BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W233.2150810.1.00
Spruch:
W233 2150809-1/2E W233 2150810-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. XXXX Fellner als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige der Russischen Föderation, 2.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige der Russischen Föderation und 3.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige der Russischen Föderation, alle vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Angelika Tupy, Währinger Straße 18, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 27.02.2017, Zl.:
1128538905 – 161208947 (ad 1.), Zl.: 1128539804 – 161209408 (ad 2.) und Zl.: 1128540206 – 161209056 beschlossen:
A) Den Beschwerden wird gemäß § 21 Absatz 3 2. Satz BFA-VG
stattgegeben, die Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz werden zugelassen und die bekämpften Bescheide behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der volljährigen Zweitbeschwerdeführerin. Die Zweitbeschwerdeführerin hat die Obsorge über die mündige minderjährige Drittbeschwerdeführerin. Alle drei Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und beantragten nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.09.2016 die Gewährung internationalen Schutzes. Über alle drei Beschwerdeführerinnen finden sich keine Treffer im EURODAC-Informationssystem.
Im Rahmen der niederschriftlichen Ersteinvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.09.2016 gab die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass sie Herzprobleme habe und nach Österreich gekommen sei um hier ihren seit 13 Jahren aufhältigen Sohn zu besuchen. Den Asylantrag habe sie gestellt, da sie – solange sie in Österreich sei - ihr Sohn nicht finanziell unterstützen könne. Andere Fluchtgründe habe sie nicht. Die Frage, ob sie von einem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten habe, verneinte die Erstbeschwerdeführerin bzw. führte aus, dass sie davon nichts wisse.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer Erstbefragung am 03.09.2016 an, dass sie an keinen Beschwerden oder Krankheiten leide, die sie an ihrer Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigten würden. Sie sei nach Österreich gekommen, da sie hier ihren Bruder besuchen wolle. Befragt nach ihrem Fluchtgrund gab die Zweitbeschwerdeführerin zu Protokoll, dass es schwer sei in Tschetschenien zu leben, da es dort keine Sicherheit gäbe und vor allem Frauen dort keine Zukunft hätten. Befragt, ob sie von einem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten hätte, führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, dass sie von der italienischen Botschaft in Moskau ein für die Zeit vom 17.08.2016 bis 10.09.2016 gültiges Visum erhalten habe.
Auch die Drittbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer Erstbefragung am 03.09.2016 an, dass sie an keinen Beschwerden oder Krankheiten leide, die sie an ihrer Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigten würden. Die Drittbeschwerdeführerin konnte den Großteil der ihr gestellten Fragen nicht beantworten bzw. gab befragt nach ihrem Fluchtgrund an, nicht zu wissen warum sie ihr Land verlassen habe und keine Angst für den Fall einer Rückkehr in ihre Heimat zu haben.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete sodann unter Hinweis auf die von Italien den Beschwerdeführerinnen ausgestellten Schengen-Visa am 22.09.2016 ein auf Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien.
Mit Schreiben vom 24.11.2016 teilte die österreichischen Dublin-Behörde Italien mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Dublin III-Verordnung eine Verfristung eingetreten und Italien nunmehr mit Wirksamkeit vom 23.11.2016 zuständig für die Durchführung der gegenständlichen Asylverfahrenen der Antragsteller sei.
Am 22.12.2016 erfolgte nach durchgeführter Rechtsberatung, im Beisein einer Rechtsberaterin und des gewillkürten Vertreters die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt. Hierbei gab die Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, dass sie im Jahre 2002 einen Herzinfarkt erlitten hätte und deswegen sowohl in ihrem Herkunftsstaat als auch in Österreich in ärztlicher Behandlung stand bzw. steht. Am 09.01.2017 habe sie einen Untersuchungstermin und würde am 10.01.2017 operiert werden. Sie möchte in Österreich bleiben, da hier auch ihr Sohn seit 13 Jahren aufhältig sei. In diesem Zusammenhang legte die Erstbeschwerdeführerin eine Ambulanzkarte des XXXX Krankenhauses, II. Medizinische Abteilung – Herzambulanz vor. Befragt nach ihrer Beziehung zu ihrem in Österreich lebenden Sohn erwiderte die Erstbeschwerdeführerin, dass sie eine gute Beziehung führten. Nachgefragt, ob ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe, gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr Sohn Lebensmittel sowie Medikamente kaufe und er sie im Krankenhaus besuche. Überdies mache er, was er könne. Auch ihr in Österreich lebender Neffe, würde ihr Medikamente holen.
