OGH 6Ob151/05g

OGH6Ob151/05g25.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Hofstätter & Kohlfürst, Rechtsanwälte OEG in Graz, wegen 41.974,72 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. März 2005, GZ 1 R 46/05z‑40, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. Dezember 2004, GZ 33 Cg 62/02w‑36, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2005:E78185

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1.475,85 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Anlässlich des Ausbaus der Westbahn errichtete die Klägerin im Auftrag der Beklagten eine Unterführung. Vereinbart waren veränderliche Preise (sogenannte „Gleitpreise"). Danach findet bei einer Veränderung der vereinbarten Preisumrechnungsgrundlagen (etwa durch Erhöhung oder Reduzierung der vereinbarten Baukostenindizes) über einen bestimmten Prozentsatz hinaus eine „Preisumrechnung", das heißt eine Indexanpassung statt.

Vertragsinhalt sind ‑ in der in Teil D der Allgemein rechtlichen Vertragsbestimmungen der Beklagten festgelegten Reihenfolge ihrer Gültigkeit ‑ die schriftliche Vereinbarung (durch die der Vertrag zustande gekommen ist), die Angebotsunterlagen, die Allgemein rechtlichen Vertragsbestimmungen der ÖBB, Teil D, die Besonderen Vertragsbestimmungen der ÖBB für die Ausführung von Bauleistungen gemäß Bedingnisheft 701 (sie verweisen auf die ÖNORMEN A 2060, B 2110, B 2111, B 2112 und B 2113), die technischen Beschreibungen, die Planungsunterlagen, die allgemeinen technischen Vorschriften für Bauleistungen der ÖNORMEN (soweit nicht in den vorstehend angeführten Vertragsbestandteilen anderslautende Regelungen enthalten sind), die ÖNORMEN mit vornormierten Vertragsinhalten für die einzelnen Sachgebiete (Werkvertragsnormen) ohne die darin enthaltenen Verfahrensbestimmungen, sowie die ÖNORMEN B 2110 in der Fassung 1. 3. 1983, B 21111, B 2112, B 2113 und B 2114 in der Fassung April 1993, die ÖNORM A 2060 in der Fassung 1. 1. 1983. Beide Streitteile gehen übereinstimmend davon aus, dass die ÖNORM B 2111 idF 1. 1. 1992 anzuwenden ist.

Nach Punkt 1.14.3 der Allgemein rechtlichen Vertragsbestimmungen waren für den Preisanteil „Lohn" die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten herausgegebenen „Baukostenveränderungen", für den Anteil „Sonstiges" der vom Österreichischen Statistischen Zentralamt herausgegebene „Baukostenindex für Brückenbau" maßgeblich.

Punkt 1.16 der Allgemein rechtlichen Vertragsbestimmungen verweist zur Zahlung auf ÖNORM A 2060 Punkt 2.13, ÖNORM B 2110 Punkt 2.15 und 2.16 und die besonderen Vertragsbestimmungen (BH 701) Punkt 2.15.1 bis 2.15.5 und enthält nachstehende Regelung:

„1.16.1 Die Prüffristen der Rechnungen betragen

- bei Abschlagsrechnungen 1 Monat

- bei Teilschluss‑ und Schlussrechnungen 4 Monate

gerechnet ab Rechnungseingang bei der..... (= Beklagte). Nach Ablauf der Prüffrist wird die Rechnung nach einer Zahlungsfrist von 14 Tagen fällig.

...

Fälligkeit der Preiserhöhung zufolge Gleitung:

Der Auftragnehmer kann unabhängig von den Abschlagsrechnungen die Erhöhung der Gleitung (Nachweis der Überschreitung des Schwellenwertes von 2 %, Nachweis der neuen Umrechnungsprozentsätze) einreichen. Ab dem Einlangen der vollständigen, zur Überprüfung geeigneten Unterlagen beim AG (Auftraggeber) beginnt eine vierwöchige Prüffrist. Begehrt der AN (Auftragnehmer) die Einbeziehung neuer Kostenarten gemäß ÖNORM B 2111 Punkt 2.10.2, so erhöht sich die Prüffrist auf 10 Wochen.

Sind zur Klärung unterschiedlicher Standpunkte Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern erforderlich, so verlängert sich die Prüffrist um die Dauer dieser Verhandlungen.

Die Gleitung ist zur nächsten Abschlagszahlung nach Ablauf der Prüffrist fällig.

1.16.2 Geltendmachung von Nachforderungen und Überzahlungen/Zinsberechnung

Die Überzahlung ist von ihrem Eintritt an zu verzinsen. Für sämtliche Zinsberechnungen (Nachforderungen, Zahlungsverzug, vorzeitige Zahlung, Überzahlung etc) ist...."

