BVwG W282 2238367-1

BVwGW282 2238367-13.2.2021

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W282.2238367.1.01

 

Spruch:

W282 2238367-1/4E

W282 2238368-1/4E

W282 2238369-1/4E

W282 2238370-1/4E

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerden von I. XXXX , geboren am XXXX , II. XXXX , geboren am XXXX , III. XXXX , geboren am XXXX und IV. XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörige von Serbien, III. und IV. vertreten durch I. und II., alle vertreten durch RAin Mag.a Nadja LINDENTHAL, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2020, Zl. XXXX (ad I.), XXXX (ad II.), XXXX (ad III.) und XXXX (ad IV.), zu Recht:

 

A)

I. Die Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III. und IV. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerden des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich der Spruchpunkte V. der angefochtenen Bescheide I. und II. werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer der verhängten Einreiseverbote auf jeweils 1 Jahr herabgesetzt wird und sich das Einreiseverbot hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin auch auf § 53 Abs. 3 Z 6 FPG stützt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Erstbeschwerdeführer (in der Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge: BF2) sind verheiratet, der Drittbeschwerdeführer (in der Folge: BF3) und der Viertbeschwerdeführer (in der Folge: BF4) sind die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Ein weiterer Sohn lebt in Serbien. Am 14.02.2019 und am 28.03.2019 wurden der BF1 und die BF2 wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet und „Schwarzarbeit“ von anderen Hausbewohnern angezeigt.

2. Am XXXX 2019 wurde gegen den BF1 eine Strafverfügung erlassen. Er habe gegen §§ 106 Abs. 1 KFG, 106 Abs. 5 Z 2 KFG und 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 4 und 23 Abs. 1 FSG verstoßen, weil er 6 Personen statt der höchst zulässigen Anzahl von 5 Personen in einem Kraftfahrzeug befördert, für den BF4 keinen Kindersitz verwendet und das Kraftfahrzeug ohne einer im EWR Raum ausgestellten Lenkberechtigung gelenkt habe. Der BF1 und die BF2 sowie der BF3 und der BF4 als Beteiligte wurden am XXXX 2019 seitens der LPD Wien wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet angezeigt, sie hätten die 90-Tages-Frist im Sinne der Visumspflichtverordnung überschritten.

3. Am 16.05.2019 bzw. am XXXX 2019 wurden die BF2 bzw. der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen, wobei sie zu ihrem unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich und zur möglichen Schwarzarbeit befragt wurden. Der BF2 wurde mitgeteilt, dass sie keinen Aufenthaltstitel für Österreich habe und deshalb nicht arbeiten dürfe. Beide BF wurden darüber informiert, dass sie sich unrechtmäßig in Österreich aufhalten, sie dürften lediglich zu touristischen Zwecken für eine Dauer von 90 Tagen einreisen.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2019 wurde dem BF1 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist, sowie die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft

5. Am 03.07.2019 übermittelte die Österreichische Botschaft Belgrad eine Ausreisebestätigung hinsichtlich des BF1 und der BF2.

6. Mit Strafantrag der Finanzpolizei vom 23.10.2019 wurde Frau XXXX eine Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zur Last gelegt, weil sie die BF2 unrechtmäßig beschäftigt habe. Im Zuge einer Einvernahme gab sie auf den Vorhalt, warum sie die BF2 nicht direkt in ihrem Unternehmen beschäftigt habe, an, dies würde gegen das AuslBG verstoßen. Daher habe ihr Unternehmen einen Dienstleistungsvertrag mit dem Unternehmen der BF2 hinsichtlich der Betreuung von Häusern abgeschlossen.

7. Mit Schriftsatz des Bundesamtes vom 13.11.2019 wurde die BF2 darüber informiert, dass hinsichtlich einer beabsichtigten Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot gegen sie eine Beweisaufnahme stattgefunden habe. Ihr wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben, welche am 05.12.2019 beim Bundesamt einlangte.

8. Am 19.12.2019 wurde der BF1 erneut wegen unrechtmäßigem Aufenthalt in Österreich angezeigt, er hatte erneut die 90-Tages-Frist im Sinne der Visumspflichtverordnung überschritten.

9. Am 18.02.2020 wurde der BF1 vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen, wobei er zu seinem unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich und zur möglichen Schwarzarbeit befragt wurde. Der BF1 gab an, sein Anwalt habe gesagt, es gebe in Österreich eine neue Regierung und sie würden darauf warten, dass die Grenze für das erforderliche Bruttoeinkommen gesenkt werde. Sie würden irgendwie versuchen, in Österreich zu bleiben. Zudem seien sie wegen der Operationen des gemeinsamen Sohnes gekommen.

10. Mit Schriftsatz des Bundesamtes vom 09.06.2020 wurde die BF2 darüber informiert, dass hinsichtlich einer beabsichtigten Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot gegen sie eine Beweisaufnahme stattgefunden habe. Ihr wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben, welche am 26.06.2020 beim Bundesamt einlangte.

11. Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes vom XXXX 2020 wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen sie gem. § 10 Abs. 2 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gem. § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.) und (nur) gegen den BF1 und die BF2 gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Hinsichtlich des BF1 wurde ausgeführt, dass gegen ihn erstmals am XXXX 2019 eine Rückkehrentscheidung erlassen worden und er am XXXX 2020 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist sei, sich jedoch am 18.12.2019 erneut unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe. Hinsichtlich der BF2 wurde ausgeführt, dass sie laut Mitteilung der Finanzpolizei am 23.10.2019 wegen Schwarzarbeit angezeigt worden sei. Sie gehe im Bundesgebiet keiner legalen Beschäftigung nach.

