BVergG 2018 §141 Abs1 Z7
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §5
BVergG 2018 §79
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W273.2238848.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Vorsitzende sowie Mag. Wolfgang POINTNER als fachkundigen Laienrichter auf Auftraggeberseite und Mag. Julia WEISS als fachkundige Laienrichterin auf Auftragnehmerseite über den Antrag der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. XXXX betreffend das Vergabeverfahren „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung - Baumeisterarbeiten“ der Auftraggeberin ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b, 1020 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft mbH , Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge „die Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren ‚Ausschreibung 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung – Baumeisterarbeiten‘ vom 14.01.2021, nämlich die Absichtserklärung, dass der Zuschlag der XXXX erteilt werden soll, für nichtig erklären“ wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 21.01.2021 stellte die Bietergemeinschaft bestehend aus 1. XXXX sowie 2. XXXX vertreten durch CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH, Bozner Platz 4, 6020 Innsbruck (im Folgenden für den Verfahrensgang: „die Erstantragstellerin“) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung - Baumeisterarbeiten“ (im Folgenden auch „das Vergabeverfahren“) der ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b, 1020 Wien, (im Folgenden auch „Auftraggeberin“) vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft mbH , Trabrennstraße 2c, 1020 Wien. Die Antragstellerin beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge der Antragstellerin Akteneinsicht gewähren, eine mündliche Verhandlung durchführen und die Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren, nämlich die Absichtserklärung, dass der Zuschlag der XXXX (im Folgenden auch „die präsumtive Zuschlagsempfängerin“) erteilt werden soll, für nichtig erklären und der Auftraggeberin auftragen, der Antragstellerin die Kosten für den Nachprüfungsantrag zu ersetzen. Die Antragstellerin verband ihren Antrag auf Nichtigerklärung mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
1.1. Die Erstantragstellerin bringt zusammengefasst vor, die Bewertung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin anhand des Zuschlagskriteriums 3 „Personalreferenz Bauleiter“ sei rechtswidrig, das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei gemäß § 141 Abs. 1 1 Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden gewesen und in eventu für den Fall, dass ein anderer als der ursprünglich genannte Bauleiter im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin namhaft gemacht worden sei, sei die Bewertung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin anhand des Zuschlagskriteriums 3 „Personalreferenz Bauleiter“ fehlerhaft.
2. Mit Schreiben vom 21.01.2021 verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Auftraggeberin und die im Nachprüfungsantrag genannte präsumtive Zuschlagsempfängerin von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens durch die Erstantragstellerin.
3. Mit Schriftsatz vom 25.01.2021 stellte die XXXX vertreten durch Pflaum Karlberger Wiener Opetnik Rechtsanwälte, Nibelungengasse 1, 1010 Wien, (im Folgenden „die Zweitantragstellerin“) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021 im Vergabeverfahren. Die Zweitantragstellerin beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge der Antragstellerin Akteneinsicht gewähren, eine mündliche Verhandlung durchführen und die Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021 für nichtig erklären und der Auftraggeberin auftragen, der Antragstellerin die Pauschalgebühr zu ersetzen. Die Antragstellerin verband ihren Antrag auf Nichtigerklärung mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
4. Mit Schreiben vom 25.01.2021 verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Auftraggeberin und die im Nachprüfungsantrag genannte präsumtive Zuschlagsempfängerin von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens durch die Zweitantragstellerin.
5. Mit Schreiben vom 25.01.2021 erteilte die Auftraggeberin die Allgemeinen Auskünfte zum Vergabeverfahren und legte die Unterlagen des Vergabeverfahrens in Form eines elektronischen Zugangs zum Vergabeportal vor. Die Auftraggeberin nahm zum Antrag auf Akteneinsicht Stellung und beantragte, bestimmte Informationen des Vergabeverfahrens zum Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Bieter von der Akteneinsicht durch die Erstantragstellerin und die Zweitantragstellerin (im Folgenden gemeinsam „die Antragsteller“) auszunehmen.
6. Mit Eingabe vom 29.01.2021 legte die Zweitantragstellerin den Nachprüfungsantrag in betreffend die Parteibezeichnung der Auftraggeberin berichtigter Form vor.
7. Die Antragsteller entrichteten jeweils insgesamt EUR 9.723,-- an Pauschalgebühren.
8. Das Bundesverwaltungsgericht untersagte der Auftraggeberin mit einstweiliger Verfügung vom 29.01.2021 zu W273 2238848-1 und vom 01.02.2021 zu W273 2238946-1 im Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen.
9. Mit Schreiben vom 28.01.2021 nahm die Auftraggeberin zum gesamten Antragsvorbringen der Antragsteller Stellung.
10. Mit Schreiben vom 29.01.2021 erstattete die präsumtive Zuschlagsempfängerin begründete Einwendungen und beantragte, Informationen ihr Angebot betreffend von der Akteneinsicht durch die Antragsteller auszunehmen.
11. Mit Beschluss vom 08.02.2021 verband das Bundesverwaltungsgericht die Verfahren zu den Nachprüfungsanträgen der Antragsteller zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.
12. Mit Schreiben vom 08.02.2021 forderte das Bundesverwaltungsgericht die präsumtive Zuschlagsempfängerin auf, darzulegen, welche Informationen bezüglich des Referenzprojektes aus welchem Grund schutzwürdig seien.
13. Mit Schreiben vom 09.02.2021 nahm die präsumtive Zuschlagsempfängerin zu den Geheimhaltungsinteressen betreffend das Personalreferenzprojekt Stellung. Die Auswahl des Personalreferenzprojektes sei eine strategische Entscheidung gewesen, die Geheimhaltungsinteresen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin würden überwiegen.
14. Mit Schreiben vom 10.02.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die bis zu diesem Datum eingelangten Schriftsätze den jeweils anderen Parteien in geschwärzter Fassung.
15. Mit Schriftsatz vom 11.02.2021 stellte die Zweitantragstellerin einen Antrag auf umfassende Akteneinsicht in das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin.
16. Mit Schreiben vom 12.02.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Akteneinsicht der Zweitantragstellerin zur Kenntnis.
17. Mit Schreiben vom 15.02.2021 teilte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien mit, dass über den Antrag auf Akteneinsicht der Zweitantragstellerin in der mündlichen Verhandlung entschieden werden würde.
18. Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 16.02.2021 erstattete die Zweitantragstellerin weiteres Vorbringen.
19. Mit Schreiben vom 17.02.2021 wurde der vorbereitende Schriftsatz der Zweitantragstellerin den übrigen Parteien zur Kenntnis übermittelt.
20. Mit Schreiben vom 17.02.2021 stellte die Erstantragstellerin einen umfassenden Antrag auf Akteneinsicht.
21. Mit Schreiben vom 17.02.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den übrigen Verfahrensparteien den Schriftsatz der Erstantragstellerin vom 17.02.2021 zur Kenntnis.
22. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.02.2021 eine mündliche Verhandlung durch. Die von der Auftraggeberin beantragten Zeugen wurden teilweise per Videokonferenz zur Verhandlung zugeschaltet. In der mündlichen Verhandlung beschloss der Senat gemäß § 21 Abs. 2 iVm § 31 Abs. 2 VwGVG bezüglich der Anträge der Antragsteller auf Akteneinsicht, dass die Bezeichnung des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Vergabeverfahren angegebenen Referenzprojekts mit Ausnahme des Namens des Bauleiters der präsumtiven Zuschlagsempfängerin der Akteneinsicht durch die übrigen Verfahrensparteien unterliegen und dass alle darüberhinausgehenden Inhalte des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Erst- und der Zweitantragstellerin sowie andere Bestandteile des Vergabeakts betreffend die Angebote von der Akteneinsicht durch die jeweils anderen Verfahrensparteien, die Bieter im Vergabeverfahren sind, ausgenommen sind.
23. Mit Schriftsatz vom 02.03.2021 zog die Zweitantragstellerin ihren Nachprüfungsantrag vom 25.01.2021 zurück.
24. Mit Schreiben vom 03.03.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Schriftsatz der Zweitantragstellerin vom 02.03.2021 den anderen Verfahrensparteien zur Kenntnis.
25. Am 09.03.2021 fasste der Senat den Beschluss, die beim Bundesverwaltungsgericht zu den GZ W273 2238848-2 und GZ 273 2238946-2 geführten Nachprüfungsverfahren gemäß § 31 Abs 2 VwGVG iVm 342 Abs 4 BVergG 2018 aufgrund der Zurückziehung des Antrages der Zweitantragstellerin wieder getrennt zu führen.
26. Am 09.03.2021 erfolgte nach eingehender Beratung die Beschlussfassung im Senat über den Antrag der Erstantragstellerin.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den Inhalten der Ausschreibung
Die ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b1020 Wien (im Folgenden „die Auftraggeberin“) schrieb unter der Bezeichnung „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung - Baumeisterarbeiten“ einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich aus. Die Ausschreibung wurde am 08.10.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter der GZ 2020/S197-473521 veröffentlicht. Die Auftraggeberin führt ein offenes Verfahren nach dem Bestangebotsprinzip durch. Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR XXXX Das Vergabeverfahren wird elektronisch geführt. Vergebende Stelle ist die Bundesimmobiliengesellschaft mbH , Trabrennstraße 2c, 1020 Wien (Vergabeakt, allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin).
Das ausschreibungsgegenständliche Objekt befindet sich in Innsbruck an der Ecke Kapuzinergasse / Kaiserjägerstraße – einem Areal zwischen der ÖBB-Unterinntalstrecke Ing. Etzel-Straße und der Innsbrucker Altstadt. Gegenüber befindet sich ein an den XXXX angeschlossener Sportplatz (Vergabeakt).
Die Eignungs- und Zuschlagskriterien lauten auszugsweise (Eignungs- und Zuschlagskriterien, Vergabeakt):
„1. EIGNUNGSKRITERIEN UND DEREN NACHWEISE
Von einem Bieter/Mitglied einer Bietergemeinschaft/Subunternehmer wird gefordert, dass dieser jene Eignungskriterien erfüllt, die sicherstellen, dass der Bieter/Mitglied einer Bietergemeinschaft/Subunternehmer zur Umsetzung der erforderlichen Leistungen geeignet ist und über das dem Auftragsvolumen und Terminen und Fristen entsprechende qualifizierte Eigenpersonal verfügt.
Sofern ein Bieter/Mitglied einer Bietergemeinschaft/Subunternehmer nicht in einer Liste geeigneter Unternehmer (z. B. Auftragnehmerkataster Österreich) eingetragen ist oder die diesbezüglichen Nachweise aktuell dort nicht verfügbar sind, hat der Bieter/Mitglied einer Bietergemeinschaft/Subunternehmer diese entweder bereits im Angebot oder binnen der, im Rahmen der Prüfung genannten Frist, vorzulegen.