ÖNORM B 2110 idF 1. 3. 1983 enthält nachstehende Bestimmungen:

„2.14 Abrechnung der Leistungen

2.14.3 Bei Verträgen zu veränderlichen Preisen hat die Umrechnung der Preise nach ÖNORM 2111 zu erfolgen.

2.16 Geltendmachung von Nachforderungen und Überzahlungen

Wurde ein Vorbehalt gemäß ÖNORM A 2060 Abschnitt 2.13.2 erhoben oder sind Überzahlungen erfolgt, können die entsprechenden Forderungen noch innerhalb von drei Jahren ab Übergabe der Leistung bzw ab Überzahlung geltend gemachtwerden".

ÖNORM A 2060 idF 1. 1. 1983 enthält nachstehende Bestimmungen:

„2.13.1.4 Weicht eine Zahlung vom Rechnungsbetrag ab, so hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer spätestens bei der Zahlung die Gründe hiefür bekanntzugeben. Sind zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schluss‑ oder Teilschlussrechnung noch Positionen strittig, so darf aus diesem Grund der unbestrittene Teil der Zahlung vom Auftraggeber nicht zurückgehalten werden.

2.13.2 Annahme zur Zahlung, Vorbehalt

Die Annahme der Schlusszahlung auf Grund einer Schluss‑ oder Teilschlussrechnung schließt nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist oder binnen sechs Wochen nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen.

2.13.3 Geltendmachung von Nachforderungen und Überzahlungen

Wurde ein Vorbehalt gemäß Abschnitt 2.13.2 erhoben oder sind Überzahlungen erfolgt, können die entsprechenden Forderungen, sofern im Vertrag oder in den vereinbarten ÖNORMEN nichts anderes festgelegt ist, noch innerhalb der jeweiligen Verjährungsfrist geltend gemacht werden."

ÖNORM B 2111 in der ‑ nach übereinstimmendem Parteivorbringen ‑ anzuwendenden Fassung 1. 1. 1992 befasst sich mit der Umrechnung veränderlicher Preise von Bauleistungen und enthält nachstehende Bestimmungen:

„2.2 Voraussetzungen für die Umrechnung veränderlicher Preise

2.2.1 Preisumrechnungen müssen durch Veränderungen (Erhöhungen oder Ermäßigungen) der vereinbarten Preisumrechnungsgrundlagen verursacht sein, denen sich der Auftragnehmer nicht entziehen bzw die er erreichen konnte. Erhöhungen und Ermäßigungen sind mit dem Stichtag ihres Eintretens gegeneinander aufzurechnen.

Das Ausmaß einer Veränderung von Preisumrechnungsgrundlagen ist vom Auftragnehmer nachzuweisen.

Bei Veränderungen aufgrund von Gesetzen, Verordnungen, Kollektivverträgen oder Indizes sowie bei bundeseinheitlicher Änderung von amtlichen Tarifen und Gebühren ist ein Nachweis nicht erforderlich.

2.2.2 Die Umrechnung von Preisen mit Abminderung ist vorzunehmen, wenn einer der Veränderungsprozentsätze für die einzelnen Preisanteile (2.7.1) den Schwellenwert von 2 % erreicht; nur für diesen Preisanteil ist die Preisumrechnung durchzuführen.

2.2.3 Veränderungen von Preisumrechnungsgrundlagen hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber spätestens 3 Monate ab Eintreten einer Veränderung schriftlich mitzuteilen.

...

Bei Veränderung von vertraglich vereinbarten, nicht objektbezogenen Indexwerten sowie bei Herausgabe von Empfehlungen des Bundesministeriums für Finanzen für die Berücksichtigung von Kostenveränderungen auf dem Lohnsektor ist eine Mitteilung nicht erforderlich.

Die wertmäßige Auswirkung von Veränderungen von Preisumrechnungsgrundlagen und die Überschreitung von Schwellenwerten können vom Auftragnehmer zu einem späteren Zeitpunkt ‑ spätestens jedoch mit der Schlussrechnung ‑ bekanntgegeben werden.

2.2.4 Bei verspäteter Mitteilung der Erhöhung von Preisumrechnungsgrundlagen wird diese Erhöhung erst ab jenem Zeitpunkt berücksichtigt, der 3 Monate vor Einlangen der Mitteilung beim Auftraggeber liegt (siehe 2.5.2).

2.2.5 Bei verspäteter oder unterlassener Mitteilung der Ermäßigung von Preisumrechnungsgrundlagen kann der Auftraggeber bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung die Preisumrechnung mit dem Tage des Eintretens der Ermäßigung (2.2.2) geltend machen.

2.5 Durchführungsbestimmungen

2.5.4 Die Preisumrechnung ist vom Auftragnehmer durchzuführen. Er ist verpflichtet, dem Auftraggeber die zur Überprüfung der Umrechnung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen."

Die folgenden Punkte 2.6 bis 2.11 enthalten Bestimmungen über die nähere Vorgangsweise bei Durchführung der Preisumrechnung.