13. Gegen diese Bescheide erhoben die BF, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, mit Schriftsatz vom 22.12.2020 fristgerecht in vollem Umfang Beschwerde, in welcher im Wesentlichen die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Bescheide infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden, weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

14. Am 07.01.2021 wurden die Beschwerden inklusive der mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

15. Am 19.01.2020 teilte die nunmehrige Rechtsvertreterin der BF die Erteilung von Vollmacht mit und legte medizinische Unterlagen hinsichtlich des BF 4, über eine körperliche Fehlbildung in Form einer drittgradigen Ohrmuscheldysplasie vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer

1.1.1. Zur Person des Erstbeschwerdeführers

Der BF1 führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Serbien.

Der BF1 ist nicht zu touristischen Zwecken eingereist. Er war vom 10.11.2016 – 23.05.2017, 18.05.2018 – 26.07.2018, 31.10.2018 – 27.06.2019 bzw. ist seit dem 04.02.2020 in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er wurde am XXXX 2019 wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet angezeigt, weshalb das Bundesamt gegen ihn mit Bescheid vom XXXX 2019 eine Rückkehrentscheidung erließ. Dennoch kehrte der BF1 nach Österreich – nicht lediglich zu touristischen Zwecken - zurück und wurde am 19.12.2019 erneut wegen unrechtmäßigem Aufenthalt in Österreich angezeigt.

Der BF1 verfügt in Österreich über Familienangehörige in Form seiner Frau (BF2) und den zwei gemeinsamen Kindern (BF3 und BF4). In Serbien leben sein Schwiegervater, ein weiterer Sohn, der Bruder des BF1 und seine Schwägerin.

Maßgebliche überdurchschnittliche Integrationsmerkmale liegen beim BF 1 nicht vor.

Der BF1 leidet an keinen die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden.

Der BF1 ist strafrechtlich unbescholten.

1.1.2. Zur Person der Zweitbeschwerdeführerin

Die BF2 führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehörige von Serbien.

Die BF2 ist nicht zu touristischen Zwecken ins Bundesgebiet eingereist. Sie war vom 10.11.2016 – 23.05.2017, 26.04.2018 – 26.07.2018, 31.10.2018 – 06.12.2019, 06.12.2019 – 15.01.2020 bzw. ist seit dem 15.01.2020 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Sie wurde am XXXX 2019 gemeinsam mit dem BF1 wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet angezeigt. Die BF2 hat im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit aufgrund eines als „Dienstleistungsvertrag“ bezeichneten Dienstvertrages ausgeübt, ohne im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels oder eines Visums mit Zusatz „Erwerbszweck“ gewesen zu sein. Eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG wurde für die BF 2 nicht erteilt.

Maßgebliche überdurchschnittliche Integrationsmerkmale liegen bei der BF 2 nicht vor.

Die BF2 verfügt in Österreich über Familienangehörige in Form ihres Mannes (BF1) und den zwei gemeinsamen Kindern (BF3 und BF4). In Serbien lebt ihr Bruder, bei dem sich auch ein weiterer gemeinsamer Sohn aufhält, zu den restlichen Familienangehörigen pflegt die BF2 wenig Kontakt. Zudem befindet sich das Elternhaus der BF2 in Serbien.

Die BF2 leidet an keinen die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden.

Die BF2 ist strafrechtlich unbescholten.

1.1.3. Zur Person des Drittbeschwerdeführers

Der BF3 führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Serbien.

Der BF3 hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und ist nicht zu touristischen Zwecken eingereist. Er war vom 10.11.2016 – 23.05.2017, 26.04.2018 – 26.07.2018, 31.10.2018 – 27.06.2019, 09.09.2019 – 15.01.2020 bzw. ist seit dem 15.01.2020 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.

Der BF3 absolvierte am 03.07.2020 die 7. Schulstufe in einer Neuen Mittelschule. Er verfügt in Österreich über Familienangehörige in Form seiner Eltern (BF1 und BF2) und einem seiner Brüder (BF4), der andere Bruder lebt in Serbien.

Maßgebliche überdurchschnittliche Integrationsmerkmale liegen beim BF 3 nicht vor.

Der BF3 leidet an keinen die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden.

Der BF3 ist strafrechtlich unbescholten.

1.1.4. Zur Person des Viertbeschwerdeführers

Der BF4 führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Serbien.

Der BF4 hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und ist nicht zu touristischen Zwecken eingereist. Er war vom 10.11.2016 – 23.05.2017, 26.04.2018 – 26.07.2018, 31.10.2018 – 27.06.2019, 09.09.2019 – 04.02.2020 bzw. ist seit dem 04.02.2020 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.

Der BF3 absolvierte am 03.07.2020 die 4. Schulstufe einer Volksschule. Er verfügt in Österreich über Familienangehörige in Form seiner Eltern (BF1 und BF2) und einem seiner Brüder (BF3), sein weiterer Bruder lebt in Serbien.

Maßgebliche überdurchschnittliche Integrationsmerkmale liegen beim BF 4 nicht vor.