Sofern sich der Bieter im Oberschwellenbereich zum Nachweis seiner Eignung für das gegenständliche Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber darauf beruft, dass er bestimmte Eignungsnachweise bereits in einem früheren Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich dem Auftraggeber vorgelegt hat, hat der Bieter zugleich dieses frühere Vergabeverfahren eindeutig zu bezeichnen (inkl. Datum, Geschäfts-/Aktenzahl des Auftraggebers).
1.1. Befugnis
Der Bieter muss zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe über die Befugnis(se) zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen verfügen. Er hat eine diesbezügliche verbindliche Erklärung durch Auflistung seiner Befugnis(se) und der Befugnis(se) der von ihm bekanntgegebenen Subunternehmer abzugeben (vgl. Angebotsschreiben Punkt 20). Der Bieter ist jedenfalls abschließend verantwortlich über die notwendige(n) Befugnis(se) entsprechend den Regelungen des Bundesvergabegesetzes zu verfügen und kann diese bereits seinem Angebot anschließen.
Bieter/Subunternehmer, die nicht ihren Sitz bzw. ihre Niederlassung in Österreich haben, haben den Nachweis ihrer Befugnis durch eine Bestätigung gemäß BVergG 2018 zu erbringen.
1.2. Wirtschaftliche/finanzielle und technische Leistungsfähigkeit
1.2.1. Gesamtumsatz
Der Bieter hat dem Angebot auch einen Nachweis über den Gesamtumsatz für die letzten 3 Jahre (bzw. für den seit Unternehmensgründung bestehenden Zeitraum bei Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind) vorzulegen (Beilage Umsatzentwicklung). Auf gesondertes Verlangen des Auftraggebers sind weiter Bilanzen für diesen Zeitraum vorzulegen.
Als Mindestanforderung muss der Bieter (bzw alle Mitglieder einer Bietergemeinschaft zusammen) in diesem Zeitraum für jedes Jahr einen Gesamtumsatz von mindestens EUR 5.000.000,-- exkl. USt nachweisen.
1.2.2. Bauhaftpflichtversicherung
Der Bieter hat den Nachweis zu erbringen, dass er über eine aufrechte Haftpflichtversicherung oder eine Zusage eines Versicherers, im Auftragsfall eine solche Haftpflichtversicherungsdeckung dem Bieter zu gewähren (sogenannte Vorpromesse), mit einer dem gegenständlichen Leistungsinhalt und der Auftragshöhe entsprechenden Versicherungssumme verfügt.
1.2.3. KSV-Rating
Der Bieter hat zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Bonitäts- und Risikobewertung des Kreditschutzverbands von 1870 (in der Folge „KSV“) beizubringen, welche unter dem Wert von 399 Punkten (Gesamtbewertung) liegen muss oder eine damit vergleichbare Bonitäts- oder Risikobewertung einer anderen renommierten Ratingagentur. Kann mangels Vergleichbarkeit des Ratings der anderen Ratingagentur die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht bestätigt werden, behält sich der Auftraggeber vor, zur Überprüfung des vom Bieter angebotenen Ratings ein KSV-Rating einzuholen.
1.3. Zuverlässigkeit
Bieter werden von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen, wenn einer oder mehrere Ausschlussgründe gem. § 78 BVergG 2018 vorliegen.
Unbeschadet einer allfällig vorgelegten Eigenerklärung werden die Nachweise für die berufliche Zuverlässigkeit des Bewerbers und seiner allfälligen Subunternehmer wie folgt festgelegt:
- hinsichtlich § 78 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 die Strafregisterbescheinigung gemäß des Strafregistergesetzes, bzw. die Registerauskunft für Verbände gemäß des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, oder eine gleichwertige Bescheinigung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde des Sitzstaates des Unternehmers,
- hinsichtlich § 78 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018 die Insolvenzdatei gemäß der Insolvenzordnung – IO, oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers,
- hinsichtlich § 78 Abs. 1 Z 3 BVergG 2018 der Firmenbuchauszug gemäß des Firmenbuchgesetzes, und die Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) gemäß der Gewerbeordnung – GewO, oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers, und
- hinsichtlich § 78 Abs. 1 Z 6 BVergG 2018 die letztgültige Kontobestätigung bzw. Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Sozialversicherungsträgers und die letztgültige Rückstandsbescheinigung gemäß der Bundesabgabenordnung – BAO, oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers.
Strafregisterauszüge sind nur von handelsrechtlichen Geschäftsführern/Vorstandsmitgliedern vorzulegen. Von Prokuristen und Mitgliedern des Aufsichtsrates ist die Beibringung nicht erforderlich.
Der Auftraggeber kann vom Ausschluss von Unternehmern nach den obigen Bestimmungen Abstand nehmen, wenn auf deren Beteiligung in begründeten Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nicht verzichtet werden kann, oder – im Falle von Rückständen bei Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuern und Abgaben – wenn nur ein geringfügiger Rückstand besteht.
2. ZUSCHLAGSKRITERIEN
Der Zuschlag wird gemäß § 91 Abs. 4 BVergG 2018 erteilt:
☐ dem Angebot mit dem niedrigsten Preis
☒ dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot
Im Falle der Auftragserteilung nach dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot gelten für die im Zuge der Angebotsprüfung nicht ausgeschiedenen Angebote nachstehende gekennzeichnete (angekreuzte) Kriterien.
Kriterium | Gewichtung
|
1 ☒ Gesamtpreis Anmerkung: Die Bewertung des Gesamtpreises erfolgt mittels nachstehender Formel: Gewichtete Punkteermittlung = (Gesamtpreis des nicht ausgeschiedenen Billigstbieters) : (Gesamtpreis des jeweiligen Bieters) x (100) x (Gewichtung) (Das gewichtete Punkteergebnis wird auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundet) | 85% |
2 ☒ Angebotene Gewährleistungsfristverlängerung Anmerkung: Die Bewertung der angebotenen Gewährleistungsfrist(en) erfolgt mittels nachstehender Formel: Pro angebotenem zusätzlichen Gewährleistungsjahr: 1 Punkt (maximal + 3 Punkte) Gewichtete Punkteermittlung = (erreichte ungewichtete Punkte): 3 x (100) x (Gewichtung) (Das gewichtete Punkteergebnis wird auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundet) | 5 %
|
3 ☒ Personalreferenz Bauleiter * Anmerkung: Die Bewertung dieses Zuschlagskriteriums erfolgt mittels nachstehender Formel: Gewichtete Punkteermittlung = (Erreichte ungewichtete Gesamtpunkteanzahl): (Maximal erreichbare ungewichtete Gesamtpunkteanzahl) x (100) x (Gewichtung) (Das gewichtete Punkteergebnis wird auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundet) | 10 %
|
*) Zum Zuschlagskriterium Personalreferenz Bauleiter:
Der Bieter hat den für die Baumeisterarbeiten maßgeblichen Bauleiter, den er beim ausschreibungsgegenständlichen Projekt verbindlich einsetzen wird, in der Beilage [m] namentlich bekannt zu geben. Eine nachträgliche Namhaftmachung (Nachnominierung) dieser Schlüsselperson nach Angebotsöffnung ist unzulässig. Fehlt daher dem Angebot zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung eine verbindliche namentliche Nennung der verlangten Schlüsselperson, ist das Angebot mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und ist ohne Verbesserungsmöglichkeit zwingend auszuscheiden.
Der bekannt gegebene Bauleiter ist im Auftragsfall verbindlich einzusetzen und muss während der Gesamtdauer der ausschreibungsgegenständlichen Leistungserbringung zur Verfügung stehen. Er kann nur mit Zustimmung des Auftraggebers abgezogen bzw. ausgetauscht werden.
Hinsichtlich einer vorgeschlagenen Ersatzperson sind dem Auftraggeber die gleichen wie im Vergabeverfahren geforderten Unterlagen bzw. Nachweise vorzulegen. Der Auftraggeber wird einem Abzug oder Wechsel dann zustimmen, wenn der Auftragnehmer die Gleichwertigkeit der Qualifikation der vorgeschlagenen Ersatzperson nachweist und keine sonstigen wesentlichen Gründe gegen den Wechsel oder Abzug der vorgeschlagenen Ersatzperson sprechen.
Für den Fall, dass der Auftragnehmer nicht den genannten Bauleiter einsetzt bzw. keine geeignete Ersatzperson aufbringen kann, beträgt die Vertragsstrafe 0,1 ‰ der Auftragssumme pro Person und Tag.
Sollte der Auftragnehmer – trotz wiederholter Aufforderung durch den Auftraggeber – nicht den genannten Bauleiter oder eine geeignete Ersatzperson einsetzen, ist der Auftraggeber zudem berechtigt, mit sofortiger Wirkung vom Vertrag zurückzutreten und hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
Punkteschema (Subkriterien):
Die Qualität der Leistungserbringung hängt maßgeblich von der Erfahrung und Kompetenz des eingesetzten Obermonteurs ab. Die qualitativen Unterschiede der Angebote in Hinblick auf die Erfahrung und Kompetenz des zum Einsatz kommenden Bauleiters werden wie folgt bewertet:
Die maximal erreichbare Gesamtpunktezahl bei diesem Qualitätskriterium beträgt 100 (ungewichtete) Punkte. Davon kann der Bieter bei dem Subkriterium Berufserfahrung 50 Punkte, beim Subkriterium Personalreferenz 50 Punkte erreichen: Subkriterium Berufserfahrung.
Zum Nachweis der Berufserfahrung ist mit dem Angebot ein Lebenslauf des zum Einsatz kommenden Bauleiters abzugeben, aus dem die Erfahrung in der Funktion als Bauleiter hervorgeht.
Je länger die Berufserfahrung in der genannten Funktion ist, desto mehr Punkte können in diesem Subkriterium erreicht werden:
Berufserfahrung in Jahren Erreichbare Punkte
< 3 Jahre 0
3 bis 5 Jahre 15
5 bis 7 Jahre 30
> 7 Jahre 50
Subkriterium Personalreferenz
Der Bieter hat eine Referenz des zum Einsatz kommenden Bauleiters anzugeben, bei der dieser als Bauleiter tätig war. Die Referenz muss innerhalb der letzten 5 Jahre erbracht worden sein (maßgeblich ist der Zeitpunkt der Übergabe an den Auftraggeber). Andernfalls wird das Referenzprojekt nicht bewertet.