Mit Schreiben vom 25.01.2017 beantragt die Erstbeschwerdeführerin die Verlegung ihrer für 03.02.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angesetzten weiteren Einvernahme und legte unter anderem diesem Schreiben ihren vorläufigen Entlassungsbericht des XXXX Krankenhauses – II. Medizinische Abteilung bei. Diesem Bericht ist zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin vom 09.01. bis 11.01.2017 stationär aufgenommen war und sie in gutem Allgemeinzustand am 11.01.2017 nach Hause entlassen worden sei.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 10.02.2017 ersuchte die Erstbeschwerdeführerin erneut um Verlegung der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nun für 13.02.2017 angesetzten Einvernahme auf einen Termin idealerweise nach dem 20.04.2017 und legte unter einem weitere medizinische Unterlagen vor. Daraus geht hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin vom 07.02. bis 17.02.2017 abermals in stationärer Behandlung im XXXX Krankenhaus aufgenommen worden war. Laut auf AS 193 einliegenden ärztlichen Attest leidet die Erstbeschwerdeführerin an
* Typ 2 – Diabetes mellitus bei metabolischem Syndrom (1,61 m/80kg)
* Hyperlipidämie
* Arterielle Hypertonie
* Lat. demkom. Cor hypertonicum
* Persistierendes VH-Flimmern
* Koronare Herzkrankheit bei St. P. Myocardinfarkt mit Lysetherapie (2002)
Dementsprechend stehe die Patientin in ständiger medizinischer Kontrolle und derzeit in einem guten klinischen Zustand. Allerdings sei von größeren Reisen, psychischen Belastungen etc. aufgrund der medizinischen Situation dringend abzuraten.
Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt nach durchgeführter Rechtsberatung, im Beisein einer Rechtsberaterin und des gewillkürten Vertreters im Wesentlichen vor, dass sie nach Österreich gekommen wären, da sie hier ihre Familie hätte. Sie verstehe nicht, warum sie nach Italien zurückgehen sollten, sie wären auch noch nie in Italien gewesen. Auf die Frage ihres gewillkürten Vertreters, ob ihre Mutter – die Erstbeschwerdeführerin – dringend auf ihre Hilfe angewiesen sei, führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, dass sie immer bei ihr sei und ihr Medikamente verabreichen müsse, da sie – die Erstbeschwerdeführerin – die Medikamente verwechseln würde. Auch müsse sie diverser Messungen – wie etwa den Blutdruck und den Blutzucker – an ihrer Mutter durchführen.
Der Niederschrift der Zweitbeschwerdeführerin ist auch zu entnehmen, dass sie für ihre Nichte – die Drittbeschwerdeführerin – als dessen gesetzliche Vertreterin spräche und die Drittbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe habe.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Der Antrag auf internationalen Schutz sei jeweils zurückzuweisen, weil gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Italien für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Parteien ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei in den jeweiligen Verfahren nicht erstattet worden. In den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerinnen in Italien nicht systematischer Misshandlung bzw. Verfolgung ausgesetzt gewesen seien oder dies zu erwarten hätten.
