LVwG Kärnten KLVwG-1204/4/2023

LVwG KärntenKLVwG-1204/4/202310.8.2023

B-VG Art89 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art135 Abs4
B-VG Art139 Abs1
VwGVG 2014 §3 Abs1
WolfV Krnt 2023

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGKA:2023:KLVwG.1204.4.2023

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Kärnten fasst durch seine Richterin xxx über die Beschwerde des xxx, xxx,xxx, gegen die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2023, Zahl: 10-JAG-2859/2-2022, LGBl. Nr. 6/2023, mit der die Verordnung der Landesregierung betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Wolf (Canis lupus), LGBl. Nr. 8/2022, geändert wurde, den

 

B E S C H L U S S :

 

I. Die Beschwerde wird als unzulässig

 

z u r ü c k g e w i e s e n .

 

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG

 

u n z u l ä s s i g .

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Festgestellter Sachverhalt:

1. Mit Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2023, Zahl: 10‑JAG‑2859/2-2022, LGBl. Nr. 6/2023, wurde die Verordnung der Landesregierung betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Wolf (Canis lupus), LGBl. Nr. 8/2022, geändert.

Am 25. Jänner 2023 erfolgte die Kundmachung der oben angeführten Verordnung im Landesgesetzblatt für Kärnten.

 

2. Am 30.06.2023 wurde die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2023, Zahl: Ra 2021/10/0162, 0163-7, veröffentlicht. Es handelt sich um die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Niederösterreichischen Fischotterverordnung vom 26. November 2019 der Niederösterreichischen Landesregierung als belangte Behörde nach Antrag von zwei Umweltorganisationen, die Verordnung „auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 16 FFH-RL zu überprüfen und die Verordnung aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit Art. 16 FFH-RL ersatzlos aufzuheben“, in eventu mittels Bescheides über Zulässigkeit und Begründetheit des vorliegenden Antrages abzusprechen.

 

Im Ergebnis stellte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine bisherige diesbezügliche Rechtsprechung fest, dass anerkannten Umweltorganisationen aufgrund des Art. 6 des Übereinkommens von Aarhus in Verbindung mit Art 47 GRC, soweit der Schutz von Normen des Unionsumweltrechts auf dem Spiel steht, grundsätzlich ein Recht auf Teilnahme (bereits) am behördlichen Verfahren zusteht.

 

Des Weiteren stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass der an die Behörde gestellte verfahrenseinleitende Antrag auf inhaltliche Überprüfung der geltenden Verordnung anhand der Vorgaben des Unionsumweltrechts, namentlich der FFH-RL, durch die belangte Behörde abzielte. Die belangte Behörde, das ist in diesem Fall die Niederösterreichische Landesregierung, ist laut VwGH zufolge der Verordnungsermächtigung des § 20 Abs. 6 NÖ NSchG 2000 zur jederzeitigen Abänderung oder Aufhebung der NÖ Fischotter-Verordnung befugt (für das Verwaltungsgericht hingegen gilt Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 1 B-VG).

 

Daher erwies sich fallbezogen die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages als inhaltlich rechtswidrig.

 

3. Mit Schriftsatz vom 13.07.2023 erhob der xxx beim Landesverwaltungsgericht Kärnten Beschwerde samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2023, Zahl: 10‑JAG‑2859/2-2022, LGBl. Nr. 6/2023, und regte eine amtswegige Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof an.

 

4. Am 26.07.2023 legte die Kärntner Landesregierung die Beschwerde und den Verwaltungsakt betreffend die in Beschwerde gezogene Verordnung dem Landesverwaltungsgericht Kärnten vor und beantragte - unter Hinweis darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.06.2023, Ra 2021/10/0162, 0163‑7, den Rechtsschutzweg für anerkannte Umweltorganisationen betreffend umweltrelevante Verordnungen eindeutig aufgezeigt habe, - sowohl die Beschwerde als auch den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

II. Rechtsgrundlagen:

 

Art. 89 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013

 

(1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen, Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), Gesetze und Staatsverträge steht, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, den ordentlichen Gerichten nicht zu.

[…]

 

 

Art. 135 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 zuletzt geändert durch

BGBl. I Nr. 51/2012

 

[…]

(4) Art. 89 ist auf die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof sinngemäß anzuwenden.

