OGH 10Ob24/05k

OGH10Ob24/05k28.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irene K*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Köffler und andere Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei L*****-Betriebsgesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch M.B.L.-HSG Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Klagenfurt, wegen EUR 18.567,38 s.A., infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2004, GZ 2 R 174/04g-48, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. August 2004, GZ 25 Cg 204/02t-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 749,70 (darin EUR 124,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

2. Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die weiteren Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 18. 7. 1950 geborene Klägerin litt bereits im Jahr 1998 unter Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, die vermehrt in das rechte Bein bis zur Wade ausstrahlten. Sie suchte aus diesem Grund die neurochirurgische Ambulanz des LKH K***** auf und wurde erstmals von 16. 10. 1999 bis 24. 10. 1999 stationär aufgenommen. Aufgrund der Diagnose Abnützungserscheinungen der Bandscheibe wurden konservative Therapieversuche in Form der Verabreichung von Infusionen und von rückenmarksnahen Infiltrationen unternommen, wodurch die Schmerzen aber nicht beseitigt wurden. Damals bestand bei der Klägerin eine höhergradige Bandscheibenvorwölbung, aber kein Bandscheibenvorfall. Die Bandscheibenvorwölbung führte zu einer Irritation der Nervenwurzel, sodass am 20. 10. 1999 als Erweiterung der erfolglos gebliebenen konservativen Therapie eine Bandscheibenabsaugung (Nucleotomie) vorgenommen wurde. Diese Operation musste jedoch aus anatomischen Gründen wegen eines zu hohen Beckenkammes abgebrochen werden. Im Zeitraum von 21. 10. 1999 bis 24. 10. 1999 wurde die Klägerin konservativ mit Medikamenten behandelt und schließlich am 24. 10. 1999 mit der Empfehlung, weitere ambulante Physiotherapien in Anspruch zu nehmen, aus dem Krankenhaus entlassen.

Da die Klägerin nach wie vor an Schmerzen litt und sich diese noch verstärkten, begab sie sich im Dezember 1999 neuerlich in die neurochirurgische Ambulanz des LKH K***** und wurde vom 6. 12. 1999 bis 20. 12. 1999 wiederum stationär aufgenommen. Bei diesem zweiten stationären Aufenthalt erfolgten ab dem 7. 12. 1999 zahlreiche Untersuchungen. Seitens der Ärzte wurde die Indikation zu einer Bandscheibenoperation gestellt. Beim Aufklärungsgespräch vor der Operation wurde die Klägerin über mögliche Komplikationen der Bandscheibenoperation aufgeklärt, insbesondere auch darüber, dass postoperativ möglicherweise eine Instabilität auftreten könnte. Als Alternative zu einer Bandscheibenoperation wurde bei dem Aufklärungsgespräch eine konservative Behandlung (wie zuvor durch Infiltration und Infusion) dargestellt. Über die Alternative einer sofortigen Versteifungsoperation wurde die Klägerin nicht aufgeklärt.

Die Bandscheibenoperation wurde am 13. 12. 1999 sorgfaltsgemäß durchgeführt. Eine postoperative Kernspintomographie zeigte einen regelrechten Befund. Am fünften postoperativen Tag wurde die Klägerin entlassen.

Als nach dem Abklingen der postoperativen Schmerzen bei der Klägerin ab Februar 2000 wiederum Schmerzen auftragen, die anfänglich im rechten Iliosacralgelenk lokalisiert waren, dann wieder an der gesamten Lendenwirbelsäule und im rechten Bein, später auch im linken Bein, suchte die Klägerin am 24. 2. 2000 die neurochirurgische Ambulanz auf, wo sie wiederum Infiltrationen bekam. Weitere Infiltrationen wurden am 6. 3. 2000, am 31. 5. 2000 sowie am 30. 6. 2000 vorgenommen. Ursache der Schmerzen war eine fortschreitende erosive Osteochondrose, die durch die Bandscheibenoperation nicht zum Stillstand gebracht werden konnte.

Eine Indikation zu einer Bandscheibenoperation ist immer nur dann gegeben, wenn nachweislich ein Bandscheibenvorfall besteht. Entsprechend den kernspintomographischen Befunden waren die Erfolgsaussichten der Operation vom 13. 12. 1999 von vornherein gering. Bestenfalls konnte eine vorübergehende Linderung erwartet werden. Ein sorgfaltsgemäß handelnder Durchschnittsarzt hätte bei den Befunden der Klägerin unter Aufklärung über die größeren Risiken und Spätfolgen die sofortige Vornahme einer Stabilisierungsoperation und die Erfolgsaussichten beider Operationen in Bezug auf Schmerzlinderung erörtert.