Die davor gültige Fassung der ÖNORM B 2111 (vom 1. 10. 1981) enthielt in ihrem Punkt 2.1 ebenso Regelungen für die Umrechnung veränderlicher Preise. Hervorgehoben werden nachstehende Punkte:

„2.1.3.2 Bei verspäteter Mitteilung des Eintretens der Erhöhung von Preisgrundlagen wird die Preisumrechnung nur für Leistungen durchgeführt, die ab dem sechs Wochen vor Einlangen der Mitteilung beim Auftraggeber liegenden Zeitpunkt erbracht wurden (siehe Abschnitt 2.6.2).

2.1.3.3 Unterlässt der Auftragnehmer die Mitteilung der Ermäßigung von Preisgrundlagen, kann der Auftraggeber bis zum Ablauf der normgemäßen Frist zur Prüfung der Schlussrechnung die Preisumrechnung mit dem Tag des Eintretens der Ermäßigung geltend machen.

2.6.4 Die Preisumrechnung ist vom Auftragnehmer durchzuführen. Er ist verpflichtet, dem Auftraggeber die zur Überprüfung der Umrechnung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen."

Die Klägerin begehrt mit der am 18. 4. 2002 eingelangten Klage von der Beklagten Zahlung von 41.974,72 EUR samt Zinsen ab 9. 2. 2001. Die Höhe des Klagebegehrens einschließlich der begehrten Zinsen steht außer Streit. Die Klägerin macht geltend, in Fällen, in denen veränderliche Preise vereinbart worden seien, habe der Auftragnehmer die Erhöhung, der Auftraggeber eine Verminderung geltend zu machen. Eine Mitteilungspflicht des Auftragnehmers entfalle, wenn sich die Preisdeterminanten aus öffentlichen Indizes ergeben. Die Schlussrechnung sei im vorliegenden Fall am 9. 2. 2001 fällig geworden. Die Beklagte habe sich erstmals in einer Besprechung vom 12. 3. 2001 ‑ somit nach Fälligkeit der Schlussrechnung ‑ auf eine „negative Preisgleitung" berufen. Ihr Anspruch sei daher nach Punkt 2.2.5 der ÖNORM B 2111 idF 1992 verfristet. Mangels einer Überzahlung komme Punkt 2.16 der ÖNORM B 2110 idF 1983 nicht zur Anwendung. Im Übrigen wäre ein Rückzahlungsanspruch ebenso verfristet, weil sich die Beklagte erstmals in der Tagsatzung vom 8. 5. 2003 auf diese Bestimmung berufen habe.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und macht geltend, nach Punkt 2.5.4 der ÖNORM 2111 in der hier anzuwendenden Fassung (1.1.1992) sei die Preisumrechnung vom Auftragnehmer ohne Mitwirkung des Auftraggebers durchzuführen. Punkt 2.2.5 dieser ÖNORM sei nicht im Sinn einer Fallfrist zu verstehen. Die negative Preisgleitung könne auch noch nach Fälligkeit der Schlussrechnung geltend gemacht werden, weil in einem solchen Fall eine nicht ordnungsgemäße bzw nicht prüffähige Schlussrechnung vorliege. Im Übrigen sei die Prüffrist nach Punkt 1.16.1 des Bauvertrags Teil D um die Dauer der geführten Verhandlungen verlängert worden und die Beklagte habe die negative Preisgleitung schon anlässlich der Korrektur der 16. Teilrechnung (vom 11. 7. 2000) geltend gemacht. Punkt 2.2.5 der ÖNORM B 2111 idF 1992 komme überdies nicht zum Tragen, weil eine Mitteilungspflicht der Klägerin in Bezug auf die Preisumrechnung nicht bestanden habe. Entsprechend ÖNORM B 2110 habe die Beklagte daher drei Jahre lang Zeit gehabt, eine erfolgte Überzahlung zurückzufordern. Wollte man die Frist des Punktes 2.2.5 der ÖNORM B 2111 als Fallfrist verstehen, wäre sie für den Auftraggeber gröblich benachteiligend und damit sittenwidrig. Die ÖNORM B 2110 unterscheide nicht zwischen Prüf‑ und Zahlungsfrist, die Fälligkeit der Schlussrechnung sei daher mit dem Zahlungstermin identisch. Der Auftraggeber könne zu seinen Gunsten wirkende Veränderungen von Preisumrechnungsgrundlagen daher jedenfalls bis zur Zahlung der Schlussrechnung geltend machen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es stellte noch fest, dass die Klägerin am 31. 7. 2000 Schlussrechnung gelegt habe. Die Schlussrechnung sei am 4. 8. 2000 bei der Beklagten eingegangen. Ihr Teil A habe ‑ wie im Auftrag vorgesehen ‑ die unbestrittenen, Teil B die bestrittenen Forderungen enthalten. Die Klägerin habe die Fälligkeit der Schlussrechnung bis 26. 1. 2001 „ausgesetzt". Die Schlussrechnung sei mit 9. 2. 2001 fällig und von der Beklagten am 28. 2. 2001 teilweise bezahlt worden. Der von ihr vorgenommene Abzug in Höhe des Klagebetrags habe sich auf die Position „Sonstiges" bezogen und resultiere aus einer „negativen Preisgleitung". Die Beklagte habe die Klägerin über diesen Abzug und dessen Begründung Ende Februar 2001 informiert. Am 12. 3. 2001 habe zwischen den Streitteilen eine Besprechung zu diesem Thema stattgefunden. In einem von den Streitteilen danach geschlossenen Vergleich sei festgehalten worden, dass die Beklagte im Zuge der Korrektur der Schlussrechnung eine negative Preisgleitung in Höhe des Klagebetrags geltend gemacht und von der Schlussrechnung in Abzug gebracht habe. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsstandpunkte solle diese Frage durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden. Eine Einigung habe nicht erzielt werden können, weil die von den Parteien jeweils vorgelegten Gutachten unterschiedliche Ergebnisse erbracht hätten.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass der Anspruch der Beklagten auf „negative Preisgleitung" verfristet sei. Sie hätte ihren Anspruch spätestens bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung geltend machen müssen. Punkt 1.16.1 der Allgemein rechtlichen Vertragsbestimmungen (Teil D), wonach sich die Prüffrist um die Dauer von Verhandlungen hinausschiebe, könne nur dann angewendet werden, wenn ein Teil der Schlussrechnung bemängelt werde. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte aber lediglich Korrekturen vorgenommen. Es liege auch keine Überzahlung im Sinn des Punktes 2.16 der ÖNORM B 2110 idF 1. 3. 1983 vor. Auch wäre die Geltendmachung derartiger Überzahlungen verfristet, weil die Beklagte ein entsprechendes Vorbringen erst am 8. 5. 2003 erstattet habe.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren in Abänderung der Entscheidung des Erstgerichts ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob die Punkte 2.1.3.3 der ÖNORM B 2111 idF 1. 10. 1981 und 2.5.5 (gemeint 2.2.5) der ÖNORM B 2111 idF vom 1. 1. 1992 eine Ausschluss‑ bzw Verfallsfrist zu Lasten des Auftraggebers normierten und ob dies auch für den Fall zu gelten habe, dass eine Mitteilungspflicht des Auftragnehmers nicht bestehe, bisher nicht befasst habe; die angeführte ÖNORM liege einer Vielzahl von Bauaufträgen zugrunde, sodass die Bedeutung der Entscheidung über den Einzelfall hinausreiche.