Dem BF4 fehlt seit der Geburt eine Ohrmuschel, dennoch leidet er an keinen die Schwelle des Art. 2 und 3 erreichenden Krankheiten. Konkret leidet der BF 4 an einer drittgradigen Ohrmuscheldysplasie. Die Behandlung dieser Fehlbildung erfolgt iaR durch eine operative Rekonstruktionsplastik.

Der BF4 ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer nach Serbien

Den BF droht im Falle einer Rückkehr nach Serbien weder asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK noch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK. Zudem ist Serbien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaatenverordnung (HStV) anzusehen.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Serbien

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Serbien vom 05.06.2020:

Politische Lage

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vučić und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 11.3.2020).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).

Sicherheitsbehörden

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2020).

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“ (BICC 6.2019).

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 29.9.2019).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

Bewegungsfreiheit im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wieder hergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der festgestellten COVID-19 Entwicklung am 15.3.2020 durch den Präsidenten verfügt worden (VB 11.5.2020).

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt (BTI 29.4.2020).

Grundversorgung

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2% gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

COVID-19 Pandemie

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:

 Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben

 Keine Ausgangssperren

Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke

 Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen

 Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten

 Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

 Kinos und Theater bleiben geschlossen

 Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing

 Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).

Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

Rückkehr

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

(Für nähere Informationen zum Ausnahmezustand und zur Bewegungsfreiheit, siehe Abschnitt „Bewegungsfreiheit“.)

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein “Build Your Future"-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM 2019).

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 3.11.2019).

1.4. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 18.01.2021 25.037 bestätigte Fälle von aktuell mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 391.981 laborbestätigte Fälle, 359.875 genesene Fälle und 7.069 bestätigte Todesfälle; in Serbien wurden zu diesem Zeitpunkt 372.533 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 3.750 diesbezügliche Todesfalle bestätigt wurden.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zur Person der Beschwerdeführer

2.1.1. Zur Person des Erstbeschwerdeführers

Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des BF1, seines Geburtsdatums und seiner Staatsangehörigkeit werden anhand seiner glaubhaften, gleichbleibenden Angaben im Zuge des Verfahrens getroffen.

Die Feststellungen, dass sich der BF1 unrechtmäßig in Österreich aufhält und nicht zu touristischen Zwecken eingereist ist, ergeben sich einerseits anhand des Umstandes, dass er keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich vorweisen kann, andererseits anhand des ZMR-Auszugs vom 08.01.2021, aufgrund dessen auch die Feststellungen hinsichtlich des Hauptwohnsitzes des BF1 erfolgen.

Die Feststellungen, dass der BF1 am XXXX 2019 wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet angezeigt worden, gegen ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2019 bereits eine Rückkehrentscheidung erlassen worden ist, er nach Österreich zurückgekehrt und am 19.12.2019 erneut wegen unrechtmäßigem Aufenthalt in Österreich angezeigt worden ist, gründen sich auf die im Verwaltungsakt einliegenden Anzeigen der LPD Wien und den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2019.

Die Feststellungen, dass der BF1 in Österreich über Familienangehörige in Form seiner Frau (BF2) und den zwei gemeinsamen Kindern (BF3 und BF4) verfügt und in Serbien sein Schwiegervater, ein weiterer Sohn, der Bruder des BF1 und seine Schwägerin leben, werden anhand seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 18.02.2020 getroffen. Die Aussagen des BF 1, die Familie könne mangels Wohnmöglichkeit nicht nach Serbien zurückkehren sind nicht glaubhaft. Zum einen hält sich die Familie erst seit Mitte 2018 für längere Zeiträume und somit sehr kurz im Bundesgebiet auf und zum anderen verfügt sowohl der BF 1 als auch die BF 2 über zahlreiche Verwandte in Serbien. Auch sind die Aufenthaltsdauern der Familie immer wieder für mehrere Monate anhand der Daten des Melderegisters unterbrochen. Erst seit Februar 2020 besteht eine durchgehende Meldung. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF 1 bis 4 in diesen Meldelücken jedenfalls in ihrem Heimatland waren und daher dort auch eine Unterkunft hatten. Aufgrund des gerade in Serbien typischerweise stark ausgeprägten familiären Zusammenhalts ist daher nicht davon auszugehen, dass die BF 1 bis 4 dort keine vorübergehende Wohnmöglichkeit haben.

Die Feststellung, dass der BF1 an keinen die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden, leidet, erfolgt anhand des Umstandes, dass er im gesamten Verfahren weder derartige Umstände vorgebracht hat noch derartige Umstände amtswegig hervorgetreten sind.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF1 ergibt sich anhand des eingeholten Strafregisterauszugs vom 08.01.2021.

2.2. Zur Person der Zweitbeschwerdeführerin

Die Feststellungen hinsichtlich des Namens der BF2, ihres Geburtsdatums und ihrer Staatsangehörigkeit werden anhand ihrer glaubhaften, gleichbleibenden Angaben im Zuge des Verfahrens getroffen.

Die Feststellungen, dass sich die BF2 unrechtmäßig in Österreich aufhält und nicht zu touristischen Zwecken eingereist ist, ergeben sich einerseits anhand des Umstandes, dass sie keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich vorweisen kann, andererseits anhand des ZMR-Auszugs vom 08.01.2021, aufgrund dessen auch die Feststellungen hinsichtlich des Hauptwohnsitzes der BF2 erfolgen.

