BVwG W209 2004442-1

BVwGW209 2004442-13.11.2016

AlVG §1 Abs1 lita
AlVG §4
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.132 Abs4
AlVG §1 Abs1 lita
AlVG §4
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.132 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W209.2004442.1.00

 

Spruch:

W209 2004442-1/17E

W209 2114195-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1100 Wien, sowie über die Beschwerde der XXXX GmbH, XXXX, XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinz-Wilhelm STENZEL in 1150 Wien, Geibelgasse 26, gegen den Teilbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22.05.2012, GZ: MA 40-SR 13415/2011, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde der XXXX GmbH wird teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass Frau XXXX, VSNR XXXX, aufgrund ihrer von 01.05.1986 bis 31.03.1999 und von 01.09.1999 bis 30.09.2007 dauernden Tätigkeit als ärztliche Leiterin und Fachärztin für Physikalische Medizin der XXXX GmbH im Zeitraum von 20.04.1990 bis 31.10.1992 gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG idF vor dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 - ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139, der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG und gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Arbeitslosenversicherung unterliegt.

In den übrigen festgestellten Zeiträumen ihrer Tätigkeit für die XXXX GmbH besteht keine Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG.

II. Die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden die Erstbeschwerdeführerin) stellte im zweiten Rechtsgang mit "Ersatzbescheid" vom 13.07.2011, VA-VR 90301011/11-Sgi, in dessen Spruchteil 1. fest, dass Frau Dr. XXXX, VSNR XXXX, (im Folgenden die Erstmitbeteiligte) aufgrund ihrer Tätigkeit als ärztliche Leiterin beim Dienstgeber XXXX GmbH (im Folgenden die Zweitbeschwerdeführerin) vom 07.03.1986 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-) versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.

Im Spruchteil 2. wurden die jährlichen Beitragsgrundlagen festgestellt.

2. Aufgrund des Einspruches der Zweitbeschwerdeführerin erließ der Landeshauptmann von Wien (im Folgenden die belangte Behörde) den beschwerdegegenständlichen (lediglich Spruchteil 1. des beeinspruchten Bescheides betreffenden) Teilbescheid vom 22.05.2012 und stellte in dessen Spruch fest, dass die Erstmittbeteiligte im Zeitraum vom 07.03.1986 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 nicht der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege. Weiters stellte er fest, dass die Erstmittbeteiligte in der Zeit vom 01.07.1996 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterliege.

Nach der Feststellung, dass die Erstmitbeteiligte sowohl als ärztliche Leiterin als auch als Fachärztin für Physikalische Medizin bei der Zweitbeschwerdeführerin tätig gewesen sei, diese Tätigkeiten zeitgleich ausgeübt habe und aufgrund der Verschränkung der beiden Tätigkeiten von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei, führte die belangte Behörde in der Begründung aus, dass sich aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der in der Verhandlung vernommenen Personen ergebe, dass sich die Arbeitszeit der Erstmitbeteiligten zwar organisationsbedingt und aus betriebstechnischen Gründen zum überwiegenden Teil nach den Öffnungszeiten des Instituts gerichtet habe, sie sich aber innerhalb dieses Zeitrahmens die Arbeitszeit sehr flexibel einteilen habe können. Sie sei dabei keinen Weisungen seitens der Zweitbeschwerdeführerin unterlegen und in der Praxis sei es auch immer wieder zu Verschiebungen der Arbeitszeiten von Seiten der Erstmitbeteiligten gekommen, ohne dass dies Konsequenzen für das Beschäftigungsverhältnis gehabt hätte.

Die Erstmitbeteiligte habe sich durch einen Stellvertreter vertreten lassen können, welchen sie sich selber suchen habe müssen. Dieses generelle Vertretungsrecht sei laut Aussagen der Parteien in Bezug auf ihre Funktion als Fachärztin für Physikalische Medizin in der Praxis auch gelebt worden.

Auch die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit selbständig zu regeln und jederzeit zu ändern, d.h. das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit, spreche für eine freie Dienstnehmerin.

Aufgrund der Angaben der in der Verhandlung vernommenen Personen ergebe sich, dass die Erstmitbeteiligte ihre Tätigkeit für die Einspruchswerberin weitgehend selbstständig ausgeübt habe, da sie die Zeiten, in denen sie tätig wurde, weitgehend selbstständig bestimmen habe können, keinen Weisungen unterlegen sei, nicht kontrolliert worden sei und sich auch durch eine Person eigener Wahl auf gleichem fachlichen Niveau vertreten lassen habe können.

Da die Tätigkeit auf Dauer angelegt, jedoch nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt worden sei, sei ein echtes Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG zu verneinen und von einem freien Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 4 ASVG auszugehen.

Der Sachverhalt sei hinreichend klar, weswegen die Vernehmung der beantragten Zeugen unterbleiben könne.

Da freie Dienstverhältnisse erst seit dem 01.07.1996 der Versicherungspflicht unterworfen seien, sei die Versicherungspflicht auf die Zeiträume vom 01.07.1996 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 einzuschränken gewesen.

Hinsichtlich Spruchteil 2. setzte der Landeshauptmann das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Versicherungspflicht gemäß § 38 AVG mit gesondertem Bescheid aus. Dieses Verfahren, in welches das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls eingetreten ist, wurde der Gerichtabteilung W229 unter der GZ: W229 2003439-1 zugewiesen.

3. Gegen den Teilbescheid vom 22.05.2012 erhoben sowohl die erstbeschwerdeführende Kasse als auch die Zweitbeschwerdeführerin rechtzeitig Berufung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (nunmehr Beschwerde).

Seitens der Erstbeschwerdeführerin wurde die Beschwerde damit begründet, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Erstmitbeteiligten kein generelles Vertretungsrecht zugekommen sei.

Bei der Zweitbeschwerdeführerin handle es sich um ein selbständiges Ambulatorium im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 5 Wiener Krankenanstaltengesetz (Wr. KAG). Gemäß § 6a Abs. 1 Z 4 Wr. KAG dürfe eine Bewilligung zum Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Ambulatoriumsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere eine geeignete Ärztin oder ein geeigneter Arzt als verantwortliche Leiterin bzw. als verantwortlicher Leiter des ärztlichen Dienstes oder eine geeignete Zahnärztin oder ein geeigneter Zahnarzt als verantwortliche Leiterin bzw. als verantwortlicher Leiter des zahnärztlichen Dienstes (§§ 12 Abs. 2 und 12a Abs. 1) namhaft gemacht wurde sowie glaubhaft gemacht wird, dass auch im Übrigen die nach dem Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot erforderliche personelle Ausstattung gesichert sein wird.