Durch Auslegung der dem Vertrag zugrunde liegenden ÖNORMEN sei zu ermitteln, ob Punkt 2.2.5 der ÖNORM B 2111 idF 1992 (bzw Punkt 2.1.3.3 idF 1981) ‑ im Fall der Verletzung von Mitteilungspflichten durch den Auftragnehmer - eine Frist für die Geltendmachung der negativen Preisgleitung durch den Auftraggeber bei sonstigen Verlust seines Reduktionsanspruches enthalte und was zu gelten habe, wenn ‑ wie hier ‑ eine Mitteilungspflicht des Auftragnehmers nicht bestehe. Dabei sei unter Berücksichtigung der Übung des redlichen Verkehrs vom Verständnis eines durchschnittlichen Angehörigen des von den ÖNORMEN angesprochenen Adressatenkreises auszugehen. Die ÖNORM B 2110 verweise zur Umrechnung veränderlicher Preise auf die Bestimmungen der ÖNORM B 2111. Die Verweisungsnorm beziehe sich ‑ schon aufgrund ihrer Anordnung innerhalb der ÖNORM B 2110 - auf die „Abrechnung der Leistungen" durch den Auftragnehmer, die durch die konkrete Festlegung der Preise für die erbrachten Leistungen erfolge. Die Mitteilung der Abrechnung an den Auftraggeber erfolge durch die sich an die Abrechnung anschließende Rechnungslegung; die Endabrechnung über die Gesamtleistung erfolge durch die Schlussrechnung. Der Regelungsinhalt der ÖNORM B 2110 unterscheide die Rechnungslegung von der Zahlung, sie enthalte im Hinblick auf die Zahlung Regelungen für deren Vornahme durch den Auftraggeber sowie für die Annahme der Zahlung durch den Auftragnehmer. Die Verweisungsnorm (B 2110) nehme somit ausschließlich auf die Vornahme der Abrechnung durch den Auftragnehmer Bezug, sodass die Auslegung der verwiesenen Normen ÖNORM B 2111 mit Rücksicht auf diese Zweckbestimmung zu erfolgen habe. Aus Punkt 2.6.4 der ÖNORM B 2111 idF 1981 bzw Punkt 2.5.4 idF 1992 ergebe sich, dass die Preisumrechnung vom Auftragnehmer durchzuführen sei. Der Standpunkt der Klägerin, die negative Preisgleitung sei vom Auftraggeber geltend zu machen, erweise sich daher als nicht zutreffend. Dementsprechend sähen die im gegebenen Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen der ÖNORM B 2111 (Punkt 2.1.1 und Punkt 2.1.3 idF 1981 bzw Punkt 2.2.1 und Punkt 2.2.3 idF 1992) nur besondere Handlungspflichten für den ‑ die Abrechnung vornehmenden ‑ Auftragnehmer vor. Diesen treffe grundsätzlich die Verpflichtung, dem Auftraggeber eine relevante Veränderung von Preisumrechnungsgrundlagen innerhalb einer bestimmten Frist ab deren Eintreten mitzuteilen. Nehme der Auftragnehmer eine verspätete Mitteilung vor, könne er die Erhöhung nur für Leistungen abrechnen, die er ab dem neu zu bestimmenden Stichtag erbracht habe. Die Sanktion einer verspäteten Mitteilung bestehe daher darin, dass die Preisanpassung nicht mit Eintritt der relevanten Veränderung des Preisgleitfaktors, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werde und es dadurch zu einer Verschiebung des Stichtags komme. Dem Auftragnehmer stehe daher im Hinblick auf den Stichtag für die Preisumrechnung eine Dispositionsmöglichkeit zu, er könne darüber entscheiden, ob und wann er von einer Preiserhöhung Gebrauch mache. Unterbleibe aber eine Mitteilung durch den Auftragnehmer im Fall einer Senkung der Preisgleitfaktoren, so könne der Auftraggeber die für ihn günstige Preisumrechnung mit dem Tag des Eintretens der Ermäßigung geltend machen. Die Sanktion für den Auftragnehmer bestehe in einem solchen Fall darin, dass die Preisumrechnung zum Zeitpunkt des Eintritts der relevanten Ermäßigung des Preisgleitfaktors erfolge und die Verletzung der Mitteilungspflicht sich nicht zum Vorteil des seine Pflicht verletzenden Auftragnehmers auswirke. Auch diese Regelung beziehe sich ausschließlich auf die Bestimmung des Stichtags für die Vornahme der Preisumrechnung.