Zum Nachweis dieser Personalreferenz ist die Beilage [m] auszufüllen und vom Referenz- Auftraggeber zu bestätigen. Der Bieter erklärt sich damit einverstanden, dass der Auftraggeber zur Überprüfung der angegebenen Referenzdaten mit dem Referenz-Auftraggeber Kontakt aufnimmt.
Nennt der Bieter mehr als das geforderte Referenzprojekt, wird trotzdem nur ein Referenzprojekt für die Bewertung des Subkriteriums herangezogen. In diesem Fall wird der Bieter aufgefordert, das für die Prüfung heranzuziehende Referenzprojekt verbindlich festzulegen.
Die Personalreferenz wird wie folgt bewertet:
Referenzprojekt | Erreichbare Punkte
|
Großvolumiges (BRI > 120.000 m3) innerstädtisches Bauprojekt | 50
|
2.1. Bei Punktegleichstand wird jenem Angebot der Vorzug gegeben, das im Zuschlagskriterium „Angebotene Gewährleistungsfrist(en)“ die höhere Punkteanzahl erreicht hat. Für den Fall, dass ein Punktegleichstand besteht und auch die Gewährleistungsfristverlängerung dieselbe ist, entscheidet das Los.
2.2. Der Auftraggeber hält in Bezug auf § 133 Abs. 5 Z 4 BVergG 2018 fest, dass von den Zuschlagskriterien nur der Gesamtpreis (Kriterium 1) und – wenn als Kriterium festgelegt – die Gewährleistungsfristverlängerung (Kriterium 2) protokolliert wird.“
Die Fragebeantwortung Nr. 25 der Auftraggeberin lautet:
"Frage: Es wird ein Referenzprojekt – großvolumiges (BRI > 120.000 m³) innerstädtisches Bauprojekt für die Bewertung herangezogen. Gehen wir Recht in der Annahme, dass für jedes innerstädtisches Referenzprojekt BRI > 120.000 m³ die volle Punktezahl (50) erreichbar ist und wenn die BRI < 120.000 m³ keine Punkte (0) erreichbar sind"
"Antwort: Diese Annahme ist korrekt".
1.2. Zu den im Vergabeverfahren abgegebenen Angeboten
Alle Bieter gaben ihre Angebote rechtzeitig innerhalb der Angebotsfrist über die elektronische Vergabeplattform ab (Vergabeakt). Die Namen und Angebotssummen ohne Umsatzsteuer der Bieter lauten (Vergabeakt, allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin):
XXXX
XXXX
XXXX
1.3. Zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin
Das Formblatt Personalreferenz Beilage [m] der XXXX (im Folgenden „die präsumtive Zuschlagsempfängerin“) lautet auszugsweise:
„Formblatt Personalreferenz
Referenz Bauleitung
Name der Schlüsselperson: | XXXX |
Berufserfahrung in der Schlüsselfunktion in Jahren: | XXXX |
Bei Ausführung des Referenzprojektes beschäftigt bei: | XXXX |
Name des Referenzprojektes: | XXXX |
Ort der Leistungserbringung: | XXXX |
Auftragserteilung am: | XXXX |
Übernahme am: | XXXX |
Auftragswert: | rd …. € |
BRI (Bruttorauminhalt) | …. m3 |
Bei Leistungserbringung in einer Arbeitsgemeinschaft oder als Subunternehmer Angabe des Leistungsteils in %: |
|
Bei Leistungserbringung in einer Arbeitsgemeinschaft Nennung der ARGE-Partner: |
|
Bei Weitergabe an Subunternehmer Angabe der Eigenleistung des Bieters in % |
|
Leistungsempfänger / Referenz-Auftraggeber: | XXXX |
Auskunftsperson beim Referenz-Auftraggeber: | … |
…
Bestätigung Auftraggeber des Referenzprojektes: Ich bestätige die Richtigkeit der oben angeführten Daten zum Referenzprojekt sowie dass das Projekt fachgerecht und ordnungsgemäß durchgeführt wurde |
|
„
Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Angebot im Formblatt Personalreferenz Beilage [m] angegebene Bauleiter wurde im Vergabeverfahren von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach Angebotsabgabe nicht ausgetauscht. Es wurde auch kein anderer Bauleiter im Vergabeverfahren nach Angebotsabgabe zusätzlich bekannt gegeben. Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Angebot in Beilage [m] genannte Bauleiter ist nicht XXXX (Vergabeakt).
Das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bekanntgegeben Personalreferenzprojekt „ XXXX “ (im Folgenden „das Personalreferenzprojekt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin“) befindet sich innerhalb des Stadtgebietes der Stadt XXXX im Stadtteil XXXX (Statistische Einteilung der Stadt XXXX , Quelle: https://www. XXXX .gv.at/data.cfm?vpath=redaktion/ma_i/allgemeine_servicedienste/statistik/dokumente38/raeumlichesbezugssystem/ XXXX -statistische-stadtteile.pdf ). Die Adresse lautet XXXX . Das Personalreferenzprojekt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin befindet sich zwischen der XXXX , dem Friedhof XXXX und dem XXXX -Westbahnhof. Durch die XXXX verläuft eine Straßenbahn (Google Maps Ausdruck zur Lage des Personalreferenzprojektes, Beilage ./I zum Protokoll der mündlichen Verhandlung).
Auftraggeberin des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angegebenen Personalreferenzprojektes war die XXXX . Diese bestätigte die Richtigkeit der angeführten Daten zum Referenzprojekt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durch Unterschrift vom 27.10.2020 auf der letzten Seite der Beilage [m]. Der Brutto-Raum-Inhalt des Personalreferenzprojekts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beträgt mehr als 120.000 m3 (Vergabeakt, Beilage [m] zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin).
Die Auftraggeberin überprüfte das Personalreferenzprojekt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hinsichtlich der Richtigkeit der Fertigstellung bzw. Projektübergabe und der Kubaturmenge (Brutto-Raum-Inhalt> 120.000m3) durch Anruf beim Projektverantwortlichen. Dieser bestätigte die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Formblatt Personalreferenz Beilage [m] angegebenen Informationen in diesem Umfang (Vergabeakt).
Kein Bieter wurde im Vergabeverfahren von der Auftraggeberin ausgeschieden (Vergabeakt).
1.4. Zur Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021
Die Mitteilungen der Zuschlagsentscheidung wurden am 14.01.2021 an alle Bieter versandt (Vergabeakt, allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin). Die an die Antragstellerin versandte Zuschlagsentscheidung lautet auszugsweise (Vergabeakt):
„…Sehr geehrte Damen und Herren, wir geben bekannt, dass der Zuschlag im oben angeführten Vergabeverfahren an XXXX erteilt werden soll. Die Vergabesumme beträgt EUR XXXX (zuzügl. gesetzl. USt). Die XXXX wurde mit ihrem Angebot entsprechend den in der Ausschreibung festgelegten Zuschlagskriterien mit einer Gesamtpunkteanzahl von 100 als Bestbieter ermittelt.
Zuschlagskriterium | Angebot Bestbieter | Ihr Angebot |
| Punkte | Punkte |
Gesamtpreis 85% – gewichtete Punkte | 85,00 | 80,49 |
Gewährleistung 5% – gewichtete Punkte | 5,00 | 5,00 |
Personalreferenz Bauleiter 10 % – gewichtete Punkte | 10,00 | 10,00
|
Gesamt | 100,00 | 95,49 |
Wir ersuchen um Verständnis, dass Ihr Unternehmen aufgrund der Ergebnisse der sachverständigen Angebotsprüfung und dem sich daraus ergebenden Ranking nicht ausgewählt werden konnte. Die Stillhaltefrist gemäß § 144 BVergG 2018 endet am 24.01.2021.
…“
(Vergabeakt).
Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt (Vergabeakt, Allgemeine Auskünfte der Auftraggeberinnen).
Die Antragstellerin entrichtete EUR 9.723,-- an Pauschalgebühren.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Feststellungen zu den Inhalten der Ausschreibung, zu den im Vergabeverfahren abgegebenen Angeboten und zur Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021
2.1.1. Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammer genannten Quellen, insbesondere aus dem von der vergebenden Stelle teilweise ausgeduckt sowie über einen elektronischen Zugang zum Vergabeportal mit vollständiger Lesebefugnis vorgelegten Vergabeakt des Bundesverwaltungsgerichts. Dies sind die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberinnen vertreten durch die vergebende Stelle erteilen können.
2.1.2. Die Echtheit und Richtigkeit von herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Diese Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche in den Unterlagen des Vergabeverfahrens traten nicht auf.
2.2. Feststellungen zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin
2.2.1. Die Auftraggeberin beantragte mit der elektronischen Vorlage des Vergabeaktes, bestimmte Unterlagen des Vergabeverfahrens von der Akteneinsicht auszunehmen: die Angebotsschreiben mit den Angaben zur Kalkulation in Punkt 7 und Punkt 8, die Subunternehmererklärungen mit den Angabe der eingesetzten Subunternehmer und % Anteil an der Gesamtleistung, ausgepreiste Leistungsverzeichnisse, sämtliche Kalkulationsformblätter, jene Teile der Prüfunterlagen, die nicht das Angebot der Antragsteller betreffen und aus denen Rückschlüsse auf die Angebotskalkulation sowie auf verwendete Materiealien und Lösungen möglich sind, wie insbesondere Preisspiegel, und die als vertraulich gekennzeichneten Unterlagen in künftigen Schriftsätzen.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin beantragte in den begründeten Einwendungen, sämtliche Informationen betreffend ihr Angebot, unter anderem auch das von ihr im Vergabeverfahren genannte Personalreferenzprojekt und den namhaft gemachten Bauleiter, von der Akteneinsicht durch die Antragsteller auszunehmen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin brachte dazu vor, das von der mitbeteiligten Partei namhaft gemachte Personalreferenzprojekt sei wesentlicher Bestandteil des Angebots der mitbeteiligten Partei und schon deshalb als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis einzustufen. Die Auswahl des Personalreferenzprojektes sei auf Basis einer strategischen Entscheidung der mitbeteiligten Partei erfolgt. Derartige Entscheidungen seien als schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einzuordnen, deren Offenlegung die Wettbewerbsposition des jeweiligen Unternehmens beeinträchtigen könnte. Hinsichtlich dieser Informationen würden die Geheimhaltungsinteressen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin überwiegen.
Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 17.02.2021 umfassende Akteneinsicht in das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: Einsicht in das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (ausgenommen Angaben zur Kalkulation und deren Grundlagen) samt Zeitstempel von der Abgabe auf der Vergabeplattform vor Ablauf der Angebotsfrist, insbesondere die Personalreferenz sowie Nachweise dazu (Baubeginnsanzeige, Meldung an das Arbeitsinspektorat, Schriftverkehr zu den Baubesprechungen); Subunternehmererklärung des betreffenden Subunternehmers, sofern die Personalreferenz Bauleiter substituiert wurde; Angebotsprüfung sämtlicher Angebote (ausgenommen Angaben zur Kalkulation und deren Grundlagen).
2.2.2. Das Recht auf Akteneinsicht ist in Bezug auf jene Angaben und Unterlagen eingeschränkt, die als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anzusehen sind. Dabei handelt es sich um Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht (OGH 20. 5. 2014, 4 Ob 55/14p). Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist ein allgemeiner Grundsatz (EuGH 14. 2. 2008, C-450/06, Varec, Rn 49). § 337 BVergG 2018 räumt den Parteien des Nachprüfungsverfahrens die Möglichkeit ein, bei der Vorlage von Unterlagen zu verlangen, diese vertraulich zu behandeln. Der Schutz der Vertraulichkeit im Nachprüfungsverfahren richtet sich nach § 17 Abs. 3 AVG iVm § 337 BVergG 2018 (VwGH 22. 5. 2012, 2009/04/0187; 9. 4. 2013, 2011/04/0207). Die abschließende Beurteilung, welche Unterlagen vertraulich zu behandeln sind, obliegt dem Bundesverwaltungsgericht (zu § 21 Abs 2 VwGVG siehe VfGH 2. 7. 2015, G 240/2014). Die vertrauliche Behandlung von Unterlagen und Informationen bedingt auch, dass sie entsprechend dem Grundsatz des fairen Verfahrens in Art 6 EMRK und Art 47 GRC nicht in die Feststellungen des Erkenntnisses aufgenommen werden können.
Welche Informationen dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unterliegen, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. § 17 Abs. 3 AVG schützt Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren [2013], 106) und ist dabei im gegebenen unionsrechtlichen Zusammenhang im Licht von - nun - Art 47 und Art 51 GRC, die Art 6 und Art 8 EMRK entsprechen, auszulegen (VwGH 9. 4. 2013, 2011/04/0207). Dabei sind diese beiden Grundrechte gegeneinander abzuwägen, um einerseits ein faires Verfahren zu gewährleisten und andererseits schützenswerte Informationen nicht offenzulegen (EuGH 14. 2. 2008, C-450/06, Varec, Rn 51; VwGH 22. 5. 2012, 2009/04/0187; 9. 4. 2013, 2011/04/0207). Nach dem Modell des Europäischen Gerichtshofs kann das Gericht in alle Informationen einsehen und dann entscheiden, welche Tatsachen es geschwärzt oder ungeschwärzt in seinen Akt nimmt und damit den Parteien des Nachprüfungsverfahrens zugänglich macht (SA GA Eleanor Sharpston 25. 10. 2007, C-450/06, Varec, Rn 51). Im Rahmen des § 17 Abs. 3 AVG ist das Interesse der Partei an der Akteneinsicht gegen das Interesse anderer Parteien im Einzelfall abzuwägen bzw. zu beurteilen, inwieweit ein überwiegendes Interesse besteht, einem Bieter bestimmte Informationen vorzuenthalten (VwGH 18.08.2017, RA 2017/04/0023).
2.2.3. Die Entscheidung über den Umfang der Akteneinsicht erfolgt gemäß § 21 Abs. 2 iVm § 31 Abs. 2 VwGVG mittels verfahrensleitendem Beschluss (zB VwGH 21.01.2016, Ra 2015/12/0048) im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 16f).
Der erkennende Senat hat in der mündlichen Verhandlung über die Anträge auf Akteneinsicht beschlossen, dass die Bezeichnung des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Vergabeverfahren angegebenen Referenzprojekts - mit Ausnahme des Namens des Bauleiters der präsumtiven Zuschlagsempfängerin - der Akteneinsicht durch die übrigen Verfahrensparteien unterliegen.
Der erkennende Senat hat in der mündlichen Verhandlung des Weiteren beschlossen, dass alle darüberhinausgehenden Inhalte des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Erst- und der Zweitantragstellerin sowie andere Bestandteile des Vergabeakts betreffend die Angebote von der Akteneinsicht durch die jeweils anderen Verfahrensparteien, die Bieter im Vergabeverfahren sind, ausgenommen sind und die diesbezüglichen Anträge auf Akteneinsicht der Antragstellerin in diesem Umfang abgewiesen.
2.2.4. Begründend ist zum Beschluss über den Umfang auf Akteneinsicht auszuführen:
2.2.4.1. Es ist unbestritten, dass sich die Parteien im gegenständlichen Fall als Bieter als Konkurrenten gegenüberstehen. Die Inhalte ihrer Angebote sind grundsätzlich schützenswerte Informationen, deren vertrauliche Behandlung zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und zur Wahrung des fairen und lauteren Wettbewerbs geboten ist. Demgegenüber steht, dass die Parteien die notwendigen Informationen haben müssen, um ein faires Verfahren zu gewährleisten.
Dies umfasst jedenfalls die Information, wo das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegene Referenzprojekt gelegen ist, weil die Antragstellerin die rechtskonforme Bewertung des Referenzprojektes insbesondere betreffend den Begriff „innerstädtisch“ bestreitet. Die geographische Lage des Referenzprojektes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ist somit entscheidend für die Frage, ob die Auftraggeberin die Bewertung anhand der Ausschreibungsunterlagen rechtskonform durchgeführt hat. Hinzu kommt, dass die die Information, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin dieses Projekt ausgeführt hat, leicht für jedermann zugänglich und nach dem Vorbringen der Antragstellerin branchenbekannt ist. Dies wurde von der Antragstellerin schlüssig vorgebracht und von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht bestritten. Die Abwägung des Geheimhaltungsinteresses der präsumtiven Zuschlagsempfängerin an dieser Information mit dem Recht der Antragsteller an einem effektiven Rechtschutz führt zum Ergebnis, dass eine Offenlegung der Eckdaten des Personalreferenzprojektes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin an die Antragsteller gerechtfertigt ist.
Für die Feststellung der genauen Lage und Umgebung des Personalreferenzprojektes wurde den Parteien in der mündlichen Verhandlung neben der Adresse auch ein Kartenausdruck mit der Lage des Personalreferenzprojektes übergeben. Dieser stammt aus Google Maps und ist jedermann in verschiedenen Vergrößerungsstufen über das Internet zugänglich ( XXXX ).
Relevant für den Rechtsstandpunkt der Antragsteller sind auch die Daten der Fertigstellung des Projektes und der Umstand, dass der Brutto-Raum-Inhalt des Personalreferenzprojektes mehr als 120.000 m3 betrug. Alle diese Parameter waren von der Ausschreibung gefordert und deren Erfüllung wurde von der Antragstellerin bestritten. An diesen Informationen besteht somit ein überwiegendes Interesse der Antragsteller zur Wahrung ihrer Parteirechte. Aus diesem Grund war der Antragstellerin auch offenzulegen, dass die Schlüsselperson (Bauleiter) von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in Beilage [m] mit dem Angebot genannt und nicht ausgetauscht wurde. Diese Informationen wurden der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt und als Beleg dazu die erste Seite der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Vergabeverfahren vorgelegten Beilage [m] in teilweise geschwärzter Fassung übergeben (Beilage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung). Der Antragstellerin wurde in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit gegeben, zu diesen Informationen und dem gewährten Umfang der Akteneinsicht Stellung zu nehmen (Protokoll mündlichen Verhandlung, S. 17-18; vgl. Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren (2013), 86).
Die Offenlegung des Namens des Bauleiters war vor diesem Hintergrund nicht auch erforderlich und ist als Angebotsdetail als schützenswerte Information zu werten. Es ergab sich schon aus den Angaben des informierten Vertreters der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in der mündlichen Verhandlung, dass der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin genannte Bauleiter nicht XXXX war (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 9). Dies wurde durch Einsicht in den Vergabeakt bestätigt und den Parteien auch offengelegt, dass der Bauleiter nach Angebotsabgabe auch nicht nachnominiert oder ausgetauscht wurde (Vergabeakt, Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 17).
Die Feststellungen zur Prüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durch die Auftraggeberin ergeben sich aus dem Vergabeakt. Der Umfang der Prüfung und die Vorgehensweise (telefonische Nachfrage beim Projektverantwortlichen des Personalreferenzprojektes) wurden in der mündlichen Verhandlung durch den Projektverantwortlichen XXXX dargelegt und war damit allen Parteien bekannt (OZ 34, S. 14). Die Parteien hatten in der mündlichen Verhandlung auch Gelegenheit, Fragen an den für die Zuschlagsentscheidung und damit für die Prüfung der Kriterien des Personalreferenzprojektes verantwortlichen Prüfer, XXXX zu stellen (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 12-13).
An den übrigen Inhalten des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und den diesbezüglichen Bestandteilen des Vergabeaktes, auch betreffend die Angebotsprüfung überwiegt das Interesse der präsumtiven Zuschlagsempfängerin an der Geheimhaltung dieser als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wertenden Inhalte. Da sich die Antragstellerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin laufend im Wettbewerb als Konkurrenten gegenüberstehen, ist eine Schädigung der Wettbewerbsstellung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durch eine weitergehende Einsicht in ihr Angebot durch die Antragstellerin nicht auszuschließen.
2.2.4.2. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Antrag auf Akteneinsicht waren keine über die oben angegebenen Feststellungen hinausgehenden Feststellungen zu folgenden Punkten zu treffen:
- Ob der namhaft gemachte Bauleiter bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (weiterhin) beschäftigt ist;
- Baubeginnsanzeige, die Meldung an das Arbeitsinspektorat, Schriftverkehr zu den Baubesprechungen);
- Subunternehmererklärung des betreffenden Subunternehmers, sofern die Personalreferenz Bauleiter substituiert wurde;
- Angebotsprüfung sämtlicher Angebote.
In der Ausschreibung (Dokument Eignungs- und Zuschlagskriterien) war hinsichtlich der Referenz des zum Einsatz kommenden Bauleiters gefordert, dass „..dieser als Bauleiter tätig war“. Zum Nachweis war von jedem Bieter die Beilage [m] auszufüllen und vom Referenzauftraggeber zu bestätigten. Aus Beilage [m] ergibt sich, dass der Bieter angeben musste, bei wem der Bauleiter bei Ausführung des Referenzprojektes beschäftigt war. Das war im vorliegenden Fall die präsumtive Zuschlagsempfängerin. Diese Informationen wurden den Antragstellern mitgeteilt und als Beleg die Beilage [m] in teilweise geschwärzter Fassung in der mündlichen Verhandlung übergeben.
