BVwG W603 2297564-1

BVwGW603 2297564-11.10.2024

B-VG Art133 Abs4
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §1
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §10 Abs1
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §12 Abs2 Z2
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §12 Abs3
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §17 Abs4
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §2 Z1
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §21 Abs1
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §21 Abs1a
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §3 Abs1
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §3 Abs2
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §7
ORF-Beitrags-Gesetz 2024 §8 Abs1
ORF-G §1 Abs1
ORF-G §1 Abs2
ORF-G §31 Abs1
ORF-G §31 Abs17
ORF-G §31 Abs19
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W603.2297564.1.00

 

Spruch:

 

W603 2297564-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MIKULA, MBA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom XXXX 2024, Beitragsnummer: XXXX , zu Recht:

 

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Leistungsfrist vier Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses beträgt.

 

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

XXXX (im Folgenden: „beschwerdeführende Partei“) beantragte mit eingeschriebenem Brief vom XXXX 2024, eingelangt bei der ORF-Beitrags Service GmbH (im Folgenden: „belangte Behörde“) am XXXX 2024, die bescheidmäßige Festsetzung des ORF-Beitrags.

Die belangte Behörde übermittelte der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom XXXX 2024 das vorläufige Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens mit einer zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme.

Am XXXX 2024 langte ein Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom XXXX 2024 bei der belangten Behörde ein, in der die beschwerdeführende Partei erneut die Erlassung eines Bescheides über die Festsetzung des ORF-Beitrages beantragte.

Mit einem weiteren Schreiben vom XXXX 2024, eingelangt bei der belangten Behörde am XXXX 2024, nahm die beschwerdeführende Partei zum vorläufigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erneut Stellung.

Mit Zahlungsaufforderung vom XXXX 2024 forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei zur Zahlung des ORF-Beitrags für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2024 iHv 183,60 € bis 17.06.2024 auf.

Mit Bescheid vom XXXX 2024 schrieb die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2024 die Zahlung eines ORF-Beitrags iHv EUR 183,60 zur Zahlung vor, wobei keine Leistungsfrist gesetzt wurde. Der Bescheid der belangten Behörde wurde der beschwerdeführenden Partei am XXXX 2024 zugestellt.

Die beschwerdeführende Partei erhob am XXXX .2024, bei der Behörde eingelangt am XXXX .2024, fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid. Die beschwerdeführende Partei bezeichnet den angefochtenen Bescheid als Beschwerdegegenstand (Punkt 1. der Beschwerde), fasst den zugrundeliegenden Sachverhalt zusammen (Punkt 2.), nennt „Beschwerdepunkte“ und führt zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde (Punkt 3.) sowie zu den Beschwerdegründen (Punkt 4.) aus, wobei sie sowohl die Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides rügt. Zudem rügt die beschwerdeführende Partei vermutete Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeiten des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden ORF-Beitrags-Gesetzes 2024. Die beschwerdeführende Partei beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden, den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren einstellen, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die zuständige Behörde zurückverweisen, eine mündliche Verhandlung anberaumen und „gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Gesetzesprüfung hinsichtlich des ORF-Beitrags- Gesetzes und Aufhebung des genannten Gesetzes zur Gänze als gesetz- und verfassungswidrig stellen.“

Die belangte Behörde legte die Beschwerde zusammen mit dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom XXXX .2024, eingelangt am selben Tag, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die beschwerdeführende Partei ist volljährig und hat ihren Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister seit XXXX aufrecht an der Adresse XXXX gemeldet. Für diese Adresse wurde durch die beschwerdeführende Partei oder andere Hauptwohnsitzgemeldete bislang kein ORF-Beitrag für das Jahr 2024 entrichtet. Ein SEPA –Lastschriftmandat wurde nicht erteilt.

Die beschwerdeführende Partei wurde von der belangten Behörde mit Zahlungsaufforderung vom XXXX 2024 aufgefordert, den ORF-Beitrag für Jänner bis Dezember 2024 iHv 183, 60 € mit einer Zahlungsfrist bis 17.06.2024 zu bezahlen. Die beschwerdeführende Partei hatte bereits mit Schreiben vom XXXX 2024, sowie erneut mit Schreiben vom XXXX 2024 gegenüber der belangten Behörde die bescheidmäßige Festsetzung des ORF-Beitrags beantragt.

Diesem Antrag kam die belangte Behörde – nach Übermittlung des vorläufigen Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom XXXX 2024 und Stellungnahmen der beschwerdeführenden Partei vom XXXX 2024 und vom XXXX 2024 – mit dem angefochtenen Bescheid nach und schrieb der beschwerdeführenden Partei für den Zeitraum von 01.01.2024 bis 31.12.2024 den ORF-Beitrag iHv EUR 183,60 unter Angabe einer Fälligkeit per 17.06.2024 ohne Leistungsfrist zur Zahlung vor. Der Bescheid wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am XXXX .2024 mit Beginn der Abholfrist am XXXX 2024 hinterlegt.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf die vom Bundesverwaltungsgericht nachgeprüften und für zutreffend befundenen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid. Die Feststellungen werden auch von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A)

3.1.1. Rechtslage

Das Bundesgesetz über die Erhebung eines ORF-Beitrags 2024 – ORF-Beitrags-Gesetz 2024, BGBl. I Nr. 112/2023, lautet auszugsweise:„Gegenstand und Zweck

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt die Voraussetzungen und die Erhebung des ORF-Beitrags.“„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes gilt als

1. Hauptwohnsitz: jene Unterkunft, die gemäß § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes 1991 – MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992 im Zentralen Melderegister (ZMR) als Hauptwohnsitz eingetragen ist;[…]“

„Beitragspflicht im privaten Bereich

§ 3. (1) Für jede im Inland gelegene Adresse, an der zumindest eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz (§ 2 Z 1) im Zentralen Melderegister eingetragen ist, ist der ORF-Beitrag für jeden Kalendermonat zu entrichten.