Die Wendung, dass der Auftraggeber die Preisumrechnung „bis zum Ablauf der normgemäßen Frist zur Prüfung der Schlussrechnung (Punkt 2.1.3.3 der ÖNORM B 2111 alt) bzw „bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung" (Punkt 2.2.5 der ÖNORM B 2111 idF 1992) geltend machen könne, beziehe sich nur auf den Umstand, dass nach dem Ablauf der Prüffrist, also mit Eintritt der Fälligkeit der Schlussrechnung die Abrechnung des Auftragnehmers selbst nicht mehr korrigiert werden könne. Ab diesem Zeitpunkt seien die Regelungen über die Vornahme der Zahlung durch den Auftraggeber und die Annahme der Zahlung durch den Auftragnehmer maßgeblich. Der Auftraggeber könne auf die Schlussrechnung eine geringere Zahlung leisten, die Abrechnung durch den Auftragnehmer sei aber bereits fixiert und bleibe daher bestehen. Bei der hier zu beurteilenden Frist handle es sich daher nicht um eine Ausschlussfrist. Der Auftraggeber könne die „negativen Preisgleitung" auch noch nach Ablauf der Prüffrist bzw nach dem Eintritt der Fälligkeit der Schlussrechnung verlangen. Werde nämlich eine Preisreduktion vom Auftragnehmer nicht in die Schlussrechnung aufgenommen und zahle daher der Auftraggeber zuviel, so könne er die Überzahlung nach den Bestimmungen der ÖNORM A 2060 idF 1983 wie auch idF 1995 zurückfordern.

Wollte man die hier zu beurteilende Frist als Verfallsbestimmung auffassen, aufgrund derer der Auftraggeber seines Anspruchs auf Preisreduktion verlustig gehen könnte, müsste ein derartiger in eine Nebenbestimmung aufgenommener Anspruchsverzicht als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB beurteilt werden. In einem solchen Fall würde nämlich eine Pflichtverletzung ausschließlich auf Seiten des Auftragnehmers zu einem Rechtsverlust des Auftraggebers führen. Eine Verfallsfrist in der von der Klägerin unterstellten Art würde den Auftraggeber somit unverhältnismäßig einseitig benachteiligen.