Die Klägerin wurde weder vor der Operation noch bei den ambulanten Behandlungen nach der Operation über die Möglichkeit einer Versteifungsoperation aufgeklärt. Bei entsprechender Aufklärung über die Möglichkeit einer Versteifungsoperation am 11. 12. 1999 hätte sie sich nicht für die am 13. 12. 1999 vorgenommene Operation entschieden, sondern sich trotz Belehrung über das höhere Operations- und Komplikationsrisiko und die mit einer Versteifungsoperation möglicherweise verbundenen Folgeschädigungen der sofortigen Vornahme der Versteifungsoperation unterzogen.

Nachdem die ambulanten Behandlungen weiterhin zu keiner Verbesserung der Schmerzen führten, suchte die Klägerin am 30. 9. 2000 Dr. C***** in der Privatklinik V***** auf. Dieser riet ihr zu einer Versteifungsoperation (Distraktionsspondylodese), die schlussendlich am 17. 2. 2001 in der Privatklinik durchgeführt wurde. Nach der Nahtentfernung trat eine Liquorfistel auf, weshalb die Klägerin am 27. 2. 2001 nochmals operiert werden musste.

Aufgrund der am 13. 12. 1999 vorgenommenen Operation litt die Klägerin im Zeitraum zwischen dieser Operation und der am 17. 2. 2001 vorgenommenen Operation einen Tag an starken, einen Tag an mittelstarken und drei Tage und drei Monate an leichten Schmerzen (komprimiert auf den 24-Stunden-Tag).

Seit der Operation in der Privatklinik V***** leidet die Klägerin zwar noch unter wechselnden Schmerzen an der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in das rechte Bein bis in die Kniekehle; phasenweise fühlt sie sich schon relativ gut und ist sogar schmerzfrei.

Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei mit der Behauptung, im LKH K***** sei insofern ein Behandlungsfehler unterlaufen, als nicht gleich eine Distraktionsspondylodese, sondern - ohne entsprechende Indikation - eine Bandscheibenoperation durchgeführt worden sei, Schmerzengeld in Höhe von (eingeschränkt) EUR 12.000,-- sowie den Ersatz der Kosten der Operation und des stationären Aufenthalts in der Privatklinik V***** von EUR 6.567,38. In der Streitverhandlung vom 17. 12. 2003 ergänzte bzw präzisierte die Klägerin ihr Vorbringen dahin, dass ihr ein Schmerzengeld für die Bandscheibenoperation vom 13. 12. 1999 und für die aus diesen Eingriffen resultierenden Schmerzen und Unlustgefühle gebühre, weiters für die krankheitsbedingten Schmerzen und Unlustgefühle, die dadurch aufgetreten seien, dass die Versteifungsoperation wegen der im LKH K***** unterbliebenen Aufklärung der Klägerin um gut ein Jahr verspätet durchgeführt worden sei. Für die Kosten der Operation und des stationären Aufenthalts in der Privatklinik V***** hafte die beklagte Partei, weil sich die Klägerin bei ausreichender Aufklärung im LKH K***** dafür entschieden hätte, dort eine Versteifungsoperation durchführen zu lassen. Diesfalls hätte die Sozialversicherung die (gesamten) Kosten getragen (AS 138).

Die beklagte Partei bestritt und wandte im Wesentlichen ein, dass die Operation im LKH K***** ausreichend indiziert gewesen und lege artis erfolgt sei. Eine Stabilisierungsoperation sei nicht indiziert, sondern sogar kontraindiziert gewesen. Die Kosten der Privatklinik V***** stünden in keinem Zusammenhang mit den Behandlungsmaßnahmen des LKH K***** und würden auch der Höhe nach bestritten. Der Aufenthalt in der Privatklinik V***** sei eine reine Privatsache gewesen. Versteifungsoperationen könnten - wenn indiziert - in jedem Krankenhaus durchgeführt werden, zumal sie zu den Standardeingriffen zählten.

Im Übrigen habe die Klägerin die ihr angeratenen ambulanten Physiotherapien nicht durchführen lassen, weshalb ein Mitverschuldenseinwand erhoben werde. Außerdem habe die Klägerin gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen, weil sie sich am 30. 6. 2000 nicht der ambulanten Untersuchung unterzogen habe, zu der sie aufgefordert worden sei.