Darüber hinaus enthält die Ausschreibung keine Anforderungen, in welcher Form und/oder in welchem Umfang der Bauleiter bei der Ausführung des Personalreferenzprojektes beim Bieter beschäftigt war. Es sind auch keine über die Beilage [m] und die Bestätigung der Referenz durch den Referenzauftraggeber hinausgehenden Bestätigungen durch den Bieter zu erbringen, wie die Baubeginnanzeige, eine Meldung an das Arbeitsinspektorat, Schriftverkehr zu den Baubesprechungen.
Die Frage, ob der in Beilage [m] genannte Bauleiter nach wie vor bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beschäftigt ist, ist ebenfalls nicht als Nachweis zum Zuschlagskriterium Personalreferenz gefordert. Die Ausschreibung legt dazu fest, dass der Bauleiter „im Auftragsfall verbindlich einzusetzen...“ ist und „während der Gesamtdauer der ausschreibungsgegenständlichen Leistungserbringung zur Verfügung stehen.“ muss. Dies ist als Verpflichtung des Auftragnehmers zu verstehen, die nach Auftragserteilung schlagend wird. Eine Verpflichtung zur Beschäftigung des Bauleiters im Sinne einer Anstellung im Zeitpunkt der Angebotsbewertung nach den Zuschlagskriterien wird damit nicht normiert. Dementsprechend hatten die Bieter auch keine Nachweise einer (durchgehenden) Anstellung des Bauleiters zu erbringen.
Weder der Auftraggeber noch das Bundesverwaltungsgericht sind gehalten, Anforderungen und deren Nachweise zu prüfen, die in der Ausschreibung nicht enthalten sind.
Feststellungen zu Anforderungen und deren Nachweise, die über die bestandsfesten (siehe dazu die rechtliche Beurteilung, Punkt 3.2.) Vorgaben der Ausschreibung hinausgehen, waren somit nicht zu treffen und das darauf gerichtete Begehren der Antragstellerin auf Akteneinsicht war auch aus diesem Grund abzuweisen.
2.2.4.3. Abschließend ist vor diesem Hintergrund auch auf den in eventu für den Fall der Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht gestellten Antrag der Antragstellerin einzugehen, mit der diese die Prüfung der im Folgenden näher bezeichneten Umstände beantragt (die zitierten Inhalte des Antrages der Antragstellerin sind dem Schriftsatz vom 17.02.2021, S. 5-6 entnommen):
- „ob der Bauleiter, der von der mitbeteiligten Partei namhaft gemacht wurde, bereits im Erstangebot genannt wurde;
- ob der im Angebot namhaft gemachte Bauleiter nachträglich ausgetauscht wurde;“
Die diesbezüglichen Feststellungen ergaben sich aus dem Vergabeakt und wurden den Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt.
- „ob der namhaft gemachte Bauleiter bei der mitbeteiligten Partei (weiterhin) beschäftigt ist;
- sofern der im Angebot namhaft gemachte Bauleiter nicht bei der mitbeteiligten Partei beschäftigt ist, ob die entsprechenden Eignungsweise und Verfügungserklärungen vollständig und rechtzeitig gelegt wurden;“
Feststellungen zu Anforderungen und deren Nachweise, die über die bestandsfesten (Punkt 3. Rechtliche Beurteilung) Vorgaben der Ausschreibung hinausgehen, waren nicht zu treffen.
- „ob der namhaft gemachte Bauleiter ein großvolumiges (BRI > 120.000 m3) innerstädtisches Bauprojekt, welches innerhalb der letzten fünf Jahre erbracht wurde, nachgewiesen hat;
- ob das Referenzprojekt als innerstädtisch zu werten ist;
- ob das Referenzprojekt großvolumig (BRI > 120.000 m3) ist;
- ob das Referenzprojekt innerhalb der letzten fünf Jahre erbracht worden ist
- ob das Referenzprojekt zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung an den Auftraggeber übergeben worden ist;
- ob der von der mitbeteiligten Partei namhaft gemachte Bauleiter auch tatsächlich bei der Realisierung des angegebenen Referenzprojektes beteiligt war.“
Die diesbezüglichen Feststellungen ergaben sich aus dem Vergabeakt und wurden den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt. Zu diesen Punkten ist zudem auf die rechtliche Beurteilung zu den Vorgaben der Ausschreibung unter Punkt 3.2. verweisen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Anträge auf Nichtigerklärung
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zur Zulässigkeit der Anträge
3.1.1. Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 328 Abs. 1 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Nachprüfungsantrag zu entscheiden. Somit liegt Senatszuständigkeit vor.
3.1.2. Auftraggeberin ist die ARE Austrian Real Estate GmbH. Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 (zB BVwG 14.04. 2014, W138 2003084-1/15E; 28.08. 2014, W138 2009787-2/16E; 17.09.2015, W123 2112177-1/21E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 5 BVergG 2018. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 in der Fassung der Kundmachung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die von der Europäischen Kommission festgesetzten Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren ab 1. Jänner 2020 (BGBl II. Nr. 358/2019), sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Da das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs. 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.
Die Auftraggeberin führt ein offenes Verfahren auf elektronischem Weg. Das Vergabeverfahren befindet sich im Stadium nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Die Entscheidung vom 14.01.2021, welchem Unternehmer im Vergabeverfahren der Zuschlag erteilt werden soll, ist eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit) aa) BVergG 2018.
Die Auftraggeberin versandte die Zuschlagsentscheidung an alle Bieter am 14.01.2021.
Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021 wurde von der Antragstellerin am 21.01.2021 eingebracht.
Der Nachprüfungsantrag wurden im Hinblick auf § 343 Abs. 1 BVergG somit jedenfalls rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs. 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühren in der erforderlichen Höhe (§ 340 Abs. 1 Z 1 und 3 BVergG 2018 iVm §§ 1 BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018, BGBl II Nr 212/2018 – Bauaufträge im Oberschwellenbereich). Ein Grund für eine Unzulässigkeit gemäß § 344 Abs. 2 BVergG 2018 liegt somit nicht vor. Der Antrag enthält alle in § 344 Abs. 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
Die Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs. 1 BVergG 2018 liegen bei der Antragstellerin bezüglich des Antrages auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vor. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Erhalt des Zuschlags im Nachprüfungsantrag plausibel behauptet. Die Antragstellerin machte auch plausible Angaben zu den drohenden Schäden einer rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung.
Der Antrag wurden im Ergebnis rechtzeitig eingebracht, ordnungsgemäß vergebührt, enthalten alle notwendigen Inhalte und ist damit zulässig.
Da die Erst- und die Zweitantragstellerin dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung der Auftraggeberin (Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021) angefochten haben, waren die Verfahren gemäß § 342 Abs. 4 BVergG 2018 mit verfahrensleitendem Beschluss vom 08.02.2021 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.
Aufgrund der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages durch die Zweitantragstellerin mit Schriftsatz vom 02.03.2021 ist über den Antrag der Zweitantragstellerin nicht mehr inhaltlich zu entscheiden. Die gemeinsame Führung der Verfahren ist daher nicht mehr zweckmäßig (vgl. Reisner in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018 § 342 RZ 16). Die Verfahren wurden daher mit verfahrensleitendem Beschluss vom 09.03.2021 gemäß § 342 Abs 4 BVergG 2018 wieder getrennt.
3.2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
3.2.1. Vorbringen der Antragstellerin
Die Antragstellerin bringt in ihrem Nachprüfungsantrag zusammengefasst vor, die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe den ursprünglich in ihrem Angebot Beilage [m] angegebenen Bauleiter, Herrn XXXX , nach der Angebotsöffnung im Zuge der Angebotsprüfung ausgetauscht bzw. nachnominiert. Der nachträgliche Austausch eines im Angebot namhaft gemachten Projektleiters verstoße gegen das Verhandlungsverbot und sei unzulässig. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagempfängerin sei aus diesem Grund mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und zwingend gemäß § 141 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2018 auszuscheiden gewesen.
Die Antragstellerin bringt des Weiteren zusammengefasst vor, dass vermutlich das zu dem nachnominierten Bauleiter bekannt gegebene Referenzprojekt die Voraussetzungen für das Referenzprojekt zum Erhalt von Punkten nach dem Zuschlagskriterium „Personalreferenzbauleiter“ doppelt nicht erfülle: Einerseits befände sich das von der Antragstellerin angenommene Referenzprojekt „ XXXX an der äußeren Grenze des Stadtkerns von XXXX . Es liege dort kein beengtes Bauen mehr vor und die Referenz komme schon aus diesem Grund nicht infrage. Andererseits werde die geforderte Großvolumigkeit (BRI > 120.000 m³) nicht erreicht. Die Masse des Bestandes des Bauprojektes PHT habe gemäß dem Bescheid des Stadtmagistrates XXXX XXXX m³ und die hinzukommende Baumasse gemäß TVAG XXXX m³, sohin insgesamt XXXX m³ betragen. Die im Bescheid bezeichnete Masse des Abbruchs von XXXX m³ sei nicht dazu zu rechnen, zumal es sich nicht um dasselbe Bauprojekt handle und der Abbruch nicht durch die präsumtive Zuschlagempfängerin erbracht worden sei.
Die Auftraggeberin bringt zusammengefasst vor, dass der im Angebot der präsumtiven Zuschlagempfängerin namhaft gemachte Bauleiter mit seinem Referenzprojekt der Angebotsbewertung zugrunde liege. Eine Nachnominierung eines Bauleiters habe nicht stattgefunden.
