ASVG §51d
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W209.2235217.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, vom 18.06.2020 betreffend Anspruchsberechtigung gemäß § 123 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit angefochtenem Bescheid vom 18.06.2020 stellte die belangte Behörde (im Folgenden: ÖGK) fest, dass für Frau XXXX seit 24.08.2019 aus der Versicherung ihres eingetragenen Partners, Herrn XXXX , SVNR XXXX , (im Folgenden: Beschwerdeführer) eine Anspruchsberechtigung gemäß § 123 ASVG bestehe. Im zweiten Spruchteil wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Beendigung der Anspruchsberechtigung ab dem 28.02.2020 abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 13.01.2020 die Mitversicherung seiner eingetragenen Partnerin als Angehörige gemäß § 123 ASVG begehrt habe. Die eingetragene Partnerschaft sei am 24.08.2019 in Österreich begründet worden. Die anspruchsberechtigte Angehörige habe seit 26.06.2019 einen gemeinsamen Hauptwohnsitz mit dem Beschwerdeführer. Am 28.08.2019 sei der anspruchsberechtigten Angehörigen durch das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, ein Aufenthaltstitel als Familiengehöriger für die Zeit vom 28.08.2019 bis 28.08.2020 erteilt worden. Mit Schreiben vom 28.02.2020 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er mit der Mitversicherung seiner eingetragenen Partnerin nicht einverstanden sei und seinen „Antrag“ stornieren wolle.
Daraus folgerte die belangte Behörde, dass im beschwerdegegenständlichen Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Angehörigeneigenschaft mit dem Zeitpunkt der Begründung der eingetragenen Partnerschaft am 24.08.2019 ex lege erfüllt worden seien, sodass ab diesem Zeitpunkt auch ein Zusatzbeitrag für Angehörige gemäß § 51d ASVG zu leisten sei. Fallgegenständlich sei der Beschwerdeführer verpflichtet, für die Zeit von 24.08.2019 bis 14.01.2019 (gemeint: 14.01.2020) und von 18.03.2020 bis 01.04.2020 einen Zusatzbeitrag für Angehörige gemäß § 51d ASVG zu entrichten. Von 15.01.2020 bis 17.02.2020 (gemeint: 17.03.2020) und von 02.04.2020 bis laufend bestehe keine Beitragspflicht, da die anspruchsberechtigte Angehörige in diesen Zeiträumen aufgrund einer Beschäftigung über eine eigene Krankenversicherung verfügt habe, weswegen gemäß § 123 Abs. 1 Z 2 ASVG der Leistungsanspruch entfalle.
Eine Beendigung bzw. Stornierung der ex lege eingetretenen Angehörigeneigenschaft trete ausschließlich bei Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen sowie bei Tod des Angehörigen oder Versicherten ein. Die Verpflichtung zur Leistung eines Zusatzbeitrages nach § 51d ASVG hänge nicht von einem Antrag auf Mitversicherung ab. Es bestehe somit keine Wahlfreiheit oder bloße Option zur Selbstversicherung. Einer etwa bestehenden privaten Krankenversicherung komme keine Bedeutung zu.
2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 24.06.2020 fristgerecht Beschwerde, in welcher er ausführte, dass die Beitragspflicht maximal von 01.01.2020 bis 14.01.2020 gegeben sei, nicht jedoch im Zeitraum von 18.03.2020 bis 01.04.2020.
3. Am 21.09.2020 einlangend legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
4. Mit Erkenntnis vom 11.08.2021, W209 2235217-1/5E, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Beschwerdeführers teilweise Folge und stellte fest, dass der Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung gemäß § 123 ASVG für die Angehörige des Beschwerdeführers mit 28. Februar 2020 ende und der Beschwerdeführer somit ab diesem Zeitpunkt „unabhängig vom Zutreffen der Voraussetzungen des § 51d Abs. 3 ASVG“ nicht mehr der Beitragspflicht gemäß § 51d ASVG unterliege (Spruchpunkt A.I.). Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Spruchpunkt A.II.).