Die Feststellung, dass die BF2 am XXXX 2019 wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet gemeinsam mit dem BF1 angezeigt worden ist, gründet sich auf die im Verwaltungsakt einliegende Anzeige der LPD Wien.

Die Feststellung, dass die BF2 einer unrechtmäßigen Beschäftigung nachgegangen ist, wird anhand des Umstandes getroffen, dass sie einerseits über keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt, anderseits anhand der im Verwaltungsakt einliegenden SV-Auszüge (Akt W282 2238368-1, AS 179), wonach Beiträge als Selbstständige eingezahlt worden sind und sie demnach formal selbstständig erwerbstätig gewesen ist. Wenn in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2020 ausgeführt wird, die BF2 sei nicht bei der Schwarzarbeit betreten worden, sondern sei im Rahmen ihres Gewerbes rechtmäßig tätig gewesen, ist dem zu entgegnen, dass die BF2 ohne gültigen Aufenthaltstitel ihr Gewerbe nicht rechtmäßig ausüben darf. Aus diesem Grund ist auch die exakte rechtliche Einordnung der Tätigkeit der BF2 für die „LUMIX Cleaning Service OG“ nicht weiter relevant, weil sie ohne gültigen Aufenthaltstitel für Österreich oder ohne Visum mit dem Zusatz „zu Erwerbszwecken“ weder einer selbstständigen noch einer unselbstständigen Tätigkeit (für die eine Bewilligung nach dem AuslBG erforderlich wäre) nachgehen darf.

 

Der Vollständigkeit halber ist jedoch zu erwähnen, dass der im Zuge des Verfahrens vorgelegte „Dienstleistungsvertrag“ zwischen der „LUMIX Cleaning Service OG“ und dem von der BF2 betriebenen Unternehmen mit der Firma „AWD Service“ einerseits für einen Arbeitsvertrag typische Bestimmungen, wie bspw die persönliche Abhängigkeit der BF2 (Akt W282 2238368-1, AS 93), aufweist, andererseits gab ihre „Auftraggeberin“ XXXX im Zuge ihrer Einvernahme vor der Finanzpolizei lt. des im Verwaltungsakt einliegenden Strafantrags der Finanzpolizei sinngemäß an, sie habe die BF2 nicht als Dienstnehmerin in ihrem Unternehmen anstellen können, weil dem das AuslBG im Wege stehe. Der einzige Unterscheid zwischen ihrer im selben Unternehmen arbeitenden Tochter und der BF2 sei der Umstand, dass die BF2 in einem höheren Stundenausmaß tätig sei (Akt W282 2238368-1, AS 89). Aus diesem Grund kann von einer Umgehungskonstruktion des AuslBG ausgegangen werden, weshalb für die Tätigkeit der BF2 für die „LUMIX Cleaning Service OG“ aus Sicht des BVwG eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich gewesen wäre (siehe dazu Mayr, Arbeitsrecht § 2 AuslBG E 14 (Stand 01.10.2020, rdb.at), wonach von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen ist, wenn eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet).

Die Feststellungen, dass die BF2 in Österreich über Familienangehörige in Form ihres Mannes (BF1) und den zwei gemeinsamen Kindern (BF3 und BF4) verfügt, in Serbien ihr Bruder, bei dem sich auch ein weiterer gemeinsamer Sohn aufhält, lebt, sie jedoch zu den restlichen Familienangehörigen wenig Kontakt pflegt, werden sowohl anhand der Angaben des BF1 als auch ihrer eigenen Angaben im Zuge des Verfahrens (Akt W282 2238368-1, AS 147) getroffen. Die Feststellung, dass sich das Elternhaus der BF2 in Serbien befindet, ergibt sich anhand ihrer eigenen Angaben im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 16.05.2020.

Die Feststellung, dass die BF2 an keinen die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden, leidet, erfolgt anhand des Umstandes, dass sie im gesamten Verfahren weder derartige Umstände vorgebracht hat noch derartige Umstände amtswegig hervorgetreten sind.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit der BF2 ergibt sich anhand des eingeholten Strafregisterauszugs vom 08.01.2021.

2.1.3. Zur Person des Drittbeschwerdeführers

Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des BF3, seines Geburtsdatums und seiner Staatsangehörigkeit werden anhand seiner glaubhaften, gleichbleibenden Angaben im Zuge des Verfahrens getroffen.

Die Feststellungen, dass sich der BF3 unrechtmäßig in Österreich aufhält und nicht zu touristischen Zwecken eingereist ist, ergeben sich einerseits anhand des Umstandes, dass er keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich vorweisen kann, andererseits anhand des ZMR-Auszugs vom 08.01.2021, aufgrund dessen auch die Feststellungen hinsichtlich des Hauptwohnsitzes des BF3 erfolgen.

Die Feststellungen, dass der BF3 am 03.07.2020 die 7. Schulstufe in einer Neuen Mittelschule absolviert hat, in Österreich über Familienangehörige in Form seiner Eltern (BF1 und BF2) und einem seiner Brüder (BF4) verfügt und der andere Bruder in Serbien lebt, ergeben sich einerseits aus seinen eigenen Angaben im Verfahren (Akt W282 2238367, AS 51) und den vorgelegten Dokumenten, andererseits aus den Angaben des BF1 und der BF2.