Das Wort "innerstädtisch" im Zusammenhang mit dem Personalreferenzprojekt bedeute "innerhalb einer Stadt vorhanden, verlaufend geltend…" also innerhalb einer Stadtgrenze. Es könne nicht unterstellt werden, dass damit lediglich der innere Stadtkern erfasst sei. Das Referenzprojekt des von der präsumtiven Zuschlagempfängerin namhaft gemachten Bauleiters befinde sich innerhalb eines Stadtgebietes und sei damit als "innerstädtisch" im Sinne der Ausschreibung zu qualifizieren. Das im Nachprüfungsantrag der Antragstellerin angeführte Volumen im Bescheid des XXXX beziehe sich auf die "Baumasse" gemäß Tiroler-Verkehrsaufschließungsabgabengesetz 2011 ("TVAG"). Die Definition von Baumasse gemäß TVAG sei jedoch nicht ident mit jener des Brutto-Rauminhaltes gemäß ÖNORM B1800, welcher in der Ausschreibung gefordert werde. Die Kubatur der "Baumasse" sei geringer als jener des Brutto-Rauminhaltes. Das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin namhaft gemachte Referenzprojekt erfülle sämtliche in den Ausschreibungsunterlagen vorausgesetzten Kriterien.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin bringt zusammengefasst vor, ein Austausch bzw. eine Nachnominierung des Bauleiters habe nicht stattgefunden. Das von der präsumtiven Zuschlagempfängerin angegebene Personalreferenzprojekt erfülle zudem sämtliche Anforderungen der Ausschreibung. Innerstädtisch bedeute im Wesentlichen "innerhalb einer Stadt vorhanden". Ein Projekt sei damals innerstädtisch anzusehen, wenn es innerhalb einer Stadt/der Stadtgrenze umgesetzt würde. Das Referenzprojekt erfülle diese Anforderungen und befinde sich im zentrumsnahen Bereich. Hinsichtlich der Großvolumigkeit stellten die Ausschreibungsbedingungen auf den Brutto-Rauminhalt (BRI) und nicht die Baumasse nach TVAG ab. Der Begriff und die Berechnungsmethode des BRI werde in der ÖNORM B1800 definiert. Gemäß der darin definierten Methode ergebe sich bei dem Personalreferenzprojekt ein BRI von > 120.000m³.
Aufgrund des Antrages ist zu prüfen, ob bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin der vorgebrachte Ausscheidensgrund vorliegt und ob die Bewertung durch die Auftraggeberin anhand des Zuschlagskriteriums Personalreferenz-Bauleitung rechtskonform erfolgte.
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BVergG 2018 lauten:
„Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
…
2. Unterabschnitt
Eignungsanforderungen und Eignungsnachweise
Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
§ 79. Unbeschadet des § 21 Abs. 1 muss die Eignung spätestens1. beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung,
…
vorliegen.
…
…
Vorgehen bei der Prüfung
§ 135. (1) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
(2) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen:1. ob den in § 20 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;2. nach Maßgabe der §§ 80 bis 87 die Eignung des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;3. ob das Angebot rechnerisch richtig ist;4. die Angemessenheit der Preise;5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
…
Ausscheiden von Angeboten
§ 141. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 25 auszuschließen sind, oder2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder4. Angebote, bei denen der Bieter keine Preise angibt, sondern nur erklärt, das billigste Angebot um einen bestimmten Prozentsatz oder Wert zu unterbieten, oder5. Angebote, bei denen ein Vadium verlangt wurde, dessen Nachweis bei Angebotsöffnung jedoch fehlt, oder6. verspätet eingelangte Angebote, oder7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder8. rechnerisch fehlerhafte Angebote, die gemäß den Festlegungen in der Ausschreibung nicht weiter zu berücksichtigen sind, oder9. Angebote von nicht aufgeforderten Bietern, oder10. Angebote von Bietern, die nachweislich Interessen haben, die die Ausführung des Auftrages beeinträchtigen können, oder11. Angebote von Bietern, bei denen dem öffentlichen Auftraggeber im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß § 131 Abs. 3 gesetzten Nachfrista) keine für die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich erforderliche behördliche Entscheidung, oderb) kein Nachweis darüber, dass die gemäß einer Entscheidung nach lit. a notwendige Berufsqualifikation erworben wurde, oderc) kein Nachweis darüber, dass vor Ablauf der Angebotsfrist ein auf Einholung einer Entscheidung nach lit. a gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist, oderd) eine behördliche Entscheidung, die die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich ausschließt,
vorliegt.
(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der öffentliche Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.
(3) Der öffentliche Auftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.
…
3. Unterabschnitt
Der Zuschlag
Wahl des Angebotes für den Zuschlag
§ 142. (1) Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, ist der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.
(2) Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind zu dokumentieren.
Mitteilung der Zuschlagsentscheidung
§ 143. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
(2) Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, wenn1. der Zuschlag dem einzigen bzw. dem einzigen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter erteilt werden soll, oder2. ein Verhandlungsverfahren gemäß den §§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4, 7 oder 8, 37 Abs. 1 Z 4 oder 5 oder 44 Abs. 2 Z 2 durchgeführt wurde, oder3. eine Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden soll.
…
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
…
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.
(3) Erklärt das Bundesverwaltungsgericht eine gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig, ist der Auftraggeber verpflichtet, in dem betreffenden Vergabeverfahren mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.“
3.2.3. Zum Ausscheidensgrund des § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018 (Austausch des im Angebot namhaft gemachten Bauleiters)
Es wurde festgestellt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin in Beilage [m] (Formblatt Personalreferenz) zu ihrem Angebot eine Schlüsselperson als Bauleiter nannte. Es handelt sich dabei nicht um XXXX Der im Angebot für die Baumeisterarbeiten angegebene Bauleiter wurde von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach Abgabe ihres Angebotes weder ausgetauscht, noch nachnominiert.
Der von der Antragstellerin vorgebrachte Ausscheidensgrund, dass aufgrund des Austausches des zur Personalreferenz namhaft gemachten Bauleiters nach Angebotsabgabe ein unbehebbarer Mangel des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorliege und dieses daher gemäß § 141 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2018 auszuscheiden gewesen wäre, liegt nicht vor.
Andere Ausscheidensgründe in Bezug auf die präsumtive Zuschlagsempfängerin wurden nicht vorgebracht und ergaben sich auch sonst nicht aus dem Vergabeakt.
3.2.4. Zur Bewertung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin anhand des Zuschlagskriteriums 3: Personalreferenz Bauleiter
Es wurde festgestellt, dass kein Bieter im Vergabeverfahren ausgeschieden wurde. Die Auftraggeberin hatte gemäß § 143 Abs. 1 BVergG 2018 von den Angeboten den Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen, zumal das Bestangebotsprinzip der Ausschreibung zu Grunde liegt.
Ausgehend von dem Vorbringen der Antragsteller ist zu ermitteln, wie die Auftraggeberin bei der Bewertung des Zuschlagskriteriums „Personalreferenz Bauleiter“ vorzugehen hatte und ob die Bewertung der Auftraggeberin, die der Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021 zu Grunde liegt, rechtskonform ist.
Vorauszuschicken ist, dass die Beurteilung der Angebote in erster Linie anhand der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen erfolgt (zB EuGH 10. 10. 2013, C-336/12, Manova, Rn 42 mwN; 2. 6. 2016, C-27/15, Pippo Pizzo, Rn 36 mwN; 11. 5. 2017, C-131/16, Archus und Gama, Rn 33; VwGH 18. 9. 2019, Ra 2018/04/0007; 15. 3. 2017, Ra 2014/04/0052; BVwG 26. 3. 2014, W187 2001000-1/30E). Die Ausschreibung wurde im gegenständlichen Vergabeverfahren nicht angefochten. Sie ist daher bestandsfest geworden und alle am Vergabeverfahren Beteiligten sind daran gebunden (st Rspr zB VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065). Die von einem öffentlichen Auftraggeber festgelegten Kriterien sind von ihm selbst strikt einzuhalten (EuGH 14.12.2016, C-171/15 Connexxion Taxi Services, Rn 38). Zudem verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass die an einer öffentlichen Ausschreibung interessierten Wirtschaftsteilnehmer bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben müssen, dass sie genau erkennen können, welche Bedingungen sie in dem Verfahren zu beachten haben, und dass sie die Gewissheit haben können, dass für alle Wettbewerber die gleichen Bedingungen gelten (EuGH 14.12.2016, C-171/15 Connexxion Taxi Services, Rn 39, EuGH 02.06.2016, C-27/15, Pippo Pizzo, Rn. 36).
Der Auftraggeber ist während des gesamten Verfahrens an die von ihm gewählten Zuschlagskriterien, einschließlich der Unterkriterien gebunden. Außerdem muss sich der Auftraggeber während des gesamten Verfahrens an dieselbe Auslegung der Zuschlagskriterien halten (EuGH 14.07.2016, Rs c-6/15 TNS Dimarso).
Die Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen hat nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt zu erfolgen. Im Zweifel sind Festlegungen in den Ausschreibungsbestimmungen gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck kommt es nicht an. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert (VwGH 01.02.2017, Ro 2016/04/0054). Das über die Ausschreibungsunterlagen Gesagte gilt ebenso für alle anderen Festlegungen des Auftraggebers im Zuge des Vergabeverfahrens (BVwG 01.08.2014, W187 2008946-1/23E).
Ein gleicher Bedeutungsinhalt ist auch dann sichergestellt, wenn man auf die Bedeutung abstellt, welche die Erklärung für den betroffenen Adressatenkreis haben muss. Ein solcher Ansatz wird etwa vom OGH zur Auslegung von ÖNORMen in stRsp judiziert. ÖNORMEN sind daher so zu verstehen, „wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises erschließen. Im Zweifel bildet die Übung des redlichen Verkehrs einen wichtigen Auslegungsbehelf.“ (6 Ob 151/05 g = ecolex 2006/44 (M. Leitner); 3 Ob 211/07 m = RdW 2008, 331; 7 Ob 110/01 d = RdW 2001/660; 10 Ob 65/12 z = ZVB 2013/62 (Oppel) (stRsp)).
3.2.4.1. Zur Bekanntgabe des maßgeblichen Bauleiters in Beilage [m]
Die Auftraggeberin legt die Personalreferenz des Bauleiters für das ausgeschriebene Projekt als ein mit 10 % gewichtetes Zuschlagskriterium in den Eignungs- und Zuschlagskriterien fest. Um im Zuschlagskriterium „Personalreferenz Bauleiter“ die maximale Punkteanzahl zu erhalten, hatten die Bieter den für die Baumeisterarbeiten maßgeblichen Bauleiter, der beim ausschreibungsgegenständlichen Projekt verbindlich einzusetzen ist, in der Beilage [m] namentlich bekanntzugeben. Als Nachweis für die Erfüllung des Zuschlagskriteriums „Personalreferenz Bauleiter“ waren durch den Bieter die von Beilage [m] geforderten Informationen bekanntzugeben und eine Bestätigung des Auftraggebers des Referenzprojektes in Beilage [m] vorzulegen. In Bezug auf die Person des Bauleiters waren in Beilage [m] anzugeben: „Name der Schlüsselperson“, „Berufserfahrung in der Schlüsselfunktion in Jahren“, „bei Ausführung des Referenzprojektes beschäftigt bei:“.