(2) Beitragsschuldner ist die im Zentralen Melderegister mit Hauptwohnsitz eingetragene Person. Sind an einer Adresse mehrere Personen mit Hauptwohnsitz eingetragen, so sind diese Personen Gesamtschuldner im Sinne des § 6 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961. Der ORF-Beitrag ist von den Gesamtschuldnern nur einmal zu entrichten.

[…]“

„Höhe des ORF-Beitrags

§ 7. Die Höhe des ORF-Beitrags wird nach dem in § 31 des ORF-Gesetzes (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984, festgelegten Verfahren festgesetzt.“

„Beginn und Ende der Beitragspflicht

§ 8. (1) Die Beitragspflicht im privaten Bereich beginnt am Ersten des Folgemonats, in dem der Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister angemeldet wurde und endet mit Ablauf des Monats, in dem der Hauptwohnsitz abgemeldet wurde.

[…]“

„ORF-Beitrags Service GmbH

§ 10. (1) Die Erhebung des ORF-Beitrags sowie sonstiger damit verbundener Abgaben, die Ermittlung aller Beitragsschuldner sowie die Entscheidung über die Befreiung von der Beitragspflicht obliegt der „ORF-Beitrags Service GmbH“ (Gesellschaft) als mit behördlichen Aufgaben beliehenes Unternehmen.

[…]“

„Allgemeine Verfahrensbestimmungen

§ 12. […]

(2) Die Festsetzung des ORF-Beitrags kann mittels Zahlungsaufforderung erfolgen. In diesem Fall ist ein Bescheid über die Festsetzung der Beiträge nur zu erlassen, wenn

1. die festgesetzten Beiträge nicht zur Gänze fristgerecht entrichtet werden oder

2. der Beitragsschuldner einen Bescheid verlangt.

Die mit Zahlungsaufforderung festgesetzten Beiträge sind binnen 14 Tagen ab Zustellung der Zahlungsaufforderung fällig. Die mit Bescheid festgesetzten Beiträge haben den Fälligkeitstag, der sich aus der Zahlungsaufforderung ergibt. Die Gesellschaft ist im Fall der Z 1 auch zur Ausstellung von Rückstandsausweisen im Sinne des § 17 berechtigt.

(3) Gegen von der Gesellschaft nach diesem Bundesgesetz erlassene Bescheide kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Soweit in Bundesgesetzen der Gesellschaft in erster Instanz Aufgaben und Befugnisse zugewiesen sind, stehen diese auch dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu.“

„Einbringung von Beiträgen

§ 17. (1) Rückständige Beiträge und sonstige damit verbundene Abgaben sind im Verwaltungsweg hereinzubringen. […]

[…]

(4) Die Beiträge sind innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Zahlungsaufforderung durch die Gesellschaft für das laufende Kalenderjahr einmal jährlich zu entrichten.

(5) Die Entrichtung der Beiträge mittels SEPA-Lastschriftmandat ist zulässig. Erfolgt die Entrichtung der Beiträge mittels SEPA-Lastschriftmandat hat die Gesellschaft im privaten Bereich auf Antrag die Entrichtung der Beiträge abweichend von Abs. 4 alle zwei oder sechs Monate zu gewähren.

[…]“

„Übergangsbestimmungen

§ 21. (1) Die Firma der GIS Gebühren Info Service GmbH ist mit Wirkung zum 1. Jänner 2024 in ORF-Beitrags Service GmbH zu ändern. Die Änderung der Firma ist in einer unverzüglich nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes abzuhaltenden Generalversammlung zu beschließen.

(1a) Wer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes als Rundfunkteilnehmer im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes (RGG), BGBl. I Nr. 159/1999, mit seinem Hauptwohnsitz bei der Gesellschaft erfasst ist und nicht nach § 3 Abs. 5 RGG von den Rundfunkgebühren mit Bescheid befreit worden ist, gilt als Beitragsschuldner nach § 3 dieses Bundesgesetzes. In diesem Fall besteht keine Anmeldepflicht nach § 9 dieses Bundesgesetzes. Sind für eine Adresse zwei oder mehr Personen als Rundfunkteilnehmer nach dem RGG erfasst, besteht die Beitragspflicht nach § 3 dieses Bundesgesetzes nur einmal.

(2) Beitragsschuldner nach Abs. 1a haben ab Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes den ORF-Beitrag nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu entrichten. Für den Einzug der Rundfunkgebühren der Gesellschaft erteilte SEPA-Lastschriftmandate gelten als für den Einzug des ORF-Beitrags nach diesem Bundesgesetz erteilt. Für die Entrichtung der Rundfunkgebühren mit der Gesellschaft vereinbarte Zahlungsfristen gelten als für die Erhebung des ORF-Beitrags nach diesem Bundesgesetz erteilt. Mit Ablauf des 31. Dezember 2025 gilt auch in diesen Fällen die Zahlungsfrist nach § 17 Abs. 4, sofern die Entrichtung der Beiträge nicht mittels SEPA-Lastschriftmandat erfolgt.

(3) Wer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes Beitragsschuldner nach § 3 ist und nicht als Rundfunkteilnehmer nach dem RGG bei der Gesellschaft erfasst ist, hat der Gesellschaft bis spätestens 30. November 2023 unter Verwendung des von der Gesellschaft dafür bereitgestellten Formulars die Meldung nach § 9 zu erstatten. Die Beiträge für das Jahr 2024 sind im privaten Bereich binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung durch die Gesellschaft zu entrichten, sofern die Gesellschaft nicht die Entrichtung der Beiträge alle zwei oder sechs Monate gewährt hat.