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass dem Einwand des Beschwerdeführers, dass er die von der ÖGK festgestellte Anspruchsberechtigung seiner eingetragenen Partnerin „gar nicht beantragt“ habe, nicht zu folgen sei, weil der Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung für eingetragene Partner als Angehörige (gemäß § 123 ASVG) bestehe, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hätten und nicht einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung unterlägen. Eine Mitversicherung gemäß § 123 Abs. 1 ASVG trete somit mit dem gewöhnlichen Aufenthalt des Angehörigen im Inland ein (Hinweis auf VwGH 20.07.2016, Ro 2015/22/0030). Die Anspruchsberechtigung der Partnerin des Beschwerdeführers habe mit dem Zeitpunkt der Begründung der eingetragenen Partnerschaft im Inland begonnen, ohne dass es dafür eines gesonderten Antrages bedurft hätte. Das Bestehen einer privaten Krankenversicherung habe keinen Einfluss auf die Begründung der Angehörigeneigenschaft und die damit verbundene Anspruchsberechtigung (Hinweis auf VwGH 18.4.1997, 96/19/0196). Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass seine Partnerin sich von Dezember 2019 bis 15. Jänner 2020 nicht in Österreich aufgehalten habe, sei entgegenzuhalten, dass diese den Angaben des Beschwerdeführers zufolge seit Juni 2019 bis zu ihrer Ausreise und auch danach wieder ständig in Österreich aufhältig gewesen sei, weswegen davon auszugehen sei, dass sie seit Juni 2019 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe (Hinweis auf OGH 25.01.2005, 10 ObS 151/04k).
Die ÖGK habe daher zu Recht im Zeitraum von 24. August 2019 bis 14. Jänner 2020 die Anspruchsberechtigung (und die damit verbundene Beitragspflicht gemäß § 51d ASVG) des Beschwerdeführers festgestellt.
Was die Zeit von 15. Jänner 2020 bis 17. März 2020 sowie ab 2. April 2020 betreffe, habe die ÖGK zu Recht keine Beitragspflicht festgestellt, weil die Angehörige des Beschwerdeführers in dieser Zeit aufgrund einer Beschäftigung über eine eigene Krankenversicherung verfügt habe (Hinweis auf § 123 Abs. 1 Z 2 ASVG).
Soweit die ÖGK den „Antrag“ des Beschwerdeführers auf Beendigung der Anspruchsberechtigung ab 28. Februar 2020 abgewiesen habe, verkenne sie jedoch die Rechtslage. Sowohl der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf VwGH 14.12.2020, Ra 2017/08/0137) als auch der Verfassungsgerichtshof (Hinweis auf VfGH 4.12.2001, B 998/01, VfSlg. 16.381) hätten klargestellt, dass eine Mitversicherung nach § 123 ASVG keine Pflichtversicherung begründe, wenngleich der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen sei, eine Pflichtversicherung für kinderlose Ehepartner und Lebensgefährten geschaffen zu haben (Hinweis auf den Ausschussbericht 369 BlgNR 21. GP 203). Diese Mitversicherung vermittle eine (bloße) Anspruchsberechtigung auf Leistungen im Rahmen der Krankenversicherung eines Versicherten (auch) für bestimmte Angehörige und beruhe auf Freiwilligkeit. Die Inanspruchnahme durch den Versicherten sei daher auch nicht zwingend. Der Verfassungsgerichtshof habe dazu im zitierten Erkenntnis näher ausgeführt, dass es einem Versicherten, der für seinen Angehörigen die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Anspruch nehmen möchte, freistehe, dies dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden. Nach § 52 der vom Hauptverband (nunmehr: Dachverband) der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Musterkrankenordnung 1999, SozSi Nr. 40/1999, habe derjenige, der Leistungen der Kasse erhalte, jede Änderung der Anspruchsberechtigung für Angehörige der Kasse zu melden. Nichts anderes als eine derartige Mitteilung gemäß § 52 Musterkrankenordnung 1999 könne in der Mitteilung des (unvertretenen) Beschwerdeführers vom 28. Februar 2020 erblickt werden, in welcher er angegeben habe, mit der „Mitversicherung“ seiner Partnerin nicht einverstanden zu sein und seinen „Antrag“ (vom 13. Jänner 2020) zurückzuziehen.