Um die maximale Punkteanzahl in dem Zuschlagskriterium „Personalreferenz Bauleiter“ zu erhalten, war es somit erforderlich, dass ein Bieter die von Beilage [m] geforderten Angaben in Bezug auf die Person des Bauleiters gegenüber dem Auftraggeber bekannt gibt und vom Auftraggeber des Referenzprojektes bestätigen lässt. Nicht gefordert war, dass die Bieter die Baubeginnanzeige, die Meldung an das Arbeitsinspektorat oder den Schriftverkehr zu den Baubesprechungen des bekanntzugeben Bauleiters beizubringen hatten, wie dies von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 17.02.2021 vorgebracht wurde. Der objektive Erklärungswert des Zuschlagskriteriums „Personalreferenz Bauleiter“ beschränkt sich somit zunächst darauf, dass der einzusetzende Bauleiter von jedem Bieter in Beilage [m] bekanntgegeben und die personenbezogenen Informationen (Name der Schlüsselperson, Berufserfahrung in der Schlüsselfunktion in Jahren, bei Ausführung des Referenzprojekts beschäftigt bei) in Beilage [m] angegeben werden. Darüberhinausgehende Anforderungen und Nachweise sehen die Zuschlagskriterien in diesem Punkt nicht vor.
Das Zuschlagskriterium „Personalreferenz Bauleiter“ setzt sich im Einzelnen zusammen aus den Subkriterien „Berufserfahrung“ und „Personalreferenz“:
3.2.4.2. Zum Subkriterium „Berufserfahrung“
Das Subkriterium „Berufserfahrung“ im Zuschlagskriterium „Personalreferenz Bauleiter“ ist gestaffelt ausgestaltet. Je länger die Berufserfahrung in der genannten Funktion ist, desto mehr Punkte können in diesem Subkriterium erreicht werden. Ab einer Berufserfahrung von über 7 Jahren waren max. 5 Punkte in dem Subkriterium „Berufserfahrung“ zu erreichen. Als Nachweis war von den Bietern ein Lebenslauf des zum Einsatz kommenden Bauleiters abzugeben, aus denen die Erfahrungen der Funktion als Bauleiter hervorging.
Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für das ausschreibungsgegenständliche Projekt geplante Bauleiter wurde in Beilage [m] zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin genannt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin füllte die personenbezogenen Informationen in Beilage aus, indem sie den Namen nannte, die Berufserfahrung mit mehr als XXXX angab und angab, dass der Bauleiter bei der Ausführung des Referenzprojektes bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beschäftigt gewesen war.
Es sind vor dem Hintergrund dieser Angaben in Beilage [m] keine Gründe ersichtlich, warum die präsumtive Zuschlagsempfängerin in dem Subkriterium „Berufserfahrung“ nicht die volle Punkteanzahl erreichen hätte sollen. Die Auftraggeberin bewertete das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Subkriterium „Berufserfahrung“ somit zurecht mit der vollen Punkteanzahl von 50 Punkten.
3.2.4.3. Zum Subkriterium „Personalreferenz“:
Um in dem Subkriterium „Personalreferenz“ die Maximalpunkteanzahl zu erreichen, musste die Referenz des zum Einsatz kommenden Bauleiters (im Folgenden „das Personalreferenzprojekt“) die folgenden Vorgaben erfüllen:
• Der Bauleiter musste bei dem Personalreferenzprojekt als Bauleiter tätig gewesen sein. Die Zuschlagskriterien sehen keine weiteren Nachweise zu diesem Punkt vor, es ist lediglich in Beilage [m] anzugeben, wo der Bauleiter bei Ausführung des Referenzprojektes beschäftigt war.
Das Personalreferenzprojekt muss innerhalb der letzten 5 Jahre erbracht worden sein, maßgeblich ist der Zeitpunkt der Übergabe an den Auftraggeber. Als Nachweis dafür war in Beilage [m] anzugeben, wann das Personalreferenzprojekt vom Auftraggeber des Personalreferenzprojektes übernommen worden war.
Als Nachweise zur Personalreferenz war somit durch jeden Bieter die Beilage [m] wie dargelegt auszufüllen und vom Referenzauftraggeber zu bestätigen. Im Fall der präsumtiven Zuschlagsempfängerin war die XXXX die Auftraggeberin des Personalreferenzprojektes. Die XXXX bestätigte die Richtigkeit der von der präsumtiven Zuschlagempfängerin im Beilage [m] angegebenen Daten durch Unterschrift auf der letzten Seite der Beilage [m]. Ausgehend von diesem den Zuschlagskriterien entsprechenden Nachweisen ging die Auftraggeberin zu Recht davon aus, dass der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit dem Angebot in Beilage [m] angegebene Bauleiter bei dem Personalreferenzprojekt als Bauleiter tätig gewesen war und dass dieses innerhalb der letzten fünf Jahre erbracht worden war.
Das Personalreferenzprojekt konnte nur dann die volle Punkteanzahl im Zuschlagskriterium „Bauleiter“, Subkriterium „Personalreferenz“ erreichen, wenn es sich um ein großvolumiges, innerstädtisches Bauprojekt handle. Die Auftraggeberin definiert die Zuschlagskriterien dahingehend, dass nur ein innerstädtisches Bauprojekt mit einem BRI von mehr als 120 000 m³ die maximal erreichbaren Punkte in dem Subkriterium Personalreferenz erhalten konnte. Die Zuschlagskriterien sind dahingehend formuliert, dass ein großvolumiges (BRI >120 000 m³) innerstädtisches Bauprojekt mit max. 50 Punkten bewertet wird. Wenn ein Bauprojekt die Kriterien „großvolumig“ und „innerstädtisch“ nicht erreicht, sind in dem Subkriterium Personalreferenz keine Punkte für den jeweiligen Bieter erzielbar. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung der Bewertung des Personalreferenzprojektes dahingehend, dass die maximal erreichbaren Punkte mit 50 ungestaffelt den Kriterien (großvolumiges, innerstädtisches Bauprojekt) gegenübergestellt werden. Die Auftraggeberin bestätigte dies zudem in der Fragebeantwortung Nr. 25. Maßgeblich ist somit der objektive Erklärungswert der Anforderung „großvolumiges (BRI > 120 000 m³) innerstädtisches Bauprojekt“. Mangels gegenteiliger Festlegungen müssen alle Kriterien vollständig erfüllt sein.
3.2.4.4. „Großvolumiges (BRI > 120 000 m³)… Bauprojekt“
Für den Begriff „großvolumig“ enthalten die Zuschlagskriterien eine eigene Definition dahingehend, dass der „BRI“ > 120 000 m³“ sein muss. Was unter „BRI“ zu verstehen ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau mit Beilage [m]: Dort steht in der Zeile „BRI“ in Klammer der Begriff des Brutto-Rauminhaltes.
Was unter „Brutto-Rauminhalt“ zu verstehen ist, wird in den Zuschlagskriterien nicht definiert. Für die Auslegung des Begriffes ist somit wesentlich, wie die angesprochenen Adressatenkreise den Begriff nach seinem objektiven Erklärungswert zu verstehen hatten. Das Verständnis der angesprochenen Adressatenkreise ist als „Übung des redlichen Verkehrs“ als Auslegungsbehelf zu berücksichtigen. Die Auftraggeberin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin bringen vor, dass der Begriff des Brutto-Rauminhaltes gemäß der ÖNORM B1800 zur Ermittlung von Flächen und Rauminhalte von Bauwerken und zugehörigen Außenanlagen, Ausgabe 2013-08-01, herausgegeben von Austrian Standards, zu verstehen sei.
Die Antragstellerin bringt im Nachprüfungsantrag vor, maßgeblich für den Brutto-Rauminhalt sei der Begriff der Baumasse gemäß § 2 Abs. 5 Tiroler Verkehrsaufschließungs- und Ausgleichsabgabengesetzen (TVAG). § 2 Abs. 5 TVAG lautet:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
…
(5) Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum. Die Baumasse ist geschoßweise zu ermitteln, wobei bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht bleibt. Der umbaute Raum ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschoßes und durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte lotrechte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird.“
Der Begriff „Brutto-Rauminhalt“ ist im TVAG nicht enthalten.
Die ÖNORM B1800 definiert „Brutto-Rauminhalt“ in Punkt 6 2 wie folgt: „Der Brutto-Rauminhalt ist der Rauminhalt des Bauwerkes, der von den äußeren Begrenzungsflächen und nach unten von der Unterfläche der konstruktiven Bauwerkssohle umschlossen wird. Der Brutto-Rauminhalt ist in Netto-Rauminhalt und Konstruktion-Rauminhalt gegliedert“.
Die ÖNORM B1800 enthält somit eine Definition des Begriffes des Brutto-Rauminhaltes und stellt spezifische, geometrische Berechnungsregeln für die Ermittlung von Flächen- und Rauminhalten von Bauwerken auf. ÖNORMEN sind in besonderer Weise zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung (zur Sicherheit) Gebotenen geeignet, weil sie den Stand der für die betroffenen Kreise geltenden Regeln der Technik widerspiegeln (RS0062063; zuletzt OGH 26.05.2020 2 Ob 50/20x; RS0038609).
Hinzu kommt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin und die Auftraggeberin sowie die Vertreter der anderen Bieter im Vergabeverfahren bei dem Begriff des Brutto-Rauminhaltes auf die ÖNORM B 1800 Bezug nahmen (OZ 34, Seite 8: „…VR an DI Zimmermann: Wie definieren Sie den Begriff „Brutto-Raum-Inhalt“ generell? DI Zimmermann: Das Volumen des Gebäudes, das in einer Norm geregelt ist. Ich glaube die Norm ist B 1800…..VR an Prokuristen der Erstantragstellerin: Wie verstehen Sie den Begriff „Brutto-Raum- Inhalt“? Herr ASCHER: Die genaue Berechnung des Brutto-Raum-Inhaltes ist in der Norm definiert. Das lässt sich natürlich genau berechnen, wenn die Pläne vorhanden sind...“). Dies ist ein wesentliches Indiz dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Begriff des Brutto-Rauminhaltes in Übereinstimmung mit den Vorgaben der spezifisch für die Flächenermittlung relevanten ÖNORM B1800 verstanden haben. Gegen die Heranziehung des gesetzlichen Begriffes der Baumasse im Sinne des § 2 Abs. 5 TVAG spricht somit nicht nur, dass „Baumasse“ schon rein sprachlichen ein anderer Begriff ist als „Brutto-Rauminhalt“, sondern auch, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese Definition nicht herangezogen haben. Damit sprechen sowohl der Wortlaut, als auch das Verständnis der angesprochenen Adressatenkreise dafür, dass der Begriff des Brutto-Rauminhaltes in den Zuschlagskriterien entsprechend der Definition der ÖNORM B1800 zu verstehen ist. Ein spezifisches Verständnis des Begriffes in einem anderen Sinne, wie zB der „Baumasse“ gemäß § 2 Abs. 5 TVAG ist mangels gegenteiliger Festlegung in der Ausschreibung entgegen dem Wortlaut des Begriffes und entgegen der Übung des redlichen Verkehrs nicht heranzuziehen.
Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin ist der Begriff der „Baumasse“ gemäß § 2 Abs. 5 TVAG somit für die Beurteilung, ob das Personalreferenzprojekt die Maximalpunkteanzahl erreichen kann, nicht einschlägig. Die Zuschlagskriterien sehen auch keine Unterscheidung zwischen einem Neubau und einem Umbau für die Berechnung des Brutto-Rauminhaltes vor. Da diese Unterscheidung zum einen in den Zuschusskriterien nicht getroffen wird und der Begriff der „Baumasse“ gemäß TVAG für die Definition des Brutto-Rauminhaltes nach den Zuschlagskriterien nicht einschlägig ist, ist die Baumassenberechnung gemäß dem Bescheid des XXXX vom XXXX , zu XXXX (als Beilage ./F zum Nachprüfungsantrag von der Antragstellerin vorgelegt) für die Beurteilung, ob das Personalreferenzprojekt die Zuschlagskriterien im Subkriterium Personalreferenz hinsichtlich des Brutto-Rauminhaltes erfüllt, nicht relevant.
Die Bieter hatten im konkreten Fall zum Nachweis, dass das Personalreferenzprojekt einen Brutto-Rauminhalt von Meters 120 000 m³ aufwies, die den genauen Brutto-Rauminhalt gemäß ÖNORM B1800 in Beilage [m] anzugeben.
Die präsumtive Zuschlagempfängerin legte in dem Formblatt Personalreferenz, Beilage [m], den Brutto-Rauminhalt des Personalreferenzprojektes mit über 120 000 m³ offen und die Auftraggeberin überprüfte diese Angabe entsprechend den Vorgaben der Zuschlagskriterien beim Projektverantwortlichen der Auftraggeberin des Personalreferenzprojektes. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erbrachte damit den von den Zuschlagskriterien geforderten Nachweis, dass das Presonalreferenzprojekt einen 120 000 m³ übersteigenden Brutto-Raum Inhalt aufweist. Andere Nachweise waren in diesem Zusammenhang nicht gefordert.
Da das Personalreferenzprojekt der präsumtiven Zuschlagempfängerin somit einen Brutto-Rauminhalt von mehr als 120 000 m³ aufwies, wertete die Auftraggeberin dieses Kriterium zu Recht im Rahmen des Subkriteriums „Personalreferenz“.
3.2.4.5. „Innerstädtisches Bauprojekt“
Der Begriff „innerstädtisch“ wird in den Zuschlagskriterien nicht definiert. Die Antragsteller verstehen den Begriff „innerstädtisch“ als im inneren Stadtkern gelegen. Dies sei gekennzeichnet durch die spezifischen innerstädtischen Herausforderungen wie beengtes Bauen und hohes Verkehrsaufkommen.
Auf den unterstellten Sinn und Zweck des Begriffes kommt es für die Ermittlung des objektiven Erklärungswertes wie oben dargelegt nicht an. Mangels konkreter Ausgestaltung, unter welchem Blickwinkel der Begriff „innerstädtisch“ zu verstehen ist, bedeutet der Begriff sprachlich „innerhalb einer Stadt gelegen“. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ausschreibung kommt es für die Auslegung des Begriffes jedenfalls aber auch auf die Baustruktur innerhalb einer Stadt an. Dies ergibt sich schon aus der Lage des ausgeschriebenen Projektes selbst, das sich in der XXXX und damit jedenfalls im zentrumsnahen Stadtgebiet der Stadt XXXX befindet.
Das Spektrum des Begriffes „innerstädtisch“ kann im weitesten Sinne mit den Gemeindegrenzen einer Stadt umrissen werden. Den Begriff „innerstädtisch“ im konkreten Fall aber allein auf die Gemeindegrenzen zu beziehen wäre losgelöst von den baulichen Anforderungen des ausgeschriebenen Projektes und damit zu unspezifisch. Begrifflich wesentlich enger gefasst kann der Begriff „innerstädtisch“ auf das innerste Kerngebiet einer Stadt und - soweit vorhanden - auf die Altstadt bezogen werden. Versteht man den Begriff „innerstädtisch“ als innerhalb der Innenstadt bzw. der Altstadt, ist das das engste Verständnis des Begriffes. Dies würde in Wien zB nur den Bereich des Bezirkes Innere Stadt oder in XXXX die Altstadt umfassen.
Innerhalb des Spektrums der Begriffsgrenzen „Gemeindegrenzen“ und „innerstes Kerngebietes/Altstadt“ ist die Auslegung des Begriffes „innerstädtisch“ bezogen auf die konkrete Ausschreibung vorzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin keine näheren Vorgaben getroffen hat, wie der Begriff „innerstädtisch“ zu verstehen ist. Der Ausschreibung ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass der Begriff „innerstädtisch“ spezifisch im Sinne der Gemeindegrenzen oder der Raumordnung zu verstehen ist oder dass damit ausschließlich die engsten Stadtgebiete der Innenstadt oder der Altstadt zu verstehen sind. Eine Interpretation dahingehend, dass der Begriff „innerstädtisch“ in eine dieser beiden Richtungen auszulegen ist, ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen somit nicht. Das ausgeschriebene Projekt in der XXXX befindet sich jedenfalls in einem urbanen Bereich, in unmittelbarer Nähe befinden sich aber z.B. auch ein Sportplatz und der XXXX . Das Projekt ist jedenfalls nicht unmittelbar innerhalb der XXXX Altstadt bzw. dem innersten Stadtkern gelegen.
Ausgehend von der Lage des ausgeschriebenen Bauprojektes ist davon auszugehen, dass der Begriff „innerstädtisch“ nach allgemeinen Sprachverständnis als auf die typisch urbane Bau- und Verkehrsstruktur bezogen zu verstehen ist. Das bedeutet, dass weder die Gemeindegrenzen allein, noch die Verbauungsdichte für sich genommen für das Begriffsverständnis ausschlaggebend sind. „Innerstädtisch“ im Sinne der Ausschreibung ist vielmehr als innerhalb einer typisch urbanen Bau- und Verkehrsstruktur mit typisch urbaner Umgebung im Hinblick auf die Gestaltung von Gebäuden, Straßen und Infrastruktur zu verstehen. Es ist dabei aber nicht nur auf einzelne Herausforderungen bei der Bauführung wie die Transportlogistik oder beengtes Bauen abzustellen.
Typisch für den urbanen Bereich im Hinblick auf Bauvorhaben sind nicht nur die Bebauungsdichte, sondern auch die Gesamtverkehrslage der Stadt, straßenverkehrsrechtliche Beschränkungen, Beschränkungen aufgrund von Lärmschutzvorschriften, Ampelschaltungen, Verkehrsdichte, Oberleitungen, Brücken, öffentlichen Verkehrsmittel usw.
Ausgehend von dem Verständnis des Begriffes „innerstädtisch“ als der typisch urbanen Bau- und Verkehrsstruktur entsprechend, ist auch das Referenzprojekt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach dem Verständnis des erkennenden Senates als „innerstädtisch“ zu werten. Das Personalreferenzprojekt liegt jedenfalls innerhalb der Stadtgrenzen von XXXX , nämlich im Stadtteil XXXX (§ 2 Abs. 1 Stadtrecht der Landeshauptstadt XXXX ). Das Personalreferenzprojekt befindet sich in einer mit dem ausgeschriebenen Bauprojekt vergleichbaren Lage zwischen dem XXXX Westbahnhof, dem Friedhof XXXX und der XXXX . Unmittelbar in der XXXX verläuft eine Straßenbahn, es sind somit jedenfalls auch die verkehrstechnischen Besonderheiten einer urbanen Lage z.B. im Hinblick auf Oberleitungen zu berücksichtigen.
Die Auftraggeberin bewertete somit das Personalreferenzprojekt im Ergebnis zurecht als großvolumiges (BRI > 120 000 m³) innerstädtisches Bauprojekt und vergab für das Personalreferenzprojekt der präsumtiven Zuschlagempfängerin im Ergebnis zurecht die volle Punkteanzahl gemäß den bestandsfesten Zuschlagskriterien.
3.2.6. Ergebnis
Der Bauleiter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde von dieser mit dem Angebot in Beilage [m] genannt und nach Angebotsabgabe weiter ausgetauscht noch nachnominiert.
Die Auftraggeberin bewertete das Personalreferenzprojekt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auf Grundlage der bestandsfesten Zuschlagskriterien in den Subkriterien „Berufserfahrung“ und „Personalreferenz“ zu Recht mit jeweils 50 Punkten. Die Auftraggeberin nahm die Bewertung des Kriteriums „Personalreferenz Bauleiter“ entsprechend der zu diesem Kriterium angegebenen Formel vor. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erhielt entsprechend der Gewichtung der Zuschlagskriterien im Kriterium „Personalreferenz Bauleiter“ zu Recht 10 Punkte.
Es sind keine Gründe ersichtlich, dass das Angebot auf Grundlage der Ausschreibung gemäß § 142 Abs 1 BVergG 2018 nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden soll.
Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung liegen nicht vor. Der Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung war daher abzuweisen.
Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren wird gesondert entschieden.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Die Prüfung der Ausschreibungskonformität eines Angebotes stellt stets eine im Einzelfall vorzunehmende Beurteilung dar. Ob ein Angebot einen zum Ausscheiden führenden Mangel aufweist, ist am Maßstab der Ausschreibungsbestimmungen zu messen (Hinweis E vom 29. 03. 2006, 2004/04/0144, 0156, 0157, sowie B vom 08. 09 2015, Ra 2015/04/0058). Hinweise auf eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung haben sich im Rahmen dieser Prüfung nicht ergeben.
Die Beurteilung, ob die Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021 rechtskonform anhand der in der Ausschreibung bekannt gegebenen Zuschlagskriterien erfolgte, erforderte eine Auslegung der Ausschreibungsbestimmung anhand des objektiven Erklärungswertes. Die dieser Auslegung zu Grunde gelegte Rechtsprechung wird im Rahmen der rechtlichen Beurteilung unter Spruchpunkt A) zitiert.
Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung konnten anhand des auf dieser Grundlage ermittelten objektiven Erklärungswertes der Ausschreibung geprüft werden. Es haben sich keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen im konkreten Fall ergeben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