[…]“

„Inkrafttreten

§ 22. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der §§ 1, 2, 4a, 5, 6, 9, 13, 14a, 15, 16, 18, 19, 20 sowie 21 Abs. 1 bis 5 und 9 mit 1. Jänner 2024 in Kraft.

(2) Die §§ 1, 2, 4a, 9, 13, 14a, 18, 19, 20 sowie 21 Abs. 1 bis 5 und 9 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2023 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.

[…]“

Das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk – ORF-G, BGBl. Nr. 379/1984 idgF, lautet auszugsweise:

„Stiftung „Österreichischer Rundfunk“

§ 1. (1) Mit diesem Bundesgesetz wird eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung „Österreichischer Rundfunk“ eingerichtet. Die Stiftung hat ihren Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit.

(2) Zweck der Stiftung ist die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des Österreichischen Rundfunks im Rahmen des Unternehmensgegenstandes (§ 2). Der öffentlich-rechtliche Auftrag umfasst die Aufträge der §§ 3 bis 5.

[…]“

„Nettokosten und ORF-Beitrag

§ 31. (1) Zur Finanzierung der dem Österreichischen Rundfunk für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags entstehenden Nettokosten dient der nach den Vorgaben der folgenden Bestimmungen zu bemessende Finanzierungsbeitrag (ORF-Beitrag). Die Höhe dieses Beitrags wird auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festgelegt. Der Generaldirektor hat einen Antrag auf Neufestlegung des Beitrags nach Maßgabe der wirtschaftlichen Erfordernisse zu stellen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren ab dem letzten Antrag.

[…]

(17) Der ORF-Beitrag ist nach dem ORF-Beitrags-Gesetz 2024, BGBl. I Nr. 112/2023, einzuheben, wobei sich auch die Befreiung von der Beitragspflicht nach dessen Bestimmungen richtet.

[…]

(19) In den Jahren 2024 bis 2026 darf vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen

1. die Gesamtsumme der dem Österreichischen Rundfunk zur Verfügung stehenden Mittel aus ORF-Beiträgen den Betrag von 710 Mio. Euro und

2. die Höhe des ORF-Beitrags den Betrag von monatlich 15,3 Euro

nicht übersteigen.

(20) Übersteigen die Einnahmen aus den ORF-Beiträgen in den Jahren 2024 bis 2026 den Betrag von 710 Mio. Euro, so sind diese Mittel, mit Ausnahme des nachfolgend geregelten Falls, vollumfänglich der Widmungsrücklage (§ 39 Abs. 2) nach Maßgabe der Begrenzung in § 39 Abs. 2a erster und zweiter Satz zuzuführen. Der über diese Begrenzung hinausgehende Einnahmenbetrag ist dem Sperrkonto gemäß § 39c zuzuführen und dort gesondert auszuweisen. Zudem hat die Prüfungskommission im Zuge der Jahresprüfung festzustellen, ob die Höhe des ORF-Beitrags dem tatsächlichen Finanzbedarf des Österreichischen Rundfunks entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist der ORF-Beitrag in dem nach den Abs. 1 bis 6, 8 und 9 vorgesehenen Verfahren unverzüglich neu festzulegen.

(21) Für den Fall, dass einerseits die Einnahmen aus den ORF-Beiträgen den Betrag von 710 Mio. Euro übersteigen, andererseits aber selbst unter Zugrundelegung einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung eine Steigerung der Nettokosten über den Betrag von 710 Mio. Euro aufgrund unerwarteter gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen unvermeidlich ist, ist der übersteigende Betrag nur insoweit der Widmungsrücklage zuzuführen, als er nicht zur Abdeckung dieser unvermeidbaren Preis- und Kostensteigerungen verwendet wird. Tritt dieser Fall ein, so ist die Regulierungsbehörde und die Prüfungskommission unverzüglich vorab in Kenntnis zu setzen. Gelangt die Regulierungsbehörde nach Befassung der Prüfungskommission zur Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Verwendung zur Abdeckung der Steigerungen nicht vorliegen oder geringere als die vom Österreichischen Rundfunk veranschlagten Mittel zur Abdeckung erforderlich sind, so hat sie dies mit Bescheid festzustellen und dem Österreichischen Rundfunk aufzutragen, diese Mittel der Widmungsrücklage zuzuführen.

(22) Ist unter Bedachtnahme auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, insbes. aufgrund von Preis- oder Kostensteigerungen unter Zugrundelegung der erforderlichen sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung (Abs. 2) zu erwarten, dass die Einnahmen aus dem ORF-Beitrag – selbst unter Einbeziehung der in der Widmungsrücklage (§ 39 Abs. 2) und aller auf dem Sperrkonto vorhandenen Mittel (Abs. 5) – nicht ausreichen, um die voraussichtlichen Nettokosten (Abs. 3) bis einschließlich des Jahres 2026 abzudecken, so hat der Generaldirektor unverzüglich die Regulierungsbehörde davon in Kenntnis zu setzen, die ihrerseits die Prüfungskommission mit der Prüfung zu beauftragen hat. Bestätigt die Prüfungskommission die Auffassung des Österreichischen Rundfunks, so ist das in Abs. 1 bis 6, 8 und 9 vorgesehene Verfahren mit einem Antrag auf Neufestlegung einzuleiten.“

„In-Kraft-Treten

§ 49. […]

(22) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2023 treten in Kraft:

[…]

2. […] § 31 samt Überschrift, […] mit 1. Jänner 2024 und

[…]“.