Bestehe wie im vorliegenden Fall keine Mitteilungspflicht des Auftragnehmers, weil die Preisänderung von Indexwerten abhänge, sei der Auftragnehmer berechtigt, die Preiserhöhung zum gewöhnlichen Stichtag in der Schlussrechnung vorzunehmen. Die fehlende Mitteilungspflicht des Auftragnehmers ändere nichts daran, dass er die Preisumrechnung durchzuführen habe. Bei einer Ermäßigung der Umrechnungsgrundlage, die der Auftragnehmer an sich zu berücksichtigen gehabt hätte, könne der Auftraggeber bis zur Wirksamkeit der Abrechnung, also bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung, die Korrektur der Abrechnung durch den Auftragnehmer verlangen. Auch nach Wirksamkeit der Abrechnung bleibe es ihm unbenommen, auf die Schlussrechnung weniger zu bezahlen. Weiche seine Zahlung vom Rechnungsbetrag ab, so habe der Auftraggeber die Gründe dafür bekanntzugeben. Selbst bei einer entsprechenden Überzahlung könne er die Preisreduktion bis drei Jahre nach der Überzahlung geltend machen. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte eine Überzahlung nicht geleistet, sie habe die Preisreduktion durch Übermittlung von Abrechnungsunterlagen Ende Februar 2001 rechtzeitig geltend gemacht und die Zahlung des Klagebetrags zu Recht verweigert.

Selbst wenn die hier zu beurteilende Bestimmung eine Verfallsfrist im Sinn der Auffassung der Klägerin beinhalte, müsste sich die Klägerin das Verhalten ihrer Organe und Vertreter nach dem Eintritt der Fälligkeit der Schlussrechnung zurechnen lassen. Ihre Vertreter hätten ohne Hinweis auf die nun in Anspruch genommene Verfallsklausel auch nach Fälligkeit der Schlussrechnung über die Frage der negativen Preisgleitung verhandelt und damit den Eindruck erweckt, eine weitere Prüfung und die endgültige Beurteilung der Sachlage stehe noch aus. Die von der Klägerin (weiter) geführten Verhandlungen hätten daher jedenfalls eine Verlängerung einer allfälligen Verfall‑ bzw Ausschlussfrist bewirkt. Im Übrigen finde auch nach Punkt 1.16.1 der Allgemein rechtlichen Vertragsbestimmungen eine Verlängerung der Prüffrist (und damit auch der Fälligkeit der Schlussrechnung) um die Dauer von Verhandlungen zur Klärung unterschiedlicher Standpunkte statt. Dies müsse auch für die Frage einer negativen Preisgleitung gelten, sodass auch die Fälligkeit der Schlussrechnung hinausgeschoben worden sei. Damit hätte aber die Beklagte die negative Preisgleitung „bis zum Ablauf der Prüffrist" bzw „bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung" tatsächlich geltend gemacht. In diesem Sinn habe der von den Parteien nach der Besprechung vom 12. 3. 2001 geschlossene Vergleich auch ausdrücklich festgehalten, dass die Beklagte „im Zuge der Korrektur der Schlussrechnung eine negative Preisgleitung in Höhe des Klagsbetrages geltend gemacht und von der Schlussrechnung in Abzug gebracht" habe. Die Bezugnahme auf die Korrektur der Schlussrechnung bringe zum Ausdruck, dass die Abrechnung der Klägerin zum Zeitpunkt der Geltendmachung der negativen Preisgleitung noch nicht wirksam geworden, die Fälligkeit der Schlussrechnung damit noch nicht eingetreten sei. Aus all diesen Gründen könne die Klägerin den Klagebetrag nicht fordern.

 

Rechtliche Beurteilung

Der Revision der Klägerin ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Revision macht geltend, Punkt 2.2.5 der hier anzuwendenden ÖNORM B 2111 idF 1992 enthalte eine Verfallsklausel, wonach der Antragsgegner die negative Preisgleitung bis spätestens zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schlussrechnung bei sonstigen Verlust seines Anspruchs geltend machen müsse. Sie vertritt erkennbar weiterhin den Standpunkt, sie sei nur dann zur Preisumrechnung wegen Ermäßigung von Preisumrechnungsgrundlagen verpflichtet, wenn die Auftraggeberin dies entsprechend Punkt 2.2.5 der ÖNORM B 2111 (rechtzeitig) geltend gemacht hätte. Die erst anlässlich der Zahlung ‑ nach Fälligkeit der Schlussrechnung ‑ vorgenommene Korrektur des Schlussrechnungsbetrags sei daher verspätet. Dem ist entgegenzuhalten:

Bei den dem vorliegenden Bauauftrag zugrunde liegenden ÖNORMEN handelt es sich weder um die von einer der Vertragsparteien aufgestellten allgemeinen Geschäftsbedingungen noch um das Ergebnis von Vertragsverhandlungen der Parteien, sondern um „kollektiv" gestaltete Vertragsbedingungen, die von dritter Seite ‑ dem österreichischen Normungsinstitut ‑ herausgegeben werden. Ihre Bestimmungen sind objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut, das heißt unter Verzicht auf außerhalb des Textes liegende Umstände gemäß § 914 ABGB auszulegen. Sie sind so zu verstehen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises erschließen (stRsp, 6 Ob 566/95 = ecolex 1995, 891; 3 Ob 2327/96v); im Zweifel bildet die Übung des redlichen Verkehrs einen wichtigen Auslegungsbehelf (6 Ob 566/95 mwN).