Des Weiteren stellte die belangte Behörde im Bescheid der Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Gesundheitszustand fest, dass Personen mit ernstzunehmenden gesundheitlichen Problemen unter Begleitung und Aufsicht eines Arztes oder einem medizinischem Team durchgeführt würden. Da den Länderfeststellungen zu entnehmen sei, dass in Italien Behandlungsmöglichkeiten bestünden und diese auch zugänglich seien und somit die medizinische Versorgung für Asylwerber gewährleistet sei, sei auch unter Verweis auf die Judikatur des EGMR, nicht davon auszugehen, dass ihre Überstellung nach Italien unzulässig wäre. Ebenso stelle ihre Ausweisung nach Italien keinen Eingriff in ihr nach Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben dar, da sie sich ihrer prekären aufenthaltsrechtlichen Position hätte bewusst sein müssen und keine besondere, über das Regelmaß hinausgehende Integration, hätte erkannt werden können, welches ein qualifiziertes Pflege-, Unterhalts-, und/oder Unterstützungsverhältnis von ihrem in Österreich aufhältigen Sohn und ihrem Neffen darstellen würde. Auch vermöge die Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Rechts auf Achtung des Privatlebens zu begründen.
Bezüglich der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin stellte die belangte Behörde in ihren jeweiligen angefochtenen Bescheiden fest, dass keine konkreten, in der Person der beiden beschwerdeführenden Parteien gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedsstaates Italien sprechen, vorliegen. Die beiden Antragstellerinnen leiden auch an keine schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Ebenso liege kein Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben vor, da sie weder auf eine von ihrem in Österreich aufhältigen Bruder/Onkel und ihrem Neffen/Cousin Unterstützung angewiesen seien noch ein qualifiziertes Pflege-, Unterhalts-, und /oder Unterstützungsverhältnis vorliege. Auch in ihren Fällen vermöge die Dauer ihres jeweiligen Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen.
Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei daher in den vorliegenden Fällen nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.
3. Gegen diese Bescheide richtet sich die durch ihre gewillkürte Vertreterin mit einem Schriftsatz eingebrachte Beschwerde der Beschwerdeführerinnen im Zulassungsverfahren, mit welcher die jeweiligen Bescheide im Wesentlichen wegen Feststellungsmängel in Bezug auf die Ein- und Durchreise der Beschwerdeführerinnen und der Behauptung, dass in ihrem jeweiligen Fall keine illegale Einreise erfolgte als auch mit dem Vorbringen, dass die Außerlandesbringung der Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes unzulässig sei, angefochten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Identität der Beschwerdeführerinnen steht aufgrund der von ihnen in Vorlage gebrachten Identitätsdokumente fest. Die Beschwerdeführerinnen reisten mit einem ihnen von Italien ausgestelltem Schengen-Visum in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Dublin III-VO ein und stellte am 03.09.2016 im österreichischen Bundesgebiet die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz
Am 22.09.2016 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 Dublin III-VO gestützte Aufnahmeersuchen an Italien. Mit Schreiben vom 24.11.2016 teilte die österreichische Dublin-Behörde Italien mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Dublin III-Verordnung eine Verfristung eingetreten und Italien mit Wirksamkeit vom 23.11.2016 zuständig für die Durchführung der gegenständlichen Asylverfahren der Antragstellerinnen sei.
Die Erstbeschwerdeführerin leidet laut in ihrem Akt einliegenden ärztlichen Befunds (AS 193) eines Facharztes für Interne Medizin und Kardiologie, ausgestellt am 21.02.2017, an
• Typ 2 – Diabetes mellitus bei metabolischem Syndrom (1,61 m/80kg)
• Hyperlipidämie
• Arterielle Hypertonie
• Lat. demkom. Cor hypertonicum
• Persistierendes VH-Flimmern
• Koronare Herzkrankheit bei St. P. Myocardinfarkt mit Lysetherapie (2002)
Diesem Befund entsprechend steht die Patientin unter ständiger medizinischer Kontrolle und befindet sich derzeit in einem guten klinischen Zustand. Allerdings rät der dieses ärztliche Attest ausstellende Facharzt für Interne Medizin und Kardiologie dringend von größeren Reisen, psychischen Belastungen etc. aufgrund der medizinischen Situation ab.