Zur Führung von Abteilungen und Departments (Unterabteilungen) für die Behandlung bestimmter Krankheiten, von Laboratorien, Ambulatorien oder Prosekturen seien Fachärzte des einschlägigen medizinischen Sonderfaches, wenn ein solches nicht besteht, fachlich qualifizierte Ärzte zu bestellen, die zur Leitung (Organisation, Personalführung) geeignet sind. Für den Fall der Verhinderung sei die Vertretung durch einen in gleicher Weise qualifizierten Arzt sicherzustellen (§ 12 Abs. 2 Wr. KAG).

Gemäß § 12 Abs. 4 Wr. KAG sei die Bestellung des ärztlichen Leiters und des Leiters der Prosektur außer bei Stellen, die auf Grund der einschlägigen Universitätsvorschriften besetzt werden, von der Landesregierung zu genehmigen. Die Genehmigung sei zu erteilen, wenn die vorgesehenen Ärzte den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen. Diese Genehmigung sei, sofern sie nicht im Rahmen der Bewilligung zum Betrieb der Krankenanstalt erfolgt, vor Dienstantritt zu erteilen.

Bei Verhinderung der ärztlichen Leitung müsse diese durch eine geeignete Person vertreten werden, welche der Landesregierung anzuzeigen sei. Die Voraussetzungen des Abs. 3 seien in der Anzeige zu bescheinigen (§ 12 Abs. 5 Wr. KAG).

Wie diesen Regelungen entnommen werden könne, müsse der ärztliche Leiter und dessen Vertreter nicht nur angezeigt, sondern auch von der Landesregierung genehmigt werden (vgl. § 12 Abs. 4 und Abs. 5 Wr. KAG). Der gesetzliche Wortlaut des § 12 Abs. 2 und 5 Wr. KAG stelle klar, dass nur für den Fall der Verhinderung die Vertretung durch einen in gleicher Weise qualifizierten Arzt sicherzustellen sei.

Gemäß § 539a Abs. 3 ASVG hätte die belangte Behörde den Sachverhalt hinsichtlich der Feststellungen zum Vorliegen eines generellen Vertretungsrechtes daher dahingehend beurteilen müssen, dass die Erstmittbeteiligte sich als ärztliche Leiterin nur im Verhinderungsfall von ihrem gesetzlich vorgesehenen Vertreter hätte vertreten lassen können. Diese verfahrensrechtliche Vorgabe sei seitens der belangten Behörde nicht beachtet worden und habe zu einer abweichenden Sachverhaltsfeststellung geführt.

In diesem Zusammenhang werde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach nur dann, wenn der zur Leistung Verpflichtete nach seiner Entscheidungsbefugnis seine Arbeitsverpflichtung nach Belieben zur Gänze oder teilweise Dritten überbinden darf, keine persönliche Abhängigkeit vorliege. Voraussetzung sei jedenfalls, dass eine generelle, d.h. nicht auf bestimmte Arbeiten oder Ereignisse, wie Krankheit oder Urlaub beschränkte Befugnis zur Vertretung vorliegt. Eine generelle Vertretungsbefugnis habe auch mit einem wechselseitigen Vertretungsrecht von mehreren von einem Dienstgeber beschäftigten Personen nichts zu tun.

Wenn sich die Erstmittbeteiligte nur im Verhinderungsfall vertreten lassen konnte, liege entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde kein generelles, die persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ausschließendes Vertretungsrecht vor.

Hinsichtlich des Arbeitsortes treffe die belangte Behörde keine Feststellungen, da offensichtlich davon ausgegangen werde, dass dies unstrittig immer die Betriebsstätte der Zweitbeschwerdeführerin gewesen sei.

Hinsichtlich der Gebundenheit an Arbeitszeiten habe die belangte Behörde festgestellt, dass sich die Arbeitszeit der Erstmitbeteiligten zwar organisationsbedingt und aus betriebstechnischen Gründen zum überwiegenden Teil nach den Öffnungszeiten des Instituts gerichtet habe, sie sich aber innerhalb dieses Zeitrahmens die Arbeitszeit sehr flexibel einteilen habe können.

In diesem Zusammenhang werde auf § 13 Abs. 1a Wr. KAG in Verbindung mit § 539a Abs. 3 ASVG verwiesen. Diese Bestimmung sehe vor, dass in Krankenanstalten in der Betriebsform selbstständiger Ambulatorien für Physikalische Therapie, in denen keine Turnusärzte ausgebildet werden, an Stelle einer dauernden ärztlichen Anwesenheit der ärztliche Dienst so organisiert sein kann, dass ärztliche Hilfe jederzeit erreichbar ist und durch regelmäßige tägliche Anwesenheit die erforderlichen ärztlichen Anordnungen für das Personal nach dem Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) und für Heilmasseure nach dem Bundesgesetz über die Berufe und die Ausbildungen zum medizinischen Masseur und zum Heilmasseur (Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz - MMHmG) sowie, neben ärztlichen Anordnungen, auch die erforderliche Aufsicht über medizinische Masseure nach dem MMHmG und Personal nach dem Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste (MTF-SHD-G) gewährleistet ist.

Überdies regle § 12 Abs. 3 letzter Satz Wr. KAG, dass Angehörige der medizinisch-technischen Dienste und Hebammen dem ärztlichen Leiter unterstellt sind.

Die belangte Behörde hätte diesen rechtlichen Vorgaben entsprechend hinsichtlich der Beurteilung der Gebundenheit an Arbeitszeiten gemäß § 539a Abs. 3 ASVG die Feststellung treffen müssen, dass die Erstmitbeteiligte regelmäßig täglich im Ambulatorium der Zweitbeschwerdeführerin anwesend gewesen sei bzw. anwesend zu sein gehabt hätte, um dem Personal des medizinisch-technischen Dienstes die erforderlichen ärztlichen Anordnungen geben zu können.

In ihren Feststellungen führe die belangte Behörde aus, dass die Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, die Verpflichtung zur Befolgung von Weisungen des Dienstgebers, die Überwachung der Arbeit durch den Dienstgeber und die disziplinäre Verantwortung im gegenständlichen Fall fehlen würden.

Dazu sei anzumerken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erteilung von (nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftigen) Weisungen bezüglich arbeitsbezogenem Verhalten in der Regel dann unterbleibt, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat; in diesen Fällen äußere sich das Weisungsrecht in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers").