3.1.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

Gegen von der ORF-Beitrags Service GmbH nach dem ORF-Beitrags-Gesetz 2024 erlassene Bescheide kann gemäß § 12 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Zur Erledigung der vorliegenden Beschwerde ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einer diesbezüglichen Bestimmung im Materiengesetz liegt im gegenständlichen Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.3. Rechtzeitigkeit und Inhalt der Beschwerde

Der Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am XXXX .2024 zugestellt und am XXXX 2024 mittels Beschwerde angefochten. Die Beschwerde ist somit rechtzeitig erhoben worden.

Die Beschwerde enthält auch alle gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG erforderlichen Inhalte.

3.1.4. ALLGEMEINES ZUM ORF-BEITRAG (IM PRIVATEN BEREICH)

Gemäß § 31 Abs. 1 ORF-G dient der ORF-Beitrag der Finanzierung der dem ORF für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages (§§ 3 bis 5 ORF-G) entstehenden Nettokosten. Der ORF-Beitrag ist nach dem ORF-Beitrags-Gesetz 2024 einzuheben (§ 31 Abs. 17 ORF-G, § 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024).

Das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 sieht unter anderem eine – fallgegenständlich relevante – Beitragspflicht im privaten Bereich vor. Gemäß § 3 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ist der ORF-Beitrag für jede im Inland gelegene Adresse, an der zumindest eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister eingetragen ist, für jeden Kalendermonat zu entrichten. Beitragsschuldner ist nach § 3 Abs. 2 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 die im Zentralen Melderegister mit Hauptwohnsitz eingetragene Person. Mehrere Personen, die an einer Adresse ihren Hauptwohnsitz gemeldet haben, sind Gesamtschuldner iSd § 6 der Bundesabgabenordnung. Somit ist der ORF-Beitrag für diese Adresse nur einmal zu leisten.

Die Beitragspflicht im privaten Bereich beginnt gemäß § 8 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 am Ersten des Folgemonats, in dem der Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister angemeldet wurde, frühestens aber mit 01.01.2024 (Inkrafttreten des ORG-Beitrags Gesetzes 2024), und endet mit Ablauf des Monats, in dem der Hauptwohnsitz abgemeldet wurde.

Gemäß § 10 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 erfolgt die Erhebung des ORF-Beitrags durch die belangte Behörde, die ORF-Beitrags Service GmbH als mit behördlichen Aufgaben beliehenes Unternehmen.

Die belangte Behörde hat einen Bescheid über die Festsetzung des ORF-Beitrags zu erlassen, wenn der Beitrag nicht zur Gänze fristgerecht entrichtet wird oder – wie fallgegenständlich – der Beitragsschuldner einen Bescheid beantragt.

Gemäß § 17 Abs. 4 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ist der ORF-Beitrag für das laufende Kalenderjahr einmal jährlich zu entrichten. Erfolgt eine Entrichtung des ORF-Beitrags mittels SEPA-Lastschriftmandats, hat die belangte Behörde gemäß § 17 Abs. 5 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 im privaten Bereich auf Antrag die Entrichtung der Beiträge abweichend von § 17 Abs. 4 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 alle zwei oder sechs Monate zu gewähren.

Nach der zum Rundfunkgebührengesetz (RGG) ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 03.04.2019, Ro 2017/15/0046), die nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 übertragbar ist, besteht ein Anspruch auf bescheidmäßige Absprache über die Verpflichtung zur Entrichtung des ORF-Beitrags auch bei bereits erfolgter oder laufender Entrichtung des ORF-Beitrags.

3.1.5. BEHÖRDENVERFAHREN

Fallgegenständlich erließ die belangte Behörde über Antrag der beschwerdeführenden Partei den bekämpften Bescheid, in dem sie für das Jahr 2024 die Zahlung des ORF-Beitrags iHv 183,60 € vorschrieb.

3.1.6. BESCHWERDEVORBRINGEN

Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid der belangten Behörde aus den nachstehenden Gründen:

3.1.6.1. VERMEINTLICHE UNZUSTÄNDIGKEIT DER BELANGTEN BEHÖRDE

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Rechtsmeinung der beschwerdeführenden Partei, die belangte Behörde sei als GmbH nicht zur Erlassung von Bescheiden berechtigt bzw. vom Gesetz nicht entsprechend beliehen, nicht. Aus dem ORF-Beitrags Gesetz 2024 (insbesondere §§ 10 Abs. 1, 12 Abs. 2 Z 1, 12 Abs. 3) ergibt sich unzweifelhaft eine Beleihung der belangten Behörde zur Erlassung von Bescheiden über die Vorschreibung des ORF-Beitrags. Vor diesem Hintergrund erweist sich das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde sei ausschließlich zur Ausstellung von Rückstandausweisen ermächtigt, als offenkundig unzutreffend.

Die belangte Behörde nahm daher bei der Festsetzung des ORF-Beitrags eine ihr gesetzlich übertragene behördliche Zuständigkeit wahr, sodass das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht.