Die belangte Behörde hat keine abschließende Beurteilung des Gesundheitszustandes der Erstbeschwerdeführerin mit dem Ziel vorgenommen, eine Grundlage für die Entscheidung zu schaffen, ob - und allenfalls unter welchen Auflagen - eine Überstellungsfähigkeit der Erstbeschwerdeführerin nach Italien gegeben ist um eine Gefährdung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte aufgrund allfällig gegebener gesundheitlicher Beeinträchtigungen auszuschließen.
Die Beschwerdeführerinnen haben durch ihren in Österreich lebenden Familienangehörigen (Sohn der Erst- und Bruder der Zweit- bzw. Onkel der Drittbeschwerdeführerin) XXXX , geboren am XXXX , der in Österreich einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" besitzt, einen familiären Anknüpfungspunkt.
Festzustellen ist weiters, dass in Anbetracht der Gleichgelagerheit der Fälle und der damit einhergehenden Frage der Abwägung der gegenseitigen familiären Beziehungsintensität im Sinne einer Prüfung des Vorliegen eines Eingriffes in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerinnen in ihre von Art. 8 EMRK geschützten Rechte, die Beschwerden der Erst-, der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin unter einem behandelt werden. Überdies ist in Bezug auf die volljährige Zweit- und die mündige minderjährige Drittbeschwerdeführerin aufgrund eines aufrechten Obsorgeverhältnisses ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG durchzuführen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellung zur Tatsache, dass Italien den Beschwerdeführerinnen jeweils ein Schengen-Visum ausgestellt hat, ergeben sich aus den Akten des Bundesamts, den darin befindlichen Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, der im jeweiligen Akt einliegenden Information betreffend der Ausstellung eines Visums an die Beschwerdeführerinnen durch Italien und dem dokumentierten Konsultationsverfahren mit Italien.
2.2. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den vorgelegten ärztlichen Bestätigungen.
2.3. Aus der Aktenlage ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die erstinstanzliche Behörde eine abschließende Beurteilung des Gesundheitszustands der Erstbeschwerdeführerin nicht für erforderlich gehalten hat und aus welchen Gründen ohne eine solche Beurteilung der gegenständliche nunmehr angefochtene Bescheide erlassen wurde.
2.4. Im Einzelnen ist zu dieser von der belangten Behörde geführten Beweiswürdigung wie folgt auszuführen:
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vermag nicht nachvollziehbar darzutun, warum es von der Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 ausgegangen ist. Insbesondere liegt keine abschließende Beurteilung des Gesundheitszustands der Erstbeschwerdeführerin vor.
2.4.1. Im Besonderen vermögen die Begründungen, dass in Bezug auf das vorgelegte ärztliche Attest eines Facharztes für Interne Medizin und Kardiologie, "die Außerlandesbringung von Personen mit ernstzunehmenden gesundheitlichen Problemen unter Begleitung und Aufsicht eines Arztes oder einem medizinischem Team durchgeführt werde" und die weitere Aussage, "in anderen Fällen wäre ihre Gesundheit während der geplanten Überstellung nicht vollkommen gewährleistet und eine Überstellung somit auch nicht durchführbar" keine geeigneten Ermittlungsschritte darstellen, um den wirklichen und entscheidungsrelevanten Sachverhalt in Bezug auf ihren Gesundheitszustand darzulegen. In diesem Zusammenhang fällt überdies auf, dass die Behörde von ihrem offensichtlichen ursprünglichen Vorhaben einer weiteren Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin wieder abgegangen ist, ohne dies allerdings näher zu begründen. Die belangte Behörde hat auf das Ersuchen der Beschwerdeführerin auf Verschiebung ihres für 13.02.2017 angesetzten Termins nicht reagiert und ihre Entscheidung ohne eine weitere Einvernahme erlassen. Dies wiegt umso schwerer, als mit dem Schreiben um Terminverschiebung die Beschwerdeführerin ein fachärztliches Attest mit einer genauen Beschreibung ihres Krankheitsbildes vorlegte, in welchem auch ausgeführt ist, dass aus medizinischer Sicht von größeren Reisen, psychischen Belastungen, etc. dringend abgeraten wird. Die im angefochtenen Bescheid erwähnten weiteren Korrespondenzen zwischen der gewillkürlich vertretenen Beschwerdeführerin und der belangten Behörde hinsichtlich weiterer Terminverschiebungen bzw. Fristen zur Dokumentenvorlage sind im Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin nicht enthalten und können somit nicht zur Begründung des Absehens einer weiteren Einvernahme herangezogen werden.