Dass die Beitragspflicht unabhängig von der Inanspruchnahme der „Mitversicherung“ nach § 123 ASVG weiterbestehe, sei nicht anzunehmen. Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich weiters ausgeführt habe, sei durch die Einführung des § 51d ASVG in den von dieser Bestimmung erfassten Fällen – anstatt wie bisher ein (bloßer) Leistungsanspruch im Krankheitsfall – ein beitragspflichtiges Versicherungsverhältnis im Rahmen der Krankenversicherung begründet worden, weswegen mit dem Verzicht auf die Inanspruchnahme der Mitversicherung auch das (die Beitragspflicht begründende) Versicherungsverhältnis erloschen sei und dementsprechend auch keine Beitragspflicht mehr gegeben sein könne.
5. Aufgrund einer von der ÖGK erhobenen (außerordentlichen) Revision behob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Oktober 2023, Ra 2021/08/0121-12, das im Gegenstand ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, soweit darin über die Beitragspflicht nach § 51d ASVG abgesprochen wurde, wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof (u.a.) aus, dass mit dem – klar formulierten – Spruch der Behörde ausschließlich über den Bestand der Anspruchsberechtigung aus der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers, nicht aber über eine Beitragspflicht entschieden worden sei.
Dem stehe der Umstand nicht entgegen, dass die Bestimmung des § 51d ASVG als eine der Rechtsgrundlagen des Bescheides zitiert und sich in der Begründung des Bescheides nähere Ausführungen dazu finden, für welche Zeiträume eine Beitragspflicht entstanden sei. Eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung komme nämlich nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen komme eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruchs anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht. Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann komme der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch sei unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung finde somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. VwGH 9.6.2020, Ra 2020/10/0016, mwN).
Zutreffend bringe die revisionswerbende ÖGK in diesem Zusammenhang somit vor, dass die Beitragspflicht des Beschwerdeführers nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war. Soweit der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Entscheidung enthält, dass der Beschwerdeführer ab dem 28. Februar 2020 „unabhängig vom Zutreffen der Voraussetzungen des § 51d Abs. 3 ASVG – nicht mehr der Beitragspflicht gemäß § 51d ASVG unterliegt“, habe das Bundesverwaltungsgericht sohin die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten und das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet.
Durch die Abweisung der Beschwerde mit der Maßgabe, dass die Anspruchsberechtigung ab 28. Februar 2020 ende, habe das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid insofern bestätigt, als mit diesem Bescheid der Bestand dieser Anspruchsberechtigung „seit 24.08.2019“ festgestellt wurde, ihn insofern jedoch abgeändert, als es das Enden dieser Anspruchsberechtigung mit 28. Februar 2020 feststellte.
Zutreffend seien sowohl die ÖGK als auch das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Anspruchsberechtigung gemäß § 123 ASVG bei Vorliegen der in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen ex lege eintritt, ohne dass es hiefür eines Antrags o.ä. bedürfte.
Das Bundesverwaltungsgericht habe aber darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass die Anspruchsberechtigung durch eine Willenserklärung des Beschwerdeführers am 28. Februar 2020 beendet wurde. Es habe dies zum einen damit begründet, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 14. Dezember 2020, Ra 2017/08/0137, „klargestellt“ habe, dass eine „Mitversicherung“ nach § 123 ASVG „keine Pflichtversicherung“ begründe, und sich zum anderen auf Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2001, B 998/01 (VfSlg. 16.381) gestützt.