3.1.6.2. VERFAHREN ZUR FESTLEGUNG DER HÖHE DES ORF-BEITRAGS

Zudem beanstandet die beschwerdeführende Partei, die Höhe des vorgeschriebenen ORF-Beitrags sei nicht im gemäß § 31 ORF-G vorgesehenen Verfahren vom Stiftungsrat des ORF auf Antrag von dessen Generaldirektor festgesetzt worden. § 31 Abs. 19 ORF-G führe lediglich Höchstbeiträge bzw. Höchstbeitragssummen an, sodass das in § 31 ORF-G vorgesehene Verfahren zur Festsetzung des ORF-Beitrags zwingend notwendig gewesen wäre. Die Vorschreibung des ORF-Beitrags sei daher „mangelbehaftet und nichtig“.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt auch diese Rechtsansicht nicht. Die beschwerdeführende Partei führt zwar grundsätzlich zutreffend aus, dass für die Festsetzung der Höhe des ORF-Beitrags (künftig) das in § 31 ORF-G festgelegte Verfahren durchzuführen sein wird. Für die Jahre 2024 bis 2026 – somit auch für den der beschwerdeführenden Partei fallgegenständlich vorgeschriebenen ORF-Beitrag – legt § 31 Abs. 19 ORF-G aber als Übergangsbestimmung die Höhe des ORF-Beitrags für diesen Zeitraum unmittelbar gesetzlich fest. Selbst wenn der beschwerdeführenden Partei zuzugestehen ist, dass nach der Formulierung des § 31 Abs. 19 ORF-G der ORF-Beitrag für die genannten Übergangsjahre der Betrag von monatlich 15,30 € als Höchstbetrag formuliert ist, ergibt sich sowohl aus der Systematik des § 31 ORF-G als auch aus den Materialien der „ORF-Sammelnovelle“ BGBl I 112/2023 klar, dass der Beitrag für den Übergangszeitraum in der genannten Höhe unmittelbar gesetzlich festgelegt werden sollte, ohne das Verfahren nach § 31 Abs. 1 bis Abs. 10e durchführen zu müssen. So sehen § 31 Abs. 20 ORF-Gesetz und § 31 Abs. 22 ORF-G einerseits konkrete Situationen (Über- bzw. Unterdeckung der Nettokosten) vor, in denen das Festsetzungsverfahren für die Jahre 2024 bis 2026 durchzuführen ist. Für diese Regelungen verbliebe keinerlei Sinngehalt, wäre – wie die beschwerdeführende Partei argumentiert – das Festsetzungsverfahren für die Übergangsjahre 2024 bis 2026 ohnedies durchzuführen. Korrespondierend ergibt sich auch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage deutlich, dass im Gesetzgebungsprozess beabsichtigt war, den ORF-Beitrag für die Übergangsjahre 2024 bis 2026 unmittelbar gesetzlich festzulegen (ErlRV 2082 BlgNR 27. GP 19: „Darüber hinaus ist auch für diese Jahre der einzelne, nach den Modalitäten des ORF-Beitrags-Gesetzes einzuhebende ORF-Beitrag festgelegt.“). Auch die Wirkungsfolgenabschätzung zur ORF-Sammelnovelle zeigt, dass die Durchführung des Verfahrens nach § 31 ORF-G für die Übergangsjahre 2024 bis 2026 (mit Ausnahme der genannten Ausnahmen gemäß Abs. 20 und Abs. 22) nicht vorgesehen ist (s. Vorblatt und WFA 2082 BlgNR 27. GP 3: „Die Höhe des ORF-Beitrages soll mit 15,30 Euro monatlich einheitlich festgesetzt werden und reduziert sich damit um …“ bzw. 2082 BlgNR 27. GP 11: „Durch die Festlegung der Höhe des ORF-Beitrages für die Jahre 2024 bis 2026 im ORF-Gesetz soll ein moderates Niveau des ORF-Beitrags auch mittelfristig gesichert sein.“).

Die belangte Behörde ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts fallgegenständlich daher zutreffend von einer gesetzlich festgelegten Höhe des ORF-Beitrags iHv monatlich 15,30 € ausgegangen. Die bescheidmäßige Vorschreibung des ORF-Beitrags in dieser Höhe ist daher nicht zu beanstanden.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass auch die – in das Verfahren nach § 31 ORF-G involvierte – Regulierungsbehörde KommAustria (https://www.rtr.at/medien/ aktuelles/neuigkeiten/2024/Festsetzung_ORF-Beitrag_2024-2026.de.html) und die einschlägige Literatur (vgl. Kassai/Kogler, Die ORF-Gesetz-Novelle 2023, MR 2023, 235) diese Rechtsmeinung vertreten.

3.1.6.3. KONSUMATION DER ORF-PROGRAMME

Die beschwerdeführende Partei meint weiter, sie konsumiere die „medialen ORF – Beiträge“ nicht, obwohl der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30.06.2022, G 226/2021, festgehalten habe, dass die „Konsumation der ORF- Programme Voraussetzung für die Verpflichtung zur Zahlung einer ORF-Gebühr“ sei.

Dabei übersieht die beschwerdeführende Partei aber, dass nach der genannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs alle Personen, die ORF-Programme „potentiell“ empfangen und damit am öffentlichen Diskurs teilhaben „können“, auch zur Finanzierung herangezogen werden müssen. Begründend hebt der Verfassungsgerichtshof die demokratische und kulturelle Bedeutung des öffentlichen Rundfunks und die nach dem BVG-Rundfunk daraus resultierenden Gestaltungsvorgaben sowie die Finanzierungsverantwortung des Gesetzgebers hervor. Das teilhabeorientierte Finanzierungssystem iSd genannten Erkenntnisses ist dahingehend zu verstehen, dass die in Prüfung gezogene Ausnahme einer gesamten Gruppe möglicher Rundfunkteilnehmer („Streaming“) aus dem Finanzierungssystem wegen der vergleichbaren Teilhabemöglichkeit eine verfassungswidrige ungleiche Verteilung der Finanzierungslast darstellte. Anders als in der Beschwerde vorgebracht wird, stellt der Verfassungsgerichtshof damit gerade nicht auf eine tatsächliche Konsumation von ORF-Programmen durch jeden einzelnen Beitragspflichtigen ab. Der Gesetzgeber entschied sich in der Folge – wie bereits zuvor beim Programmentgelt – beim ORF-Beitrags-Gesetz 2024 neuerlich gegen eine Differenzierung nach dem tatsächlichen Konsumverhalten. Im Sinne einer sachgerechten Verteilung auf die Bevölkerung und um einen einfachen, automatisierten und weniger eingriffsintensiven Vollzugs bei der Einhebung des ORF-Beitrags zu ermöglichen, erfolgte vielmehr der Umstieg vom geräteabhängigen Finanzierungssystem auf ein geräteunabhängiges, an den Wohnsitz bzw. die Betriebsstätte anknüpfendes, Finanzierungsmodell (vgl. ErlRV 2082 BlgNR 22. GP 23 f).