 

Art. 130 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 zuletzt geändert durch

BGBl. I Nr. 14/2019

(1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

[…]

 

Art. 139 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 zuletzt geändert durch

BGBl. I Nr. 114/2013

 

(1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen

1. auf Antrag eines Gerichtes;

2. von Amts wegen, wenn er die Verordnung in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte;

3. auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist;

4. auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels;

5. einer Bundesbehörde auch auf Antrag einer Landesregierung oder der Volksanwaltschaft;

6. einer Landesbehörde auch auf Antrag der Bundesregierung oder, wenn landesverfassungsgesetzlich die Volksanwaltschaft auch für den Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes für zuständig erklärt wurde, der Volksanwaltschaft oder einer Einrichtung gemäß Art. 148i Abs. 2;

7. einer Aufsichtsbehörde nach Art. 119a Abs. 6 auch auf Antrag der Gemeinde, deren Verordnung aufgehoben wurde.

Auf Anträge gemäß Z 3 und 4 ist Art. 89 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden.

[…]

 

§ 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017

 

(1) Sofern die Rechtssache nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehört, ist in Rechtssachen in den Angelegenheiten, in denen die Vollziehung Landessache ist, das Verwaltungsgericht im Land zuständig.

[…]

 

§ 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018

 

(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

 

 

III. Rechtliche Würdigung:

 

Im Gegenstand wurde von einer anerkannten Umweltorganisation Beschwerde gegen eine Verordnung der Kärntner Landesregierung erhoben.

 

Die Beschwerde ist jedoch aus folgenden Gründen unzulässig:

 

Die Landesverwaltungsgerichte sind in jenen Rechtssachen zuständig, die in die Landesvollziehung fallen. Zunächst hat es das Verwaltungsgericht auch zu prüfen, ob es für die Vornahme der Amtshandlung sachlich zuständig ist. Die Beschwerde ist als ordentliches Rechtmittel gegen Bescheide zu sehen (Bescheidbeschwerde), wobei die Beschwerde schriftlich, und zwar bei der belangten Behörde, einzubringen ist. Die Beurteilung, ob einer konkreten Erledigung Bescheidqualität zu kommt, ist regelmäßig das Ergebnis einer alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Analyse (VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060).

 

Richtet sich die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegen eine Erledigung, der keine Bescheidqualität zukommt, so ist sie mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (VfGH 27.11.2013, B 1129/2013; VwGH 10.12.2008, 2008/22/0302). In einem solchen Fall fehlt dem Verwaltungsgericht für einen meritorischen Abspruch über die Beschwerde die Zuständigkeit.

 

Das Verwaltungsgericht überschreitet nämlich seine Zuständigkeit, wenn es über eine Beschwerde meritorisch entschieden hat, anstatt sie wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes (weil kein Bescheid) zurückzuweisen (in diesem Sinne VwGH 30.08.2007, 2006/19/0480).

 

Grundsätzlich steht die Prüfung einer Verordnung in dem durch das B-VG vorgesehenen Rechtsquellensystem ausschließlich dem VfGH im Verfahren nach Art. 139 B-VG zu (VfGH vom 24.11.2017, E 3218/2016; VfGH vom 05.12.2022, V 2022/2022).

 

Die Entscheidung zur Niederösterreichischen Fischotter-Verordnung hingegen besagt, dass der Niederösterreichischen Landesregierung als verordnungserlassender Behörde die Kompetenz auf Prüfung und Änderung eben dieser Verordnung zukommt. Für Gerichte und Verwaltungsgerichte gilt jedoch Art. 135 iVm Art. 89 Abs. 1 B-VG.

 

Da im Ergebnis zufolge der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur NÖ Fischotterverordnung dem angerufenen Verwaltungsgericht im Gegensatz zur Behörde, die die Verordnung erlassen hat, keine Kompetenz zur Änderung oder Aufhebung der Wolfsverordnung zukommt, kann auch nicht über den in der Beschwerde vom 13. Juli 2023 gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung inhaltlich entschieden werden und gilt dieser mit der gegenständlichen zurückweisenden Entscheidung auch als zurückgewiesen.

 

Das Gleiche gilt auch für die Anregung auf amtswegige Verordnungsprüfung, zumal die Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2023, Zahl: 10‑JAG‑2859/2-2022, LGBl. Nr. 6/2023, für die gegenständliche Formalentscheidung weder unmittelbar anzuwenden war noch die Gesetzmäßigkeit der Verordnung eine Vorfrage für die anhängige Rechtssache darstellte.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer entsprechenden Rechtsprechung, zumal der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung zur NÖ Fischotterverordnung vom 13. Juni 2023, Zl. Ra 2021/10/0162, 0163-7, den Rechtsschutzweg für anerkannte Umweltorganisationen betreffend umweltrelevante Verordnungen eindeutig aufgezeigt hat.

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