Der Verwaltungsgerichtshof schließe sich den aus diesem Erkenntnis abgeleiteten Schlussfolgerungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht an. Bedenken, dass der Gesetzgeber mit § 123 ASVG eine von der Erwerbstätigkeit „losgelöste Pflichtversicherung“ normiert hätte, welche die Grenzen des Kompetenztatbestandes Sozialversicherungswesen (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG) überschreitet, hege der Verwaltungsgerichtshof ebenso wenig wie der Verfassungsgerichtshof. Die Unbedenklichkeit der genannten Regelung hänge aber nicht davon ab, dass sie (gemäß dem vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Verständnis) im Sinn der Möglichkeit eines „Opting-Out“ mittels Willenserklärung des Versicherten ausgelegt wird, für welche der Normtext des ASVG keine Anhaltspunkte biete. Der zitierte Kompetenztatbestand beschränke sich nämlich nicht auf die Regelung der Sozialversicherung von Personen, die selbst erwerbstätig sind (oder waren), sondern lasse darüber hinaus Regelungen für einen personellen Geltungsbereich insofern zu, als zumindest ein mittelbarer Bezug zur Erwerbstätigkeit gegeben ist, wie im Fall der Einbeziehung von Angehörigen in den Schutz der Sozialversicherung (vgl. Pfeil in Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG Tz 13). Kompetenzrechtlich gedeckt sei die Regelung somit auch insofern, als der Bestand und das Enden der Anspruchsberechtigung für Familienangehörige des Versicherten nach § 123 ASVG ex lege und unabhängig von etwaigen Willenserklärungen des Versicherten gegenüber der ÖGK eintreten. Wie Tomandl in seiner Besprechung des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes (ZAS 2002, 54) zutreffend ausgeführt habe, hänge der Versicherungsschutz nicht von einer Meldung nach § 52 der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Musterkrankenordnung ab (nunmehr § 64 Abs. 1 Z 3 der vom Hauptverband [nunmehr: Dachverband] der österreichischen Sozialversicherungsträger verlautbarten Musterkrankenordnung 2016, verlautbart unter avsv Nr. 67/2016), zumal diese keine Abmeldung, sondern nur die Meldung von Änderungen (die dann freilich zu einem Ende der Mitversicherung führen können) vorsehe. Solange der Ehegatte (hier: die eingetragene Partnerin) weder kraft Gesetzes krankenversichert ist, noch von einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers betreut wird, bestehe auch die Beitragspflicht nach § 51d ASVG und kommt eine „Abmeldung“ von dieser nicht in Betracht. Zum Ende einer Mitversicherung komme es dadurch, dass der oder die Angehörige eine Erwerbstätigkeit aufnimmt oder eine Selbstversicherung in der Krankenversicherung eingeht.
Im Übrigen genüge die Mitversicherung nach § 123 ASVG, um die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG zu erfüllen (vgl. VwGH 20.07.2016, Ro 2015/22/0030; 18.04.1997, 96/19/0196), möge der Beschwerdeführer auch – wie er in der Revisionsbeantwortung vorbringt – mangelhaft aufgeklärt worden sein.
Das angefochtene Erkenntnis sei daher in Ansehung des Abspruchs über die Beitragspflicht wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG und im Übrigen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben gewesen.
6. Am 29.11.2023 einlangend rückübermittelte der Verwaltungsgerichtshof die Akten des Verwaltungsverfahren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Am 24.08.2019 wurde zwischen dem in der gesetzlichen Krankenversicherung krankenversicherten Beschwerdeführer und Frau XXXX in Österreich eine eingetragene Partnerschaft begründet.
Letztere ist (unter Ausklammerung zwischenzeitig zweimalig erfolgter Wohnsitzänderungen) seit 26.06.2019 stets an der gleichen Wohnadresse des Beschwerdeführers hauptwohnsitzgemeldet. Konkret besteht seit 21.10.2022 eine fortlaufend aufrechte Wohnsitzmeldung.
Am 28.08.2019 wurde Frau XXXX durch das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, für die Zeit vom 28.08.2019 bis 28.08.2020 ein Aufenthaltstitel als Familiengehöriger erteilt.
Am 14.01.2020 einlangend übermittelte der Beschwerdeführer der ÖGK das Formular „Prüfung der Anspruchsberechtigung für Angehörige gemäß § 123 ASVG“, in dem er Frau XXXX als Angehörige („in eingetragener Partnerschaft lebend“) anführte. Als Grund für den Zuzug von Frau XXXX nach Österreich gab der Beschwerdeführer „ständiger Aufenthalt in Österreich“ an.
Von 15.01.2020 bis 17.03.2020 sowie ab 02.04.2020 verfügte Frau XXXX aufgrund einer Beschäftigung über eine eigene Krankenversicherung.
Mit Schreiben vom 28.02.2020 teilte der Beschwerdeführer der ÖGK mit, dass er mit der „Mitversicherung“ von Frau XXXX nicht einverstanden sei und seinen „Antrag“ (vom 13.01.2020) stornieren möchte.
