATS 11,670.166,88: EUR 212.030,65 - 4 % Zinsen aus EUR 212.030,65 vom Todestag der Erblasserin bis 16. 10. 2003 (kapitalisiert): EUR 50.180,58
- Rückersatz der Pauschalgebühr und der bezahlten Honorare von insgesamt EUR 5.965,83.
Die Beklagte bestritt ihre Haftung. Der behauptete Pflichtteilsanspruch der Klägerin habe dem Grunde und der Höhe nach nicht bestanden; insbesondere sei eine Pflichtteilsminderung auf die Hälfte gerechtfertigt. Die Rechtsansicht der Beklagten, dass aufgrund der Vergleichsverhandlungen und einer von Kralik geäußerten Rechtsansicht über den Fristbeginn die Dreijahresfrist zur Einbringung der Pflichtteilsklage gewahrt gewesen sei, sei vertretbar gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Betrag von EUR 254.469,12 samt 4 % Zinsen seit 13. 10. 2003 statt. Der Klägerin sei durch die mangelhafte Vertretung durch die Beklagte (auf der Grundlage einer unvertretbaren Rechtsansicht über den Beginn der Dreijahresfrist zur Erhebung der Pflichtteilsklage) ein Schaden in der Höhe ihres Pflichtteils zuzüglich der an die Beklagte bezahlten Honorare entstanden. Die Abweisung des Mehrbegehrens von EUR 13.707,69 s.A. blieb unangefochten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und sprach der Klägerin einen Betrag von EUR 206.987,32 samt 4 % Zinsen seit 20. 10. 2003 (Klagstag) zu; das Mehrbegehren von EUR 61.189,49 s.A,. wurde (unangefochten) abgewiesen.
Das Berufungsgericht verneinte eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, übernahm (mit einer Ausnahme) die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis eines Erbverzichts, einer Erbunwürdigkeit und des Vorliegens der Voraussetzungen einer Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB nicht erbracht habe. Abzuändern sei das Ersturteil aber insoweit, als Zinsen aus dem Schadenersatzbetrag erst „ab Klagsbehändigung" zustünden. Für den begehrten Kapitalbetrag an Zinsenschaden fehle es an ausreichendem Prozessvorbringen, wann nach dem hypothetischen Verlauf des erfolgreichen Pflichtteilsprozesses der Schluss der mündlichen Verhandlung über die am 1. 2. 2001 eingelangten Klage eingetreten wäre und dass dies nach dem wahrscheinlichen Verlauf der Dinge überhaupt noch vor Zustellung der Schadenersatzklage am 20. 10. 2003 gewesen wäre. Da die von der Beklagten vertretene Rechtsansicht über einen Beginn der Verjährungsfrist erst ein Jahr nach dem Tod des Erblassers von der Judikatur abgelehnt worden sei, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die Klägerin über diesen Umstand aufzuklären und sie über das mit einem Zuwarten verbundene zusätzliche Prozessrisiko zu belehren, was sie aber unterlassen habe.
Die Klagsforderung sei mit folgenden Teilforderungen berechtigt:
- Pflichtteil aus einem Viertel des Reinnachlasses von EUR 804.085,95: EUR 201.021,49
- Rückersatz der Pauschalgebühr und der bezahlten Honorare von insgesamt EUR 5.965,83.
Die Revision sei im Hinblick auf die dem Berufungsurteil zugrunde gelegte Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Dem von der Beklagten in ihrer außerordentlichen Revision gerügten sekundären Feststellungsmangel betreffend die Voraussetzungen der Pflichtteilsminderung nach § 773a Abs 1 ABGB stehen die Feststellungen entgegen, dass die Klägerin zu ihrem Vater ein familiäres Verhältnis pflegte, dass es bis zu seinem Tod regelmäßige Kontakte gab und dass die Klägerin ihren Vater auch im Krankenhaus besuchte. Es ist nicht richtig, dass sich das Erstgericht bei seinen Feststellungen lediglich einer substanzlosen Wiedergabe der verba legalia begnügt hätte. Die Frage der Beschaffenheit der beweismäßigen Grundlagen für diese Feststellungen sowie die Feststellungen über den wahrscheinlichen Ausgang eines - ohne Berücksichtigung des Einwandes der Verjährung - abgeführten Pflichtteilsprozesses, einer möglichen Erbunwürdigkeit der Klägerin und des Wertes der Liegenschaft betreffen die vor dem Obersten Gerichtshof nicht anfechtbare Beweiswürdigung.
Das Berufungsgericht hat den Nicht-Abzug der Schätzgebühren des im Verlassenschaftsverfahren beigezogenen Sachverständigen (EUR 16.178,35) damit begründet, dass diese schon als Passiva im Inventar berücksichtigt worden seien, und den Nicht-Abzug der Gebühren des Gerichtskommissärs (EUR 113.448,--) damit, dass die Beklagte diesen Betrag nicht einmal selbst im Vorprozess abgezogen habe; darüber hinaus habe sie im nunmehrigen Prozess die Höhe des Klagebegehrens nur dahin bestritten, dass die Aktiva und Passiva richtig ermittelt worden seien und keinerlei Grundlage bestanden hätte, von diesen Werten abzurücken. Die Gebühren des Gerichtskommissärs seien nicht (ausdrücklich) als pflichtteilsmindernd eingewandt worden. Ob das erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchs- oder Bestreitungsgrundlage ausreicht, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042828 [T9]).
Nach ganz herrschender Auffassung ist die Nachlasspflichtteilsforderung erst ab der „wirklichen Zuteilung" (§ 786 ABGB), das ist ab Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (8 Ob 518/83 = SZ 57/90 uva), zu verzinsen; bis zu diesem Zeitpunkt verdrängt der Anspruch auf Beteiligung an Wertsteigerungen und Verlusten einen Zinsenanspruch (Eccher in Schwimann, ABGB3 III § 786 Rz 2 mwN). Im vorliegenden Fall werden jedoch Zinsen aus einem Schadenersatzbetrag begehrt; dass solche jedenfalls ab Klagstag zustehen steht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (1 Ob 32/94 = RIS-Justiz RS0023392 [T6]). Die Ansicht der beklagten Partei, der Klägerin gar kein Zinsenschaden entstanden sei, lässt außer Betracht, dass es in Bezug auf die gesetzlichen Verzugszinsen
ab Fälligkeit keines Schadensnachweises bedarf (1 Ob 315/97y = SZ
71/56 = RIS-Justiz RS0030480 [T13]).
In Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht auch die Ansicht der Vorinstanzen, dass dann, wenn der Pflichtteil in Geld gefordert wird (und nicht die Ausfolgung des testamentarisch zugedachten Pflichtteils), die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB zur Anwendung kommt (RIS-Justiz RS0034375). Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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