2.4.2. Ebenso vermag die Begründung, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht auf die Unterstützung ihres Sohnes angewiesen ist, da kein qualifiziertes Pflege-, Unterhalts- und/oder Unterstützungsverhältnis vorliegt, vom erkennenden Gericht nicht nachvollzogen werden. Die belangte Behörde räumt zwar ein, dass ein familiäres Anknüpfungselement der Beschwerdeführerin zu ihrem Sohn und zu ihrem Neffen nicht ausgeschlossen wird. An anderer Stelle hält sie aber fest, dass "da Sie aber abgesehen von Ihrer Tochter, Ihrer Enkelin sowie Ihrem Sohn und dessen Familie Verwandte im Bundesgebiet haben, allfällige freundschaftliche Beziehungen zu einem Zeitpunkt eingegangen sind, an dem Sie sich Ihrer prekären aufenthaltsrechtlichen Position bewusst waren, illegal eingereist und auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähig sind, konnte keine Besondere, über das Regelmaß hinausgehende Integration erkannt werden. Daher ist eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens durch die Außerlandesbringung nicht zu erkennen." (vgl. AS 239). Diese wörtlich wiedergegebene Beweiswürdigung ist es für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, zumal überhaupt keine näheren Feststellungen zu den Lebensverhältnissen der Genannten getroffen wurden bzw. ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Determinanten die belangte Behörde zu ihrem Beweisergebnis kommt, dass im Fall der Erstbeschwerdeführerin kein von Art. 8 EMRK erfasster und geschützter Sachverhalt vorliegt. Überdies ist die oben wörtlich wiedergegebene Formulierung miss- bzw. unverständlich verfasst.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zu-ständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) [ ]
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. [ ]
2. [ ]
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) [ ]
(3) [ ]
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) [ ]"
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten:
§ 21 Abs. 3 BFA-VG: "Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 3 BFA-VG (vgl. jüngst Ra2016/19/0208-8 vom 5. Oktober 2016 mwN) hat eine Entscheidung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG in Form eines (das Beschwerdeverfahren beendenden und nicht bloß verfahrensleitenden) Beschlusses zu ergehen.
3.3. Im vorliegenden Fall ist Dublin III-VO anzuwenden:
"Art. 3 - Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsange-höriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
[ ]
Art. 7 - Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antrag-steller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Auf-ahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 12 - Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Artikel 16 - Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitglied-staat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des
Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese
Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zu-ständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat ver-fügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitglied-staat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Ver-ordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen".
3.4. Die Dublin III-VO ist eine Verordnung des Rechts der Europäischen Union, die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Anträge auf internationalen Schutz von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
3.5. Gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
3.6. Zwar ist hinsichtlich der Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung der gegenständlichen Asylverfahren dem Bundesamt beizupflichten, dass sich aus dem fest-gestellten Sachverhalt grundsätzlich die Zuständigkeit Italiens ergibt. Dies folgt aus den Regelungen des Art. 12 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung, da Italien den Beschwerdeführerinnen ein gültiges Schengen-Visum ausgestellt hat. Das Zuständigkeitskriterium des Artikel 12 Dublin III-VO geht vor der Erwägung aus, dass jener Mitgliedstaat, der einen Aufenthaltstitel oder ein Visum ausgestellt hat, die Verantwortung dafür trägt, dass der Empfänger des Aufenthaltstitels/Visums den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten – unter Umständen entgegen den Angaben im Verfahren zur Erlangung des Aufenthaltstitels bzw. im Visumantrag – für die Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz nützt (siehe Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin III-Verordnung, Stand 1.2.2014, § 12, K 2).
Dennoch geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Überstellung der Beschwerdeführerinnen nach Italien nicht zulässig ist, da in casu die gegenständliche Entscheidung des Bundesamtes auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen ist, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.