Zur Thematik der Kontrollunterworfenheit werde darauf hingewiesen, dass die Erstmitbeteiligte per E-Mail vom 01.02.2012 bekannt gegeben habe, dass die Schalterdamen dem (ehemaligen) Geschäftsführer, Herrn Dr. XXXX, jede Woche am Freitag detailliert über die vergangene Woche und die Termine für nächste Woche Bericht erstatten hätten müssen. Es habe auch eine direkte Sprechverbindung von seiner Ordination zum Schalter und zum Arbeitsplatz der Erstmitbeteiligten gegeben.

Herr Dr. XXXX habe in diesem Zusammenhang im Rahmen seiner Einvernahme vom 30.01.2012 zu Protokoll gegeben, dass die Erstmitbeteiligte nicht kontrolliert worden sei.

Nach der Rechtsprechung des VwGH müsse die Behörde, wenn widersprechende Beweisergebnisse vorliegen, dazu in der Begründung, soll diese dem Gesetz entsprechen, im einzelnen Stellung nehmen und schlüssig darlegen, was sie dazu veranlasst hat, dem einen mehr Vertrauen entgegenzubringen als dem anderen.

Die belangte Behörde habe bei ihrer rechtlichen Würdigung nicht ausgeführt, warum sie der Aussage des Geschäftsführers mehr Beweiswert als der Aussage der Erstmitbeteiligten zugemessen habe, sondern ohne weitere Ausführungen festgestellt, dass eine Kontrolle nicht stattgefunden habe. Diese Vorgehensweise behafte den angefochtenen Bescheid ebenfalls mit einem Verfahrensmangel.

Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes hätte die belangte Behörde daher zur Auffassung kommen müssen, dass hinsichtlich der Kriterien des verfahrensgegenständlichen Beschäftigungsverhältnisses der Erstmitbeteiligten alle Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 2 ASVG erfüllt sind und dass sie aus diesem Grund vom 07.03.1986 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegt.

Abschließend stellte die Erstbeschwerdeführerin den Antrag, der Berufung Folge zu geben und den Bescheid erster Instanz aus seinen zutreffenden Gründen zu bestätigen.

4. Die Zweitbeschwerdeführerin begründete ihre Beschwerde damit, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen habe, dass die Erstmitbeteiligte während ihrer Tätigkeit für die Zweitbeschwerdeführerin noch anderen entgeltlichen Beschäftigungen nachgegangen sei. Im physikalischen Institut in XXXX, XXXX, habe sie für zwei Jahre die gleiche Tätigkeit ausgeübt, und zwar die Übernahme der ärztlichen Leitung und die Abhaltung von Ordinationsstunden.

Gerade der Umstand, dass die Erstmitbeteiligte auch für Dritte gegen Entgelt Leistungen erbracht habe, bestätige die Tatsache, dass sie nicht in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis gestanden sei, sondern vielmehr selbst entscheiden habe können, wann und für wen sie Leistungen erbringe. Sie sei in ihrer Arbeitszeiteinteilung gänzlich frei und nicht fremdbestimmt gewesen.

Weiters habe die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen, dass die Erstmitbeteiligte nach den Bestimmungen des Wr. KAG als ärztliche Leiterin vollkommen autonom agieren habe können und auf Grund behördlicher Vorgaben ein physikalischer Facharzt mit einer Minimalzeit von fünf Stunden bestellt werden habe müssen.

Ebenso habe die erkennende Behörde nicht festgestellt, dass nur die Erstmitbeteiligte selbst der Zweitbeschwerdeführerin Weisungen erteilen habe können und nicht umgekehrt. Das Weisungsrecht gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin schließe bereits begrifflich das Vorliegen eines wie immer gearteten Dienstverhältnisses aus.

Die erkennende Behörde habe es auch unterlassen, die Tätigkeiten zu differenzieren, und zwar einerseits als Leiterin des Instituts im Rahmen des Wr. KAG und andererseits die freiwillige Tätigkeit als Facharzt für Physikalische Medizin. Diese Unterscheidung sei insofern entscheidungswesentlich, als jene Entgelte, welche die Erstmitbeteiligte als ärztliche Leiterin im Rahmen des Wr. KAG erzielt habe, nicht der Sozialversicherungspflicht (nach dem ASVG) unterlägen.

Das Institut habe eine Aufstellung jener Zeiten vorgelegt, in denen die Erstmitbeteiligte in den Räumlichkeiten des Instituts ihre Privatpatienten behandelt habe. Dies betreffe den Zeitraum 2000 bis 2007, dies überwiegend/oftmals während der Ordinationszeiten des Instituts. Feststellungen dazu, dass die Erstmitbeteiligte auch Privatpatienten behandelt habe und wann und wo sie dafür bezahlt worden sei, habe die erkennende Behörde ebenfalls nicht getroffen.

Diese handschriftlichen Aufzeichnungen würden noch einmal vorgelegt, wobei diese lediglich einen temporär geringeren Zeitraum umfassen würden. Es sei nämlich davon auszugehen, dass sich die Behandlung von Privatpatienten über den Zeitraum von 2000 bis 2007 erstreckt habe.

Darüber hinaus sei für die freiberufliche Tätigkeit der Erstmitbeteiligten ein Ordinationsschild beim physikalischen Institut der Zweitbeschwerdeführerin angebracht worden. Dies lasse nur den Schluss zu, dass sie während der Ordinationszeiten auch unbeschränkt ihrer freiberuflichen Tätigkeit als selbständige Ärztin nachgehen habe können. Derartige Feststellungen seien ebenfalls von der erkennenden Behörde 1. Instanz nicht getroffen worden.

Weiters fehle es an Feststellungen darüber, dass die Erstmitbeteiligte im Jahr 2003 (April bis Oktober) ihre Tätigkeit nicht für fünf Stunden pro Woche versehen habe, sondern über einen langen Zeitraum hindurch lediglich nur für zwei Stunden pro Woche; dies auch ohne Konsequenzen für das sonstige "Beschäftigungsverhältnis".

Wenngleich auch die erkennende Behörde (zu Recht) festgestellt habe, dass a) die Erstmitbeteiligte sich die Arbeitszeit sehr flexibel einteilen habe können; b) sie keinen Weisungen unterlegen sei; c) es in der Praxis auch immer wieder (und zwar sehr häufig!!!) zu Verschiebungen der Arbeitszeiten gekommen sei, ohne dass dies Konsequenzen für das Beschäftigungsverhältnis gehabt habe; d) die Erstmitbeteiligte sich bei ihrer Tätigkeit durch einen Stellvertreter vertreten lassen habe können; e) sie in keiner persönlichen Abhängigkeit zum Institut gestanden sei und f) sie keiner Kontrolle durch die Beschwerdeführerin unterlegen sei, sei die erkennende Behörde dennoch unrichtigerweise vom Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses ausgegangen.