Die dem Bauauftrag zugrunde liegende ÖNORM B 2110 idF 1. 3. 1983 verweist im Kapital „Abrechnung der Leistungen" (Punkt 2.14) zur Umrechnung veränderlicher Preise auf die ÖNORM B 2111 (Punkt 2.14.3). Nach ÖNORM B 2111 in der hier geltenden Fassung 1992 (Punkt 2.5.4) ist die Preisumrechnung vom Auftragnehmer durchzuführen, wobei die Bestimmung nicht darauf abstellt, ob sich durch Veränderung von Preisumrechnungsgrundlagen eine Erhöhung oder Ermäßigung ergibt. Die Klägerin hatte daher unter Beachtung dieser Bestimmung die Umrechnung der veränderlichen Preise anlässlich ihrer Rechnungslegung vorzunehmen. Aus dieser Verpflichtung ergibt sich zwingend, dass sie als Auftragnehmerin auch Ermäßigungen der Preisumrechnungsgrundlagen von sich aus (und ohne dass die Antragsgegnerin dies zuvor ausdrücklich „geltend machen" musste) zu berücksichtigen hatte. Davon ausgehend sind die ‑ Voraussetzungen und Durchführung der Umrechnung regelnden ‑ Bestimmungen der ÖNORM B 2111 in der hier geltenden Fassung schon nach ihrer Zweckbestimmung aus der Sicht des Auftragnehmers zu verstehen.

Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die im Punkt 2.2.1 und 2.2.3 der ÖNORM B 2111 in der hier anzuwendenden Fassung 1992 normierten Handlungs‑ und Mitteilungspflichten der Auftragnehmerin anlässlich der Preisumrechnung hingewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Punkt 2.2.3 dieser Norm regelt detailliert, ob und in welcher Frist Veränderungen von Preisumrechnungsgrundlagen dem Auftraggeber bekanntzugeben sind. Im Anschluss daran bestimmt Punkt 2.2.4, ab welchem Zeitpunkt der Auftragnehmer eine Erhöhung berücksichtigen darf, wenn er dem Auftraggeber verspätet von der Erhöhung der Preisumrechnungsgrundlagen Mitteilung gemacht hatte. Die nachfolgende Bestimmung (Punkt 2.2.5) regelt den Fall der verspäteten oder unterlassenen Mitteilung der Ermäßigung von Preisumrechnungsgrundlagen. Die Formulierung „bei verspäteter oder unterlassener Mitteilung .... kann der Auftraggeber bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung die Preisumrechnung mit dem Tage des Eintretens der Ermäßigung (2.2.2) geltend machen" kann nach ihrer Zweckbestimmung und aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung nur so verstanden werden, dass sie einen Zeitraum für die Berücksichtigung schon eingetretener Ermäßigungen von Preisverrechnungsgrundlagen für den Fall einer verspäteten oder unterlassenen Mitteilung festlegen wollte. In einem solchen Fall sollte die Preisumrechnung ab dem Tag des Eintretens der Ermäßigung von (dem Auftraggeber nicht oder verspätet bekanntgegebenen) Umrechnungsgrundlagen vorgenommen werden.

Der dargelegte Zweck der Regelung (Bestimmungen für die Vornahme der Preisumrechnung durch den Auftragnehmer zu schaffen), ihr Gesamtzusammenhang mit den davor normierten Mitteilungspflichten des Auftragnehmers und den Auswirkungen einer Verletzung dieser Mitteilungspflichten auf den für die Preisumrechnung maßgeblichen Zeitpunkt stehen einer Auslegung im Sinn einer Ausschlussfrist zu Lasten des Auftraggebers entgegen. Davon abgesehen spricht schon die Formulierung „kann der Auftraggeber geltend machen" und nicht „muss der Auftraggeber geltend machen", ebenso gegen die Annahme einer Ausschlussfrist, wie die dem Auftraggeber zustehende Möglichkeit, Überzahlungen innerhalb einer dreijährigen Frist (ab Überzahlung siehe ÖNORM B 2110 Punkt 2.16) bzw in der Verjährungsfrist (ÖNORM A 2060 Punkt 2.13.3) zurückzufordern und dafür Zinsen zu beanspruchen (Allgemeine Vertragsbestimmungen Teil B Punkt 1.16.2).