Am 23.03.2020 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Bescheides, mit welchem festgestellt werden sollte, dass im Jahr 2019 sowie von Jänner bis April 2020 keine „Mitversicherung“ gemäß § 123 ASVG bestehe. Begründet wurde dies damit, dass 2019 keine Mitversicherung beantragt worden sei, weil eine private Krankenversicherung bestanden habe, und Frau XXXX sich von Dezember 2019 bis 15.01.2020 nicht in Österreich aufgehalten habe sowie danach selbst versichert gewesen sei.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das BVwG erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das BVwG auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Im vorliegenden Fall wurde die Ausstellung eines Bescheides hinsichtlich des Bestehens bzw. Nichtbestehens einer Anspruchsberechtigung gemäß § 123 ASVG beantragt. Dies entspricht dem Tatbestand des § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG (Verlangen der Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für den Versicherten aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten). Es liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichters zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Vorliegend gelangen (zeitraumbezogen) folgende gesetzliche Bestimmungen zur Anwendung:
§ 123 ASVG idF BGBl. I Nr. 162/2015 und BGBl. I Nr. 100/2018 (auszugsweise):
„Anspruchsberechtigung für Angehörige
§ 123. (1) Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung besteht für Angehörige,
1. wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und
2. wenn sie weder nach der Vorschrift dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert sind und auch für sie seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist.
(2) Als Angehörige gelten:
1. der/die Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene Partner/Partnerin;
2. die Kinder und die Wahlkinder;
(Anm.: Z 3 und 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 86/2013)
5. die Stiefkinder und Enkel, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben;
6. die Pflegekinder, wenn sie vom Versicherten unentgeltlich verpflegt werden oder das Pflegeverhältnis auf einer behördlichen Bewilligung beruht.
(…)
(3) bis (9) …
(10) Eine im Abs. 2 und 4 sowie Abs. 7, 7a, 7b und 8 genannte Person gilt nicht als Angehöriger, wenn sie im Ausland eine Erwerbstätigkeit ausübt, die, würde sie im Inland ausgeübt werden, nach den Bestimmungen dieses oder eines anderen Bundesgesetzes die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung begründet, oder eine Pension auf Grund dieser Erwerbstätigkeit bezieht; dies gilt entsprechend für eine Beschäftigung bei einer internationalen Organisation und den Bezug einer Pension auf Grund dieser Beschäftigung.
(11) …“
§ 51d ASVG idF BGBl. I Nr. 30/2018 und BGBl. I Nr. 100/2018 [Änderung durch BGBl. I Nr. 30/2018 in eckiger Klammer]:
„Zusatzbeitrag für Angehörige
§ 51d. (1) Für Angehörige (§ 123) ist ein Zusatzbeitrag im Ausmaß von 3,4% der für den Versicherten (die Versicherte) heranzuziehenden Beitragsgrundlage (Pension) zu leisten, für deren Ermittlung § 21 AlVG sinngemäß anzuwenden ist. Der Zusatzbeitrag entfällt zur Gänze auf den (die) Versicherte(n).
(2) Alle für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften sind, sofern nichts anderes bestimmt wird, auf den Zusatzbeitrag nach Abs. 1 anzuwenden. Der (die) Versicherte schuldet jedoch den Zusatzbeitrag selbst und hat ihn auf seine (ihre) Gefahr und Kosten selbst einzuzahlen. Davon abweichend ist bei Pensionsbeziehern auf Antrag der Zusatzbeitrag von der jeweiligen Pension (Pensionssonderzahlung) einzubehalten und an den zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen.
(3) Kein Zusatzbeitrag nach Abs. 1 ist einzuheben
1. für Personen nach § 123 Abs. 2 Z 2 bis 6 sowie Abs. 4 und 7b;
2. wenn und solange sich der (die) Angehörige der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach § 123 Abs. 4 erster Satz widmet oder durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;
3. wenn und solange der (die) Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat.