Richtigerweise liege gegenständlich kein freier Dienstvertrag vor, sondern sei das Rechtsverhältnis zwischen der Erstmitbeteiligten und der Zweitbeschwerdeführerin als Werkvertrag zu qualifizieren.

Typisch für das Vorliegen eines Werkvertrages sei, dass die vom Werkbesteller beauftragte Person ein "Unternehmerrisiko" zu tragen habe. Die erkennende Behörde habe es unterlassen festzustellen, dass die Erstmitbeteiligte bei ihrer Tätigkeit ein "Unternehmerrisiko" getroffen habe. Wie bereits im Einspruch vorgebracht, habe das Unternehmerrisiko der Erstmitbeteiligten darin bestanden, dass es ihrer eigenen Entscheidung überlassen gewesen sei, sich vertreten zu lassen, und sie durch "günstigen Zukauf" von Vertretungsärzten praktisch ein arbeitsloses Einkommen erzielen hätte können. Das "Risiko" liege darin, dass es ausschließlich der Erstmitbeteiligten überlassen gewesen sei, die Entgeltkomponente selbst zu regeln. Für den Fall, dass es ihr möglich gewesen wäre, mit den Vertretungsärzten ein niedrigeres Entgelt zu vereinbaren als sie selbst von der Zweitbeschwerdeführerin erhalten habe, hätte sie, ohne eine wie auch immer geartete Arbeitsleistung zu erbringen, einen "Gewinn" erzielen können. Für den Fall, dass das an die Vertretungsärzte zu bezahlende Entgelt höher als ihr eigenes gewesen sei, hätte die Erstmittbeteiligte keinen Gewinn, sondern einen Verlust erzielt. Weiters habe die erkennende Behörde in diesem Zusammenhang keine Feststellungen darüber getroffen, dass die Erstmitbeteiligte rein theoretisch überhaupt keine Leistungen auf Grund einer ständigen Vertretung hätte erbringen müssen.

Wie selbst die erkennende Behörde richtigerweise ausgeführt habe, liege ein freier Dienstvertrag dann vor, wenn sich der Dienstnehmer gegen Entgelt auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu "Dienstleistungen" für einen Dienstgeber verpflichtet hat. Unter Hinweis auf die obigen Ausführungen ist daher keinesfalls von einer von der Erstmitbeteiligten zu erbringenden Dienstleistung auszugehen. Richtigerweise könne die Tätigkeit nicht als "Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen" angesehen werden, sondern lediglich als "Recht zur Erbringung von Dienstleistungen".

Mangels Vorliegens einer Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen sei daher auch das Vorliegen eines freien Dienstvertrages ausgeschlossen.

Ohne Arbeitsverpflichtung könne daher weder von einem Arbeitsvertrag noch von einem freien Dienstvertrag ausgegangen werden (Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 6, 83 und 92; Wachter, DRdA 1984, 405; Schäffl, ZAS 1989/19, 139; DRdA 1998/3 [Mazal] u.a.).

Die eigentliche Unterscheidung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag gehe aus dem Wortlaut des § 1151 Abs. 1 ABGB nicht ohne weiteres hervor. So könne man aus dem Begriff der "Dienstleistung" allein kaum etwas gewinnen. Dienstleistungen könnten Arbeiten, Verrichtungen, Tätigkeiten jeder Art sein, SZ 33/36, sofern sie nur zum Gegenstand eines gültigen Vertrages gemacht werden dürfen. Jemand könne also auch zur Herstellung von "Werken" angestellt sein. Ein Schneider könne als Werkunternehmer oder als Dienstnehmer Anzüge fertigen. Aus dem Begriff "Dienstleistung" allein sei also der Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertrag nicht ableitbar (Krejci in Rummel, ABGB1 § 1151 Rz 32).

Dass die Herstellung eines "Werkes" auf einen bestimmten Erfolg abzielt, sei insofern kein Gegensatz zur Verrichtung von "Diensten", als auch "Dienste" nur sinnvoll seien, wenn sie ein bestimmtes Ergebnis anstreben (Adler-Höller in Klang 155 f, Krejci in Rummel, ABGB1 § 1151 Rz 33).

Die oben zitierten Ausführungen seien gegenständlich auf den Tätigkeitsbereich der Erstmitbeteiligten für das Unternehmen der Zweitbeschwerdeführerin heranzuziehen. Ihre Bestellung zum ärztlichen Leiter basiere auf gesetzlichen Vorgaben, stelle den geforderten Erfolg bzw. das zu erbringende Werk dar und entspreche dies dem "Werkbegriff" des ABGB im oben zitierten Umfang. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei daher davon auszugehen, dass weder ein Arbeitsvertrag noch ein freier Dienstvertrag, sondern richtigerweise ein Werkvertrag zwischen der Erstmitbeteiligten und der Zweitbeschwerdeführerin vereinbart worden sei und in concreto keine Sozialversicherungspflicht (nach dem ASVG) bestehe.

Abschließend stellte die Zweitbeschwerdeführerin den Antrag, den angefochtenen Teilbescheid zur Gänze ersatzlos aufzuheben und festzustellen, dass für den inkriminierten Zeitraum keine Versicherungspflicht gemäß § 4 ASVG besteht, in eventu den angefochtenen Teilbescheid aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

5. Mit Schreiben vom 05.09.2012 nahm die Zweitbeschwerdeführerin zur Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse (s. Punkt 3 oben) Stellung und führt aus, dass die belangte Behörde zu Recht die Feststellung getroffen habe, dass der Erstmitbeteiligten ein generelles Vertretungsrecht zugestanden und dieses auch tatsächlich gelebt worden sei.