Die Feststellung, dass er BF3 an keinen die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden, leidet, erfolgt anhand des Umstandes, dass er im gesamten Verfahren weder derartige Umstände vorgebracht hat noch derartige Umstände amtswegig hervorgetreten sind.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF3 ergibt sich anhand des eingeholten Strafregisterauszugs vom 08.01.2021.

2.1.4. Zur Person des Viertbeschwerdeführers

Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des BF4, seines Geburtsdatums und seiner Staatsangehörigkeit werden anhand seiner glaubhaften, gleichbleibenden Angaben im Zuge des Verfahrens getroffen.

Die Feststellungen, dass sich der BF4 unrechtmäßig in Österreich aufhält und nicht zu touristischen Zwecken eingereist ist, ergeben sich einerseits anhand des Umstandes, dass er keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich vorweisen kann, andererseits anhand des ZMR-Auszugs vom 08.01.2021, aufgrund dessen auch die Feststellungen hinsichtlich des Hauptwohnsitzes des BF4 erfolgen.

Die Feststellungen, dass der BF3 am 03.07.2020 die 4. Schulstufe in einer Volksschule absolviert hat, in Österreich über Familienangehörige in Form seiner Eltern (BF1 und BF2) und einem seiner Brüder (BF4) verfügt und der andere Bruder in Serbien lebt, ergeben sich einerseits aus seinen eigenen Angaben im Verfahren (Akt W282 2238370, AS 45) und den vorgelegten Dokumenten, andererseits aus den Angaben des BF1 und der BF2.

Die Feststellung, dass dem BF4 von Geburt an eine Ohrmuschel fehlt, gründen sich auf die mit der Stellungnahme der Rechtsvertreterin vorgelegen medizinischen Befunde (alle Verfahren OZ 2). Dass er dennoch an keinen die Schwelle des Art. 2 und 3 erreichenden Krankheiten leidet, die eine Rückkehr nach Serbien unzulässig machen würden, erfolgen einerseits anhand des Umstandes, dass es sich bei dieser Fehlbildung um keine lebensbedrohliche Krankheit handelt, andererseits anhand der Ausführungen des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation über Serbien, wonach die medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und auch überlebensnotwenige Operationen in der Regel vorgenommen werden können.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF4 ergibt sich anhand des eingeholten Strafregisterauszugs vom 08.01.2021.

2.2. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer nach Serbien

Die Feststellung, dass sämtlichen BF im Falle einer Rückkehr nach Serbien weder asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK noch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK droht, erfolgt einerseits anhand der Ausführungen im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Serbien, andererseits anhand des Umstandes, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) angesehen wird.

Zudem sind anhand des Länderinformationsblattes keine Anzeichen erkennbar, dass die Grundversorgung bzw. medizinische Versorgung in Serbien generell nicht gegeben wäre oder sich die BF in einer schlechteren Situation als die übrige Bevölkerung befinden. Die BF verfügen jedenfalls über ausreichend Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, zumal sie allesamt über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen und sich das Elternhaus der BF2 in Serbien befindet. Deshalb kann den BF jedenfalls zugemutet werden, wieder in diesem Staat zu leben und sich eine Existenz aufzubauen.

Hinsichtlich des BF 4 Es ist keinesfalls erkennbar, dass dieser in Serbien keinen Zugang zu der notwendigen medizinischen Versorgung hat. Es liegt aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine angeborene körperliche Fehlbildung handelt, auch keine „Erkrankung“ im engeren Sinne vor. Es ist weiters aus diesem Grund auch ausgeschlossen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass der BF 4, obwohl er durch seine Fehlbildung nicht in unmittelbarer Lebensgefahr ist, mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung in Serbien oder des fehlenden Zugangs zu solcher Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands ausgesetzt zu werden, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung seiner Lebenserwartung führt. Wie hierzu im Folgenden zu zeigen sein wird, besteht auch keine Notwendigkeit, die medizinische Behandlung im Bundesgebiet vollständig abzubrechen, da der BF 4 als serbischer Staatsbürger nach 90 tägigem Aufenthalt in Serbien zur Wiedereinreise ua. auch für medizinische Behandlungen berechtigt ist.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in Serbien

Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Serbien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

2.4. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus

Die unter Pkt. II.1.4. getroffenen unstrittigen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen, vgl. etwa:

https://covid19-dashboard.ages.at/dashboard.html

https://covid19.who.int/region/euro/country/rs

https://orf.at/corona/daten/oesterreich

https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

(Zugriff jeweils am 19.01.2021)

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG 2005 hat das Bundesamt gem. § 58 Abs. 3 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Gemäß § 57 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

Eine Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gem. § 57 AsylG 2005 ist im Falle sämtlicher BF ausgeschlossen. Es sind im gesamten Verfahren weder Umstände vorgebracht worden, die eine Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels rechtfertigen würden, noch sind derartige Umstände amtswegig hervorgetreten.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides waren daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu den Beschwerden gegen die Spruchpunkte II. der angefochtenen Bescheide (Rückkehrentscheidungen)

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gem. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten umfasst, sondern auch entfernte verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

Da sich der BF1 und die BF2 als Eltern des BF3 und des BF4 zusammen in Österreich aufhalten, ist vom Vorliegen eines Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK auszugehen. Da sich die aufenthaltsbeende Maßnahme aber gleichermaßen gegen den BF 1 bis 4 richtet und der Aufenthalt der Familie als Ganzes zu beenden ist, entspringt hieraus kein Eingriff in das Recht auf Familienleben iSd Art. 8 ERMK.