Das Erstgericht sprach der Klägerin das begehrte Schmerzengeld von EUR 12.000,-- zu und wies das Begehren auf Ersatz der Kosten des Aufenthalts und der Behandlung in der Privatklinik V***** in Höhe von EUR 6.576,38 ab. Im LKH K***** sei keine sach- und fachgerechte Aufklärung vorgenommen worden, weil ihr die Alternative einer sofortigen Versteifungsoperation (die die Klägerin auch gewählt hätte, um eine längerfristige Linderung der Schmerzen zu erreichen) nicht dargelegt worden sei. Die beklagte Partei habe der Klägerin daher als Ersatz für die Schmerzen, die die Klägerin nicht erlitten hätte, wenn sofort eine Versteifungsoperation durchgeführt worden wäre, ein Schmerzengeld von EUR 12.000,-- zu leisten. Ein Mitverschulden der Klägerin liege nicht vor.

Der weiters begehrte Kostenersatz für den stationären Aufenthalt und die Operation in der Privatklinik V***** könne dagegen nicht zuerkannt werden, weil es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, die Versteifungsoperation als Routineoperation in einer öffentlichen Krankenanstalt durchführen zu lassen. Dass die Operation aus medizinischen Gründen in der Privatklinik ein günstigeres Ergebnis erbringen hätte können, sei weder behauptet worden noch lägen Anhaltspunkte dafür vor. Auch nach der sonstigen Lebenshaltung der Klägerin, die zuvor sämtliche Behandlungen im öffentlichen Krankenhaus vornehmen habe lassen, kämen die höheren Kosten einer privaten Behandlung nicht als ersatzfähig in Betracht. Die Klägerin habe daher durch das Aufsuchen einer privaten Anstalt gegen die Schadensminderung verstoßen, weshalb die dadurch verursachten Kosten nicht zu ersetzen seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung beider Parteien nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Bei Behandlung der Rechtsrüge der Klägerin führte es aus, dass es zwar richtig sein möge, dass der Klägerin bei ausreichender Aufklärung die Kosten der Privatklinik nicht entstanden wären (weil sie dann die Versteifungsoperation im LKH K***** durchführen hätten lassen); damit werde aber kein Anspruch auf Ersatz der Kosten begründet. Die beklagte Partei habe nämlich eingewendet, dass eine derartige Operation als Standardeingriff in jedem Krankenhaus durchgeführt werden hätte können. Eine konkrete Behauptung, aus welchen besonderen Gründen die weitere Behandlung in einer Privatklinik erfolgt sei, nicht aber in einem anderen öffentlichen Krankenhaus, habe die Klägerin nicht aufgestellt, weshalb das Erstgericht auch nicht verpflichtet gewesen sei, diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Der Umstand, dass die behandelnden Ärzte im LKH K***** eine Versteifungsoperation für kontraindiziert gehalten hätten, rechtfertige es nicht, die beklagte Partei mit den Mehrkosten der Behandlung in einer Privatklinik zu belasten, zumal nicht erkennbar sei, warum sich die Klägerin nicht zur weiteren Behandlung in ein anderes öffentliches Krankenhaus begeben habe. Warum die Behandlungsaussichten (Erfolg) in einer Privatklinik höher einzustufen gewesen wären als in einem anderen öffentlichen Krankenhaus sei gleichfalls nicht erkennbar. Dass dort etwa besondere Spezialisten tätig gewesen wären, sei nicht behauptet worden und auch nicht hervorgekommen. Nicht festgestellt sei, dass die Behandlung "in öffentlichen Krankenanstalten" erfolglos gewesen sei, sei doch die Klägerin zuvor nur im LKH K***** in Behandlung gewesen. Der Schluss des Erstgerichtes, die Behandlung in einer Privatklinik habe an sich nicht der sonstigen Lebenshaltung der Klägerin entsprochen, sei unter Rücksicht darauf, dass sich die Klägerin zunächst durch längere Zeit im LKH K***** behandeln habe lassen, nicht zu beanstanden.