4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 84/2009)
(4) Der Versicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband [Dachverband] hiezu erlassenen Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 16a) [(§ 30a Abs. 1 Z 16)] von der Einhebung des Zusatzbeitrages nach Abs. 1 abzusehen oder diesen herabzusetzen. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn das Nettoeinkommen im Sinne des § 292 des (der) Versicherten den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a aa nicht übersteigt.“
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Der Beschwerdeführer wendete zunächst gegen die von der ÖGK festgestellte Anspruchsberechtigung seiner eingetragenen Partnerin ein, dass er die Mitversicherung seiner Partnerin gar nicht beantragt habe. Damit verkennt er jedoch die Rechtslage.
Gemäß § 123 ASVG besteht für eingetragene Partner als Angehörige ein Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und nicht einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen. Eine Mitversicherung gemäß § 123 Abs. 1 ASVG tritt somit mit dem gewöhnlichen Aufenthalt (des Angehörigen) im Inland ein (vgl. VwGH 20.07.2016, Ro 2015/22/0030). Im gegenständlichen Fall hat die Anspruchsberechtigung der Partnerin des Beschwerdeführers daher mit dem Zeitpunkt der im Inland erfolgten Begründung der eingetragenen Partnerschaft begonnen. Eines gesonderten Antrages bedurfte es hierfür nicht (vgl. dazu auch Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 51d ASVG (Stand 01.07.2020, rdb.at) Rz 4/1).
Auch das Vorliegen einer privaten Krankenversicherung hatte keinen Einfluss auf die Begründung der Angehörigeneigenschaft und der damit verbundenen Anspruchsberechtigung (vgl. VwGH 18.04.1997, Zl. 96/19/0196).
Soweit der Beschwerdeführer ausführte, dass sich seine Partnerin von Dezember 2019 bis 15.01.2020 gar nicht in Österreich aufgehalten habe, ist festzuhalten, dass sie den Angaben des Beschwerdeführers nach seit Juni 2019 bis zu ihrer Ausreise und auch danach wieder ständig in Österreich aufhältig war, weswegen davon auszugehen ist, dass sie ab Juni 2019 auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte (vgl. B OGH 25. Jänner 2005, 10 ObS 151/04k).
Damit war die ÖGK berechtigt, im Zeitraum von 24.08.2019 bis 14.01.2020 die Anspruchsberechtigung festzustellen.
Was die Zeit von 15.01.2020 bis 17.03.2020 sowie ab 02.04.2020 betrifft, stellte die ÖGK zu Recht keine Beitragspflicht fest, weil die Angehörige des Beschwerdeführers in dieser Zeit aufgrund einer Beschäftigung über eine eigene Krankenversicherung verfügte (vgl. § 123 Abs. 1 Z 2 ASVG, wonach kein Leistungsanspruch besteht, wenn der Angehörige weder nach der Vorschrift dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert ist und auch für ihn seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist).
Aber auch soweit die ÖGK den „Antrag“ des Beschwerdeführers auf Beendigung der Anspruchsberechtigung ab 28.02.2020 abwies, erfolgte dies zu Recht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem im gegenständlichen Fall ergangenen Erkenntnis vom 17. Oktober 2023, Ra 2021/08/0121-12, festhielt, hat Tomandl in seiner Besprechung des vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2001, B 998/01 (VfSlg. 16.381), (ZAS 2002, 54) zutreffend ausgeführt, dass der Versicherungsschutz nicht von einer Meldung nach § 52 der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Musterkrankenordnung abhängt (nunmehr § 64 Abs. 1 Z 3 der vom Hauptverband [nunmehr: Dachverband] der österreichischen Sozialversicherungsträger verlautbarten Musterkrankenordnung 2016, verlautbart unter avsv Nr. 67/2016), zumal diese keine Abmeldung, sondern nur die Meldung von Änderungen (die dann freilich zu einem Ende der Mitversicherung führen können) vorsieht. Solange der Ehegatte (hier: die eingetragene Partnerin) weder kraft Gesetzes krankenversichert ist, noch von einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers betreut wird, besteht auch die Beitragspflicht nach § 51d ASVG und kommt eine „Abmeldung“ von dieser nicht in Betracht. Zum Ende einer Mitversicherung kommt es (nur) dadurch, dass der oder die Angehörige eine Erwerbstätigkeit aufnimmt oder eine Selbstversicherung in der Krankenversicherung eingeht.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Beschwerdeführer hat einen solchen Antrag nicht gestellt. Das BVwG erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.
Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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