Es ist weiters zu prüfen, ob durch die Rückkehrentscheidung auch in das Recht der BF auf Privatleben eingreifen wird:

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60.654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff.).

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer notwendig ist.

Daher ist zu prüfen, ob der Eingriff in das Recht der BF auf Achtung des Privat- und Familienlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verfolgt. Es ist eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch die Rückkehrentscheidung auch als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187).

Da sämtliche BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich verfügen, den ihnen zukommenden visumfreien Aufenthaltszeitraum eklatant überschritten haben, das Familienleben in Österreich im Zuge dieses unrechtmäßigen Aufenthaltes entstanden ist, die BF2 einer unrechtmäßigen Beschäftigung nachgegangen ist und weder der BF1 noch die BF2 zur Aufnahme einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit in Österreich berechtigt sind, erscheint der Eingriff in das Recht der BF auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK jedenfalls gerechtfertigt, zumal das gemeinsame Familienleben in Serbien fortgesetzt werden kann und immer noch starke Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen. Es ist anhand der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch von keiner Aufenthaltsverfestigung auszugehen.

Darüber hinaus ist die etwas mehr als zweijährige Aufenthaltsdauer der BF 1 bis 4 iSd höchstgerichtlicher Rsp. noch nicht weiter beachtlich, zumal der Aufenthalt aller BF mit Überschreiten des 91 Tages ihres Aufenthaltes unrechtmäßig wurde.

Zudem ist hinsichtlich der BF 1 und BF 2 explizit anzuführen, dass sie trotz einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung zuerst aus dem Bundesgebiet ausgereist sind, nur um erneut – nicht zu lediglich touristischen Zwecken - in das österreichische Bundesgebiet einzureisen und ihren unrechtmäßigen Aufenthalt somit prolongiert haben.

Soweit die BF 2 und der BF 1 angeben, nur erneut eingereist zu sein, um ihren Aufenthaltsstatus im Bundegebiet zu legalisieren ist das in keiner Weise glaubwürdig, sondern schon aus rechtlichen Gründen eine reine Schutzbehauptung: Gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 NAG müssen Fremde, gegen die eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde zumindest 18 Monate außerhalb des Bundesgebiet verbracht haben, damit eine Inlandsantragstellung iSd § 21 NAG wieder zulässig würde. Zumal wären dem BVwG auch keine Bestrebungen des Gesetzgebers in Form von Regierungsvorlagen bekannt, die eine Lockerung der Anforderungen zur Erteilung von Aufenthaltstitel nach dem NAG vorsehen würden.

Dass sämtliche BF strafrechtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (z.B. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Hinsichtlich der BF 3 und 4 ist festzuhalten, dass diese in Serbien geboren und wurden und die prägenden Jahre ihrer Kindheit in Serbien verbracht haben. So waren bei der Übersiedelung ins Bundesgebiet der BF 3 bereits 13 Jahre und der BF 4 10 Jahre alt. Sowohl der BF 3 und BF 4 befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits am Ende des sog „adaptable age“ (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070) und war ihre Sozialisierung in Serbien bereits so gut wie abgeschlossen. Vielmehr stellt die Übersiedlung ins Bundesgebiet vor etwas mehr als 2 Jahren eine Entwurzelung des BF 3 und 4 dar. Jedenfalls sprechen alle BF Serbisch, sind mit den dortigen Gebräuchen und der Kultur vertraut und haben nach wie vor starke soziale und familiäre Bindungen nach Serbien. Eine Verletzung des Kindeswohls durch die Rückkehrentscheidungen gegen den BF 3 und 4 ist daher nicht ersichtlich, zumal BF 3 und 4 mit ihren Eltern, der BF 2 und dem BF 1 gemeinsam ausreisen werden.

An Verstößen gegen die öffentliche Ordnung ist allen BF der lange fortgesetzte Zeitraum des unrechtmäßigen Aufenthalts vorzuwerfen, bei den BF 1 und 2 tritt hinzu, dass sie in vollem Bewusstsein ihres erneut unrechtmäßigen Aufenthalts nach Ergehen der Rückkehrentscheidungen gegen den BF 1 nach nur kurzer Zeit der Ausreise erneut in Bundesgebiet eingereist sind und erneut die visumfreie Aufenthaltsdauer beharrlich überschritten haben, und erneut ihrer Ausreiseverpflichtung gemeinsam mit dem BF 3 und 4 nicht nachgekommen sind.

Hinzu tritt bei der BF 2 weiters ihre unrechtmäßige Beschäftigung im Bundesgebiet, wobei sie hierbei eine zweifelsfrei nach dem AuslBG nicht erlaubte Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Dass die gewählte Konstruktion mit besagtem „Dienstleistungsvertrag“ lediglich dem (erfolglosen) Versuch der Umgehung des AuslBG dient, liegt auf der Hand. Es ändert in diesem Zusammenhang auch nichts, dass die BF 2 als „Scheinselbstständige“ eine Zeit lange Sozialversicherungsbeiträge an die SVS entrichtet hat, da dieser Umstand letztlich auch in Zusammenhang mit der versuchten Umgehung des AuslBG steht. Dies ergibt sich zweifelsfrei auch aus dem Strafantrag der Finanzpolizei hinsichtlich der „Auftraggeberin“ der BF 2 (Verfahren 2238368-1, AS 79f).