Dies aus folgenden Erwägungen:
3.6.1. Hinsichtlich des Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihrem Gesundheitszustand, ist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken zu verweisen. Demnach haben im Allgemeinen Fremde kein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn sie an einer schweren Krankheit leiden oder selbstmordgefährdet sind. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union werde auch zu berücksichtigen sein, dass dieser zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet sei. Gemäß Art. 15 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst bzw. dass Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia; EGMR Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich, Rn. 42ff; EGMR 03.05.2007, 31246/06, Goncharova & Alekseytsev; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh; 04.07.2006, 24171/05, Karim; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy; VfGH 21.09.2009, U 591/09; 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 31.03.2010, 2008/01/0312; 23.09.2009, 2007/01/0515).
3.6.2. In seiner rezenten Entscheidung im Fall "Paposhvili vs. Belgium" (EGMR, Große Kammer, 13.12.2016, 41738/10) hat der EGMR das Vorliegen von "ganz außergewöhnlichen Fällen" näher präzisiert. Demnach ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die Abschiebung eines schwer kranken Menschen auch dann vom nach Art. 3 EMRK geschützten Bereich umfasst sein könnte - auch wenn dieser sich nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befindet - wenn wegen des Fehlens einer geeigneten Heilbehandlung im Zielstaat oder wegen des mangelnden Zugangs zu einer solchen Heilbehandlung eine ernste, schnelle und irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustands, die ein starkes Leid zur Folge hätte, oder diese Person eine erhebliche Verringerung der Lebenserwartung zu erfahren hätte, einer realen Gefahr ausgesetzt wäre (RN 183). Weiters stellt der Gerichtshof fest, dass es hier um die negative Verpflichtung, Personen nicht der Gefahr einer durch Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung auszusetzen, handelt (RN 188). Was die zu berücksichtigten Faktoren betrifft, müssen die Behörden des abschiebenden Staates im Einzelfall prüfen, ob die im Zielstaat allgemein verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten in der Praxis ausreichend und geeignet für die Behandlung der Krankheit des Betroffenen sind, um zu verhindern, dass dieser einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wird. Dabei gehe es jedoch nicht darum, zu ermitteln, ob die Heilbehandlung im Zielstaat gleichwertig oder schlechter wäre als die durch das Gesundheitswesen des abschiebenden Staates zur Verfügung gestellte Heilbehandlung (RN 189). Jedenfalls muss der abschiebende Staat, wenn nach Prüfung der relevanten Informationen ernsthafte Zweifel über die Auswirkungen der Abschiebung der betreffenden Person bestehen bleiben, sei es wegen der allgemeinen Lage im Zielstaat oder wegen der individuellen Situation der Betroffenen, als Vorbedingung der Abschiebung, vom Zielstaat eine individuelle und ausreichende Zusicherung einholen, das eine geeignete medizinische Versorgung für die betroffene Person verfügbar und zugänglich sein wird, sodass sie sich nicht in einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Situation befindet (RN 191).
3.6.3. Gerade zur Beurteilung der Frage, ob bei der Erstbeschwerdeführerin eine solche ganz außergewöhnliche Situation gegeben ist, die einer Überstellung nach Italien widersprechen würde, hat die belangte Behörde keine Beweiserhebungen zur Feststellungen des Sachverhalts getroffen, sondern die abschließende Beurteilung ihres Gesundheitszustandes unterlassen. Somit bedarf es aktueller Feststellungen zu ihrem psychischen und physischen Gesundheitszustand, um eine Grundlage für eine Entscheidung zu schaffen, ob eine Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach Italien gegeben ist und um eine Gefährdung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausschließen zu können. Dem Bundesverwaltungsgericht ist es zum Entscheidungszeitpunkt jedoch nicht möglich, aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen zu beurteilen, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, die bei einer Überstellung der Beschwerdeführerin zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen könnten.