Aus dem Vorbringen, die beschwerdeführende Partei konsumiere keine ORF Programme ist daher für ihren Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen.

3.1.6.4. VERMEINTLICH UNZULÄSSIGE BESTEUERUNG

Zu den in der Beschwerde dargelegten Bedenken gegen eine vermeintliche „Besteuerung“ der Meldung des Hauptwohnsitzes bzw. von im Inland gelegenen Adressen ist darauf zu verweisen, dass der ORF-Beitrag keine Abgabe im finanzrechtlichen Sinn und somit auch keine Steuer ist. Für die Einordnung als öffentliche Abgabe kommt es nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs darauf an, dass die Ertragshoheit bei einer Gebietskörperschaft liegt und dass die eingehobenen Beträge einer solchen zufließen (VfGH 14.12.2004, B 514/04, mit Verweis auf VfGH 28.02.2002, B 1408/01). Der ORF-Beitrag fließt dem ORF als Stiftung öffentlichen Rechts und damit keiner Gebietskörperschaft zu. Entgegen dem Beschwerdevorbringen handelt es sich somit nicht um eine öffentliche Abgabe, vielmehr liegt eine sonstige Geldleistungsverpflichtung vor (vgl. auch Kassai/Kogler, Die ORF-Gesetz-Novelle 2023, MR 2023, 235). Auch in den Erläuterungen zum ORF-Beitrags-Gesetz 2024, wird ausgeführt, der ORF-Beitrag sei als Geldleistungsverpflichtung konzipiert, welche nicht auf den Kompetenztatbestand des „Abgabenwesens“ im Sinne des Art 13 Abs. 1 B-VG gestützt ist, sondern ihre Kompetenzgrundlage in Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG hat (vgl. ErlRV 2082 BlgNR 27. GP 3). Dem Beschwerdevorbringen betreffend eine vermeintlich unzulässige Besteuerung kann daher ebenfalls nicht gefolgt werden.

3.1.6.5. ÖFFENTLICH-RECHTLICHER AUFTRAG DES ORF

Wie oben dargestellt wurde, trifft den Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs eine aus dem BVG-Rundfunk abgeleitete verfassungsrechtliche Verpflichtung den Bestand und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Wahrnehmung von dessen besonderen demokratischen und kulturellen Aufgaben zu garantieren (vgl. auch Lehofer Bestandsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk - zu den Folgen des VfGH-Erkenntnisses über die ORF-Gremien, ÖJZ 2024/83).

Ob der ORF seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag in der Programmgestaltung tatsächlich im gesetzlich vorgeschriebenen Sinn nachkommt, ist jedoch nicht im Rahmen des behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über die (individuelle) Festsetzung der ORF-Beitragspflicht nach § 12 Abs. 2 Z 2 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 zu beurteilen. Vermeintliche diesbezügliche Verletzungen des ORF-G sind vielmehr im Rahmen der Rechtsaufsicht durch die Regulierungsbehörde nach § 36 ORF-G zu prüfen.

Zudem würden selbst allfällige Verletzung des Objektivitätsgebots durch den ORF die beschwerdeführende Partei nicht von der gesetzlichen Verpflichtung zur Entrichtungen des ORF-Beitrags befreien, sodass auch aus diesem Beschwerdevorbringen nichts für den Rechtsstandpunkt der beschwerdeführenden Partei zu gewinnen ist.

3.1.6.6. VERMUTETE UNIONSRECHTSWIDRIGKEIT DER ORF-BEITRAGSFINANZIERUNG

Zu den in der Beschwerde aufgeworfenen Zweifeln über die Vereinbarkeit des ORF-Beitrags Gesetzes 2024 mit den Anforderungen des EU-Beihilfenrechts, ist zu prüfen, ob es durch das neue Finanzierungssystem zu einer Änderung einer bestehenden Beihilfe kam, die eine Notifikationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AUEV auslösen würde.

Nach Art. 108 Abs. 3 AEUV trifft die Mitgliedstaaten eine Notifizierungspflicht für neue Beihilfen und die Umgestaltung bestehender Beihilfen. Die Mitgliedstaaten dürfen die beabsichtigten Maßnahmen in diesem Fall nicht durchführen, bevor die Kommission die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt abschließend geprüft hat. Eine Änderung einer bestehenden Beihilfe ist gemäß Art. 4 Abs. 1 der Beihilfenverfahrens-Durchführungsverordnung 794/2004 jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfenmaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann. Eine Erhöhung der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe bis zu 20 % wird jedoch nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen.

Im Urteil vom 13.12.2018, C-492/17, Südwestrundfunk, hat der Europäische Gerichtshof im Zusammenhang mit der Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland – diese diente als Vorbild für die Umgestaltung des österreichischen Finanzierungssystems (vgl. ErlRV 2082 BlgNR 27. GP 3) – klargestellt, dass das Ersetzen einer an den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes anknüpfenden Rundfunkgebühr durch einen Rundfunkbeitrag, der insbesondere für das Innehaben einer Wohnung oder einer Betriebsstätte zu entrichten ist, keine Änderung einer bestehenden Beihilfe darstellt, von der die Europäische Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV zu unterrichten sei. Im Ausgangsfall würde das Ziel der Finanzierungsregelung, der Kreis der dadurch Begünstigten sowie der öffentliche Auftrag und die mit dem Beitrag subventionierte Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender im Wesentlichen trotz des neu eingeführten Entstehungsgrundes unverändert bleiben. Zudem ziele die Änderung darauf ab, die Voraussetzungen für die Erhebung des Rundfunkbeitrags angesichts der technologischen Entwicklungen rund um den Empfang von Rundfunkprogrammen zu vereinfachen und habe zu keiner wesentlichen Erhöhung der Mittel zur Erfüllung des öffentlichen Auftrages geführt.