Die Formulierung, der Auftraggeber könne die Preisumrechnung „bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung" geltend machen, ist darauf zurückzuführen, dass die ÖNORM B 2111 von der gesetzesgemäßen Annahme ausgeht, der Auftraggeber werde bei Fälligkeit der Schlussrechnung Zahlung leisten, er könne daher auch bis zu diesem Zeitpunkt eine vom Auftragnehmer bisher nicht vorgenommene Preisumrechnung aufgrund ermäßigter Umrechnungsgrundlagen geltend machen. Dass die „Geltendmachung" auch darin bestehen kann, dass der Auftraggeber ‑ wie hier ‑ einen entsprechenden Abzug von der Schlussrechnungssumme vornimmt und diesen gegenüber dem Auftragnehmer begründet, ist nicht zweifelhaft. Dass aber der Auftraggeber bei Zahlung nach Fälligkeit der Schlussrechnung seines Anspruchs auf Geltendmachung der zu Unrecht vom Auftragnehmer nicht vorgenommenen Preisumrechnung verlustig gehen sollte, kann den hier anzuwendenden Bestimmungen ‑ entgegen der Auffassung der Revision ‑ nicht entnommen werden. Dagegen sprechen auch die Bestimmungen der ÖNORMEN B 2110 und A 2060 in der hier anzuwendenden Fassung (Punkt 2.16 bzw Punkt 2.13.3), wonach Überzahlungen innerhalb einer dreijährigen Frist ab Überzahlung bzw innerhalb der Verjährungsfrist zurückgefordert werden können. Dem Auftraggeber stehen in einem solchen Fall nach Punkt 1.16.2 der allgemeinen Vertragsbestimmungen Teil D auch Zinsen zu.

Auch für Fälle, in denen - wie hier - der Auftragnehmer über die Veränderung der Preisumrechnungsgrundlagen nicht informieren muss, etwa weil die Veränderung aufgrund der in Punkt 2.2.1 dritter Absatz der ÖNORM B 2111 angeführten Umstände eingetreten ist, kann nichts anderes gelten. Auch in diesen Fällen hat nämlich der Auftragnehmer nach Punkt 2.5.4 der ÖNORM B 2111 die Preisumrechnung vorzunehmen, ohne dass der Auftraggeber dies zuvor ausdrücklich begehren müsste. Der Auftraggeber kann ‑ sollte eine entsprechende Umrechnung zu seinen Gunsten nicht erfolgt sein ‑ den entsprechenden Betrag bei Zahlung und unter Bekanntgabe des Grundes für die Reduktion (2.13.1.4 der ÖNORM A 2060 idF 1983) abziehen oder ‑ sollte er die nach der Vereinbarung überhöhte Schlussrechnung bezahlt haben ‑ die Überzahlung nachträglich in der in den ÖNORMen A 2060 und B 2110 vorgesehenen Fristen geltend machen (Punkt 2.16 der ÖNORM B 2110 und Punkt 2.13.3 der ÖNORM A 2060).

Einer Auslegung des Punktes 2.2.5 der ÖNORM B 2111 in dem von der Klägerin verstandenen Sinn steht auch der vom Berufungsgericht aufgezeigte Umstand entgegen, dass eine derartige Verfallsbestimmung den Auftraggeber unverhältnismäßig belasten würde. Er würde gerade in Fällen, in denen der Auftragnehmer eine Ermäßigung der Preisumrechnungsfaktoren entgegen der ihm durch Punkt 2.5.4 der ÖNORM auferlegten Verpflichtung nicht berücksichtigt und ihn verspätet oder gar nicht über die Ermäßigung in Kenntnis gesetzt hat, seinen Anspruch schon dann verlieren, wenn er die Preisumrechnung erst anlässlich der Zahlung geltend macht, weil er zuvor von einer Veränderung der Preisumrechnungsgrundlage keine Kenntnis hatte. Ein derartiges Ungleichgewicht der beiderseitigen Interessen kann dem Normenverfasser nicht zugesonnen werden.

Die beklagte Auftraggeberin konnte daher noch bei Zahlung der Schlussrechnungssumme die bis dahin von der Auftragnehmerin unterlassene Preisumrechnung wegen Ermäßigung von Preisumrechnungsgrundlagen geltend machen und den sich aus der Ermäßigung der Preisumrechnungsgrundlagen ergebenden Betrag von der Schlussrechnungssumme in Abzug bringen.

Auf die Frage, ob sich die Klägerin auf Verhandlungen über die negative Preisgleitung eingelassen hat und deshalb eine Verlängerung der Prüffrist eingetreten ist, kommt es daher nicht mehr an, sodass auf die in der Revision diesbezüglich angesprochene Aktenwidrigkeit des angefochtenen Urteils nicht einzugehen ist.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung des sich aus der Ermäßigung von Preisumrechnungsgrundlagen ergebenden (Minder‑)Betrags zutreffend verneint. Der dagegen erhobenen Revision der Klägerin war nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat bei Berechnung der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung Umsatzsteuer nicht geltend gemacht (§ 54 Abs 1 ZPO).

 

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