Weiters habe die belangte Behörde richtigerweise die Feststellung getroffen, dass ein derartiges Vertretungsrecht eine persönliche Abhängigkeit zur Zweitbeschwerdeführerin ausgeschlossen habe. Die von der Erstbeschwerdeführerin zitierten gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere § 12 Abs. 5 Wr. KAG, würden nicht die Annahme rechtfertigen, dass daraus die persönliche Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten abzuleiten wäre. Die zitierte Bestimmung unterscheide nicht zwischen einem "objektiven" und einem "subjektiven" Verhinderungsgrund. Unter einem "objektiven" Verhinderungsgrund sei nur das Vorliegen einer Krankheit zu verstehen bzw. sonst ein Ereignis, welches ohne Vorliegen eines subjektiven Grundes eine Person daran hindert, eine wie auch immer geartete Tätigkeit auszuüben (wie z.B. höhere Gewalt etc.). Ein "subjektiver" Verhinderungsgrund stelle Gründe dar, die ausschließlich in der Person des "Verhinderten" lägen. Diese könne selbst bestimmen, "verhindert zu sein". Darunter falle insbesondere jeder Urlaub oder sonstige Kollision mit anderen Tätigkeiten u.dgl. Eine derartige "objektive" Verhinderung sei in anderen Normen jeweils mit Verpflichtungen des Verhinderten verbunden, wie insbesondere eines Arbeitnehmers, der erkrankt ist, dies unverzüglich dem Dienstgeber anzuzeigen hat. Gegenständlich sei jedoch die Erstmitbeteiligte in keiner Form verpflichtet gewesen, einerseits die Dienstverhinderung anzuzeigen bzw. andererseits den Grund ihrer Verhinderung darzulegen.

Dem Wr. KAG seien auch keine Bestimmungen zu entnehmen, wonach ein ärztlicher Leiter im Falle der Verhinderung seinem Vertragspartner anzeigepflichtig wäre. Richtigerweise sei die Erstmitbeteiligte in ihrem Entschluss, sich vertreten zu lassen, gänzlich (weisungs-)frei gewesen, ohne dass dadurch einschlägige Bestimmungen des Wr. KAG verletzt worden seien. Eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis auf nur Krankheiten und/oder Urlaub könne dem Wr. KAG nicht entnommen werden und seien die gesetzlichen Bestimmungen des Wr. KAG auch richtigerweise nicht nur in Hinblick auf eine "objektive" Verhinderung auszulegen.

Wie von der Zweitbeschwerdeführerin bereits mehrfach dargelegt, sei bei der Beurteilung der Tätigkeiten und insbesondere auch bei der Entlohnung der Erstmitbeteiligten eine strikte Trennung dahingehend vorzunehmen, als sie einerseits als ärztliche Leiterin bestellt worden sei und andererseits freiwillige Tätigkeiten als Facharzt für Physikalische Medizin ausgeübt habe. Die "Tätigkeit" der Erstmittbeteiligten als ärztliche Leiterin stelle tatsächlich im engeren Sinn keine "Tätigkeit" dar, sondern sei darunter lediglich eine Funktion anzusehen, welche weisungsfrei erfolge und keine Anwesenheitspflicht impliziere. In Ausübung dieser "Funktion" sei die Erstmitbeteiligte ihrerseits befugt gewesen, der Zweitbeschwerdeführerin Weisungen zu erteilen und nicht umgekehrt. Als ärztlicher Leiter sei sie lediglich zur Einhaltung der vorgegeben Qualitätskriterien verpflichtet gewesen und sei ihre Bestellung zum ärztlichen Leiter zwingend nur als Werkvertrag zu qualifizieren. Im abgeschlossenen Vertrag zwischen der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sei expressis verbis in § 11 (ärztliche Leitung) im Absatz 2 vereinbart worden, dass die Tätigkeit des ärztlichen Leiters bzw. dessen bescheidmäßig eingetragenen Stellvertreters durch einen Arzt mit ius practicandi oder einem anderen x-beliebigen Facharzt für Physikalische Medizin unterstützt werden könne. Gemäß Absatz 3 dieses Vertrages habe während der Öffnungszeiten der Zweitbeschwerdeführerin ein Arzt mit ius practicandi oder ein anderer x-beliebiger Facharzt für Physikalische Medizin persönlich anwesend zu sein und sei weiters auch vereinbart worden, dass an Stelle einer dauernden ärztlichen Anwesenheit der ärztliche Dienst so organisiert sein könne, dass ärztliche Hilfe jederzeit erreichbar und durch regelmäßige tägliche Anwesenheit die erforderliche Aufsicht über das in Betracht kommende Personal nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz gewährleistet ist.

Auch aus dieser vorstehend zitierten Bestimmung der Vereinbarung zwischen der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin lasse sich ableiten, dass die Erstmitbeteiligte während der Öffnungszeiten ihre Tätigkeiten einem Arzt mit ius practicandi oder einem anderen x-beliebigen Facharzt für Physikalische Medizin übertragen habe können, ihre Anwesenheit daher auch substituiert werden habe können. Dieser Substitut habe auch nicht angezeigt werden müssen oder einer wie auch immer gearteten Zustimmung Dritter bedurft. Aus dieser Vertragsgrundlage ergebe sich daher zwingend, dass eine persönliche Leistungserbringung durch die Erstmitbeteiligte selbst nach den Vorgaben der Erstbeschwerdeführerin nicht postuliert worden sei.

In concreto sei die Erstmitbeteiligte im Rahmen dieser Tätigkeit oft von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, unterstützt worden. Wenn nunmehr die WGKK die (unrichtige) Meinung vertrete, die Erstmitbeteiligte hätte täglich an der Betriebsstätte anwesend sein müssen, entbehre dies jeglicher Grundlage.

Ebenso entspreche es nicht den Tatsachen, dass XXXX die Erstmitbeteiligte kontrolliert habe. Die von der WGKK in diesem Zusammenhang monierte "Berichterstattung" habe sich richtigerweise nicht auf die Person der Erstmitbeteiligten bezogen, sondern lediglich auf die wirtschaftlichen Belange des Physikalischen Institutes, wozu der Geschäftsführer Dr. XXXX nicht nur berechtigt, sondern auf Grund gesetzlicher Bestimmungen sogar verpflichtet gewesen sei.

Im Übrigen werde - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das Vorbringen in der Berufung der Zweitbeschwerdeführerin verwiesen und zum Vorbringen in der Stellungnahme erhoben.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und der Erstmitbeteiligten sei nur vom Vorliegen eines Werkvertrages auszugehen gewesen. Dies insbesondere deshalb, als - rein hypothetisch und auch rechtlich gedeckt - die Erstmitbeteiligte sowohl ihre Funktion als ärztliche Leiterin als auch ihre Tätigkeit als Facharzt für Physikalische Medizin zur Gänze anderen hierzu geeigneten Ärzten übertragen hätte können.