Die ordentliche Revision sei zulässig, da eine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, ob man sich bereits dann, wenn eine Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus erfolglos gewesen sei, ohne Verletzung der Schadensminderungspflicht in einer Privatklinik behandeln lassen könne oder sich doch zunächst einer Behandlung in einem anderen öffentlichen Krankenhaus zu unterziehen habe.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien. In den Revisionsbeantwortungen wird jeweils beantragt, die gegnerische Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Revision der beklagten Partei:

Die Revision ist nicht zulässig. Die Rechtsfrage, deretwegen die ordentliche Revision vom Berufungsgericht zugelassen wurde, bezieht sich auf einen von den Vorinstanzen abgewiesenen Anspruchsteil. Inwieweit der Schmerzengeldzuspruch von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängen soll, ist nicht erkennbar und wird auch in der Revision nicht dargestellt. Eingangs ihrer Revision merkt die beklagte Partei bloß an, "dass der Revisionswerber gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur nicht bloß die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage, sondern unabhängig davon auch alle anderen Revisionsgründe geltend machen" könne. Soweit die beklagte Partei damit auf die vom Obersten Gerichtshof etwa in 9 ObA 331/99p = Arb 12.016 vertretene Ansicht Bezug nimmt, lässt sie außer Betracht, dass im vorliegenden Fall der Zuspruch des Schmerzengeldes schon nach Meinung des Berufungsgerichtes nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt.

Die Revision der beklagten Partei ist daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten der von der klagenden Partei erstatteten Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

2. Zur Revision der Klägerin:

Die Revision der Klägerin ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist auch im Sinne des Eventualantrages auf Aufhebung berechtigt.

Die Klägerin, die als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, sieht die Rechtsgrundlage des von ihr begehrten Zuspruches der Kosten des Aufenthalts und der Behandlung in der Privatklinik V***** darin, dass sie sich zunächst ohnehin in einem öffentlichen Krankenhaus, nämlich dem LKH K***** behandeln habe lassen; in private Behandlung habe sie sich erst begeben, nachdem die Behandlung im öffentlichen Krankenhaus durch mehr als acht Monate erfolglos geblieben und eine Operation vorgenommen worden sei, über deren nur kurzfristige Wirkung sie ebenso wenig aufgeklärt worden sei wie über die Möglichkeit einer Versteifungsoperation, die eine nachhaltige Besserung erwarten hätte lassen. Einem Patienten sei es nicht zumutbar, im Fall des Unterbleibens einer zweckentsprechenden Behandlung im zentralen Landeskrankenhaus eines Bundeslandes eines der anderen öffentlichen Krankenhäuser im Lande (die überwiegend auch von der beklagten Partei betrieben würden) mit dem Verlangen aufzusuchen, eine vom zentralen Landeskrankenhaus als kontraindiziert beurteilte Operation durchzuführen, weil in einer Privatklinik dazu geraten worden sei. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn die Entscheidungsmöglichkeit des Patienten durch schwere Schmerzen beeinträchtigt sei. Es sei auch unzutreffend, dass die Behandlung in einer Privatklinik nicht der sonstigen Lebenshaltung der Klägerin entspreche. Ein Patient, der durch mehr als acht Monate im öffentlichen Krankenhaus erfolglos behandelt worden sei und dem dabei eine mögliche Erfolg versprechende Behandlung nicht angeboten worden sei, werde, um eine Beseitigung bzw Linderung seines schmerzhaften Zustandes zu erlangen, auch Kosten aufwenden, die er unter gewöhnlichen Umständen nicht aufwenden würde. Die erfolglose Behandlung und die Schmerzen seien außergewöhnliche Umstände, die die Klägerin zur privaten Behandlung veranlasst hätten, auch wenn diese ihrer sonstigen Lebenshaltung nicht entsprochen haben möge.

Dazu hat der Senat erwogen:

Nach Rechtsprechung und Lehre gehört zu den zu ersetzenden Heilungskosten jeder Aufwand, der zweckmäßig zur gänzlichen oder teilweisen Heilung erforderlich ist (ZVR 1984/303; Reischauer in Rummel3 § 1325 Rz 14; Harrer in Schwimann, ABGB2 VII § 1325 Rz 6).