Fallgegenständlich ergibt sich daraus Folgendes: Bei der Neugestaltung der Finanzierung des ORF wurde insbesondere am von der Europäischen Kommission (Entscheidung K (2009) 8113 vom 28.10.2009) bereits als beihilfenrechtlich unbedenklich erachteten System des Nettokostenprinzips gemäß § 31 ORF-G festgehalten. Mit der Einführung des ORF-Beitrags nach dem Nettokostenprinzip ist im Vergleich zur Finanzierung durch das frühere Programmentgelt somit keine wirtschaftliche Begünstigung des ORF verbunden (vgl. ErlRV 2082 BlgNR 27. GP 14 f; vgl. auch die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl 2009 C 257, Rz 70 ff). Das Bundesverwaltungsgericht daher davon aus, dass es durch die ORF-Sammelnovelle – ebenso wie bei der zum Vorbild genommenen deutschen Regelung – zu keiner wesentlichen Änderung iSd EU-Beihilfenrechts gekommen ist, die eine Notifizierungspflicht an die Europäische Kommission ausgelöst hätte. Das Bundesverwaltungsgericht teilt daher die Rechtsmeinung der beschwerdeführenden Partei, das neue Finanzierungssystem verletze die EU-Beihilfen- bzw. Wettbewerbsregelungen, nicht.

3.1.6.7. VERMUTETE GRUNDRECHTSEINGRIFFE

Die beschwerdeführende Partei erachtet das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende ORF-Beitrags Gesetz 2024 aus mehreren Gründen für verfassungswidrig und regt an, das Bundesverwaltungsgericht möge einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit an den Verfassungsgerichtshof stellen. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Das Vorbingen, die beschwerdeführende Partei sei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung, bzw. „freie politische Willensbildung“ verletzt, überzeugt nicht. Die beschwerdeführende Partei wird nicht daran gehindert, das Angebot anderer Medien und sonstiger Informationsquellen in Anspruch zu nehmen und alternative (auch entgeltliche) Programme zu empfangen.

Soweit die beschwerdeführende Partei argumentiert, das Beitragssystem sei gleichheitswidrig, weil es nicht auf die tatsächliche Konsumation der ORF-Programme abstelle, wird (erneut) darauf verwiesen, dass die beschwerdeführende Partei die bereits oben zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs unrichtig interpretiert. Die tatsächliche Nutzung der ORF Programme ist keine verfassungsrechtlich erforderliche Voraussetzung der Beitragspflicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen (Punkt II.3.1.6.3.) verwiesen. Personen, die – wie gegebenenfalls die beschwerdeführende Partei – freiwillig die technischen Voraussetzungen zur Konsumation von Inhalten des öffentlichen Rundfunks nicht herstellen oder beseitigen, werden dadurch nicht von der Teilhabe iSd der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ausgeschlossen, weshalb auch deren Heranziehung zur Finanzierung keine gleichheitsrechtlichen Bedenken nahelegen. Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang das „Prinzip der Kostenwahrheit“ einfordert, ist darauf zu verweisen, dass eben dieses Nettokostenprinzip gemäß § 31 ORF-G der Finanzierung des ORF auch nach dem ORF-Beitrags Service Gesetz 2024 nach wie vor zu Grunde liegt.

Die beschwerdeführende Partei sieht sich durch die bescheidmäßige Festsetzung des ORF-Beitrags überdies im Grundrecht auf Eigentumsschutz verletzt, da weder ein öffentliches Interesse noch die Verhältnismäßigkeit gegeben seien und auch kein sachlicher Grund für die „Zwangsabgabe“ zu erblicken sei. Diesbezüglich ist wiederum (vgl. schon oben Punkt II.3.1.6.5.) darauf zu verweisen, dass den Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs eine verfassungsrechtliche Verpflichtung trifft, den Bestand und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Wahrnehmung von dessen besonderen demokratischen und kulturellen Aufgaben zu garantieren. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber mit dem ORF-Beitrags Service Gesetz 2024 nachgekommen. Dem Beschwerdeargument, für die vorgeschriebenen ORF-Beiträge seien kein öffentliches Interesse oder kein sachlicher Grund ersichtlich, kann vor dem Hintergrund der Rechtslage und Judikatur daher nicht gefolgt werden. Soweit auch in diesem Zusammenhang angeführt wird, Personen, die die Programme des ORF nicht konsumieren, dürfte der ORF-Beitrag nicht als „Erdrosselungssteuer“ auferlegt werden, ist wiederum auf die obigen Ausführungen (Punkt II.3.1.6.3. ad Konsumation und Punkt II.3.1.6.4. ad Besteuerung) zu verweisen.