In diesem Zusammenhang werde noch darauf verwiesen, dass die Erstmitbeteiligte ihre zu GZ: 6 Cga 159/08g beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachte Klage, in der sie Ansprüche aus einem behaupteten Dienstverhältnis geltend gemacht habe, kostenersatzpflichtig zurückgezogen habe.

6. Am 13.03.2014 einlangend legte das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Mit Erkenntnis vom 21.09.2015, W209 2004442-1/2E, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin teilweise statt, behob den angefochtenen (Teil‑)Bescheid und stellte fest, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit als ärztliche Leiterin der Zweitbeschwerdeführerin im Zeitraum von 20.04.1990 bis 31.10.1992 der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG (idF vor dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 - ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139) und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Davon erfasst sei jedoch nur ihre Tätigkeit als ärztliche Leiterin und nicht jene als Fachärztin für Physikalische Medizin, da der ursprüngliche Bescheid ebenfalls nur über die Tätigkeit als ärztliche Leiterin abgesprochen habe und Gegenstand des Beschwerdeverfahrens somit lediglich die Tätigkeit als ärztliche Leiterin sei. Mit im Wesentlichen inhaltsgleichem Erkenntnis vom 21.09.2015, W209 2114195-1/2E, wurde die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

8. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.12.2015, Zl. Ra 2015/08/0156 bis 0157, wurden die o.a. Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes sowohl die Tätigkeiten der Erstmitbeteiligten als ärztliche Leiterin als auch als Fachärztin für Physikalische Medizin Gegenstand des Beschwerdeverfahrens seien. Infolge der ungerechtfertigten Einschränkung der Beurteilung der Tätigkeit der Erstmitbeteiligten durch das Verwaltungsgericht und in Anbetracht der vom Verwaltungsgericht unterlassenen Feststellungen zu allen Aspekten der Tätigkeit sei es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich, eine abschließende Beurteilung einerseits zur Frage der Trennbarkeit der Tätigkeitsbereiche und andererseits zur Frage vorzunehmen, ob eine Abwägung sämtlicher Merkmale des (jeweiligen) Dienstverhältnisses für eine abhängige Beschäftigung iSd § 4 Abs. 2 ASVG spreche. Ergänzend merkte der Verwaltungsgerichtshof an, dass § 4 Abs. 6 ASVG nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG festlege, sondern diese Frage auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens mache. Von verschiedenen Seiten erhobene Rechtsmittel böten keinen Anlass, über den einheitlichen Streitgegenstand in mehreren Entscheidungen (großteils wiederholend) abzusprechen.

9. Am 04.10.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Die Erstmitbeteiligte war in der Zeit vom 01.05.1986 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 als ärztliche Leiterin iSd § 12 Abs. 3 Wiener Krankenanstaltengesetz (Wr. KAG), LGBl. Nr. 23/1987, der zweitbeschwerdeführenden XXXX GmbH, einem selbständigen Ambulatorium iSd § 1 Abs. 3 Z 5 Wr. KAG, tätig.

Die Bestellung zur ärztlichen Leiterin wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 08.06.2000, MA 15-II-H/12/476/99, genehmigt.

Neben ihrer Tätigkeit als ärztliche Leiterin, die im Wesentlichen darin bestand, im Ausmaß von mindestens 5 Wochenstunden die ärztliche Fachaufsicht auszuüben, übte sie im Institut der Zweitbeschwerdeführerin auch Tätigkeiten als Fachärztin für Physikalische Medizin aus, welche die Begutachtung von Patienten und die Erstellung und Überwachung der Therapiepläne umfasste. Vor dem Jahr 2000 betrug das Beschäftigungsausmaß fallweise auch weniger als 5 Wochenstunden, da diesbezüglich noch keine entsprechende Vorgabe der erstbeschwerdeführenden Kasse existierte.

Von 01.01.1978 bis 19.04.1990 und von 01.11.1992 bis 30.06.2005 stand die Erstmitbeteiligte in einem Angestelltenverhältnis zur Stadt Wien und ordinierte die letzten Jahre ihrer Tätigkeit im zweitbeschwerdeführenden Institut auch privat.

Eine schriftliche Vereinbarung über die zu erbringenden Leistungen existiert nicht. Es wurde jedoch mündlich vereinbart, dass die Erstmitbeteiligte die Nachfolge des bisherigen Leiters des ärztlichen Dienstes antreten sollte, worauf sie wie dieser an zwei Wochentagen (zunächst montags und mittwochs, dann dienstags und donnerstags) im Ausmaß von jeweils 2 bis 2,5 Stunden als ärztliche Leiterin und als Fachärztin für Physikalische Medizin im Institut tätig wurde.

Darüber hinaus bestand von Montag bis Freitag Rufbereitschaft, welche in der Regel ein- bis zweimal im Monat in Anspruch genommen wurde.

Eine Zeit lang, als ihre (1989 geborene) Tochter noch klein war, stand sie dem Institut nur einmal pro Woche für rund 2,5 Stunden zur Verfügung.

Die Erstmitbeteiligte ließ sich regelmäßig wegen Urlaubes oder Krankheit und auch kurzfristig aus anderen Verhinderungsgründen ohne Rücksprache mit der Institutsleitung durch einen geeigneten Vertreter ihrer Wahl vertreten, den sie ab April 2000 selbst bezahlen musste, da ab diesem Zeitpunkt die Tätigkeit als ärztliche Leiterin pauschal abgegolten wurde und sie den vereinbarten Pauschalbetrag auch dann erhielt, wenn sie nicht persönlich anwesend war.

Die beiden Wochentage, an denen die Erstmitbeteiligte im Institut arbeitete, wurden unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse einvernehmlich festgelegt und konnten von der Erstmitbeteiligten bei Bedarf ohne Rücksprache mit der Institutsleitung verschoben werden. Dabei mussten auch bereits vereinbarte Patiententermine verlegt werden, ohne dass dies Konsequenzen für das Beschäftigungsverhältnis hatte. Während der vereinbarten Arbeitszeit durfte die Erstmitbeteiligte Patienten auf eigene Rechnung privat behandeln, wobei nur darauf zu achten war, dass dadurch für die übrigen Patienten keine zu langen Wartezeiten entstehen. Für die Privatordination war über Initiative der Zweitbeschwerdeführerin am Institutseingang eine eigene Tafel der Erstmitbeteiligten angebracht. Ordnungsvorschriften über die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten gab es keine. Auch wurden diesbezüglich keine Weisungen erteilt. Über die Arbeitszeit (über das Kommen und Gehen) sowie die konkrete Tätigkeit der Erstmitbeteiligten wurden auch keine Aufzeichnungen geführt.