Schon im Hinblick auf den erst seit Februar 2020 bestehenden durchgehenden Aufenthaltszeitraum ist nicht von derart überdurchschnittlichen Integrationsleistungen der BF 1 bis 5 auszugehen, dass diese einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würden.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung iSd § 9 BFA-VG ist das Bundesamt somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes sämtlicher BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt zusammengefasst keine Verletzung des Rechts der BF auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide war daher im Ergebnis ebenfalls gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. der angefochtenen Bescheide (Zulässigkeit der Abschiebung)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005)).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung sämtlicher BF in den Herkunftsstaat Serbien ist gegeben, da nach den Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. In diesem Zusammenhang ist explizit darauf hinzuweisen, dass der BF4 an keiner die Schwelle des Art. 2 bzw. 3 EMRK erreichenden Krankheit leidet, die in Serbien nicht behandelbar wäre und somit einer Abschiebung nach Serbien im Wege stünde.

So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21.02.2017, Ro 2016/18/0005, klargestellt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff). Zudem führt die Abschiebung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu einer Verletzung von Art. 3 MRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 183f).

Diese von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien sind im Falle des BF4, wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, keinesfalls erfüllt. Ergänzend ist festzuhalten, dass entgegen dem impliziten Vorbringen in der Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 19.01.2021 (alle Verfahren OZ 2) auch kein tatsächlicher Abbruch der Behandlung des BF 4 im Bundesgebiet erfolgen muss. Soweit der BF 1 und die BF 2 nach ihrer Rückkehr nach Serbien die Befristung ihres nur sechsmonatigen Einreiseverbots abgewartet haben, können Sie gemeinsam mit dem BF 4 zu dessen Behandlung bzw. Operation in Bundesgebiet für 90 Tage zurückkehren. Dieser Zeitraum sollte zweifelsfrei ausreichen, um die notwendige Operation vornehmen zu lassen und bietet dieser Zeitraum auch ausreichend Spielraum für eine Nachbehandlung des BF 4.

Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte liegt für Serbien nicht vor, weshalb die Abschiebung sämtlicher BF nach Serbien zulässig ist.

Zudem ist eine spezielle Gefährdung sämtlicher BF im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK hinsichtlich der COVID-19-Pandemie nicht ersichtlich. Sie fallen weder in die Risikogruppen der älteren Personen noch in jene der Personen mit spezifischen relevanten physischen Vorerkrankungen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie bei einer Rückkehr nach Serbien eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätten. Weiters ist anhand des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation über Serbien erkennbar, dass die medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide war daher im Ergebnis ebenfalls § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. der angefochtenen Bescheide (Frist für die freiwillige Ausreise)

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg.cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 leg.cit. 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, jene Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist zur freiwilligen Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden (§ 55 Abs. 3 leg.cit.).

Da derartige Umstände von sämtlichen BF nicht behauptet worden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide war daher ebenfalls gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. des erst- und zweitangefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 leg.cit. ist, vorbehaltlich des Abs. 3 leg.cit., für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Die Frist des Einreiseverbotes beginnt gem. § 53 Abs. 4 FPG mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Unabhängig davon ist aber grundsätzlich anzumerken, dass die Ziffern 1 bis 9 laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 einen Katalog darstellen, der lediglich "demonstrativ" Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (vgl. RV 1078 BlgNR XXIV GP , 30). In diesem Zusammenhang wird aber auch davon auszugehen sein, dass zur Verwirklichung des Tatbestandes, der die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit rechtfertigt, die Erfüllung eines annähernd zu den Z 1 bis 9 gleichwertig zu qualifizierenden Tatbestandes vorauszusetzen sein wird (vgl. dazu etwa VwGH 18.03.2014, Zl. 2013/22/0332).

Das Bundesamt geht davon aus, dass der BF1 im Bundesgebiet keiner erlaubten Beschäftigung nachgehe. Es bestehe somit der Verdacht, dass er nicht im Stande sei, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet legal und aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Zudem habe der BF1 die sichtvermerksfreie Aufenthaltsdauer im Bundegebiet bei Weitem überschritten.

Hinsichtlich der BF2 führt das Bundesamt aus, dass in ihrem Falle § 53 Abs. 2 Z 7 erfüllt sei, weil sie bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die sie nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Einschätzung des Bundesamtes an:

Der BF1 und die BF2 erfüllen jedenfalls § 53 Abs. 2 Z 6 FPG, weil sie über keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich verfügen und somit auch keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen, weshalb sie nicht in der Lage sind, ihren Unterhalt auf legalem Wege zu finanzieren. Daran ändert auch der Umstand nicht, dass der BF1 anführt, über 4.000 Euro aus seiner beruflichen Tätigkeit in Frankreich zu verfügen, weil damit das Einkommen der Familie nicht dauerhaft gesichert ist.

Hinsichtlich der BF2 ist zusätzlich Z 7 leg.cit. erfüllt, da sie bei einer Beschäftigung betreten worden ist, die sie nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, wobei auf die detaillierten Ausführungen in der Beweiswürdigung, insb. auf die rechtliche Qualifikation des „Dienstleistungsvertrages“ zwischen dem Unternehmen der BF2 und der „LUMIX Cleaning Service OG“, verwiesen werden kann.