Zur Frage der Ersatzfähigkeit der Kosten einer höheren Gebührenklasse des Krankenhauses oder der Kosten einer privaten Krankenbehandlung hat die Rechtsprechung bisher ausgeführt, dass solche dann zu ersetzen sind, wenn dies der sonstigen Lebenshaltung des Verletzten, dh „seinen Verhältnissen" entspricht (ZVR 1970/248; ZVR 1973/134; ZVR 2001/26; RIS-Justiz RS0030610 [T5]). Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen werden von der Rechtsprechung recht strenge Maßstäbe angelegt (Harrer in Schwimann aaO § 1325 Rz 7; im Ergebnis ebenso Rixecker in Geigel, Der Haftpflichtprozess24 [2004] 59, und Dressler in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht15 1130). Huber (Fragen der Schadensberechnung2 [1995] 285) sieht als maßgeblich an, ob der Aufenthalt in einer gehobenen Pflegeklasse erforderlich ist, um für den Verletzten möglichst den Lebenszuschnitt herzustellen, den er ohne Verletzung hätte, um so die im Schadenersatzrecht im Vordergrund stehende Naturalrestitution der (völligen) Heilung bestmöglich zu verwirklichen.

Unabhängig von der Lebenshaltung sind die Kosten privater Behandlung zu ersetzen, wenn entweder die Maßnahmen vom medizinischen Standpunkt aus gesehen notwendig erscheinen oder wenigstens ein günstigeres Behandlungsergebnis erwarten lassen (2 Ob 284/01f = ZVR 2004/38 mwN; Reischauer in Rummel3 § 1325 Rz 15). Die Rechtsprechung räumt dem Geschädigten insbesondere auch ein, eine schwierige Operation von einem Arzt seines Vertrauens durchführen zu lassen, bei dem er wegen dessen Kenntnissen und Erfahrung auf einen optimalen Erfolg vertrauen kann (ZVR 1984/303 mwN).

Zutreffend hat das OLG Innsbruck ausgesprochen, dass die Inanspruchnahme von Privatärzten unabhängig vom Lebensstandard des Geschädigten gerechtfertigt ist, wenn eine Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus zu keiner Besserung der Beschwerden führt; es sei dann verständlich und auch objektiv zweckmäßig, dass sich der Verletzte an einen Privatarzt, insbesondere einen Spezialisten wende. Wenn sich dann zudem zeige, dass dieser die treffendere Diagnose stellt und die entsprechende Behandlung erfolgreich vornehme, werde mit der Inanspruchnahme des Privatarztes die Schadensminderungspflicht nicht verletzt (ZVR 1999/27).

Diese Ansicht findet eine Parallele im Sozialrecht bei der Honorierung von vergleichsweise teureren Therapiemethoden: Bei Vorliegen mehrerer Therapiemethoden ist vom Krankenversicherungsträger nach erfolgloser Durchführung einer zumutbaren schulmedizinischen Methode die Durchführung einer anerkannten kostenaufwändigeren Behandlungsmethode zu honorieren, sofern die Behandlung erfolgreich war oder sich als Erfolg versprechend darstellt (10 ObS 103/93 = SZ 67/34; 10 ObS 20/95 = SZ 69/87; Vogel, Medikation mit Außenseitermethoden - eine Kostenfrage? RdM 1994, 108 ff).

Unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des konkreten Falls (ZVR 1977/226; RIS-Justiz RS0030610; Harrer in Schwimann aaO § 1325 Rz 7) ist es demnach gerechtfertigt, dass die beklagte Partei der Klägerin auch die Kosten des Aufenthalts und der Behandlung in der Privatklinik zu ersetzen hat. Zu dem Umstand, dass die Klägerin im LKH K***** eine nicht der objektiven Sorgfalt entsprechende operative Behandlung erfuhr, die nicht zu dem angestrebten Ziel beitrug, die dauernden Schmerzen zu lindern, und sie vorerst weiterhin durch längere Zeit diese Krankenanstalt zu Therapiezwecken aufsuchte, kommt hinzu, dass es sich beim LKH K***** um das zentrale LKH eines Bundeslandes handelt, sodass es der Klägerin keineswegs zumutbar war, ein anderes (kleineres) öffentliches Krankenhaus in ihrem Heimatbundesland aufzusuchen, um dort die objektiv fehlerhafte Behandlung „korrigieren" zu lassen.

Die beklagte Partei hat das den Ersatz der Kosten für den Aufenthalt und für die Behandlung in der Privatklinik betreffende Begehren der Klägerin im Verfahren erster Instanz sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bestritten (AS 14, 20). Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht haben die Vorinstanzen keine Feststellungen dazu getroffen, welche Kosten der Klägerin entstanden sind. Dies ist im fortgesetzten Verfahren nachzuholen.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der weiteren Kosten des Rechtsmittelverfahrens (soweit sie über die Kosten der von der klagenden Partei erstatteten Revisionsbeantwortung hinausgehen) beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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