Schließlich ist zum entsprechenden Beschwerdevorbringen darauf hinzuweisen, dass sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes im Kontext datenschutzrechtlicher Anbringen gemäß § 27 Abs. 1 Datenschutzgesetz auf die Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide der Datenschutzbehörde beschränkt. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht über dahingehende Bedenken der beschwerdeführenden Partei abzusprechen.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt auch die verfassungsrechtlichen Bedenken der beschwerdeführenden Partei nicht, dass es bei Personen, die sowohl über einen privaten Hauptwohnsitz als auch einen Betrieb (an einer anderen Adresse; vgl. § 3 Abs. 4 ORF-Beitrags Gesetz 2024) verfügen, zu einer zweifachen Beitragsverpflichtung kommt. Dem Gesetzgeber war es nicht verwehrt, im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes (vgl. dazu schon oben Punkt II.3.1.6.3.) im ORF-Betrags-Gesetz 2024 unterschiedliche Anknüpfungspunkte hinsichtlich der Beitragspflicht im privaten Bereich und im betrieblichen Bereich zu treffen. Personen, die beide Tatbestände erfüllen, können daher auch in beiden Regelungsbereichen beitragspflichtig werden. Hinsichtlich des ebenfalls vorgebrachten Inländerdiskriminierung ist darauf zu verweisen, dass die ORF-Beitragspflicht ungeachtet der Nationalität für alle mit Hauptwohnsitz im Inland gemeldeten Personen (bzw. mit Betriebsstätte) gilt. Eine Ungleichbehandlung zu im Ausland Ansässigen, die nicht in den räumlichen Geltungsbereich des ORF-Beitrags-Gesetzes 2024 fallen, kann daher nicht gesehen werden.

Insgesamt teilt das Bundesverwaltungsgericht aus den angeführten Gründen die von der beschwerdeführenden Partei angeführten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des ORF-Beitrags Gesetzes 2024 nicht, weshalb auch kein Anlass für einen Antrag auf ein Gesetzesprüfungsverfahren nach Art. 140 Abs. 1 B-VG gesehen wird.

3.1.6.8. GEBOT DER SPARSAMKEIT, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND EFFIZIENZ

Soweit die beschwerdeführende Partei einen Verstoß gegen das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz vermutet, ist darauf zu verweisen, dass für ihre diesbezügliche Annahme, „die Erhebung und Eintreibung der ORF Beiträge [seien] nicht administrierbar“, keine Hinweise ersichtlich sind. Vielmehr soll das ORF-Beitrags Gesetz 2024 gerade auch Verwaltungsvereinfachungen ermöglichen, unter anderem durch den gänzlichen Entfall der nach der Vorgängerregelung erforderlichen Vor-Ort-Kontrollen von Empfangsgeräten (vgl. z.B. ErlRV 2082 BlgNR 27. GP 28). Zudem dient das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gemäß § 126b Abs. 5 B-VG als Kontrollmaßstab für eine Überprüfung der Verwaltung durch den Rechnungshof und verpflichtet die diesem Effizienzgebot unterworfenen Gebietskörperschaften und Institutionen dazu, ihre Tätigkeit an den darin normierten Kriterien auszurichten. Das Wirtschaftlichkeitsgebot begründet aber kein subjektives öffentliches Recht auf effizientes Staatshandeln.

3.1.7. Ergebnis

Die volljährige beschwerdeführende Partei ist an der Adresse XXXX , für die im Jahr 2024 noch kein ORF-Beitrag entrichtet wurde, im ZMR mit ihrem Hauptwohnsitz aufrecht gemeldet, sodass die Voraussetzungen für die ORF-Beitragspflicht erfüllt sind. Die belangte Behörde hat der beschwerdeführenden Partei somit zurecht die Bezahlung des ORF-Beitrags für das Jahr 2024 aufgetragen. Soweit die belangte Behörde die Zahlung allerdings lediglich unter Hinweis auf eine – zumal bei Zustellung bereits abgelaufene – Fälligkeit, aber ohne Leistungsfrist vorschrieb, ist darauf zu verweisen, dass Leistungsfristen, die bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bereits abgelaufen sind, gegen § 59 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG verstoßen würden (VwGH 25.09.2014, Ra 2014/07/0011). Umso mehr verstößt ein Bescheid, in dem gar keine Leistungsfrist gesetzt wird, gegen § 59 Abs. 2 AVG. Leistungsfristen sind daher bei Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht (neu) festzusetzen (VwGH 26.03.2015, Ra 2014/07/0077), was mit der Maßgabeentscheidung, dass der ORF-Beitrag innerhalb der als angemessen erachteten Frist von vier Wochen ab Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses zu bezahlen ist, erfolgt ist.

Wie unter Punkt II.3.1.6. dargelegt wurde, sind die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei nicht geeignet, ihren Rechtsstandpunkt, die verfahrensgegenständliche Vorschreibung des ORF-Beitrages sei rechtswidrig, zu stützen. Das Bundesverwaltungsgericht teilt auch die verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken der beschwerdeführenden Partei nicht.

Die vorliegende Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.1.8. Absehen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

Die beschwerdeführende Partei beantragte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die belangte Behörde beantragte keine mündliche Verhandlung.

Gemäß § 24 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen gegenständlich vor, weil in der Beschwerde weder Fragen eines ungeklärten Sachverhaltes, noch der Beweiswürdigung angesprochen werden. Es sind fallbezogen ausschließlich rechtliche Fragen zu klären, die nicht derart komplex sind, dass sie einer Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen. Die zu behandelnden Rechtsfragen wurden entweder – wie oben dargestellt – bereits höchstgerichtlich geklärt, oder sind anhand einer klaren Rechtslage zu beantworten. Dem Absehen von der mündlichen Verhandlung stehen auch Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

Die gegenständliche Entscheidung kann sich zum einen auf die dargestellte unions- und verfassungsrechtliche Judikatur stützen, zum anderen ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Dies gilt auch für den Fall, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt (VwGH 24.10.2023, Ra 2022/12/0080; 12.11.2020, Ra 2020/16/0159). Weiters begründet das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, die zur Verfassungsmäßigkeit bestimmter gesetzlicher Regelungen Stellung nimmt, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Revision (VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022). Die Entscheidung folgt der im jeweiligen Zusammenhang zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

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