Da der Katalog des § 52 Abs. 2 FPG lediglich demonstrativen Charakter aufweist, ist im Falle des BF1 weiters der Umstand zu berücksichtigen, dass er bereits mehrfach wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet angezeigt worden ist und trotz einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung gegen ihn erneut nach Österreich – nicht zu touristischen Zwecken – eingereist ist, die sichtvermerksfreie Aufenthaltsdauer im Bundegebiet bei Weitem überschritten hat, somit seinen unrechtmäßigen Aufenthalt prolongiert und beharrlich die fremdenrechtlichen Bestimmungen missachtet.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung iSd. § 53 Abs. 2 Z 6 FPG dann indiziert ist, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, weil aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0284). Dabei obliegt es dem Fremden initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sein Unterhalt, auf den ein Rechtsanspruch bestehen muss, für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2018/20/0349).

Im Zusammenhang mit „Schwarzarbeit“ ist ebenfalls auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311), wonach die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047, mwN). Zudem stellen nach VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0371 ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet und eine ohne arbeitsmarktrechtlicher Bewilligung ausgeübten Erwerbstätigkeit eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar.

Den persönlichen Interessen der BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich bzw. einer zeitnahen Wiedereinreise in das Bundesgebiet steht das öffentliche Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

Bezüglich der Dauer des Einreiseverbotes von 3 Jahren teilt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht des Bundesamtes sowohl hinsichtlich des BF1 als auch der BF2 allerdings nicht.

Die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbotes stellt keinen rein mathematischen Vorgang dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0219, Rn. 7), was auch für das Einreiseverbot gilt (VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232). Nach VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311 soll die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes nur dann erfolgen, wenn dem Drittstaatsangehörigen bloß eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (oder Sicherheit) anzulasten ist (vgl. in diesem Sinn mit näheren Ausführungen VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0207 u.a.).

 

Im ggst. Fall zeig sich bei den BF 1 und 2 ein Charakterbild, dass die Achtung fremdenrechtlicher und arbeitsmarktrechtlicher Bestimmungen in einem gewissen Ausmaß vermissen lässt. Dennoch verkennt das BVwG nicht, dass die Handlungen der BF 1 und 2 primär darauf ausgerichtet war, dem BF 3 und 4 ein besseres Leben und dem BF 4 eine hochwertige medizinische Behandlung zu ermöglichen. Auch entspricht die Art und Weise wie die BF 2 ihre unrechtmäßige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, nicht dem „üblichen“ Fall, bei dem durch Schwarzarbeit nicht nur Sozialversicherungsabgaben, sondern auch Einkommensteuern hinterzogen werden. Die BF 2 hat – wenn auch zum Schein – ein Gewerbe angemeldet und auch zumindest über einen gewissen Zeitraum Pflichtversicherungsbeiträge an die SVS entrichtet. In Anbetracht dieser Tatsachen erscheint dem BVwG die vom BF 1 und der BF 2 ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung als eher moderat, weshalb den öffentlichen Interessen mit der Verhängung eines einjährigen Einreiseverbots Genüge getan sein sollte. In Anbetracht der Möglichkeit des BF 4 sich bei entsprechender Finanzierung weiter im Bundesgebiet behandeln zu lassen, und der Notwendigkeit der Begleitung durch zumindest einen Elternteil, erscheint diese Befristung ausreichend, um den BF 1 und BF 2 die Rechtswidrigkeit ihres Handelns vor Augen zu führen.

 

Die Beschwerden gegen die Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides waren daher mit der Maßgabe der Herabsetzung der Befristung der Einreiseverbote auf 1 Jahr und der Anpassung der Rechtsgrundlage des Einreiseverbots beim zweitangefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.6. Zum Unterbleiben einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in der Beschwerde der Beurteilung durch den angefochtenen Bescheid auch nichts Konkretes auf Sachverhaltsebene entgegengehalten wird, womit der erste Tatbestand des § 21 Abs. 7 BFA-VG erfüllt ist. Hinsichtlich der körperlichen Fehlbildung des BF 4 wurden die Angaben in der Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 19.01.2021 als wahr angenommen und diesem Erkenntnis zu Grunde gelegt.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2020 ausgeführt wird, der BF2 sei lediglich ein schriftliches Parteiengehör im Zuge der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen sie eingeräumt worden, was zu einer Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens führe, weil es auf den persönlichen Eindruck der BF2 ankomme. Anhand der Aktenlage ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt jedenfalls als geklärt anzusehen, insbesondere, weil die BF 2 im Verfahren zur Erlassung der ersten Rückkehrentscheidung gegen sie Mitte 2019 bereits vom Bundesamt einvernommen worden ist, wenngleich es zur Erlassugn einer solchen dann nicht kam. Wesentliche Sachverhaltsänderungen sind aufgrund des bloß kurzen Zeitraums bis zum nunmehr zweiten Verfahrens hinsichtlich einer Rückkehrentscheidung gegen sie nicht ersichtlich, zumal solche Sachverhaltsänderung auch weder in der Stellungnahme der BF 2 ans das Bundesamt noch in der Beschwerde vorgebracht werden.

Zu Spruchteil B)

Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

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