Zweimal im Jahr fanden Fortbildungsveranstaltungen statt, die rund 1 bis 2 Stunden dauerten, an denen die Erstmitbeteiligte zu den vorgegebenen Zeiten teilnehmen musste.

Die Betriebsmittel für ihre Tätigkeit als ärztliche Leiterin sowie als Fachärztin für Physikalische Medizin wurden ihr von der Zweitbeschwerdeführerin zur Verfügung gestellt.

Ein Konkurrenzverbot bestand keines.

Die Erstmitbeteiligte war im gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraum ordentliches Mitglied der Ärztekammer.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der im Einspruchsverfahren vor dem Landeshauptmann von Wien am 30.01.2012 aufgenommenen Niederschrift, aus dem von der Einspruchsbehörde beigeschafften Tonbandprotokoll der mündlichen Verhandlung am Arbeits- und Sozialgericht (ASG) Wien sowie aus der dem Akt beiliegenden Korrespondenz der Erstmitbeteiligten mit der ermittelnden Einspruchsbehörde, der Wiener Gebietskrankenkasse und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA).

Darüber hinaus fand am 04.10.2016 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an der die Vertreter der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, der damalige Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin XXXX sowie die erstmitbeteiligte XXXX teilnahmen. Im Rahmen der Verhandlung wurden die von der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin beantragten Zeugen XXXX, XXXX und XXXX befragt. Die ordnungsgemäß geladene Zeugin XXXX (nicht verwandt mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin) erschien unentschuldigt nicht zur Verhandlung.

Zu den einzelnen Feststellungen:

Der festgestellte Beschäftigungsbeginn (01.05.1986) weicht vom bekämpften Bescheid ab. Dieses Datum entspricht den Angaben der Erstmitbeteiligten sowohl in der Niederschrift vor der Einspruchsbehörde als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und wurde vom Geschäftsführer Dr. XXXX XXXX in der Verhandlung am ASG Wien sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen bestätigt. Für den von der belangten Behörde mit 07.03.1986 festgelegten Beschäftigungsbeginn liegen in den Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte vor. In einem dem Akt beiliegenden Auszug aus der Ärzteliste ist lediglich dokumentiert, dass die Erstmitbeteiligte an diesem Tag ihr Diplom als Fachärztin für Physikalische Medizin erlangt hat, woraus aber jedenfalls nicht der Schluss zu ziehen ist, dass die Beschäftigung an diesem Tag begonnen hat.

Der Tätigkeitsbereich als ärztliche Leiterin ergibt sich aus § 7 Krankenanstalten und Kuranstaltengesetz (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957.

Die Vereinbarung, neben der ärztlichen Leitung als Fachärztin für Physikalische Medizin tätig zu werden, sowie das zeitliche Ausmaß der ausgeübten Tätigkeiten sind unstrittig.

Die Vertretung der Erstmitbeteiligten durch einen geeigneten Vertreter in den angeführten Verhinderungsfällen ohne die Verpflichtung mit der Institutsleitung Rücksprache zu halten, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Erstmitbeteiligten, des ehemaligen Geschäftsführers Dr. XXXX sowie der Zeugin XXXX.

Die Feststellungen zur Gestaltung der Arbeitszeit und zum arbeitsbezogenen Verhalten entsprechen ebenfalls den übereinstimmenden Angaben der oben Genannten und decken sich insbesondere auch mit den Ausführungen der Erstmitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem ASG Wien sowie in der niederschriftlichen Einvernahme im Einspruchsverfahren. Die Verschiebung der vereinbarten Wochentage und von Patiententerminen ist auch in diversen Unterlagen (u.a. Auszüge aus den Schalterkalendern, nachträgliche Aufzeichnung der geänderten Arbeitszeiten sowie eine Aufstellung der Privatordinationen Dris. XXXX) dokumentiert, deren Richtigkeit weder von der erstbeschwerdeführenden Kasse noch von der Erstmitbeteiligten bestritten wurde.

Dass die Arbeitszeit und die konkrete Tätigkeit nicht kontrolliert wurden, hat die Zeugin XXXX, die federführend am Schalter tätig war, in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Schließlich wurde das Fehlen derartiger Kontrollen auch von der Erstmitbeteiligten selbst in der mündlichen Verhandlung am ASG Wien eingeräumt (s. Protokoll S, 5 f.).

Die Eintragungen in den Schalterbüchern boten keine derartige Kontrollmöglichkeit. Aus ihnen geht zwar hervor, dass seitens der Erstmitbeteiligten regelmäßig Wochentage oder Patiententermine verschoben wurden. Dies wurde seitens der Institutsleitung 20 Jahre lang kommentarlos hingenommen, weswegen auch nicht davon auszugehen ist, dass den Schalterbüchern eine derartige Kontrollfunktion zukam. Aussagen über das Kommen und Gehen bzw. über die konkrete Tätigkeit lassen sich daraus jedenfalls nicht gewinnen.

Die übrigen einvernommenen (ehem.) Institutsmitarbeiterinnen wollten oder konnten keine näheren Angaben zur Arbeitszeitgestaltung und allfälligen Kontrollen machen.

Soweit die Erstmitbeteiligte die Frage der erstbeschwerdeführenden Wiener Gebietskrankenkasse in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Bestehen einer Weisungsgebundenheit mit der Begründung bejahte, dass die Tage und die Uhrzeit vorgegeben gewesen seien und sich dies (ausschließlich) nach den Wünschen der Firma gerichtet habe, kommt dieser Aussage keine besondere Beweiskraft zu, zumal die Erstmitbeteiligte anschließend erneut einräumte, dass es ihr erlaubt gewesen sei, die Tage zu verschieben und sie dabei keinen Beschränkungen unterlegen sei (s. Protokoll S, 7 f.).

Auch die schriftliche Vorgabe der Institutsleitung, die Privatpatienten nicht vor zu reihen, da sonst bei den übrigen Patienten Unmut entstehe, steht der Feststellung, dass die Erstmitbeteiligte den vorgegebenen Arbeitsablauf jederzeit selbst regeln oder ändern konnte, nicht entgegen, da eine derartige Vorgabe auch im Falle einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit nachvollziehbar erscheint und daher nicht ausschließlich als Anweisung zu einem bestimmten arbeitsbezogenen Verhalten gewertet werden kann.