3.6.4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich trotz des Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin, dass sie gesundheitlicher Probleme habe, zu wenig mit dem aktuellen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Insbesondere wurde – wie unter Punkt II – Beweiswürdig ausführlich dargelegt - nicht abgeklärt, ob bei der Beschwerdeführerin die – allenfalls auch unter welchen Auflagen - Überstellungsfähigkeit nach Italien gegeben ist bzw. aufgrund einer abschließenden Beurteilung ihres jeweiligen Gesundheitszustandes eine aktuelle Gefährdung ihres durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechtes ausgeschlossen werden kann.
3.7. Das Bundesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren bei der Erstbeschwerdeführerin durch die Veranlassung der Einholung entsprechender medizinischer Gutachten abzuklären haben, ob bei ihr tatsächlich eine ganz außergewöhnlichen Fallkonstellationen vorliegt, die im Falle ihrer Überstellung nach Italien – auch wenn sich diese nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befinden – eine ernste, schnelle und irreversible Verschlechterung ihres jeweiligen Gesundheitszustandes, die ein starkes Leid zur Folge hätte, oder zu einer erhebliche Verringerung der Lebenserwartung führen würde. Im Besonderen wird dieses Gutachten auch den erforderlichen Behandlungsbedarf festzustellen und darüber hinaus allfällige erforderliche Rehabilitationsmaßnahmen und ob bei der Beschwerdeführerin eine dauernde oder bloß vorübergehende Reiseunfähigkeit vorhanden ist bzw. die Frage, ob die Abschiebung nach Italien nur unter Auflagen und bejahendenfalls unter welchen Auflagen durchgeführt werden darf, zu behandeln haben.
3.8. Die Erstbeschwerdeführerin brachte schon im behördlichen Verfahren vor, dass sie von ihrem in Österreich aufhältigen Sohn abhängig sei. Was diesen Familienbezug der Beschwerdeführerin zu ihrem in Österreich lebenden Familienmitglied betrifft, so ist auszuführen, dass eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK fällt, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 32; VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).
Im vorliegenden Beschwerdefall ist allerdings eine Gesamtbetrachtung aller oben angeführten Umstände erforderlich, um die Frage einer allfälligen Verletzung von Art. 8 EMRK im Falle der Überstellung der Beschwerdeführerin und damit verbunden der Verpflichtung zu einem Selbsteintritt zutreffend zu beurteilen. Somit wird im Falle der behaupteten Pflegebedürftigkeit zu erheben sei, ob der Sohn der Beschwerdeführerin zur Vornahme der erforderlichen Pflege in der Lage ist.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass der Erwägungsgrund 14 der Dublin III-Verordnung betont, dass die Achtung des Familienlebens eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten sein soll. Dementsprechend hält Erwägungsgrund 17 leg. cit. auch fest, dass die Mitgliedstaaten insbesondere aus humanitären Gründen oder in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abweichen können sollen, um Familienangehörige, Verwandte oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung, zusammenzuführen und deren Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn sie für eine solche Prüfung nach den in der Dublin III-VO festgelegten verbindlichen Zuständigkeitskriterien nicht zuständig sind (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0192ua). Das gilt grundsätzlich auch für das Familienleben unter Erwachsenen.
3.9. Nach Vorliegen der unter Bezugnahme auf die unter Punkt 3.7. und Punkt 3.8. entsprechend erhobenen Ermittlungsergebnisse wird von der belangten Behörde letztlich auch zu prüfen sein, ob eine Einzelfallprüfung in den gegenständlichen Verfahren nicht einen Selbsteintritt Österreichs gebieten würde.
3.10. Im vorliegenden Fall kann zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der mangelnden Sachverhaltserhebungen durch die erstinstanzliche Behörde nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob bei der Erstbeschwerdeführerin eine reale Gefährdung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigten im Falle ihrer Überstellung nach Italien vorliegt bzw. ob ihr aufgrund der ihr gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein Eingriff in 8 EMRK droht.
3.11. Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt trotz bestehender Möglichkeiten nicht ausreichend ermittelt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zwingend vorzugehend war.
3.12. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
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