Entgegen der Ansicht der Erstbeschwerdeführerin ist auch aus den einschlägigen Bestimmungen des Wr. KAG eine Bindung an bestimmte Arbeitszeiten nicht ableitbar. § 13 Abs. 1a Wr. KAG sieht vor, dass in Krankenanstalten in der Betriebsform selbstständiger Ambulatorien für physikalische Therapie, in denen keine Turnusärzte ausgebildet werden, an Stelle einer dauernden ärztlichen Anwesenheit der ärztliche Dienst so organisiert sein kann, dass ärztliche Hilfe jederzeit erreichbar ist und die erforderlichen ärztlichen Anordnungen für und die erforderliche Aufsicht über das medizinische Personal durch regelmäßige tägliche Anwesenheit sichergestellt ist. Eine Anwesenheitsverpflichtung des ärztlichen Leiters zu bestimmten Zeiten lässt sich daraus ebenso wenig ableiten wie eine tägliche Anwesenheitsverpflichtung, da der ärztliche Dienst gemäß § 12 Abs. 1 Wr. KAG von allen Ärzten mit ius practicandi ausgeübt werden darf und mit Dr. XXXX im Institut (bzw. unmittelbar darüber in seiner Ordination) unstrittig auch immer ein Arzt mit ius practicandi anwesend war. Im Übrigen ist auch in der zwischen der Kasse und der Zweitbeschwerdeführerin abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung - entgegen der behaupteten gesetzlichen Verpflichtung - keine tägliche Anwesenheitsverpflichtung des ärztlichen Leiters vorgesehen.

Das Anstellungsverhältnis zur XXXX ist im Versicherungsdatenauszug der Erstmitbeteiligten dokumentiert. Dass das Anstellungsverhältnis von 01.01.1978 bis 19.04.1990 während des Wochengeld- bzw. Karenzurlaubsgeldbezuges fortbestand, hat die Erstmitbeteiligte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

Die Zurverfügungstellung der wesentlichen Betriebsmittel für ihre Tätigkeit durch die Zweitbeschwerdeführerin sowie das Nichtbestehen eines Konkurrenzverbotes sind unstrittig.

Die Kammermitgliedschaft ist im Akt dokumentiert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über. Im konkreten Fall ist somit die Zuständigkeit des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, bei welchem das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängig war, mit 1. Jänner 2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Gegenständlich liegt zwar eine Angelegenheit vor, die eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung von Laienrichtern begründet (Feststellung der Versicherungspflicht). Da die Senatszuständigkeit jedoch nur auf Antrag vorgesehen ist und ein solcher Antrag nicht gestellt wurde, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Im gegenständlichen Verfahren sind folgende anzuwendende Bestimmungen maßgebend:

Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Den Dienstnehmern stehen gemäß § 4 Abs. 4 ASVG Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar u.a. für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen.

Die im Wesentlichen persönlich zu erbringenden Dienstleistungen und das Nichtvorhandensein von wesentlichen Betriebsmitteln sind ab 01.01.1998 als weitere Tatbestandsmerkmale hinzugekommen.

In der vom 01.07.1996 bis 31.12.1997 geltenden Fassung des § 4 Abs. 4 ASVG war die Versicherungspflicht aufgrund eines freien Dienstvertrages u.a. ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit bereits einer Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz (§ 2 Abs. 1 FSVG) unterlag oder unterliegen hätte können. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 FSVG waren die ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer, sofern sie freiberuflich tätig waren, in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen pflichtversichert.

In der vom 01.01.1998 bis 31.07.2001, vom 01.08.2001 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis 31.07.2009 geltenden Fassung war die Versicherungspflicht aufgrund eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 4 ASVG (u.a.) ausgeschlossen, wenn eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt wurde, die die Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen Berufsvertretung (Kammer) begründete.

Gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG standen (von 01.01.1988 bis 31.12.1999) den Dienstnehmern (u.a.) Personen hinsichtlich ihrer ärztlichen Tätigkeiten im Sinne des § 20a Abs. 1 des Ärztegesetzes 1984, BGBl. Nr. 373, gleich.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit als ärztliche Leiterin und Fachärztin für Physikalische Medizin im Ambulatorium der Zweitbeschwerdeführerin auf Werkvertragsbasis, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG oder als freie Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG tätig wurde.

Soweit die Zweitbeschwerdeführerin vorbrachte, die beiden Tätigkeiten seien getrennt zu betrachten, ist zunächst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (vgl. hierzu u.a. das im ggst. Fall ergangene Erk. vom 28.12.2015, Ra 2015/08/0156), wonach das Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines freien Dienstverhältnisses bzw. eines Werkvertragsverhältnisses - vor dem Hintergrund der rechtlichen Zulässigkeit und der Voraussetzungen einer Vertragsverbindung - zu einem Dienstgeber nicht ausgeschlossen ist; für die Bejahung einer rechtswirksamen Trennung solcher Rechtsverhältnisse kommt es entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und auf Überlegungen unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Schutzprinzipien an (Hinweis E 15. Dezember 1992, 91/08/0077). Besteht aber eine solche zeitliche und sachliche Verschränkung der beiden Tätigkeitsbereiche, die es im Zweifel ausschließt, zwei jeweils zeitgleich bestehende, jedoch getrennte Beschäftigungsverhältnisse zum selben Dienstgeber nebeneinander anzunehmen (Hinweis E 3. Juli 2002, 99/08/0125; E 7. August 2002, 99/08/0140), dann kommt es bei der Beurteilung der Ausübung dieser beiden Tätigkeiten durch denselben Dienstnehmer darauf an, ob in seinem rechtlichen Verhältnis zum Dienstgeber insgesamt die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen (Hinweis E 16. Februar 1999, 96/08/0171).

Den Feststellungen zufolge wurde die Tätigkeit als ärztliche Leiterin und als Fachärztin für Physikalische Medizin zeitgleich ausgeübt. Auch eine enge sachliche Verschränkung ist gegeben, weil die Wahrnehmung der Fachaufsicht als ärztliche Leiterin in die Tätigkeit der Erstmitbeteiligten als Fachärztin für Physikalische Medizin, die u.a. aus der Festlegung von Therapieplänen und deren regelmäßige Überprüfung bestand, einfloss. Somit ist jedenfalls im Zweifel auszuschließen, dass getrennte Beschäftigungsverhältnisse zum selben Dienstgeber nebeneinander bestanden, zumal vorliegend - mit Ausnahme der pauschalen Entlohnung der ärztlichen Leitung ab dem Jahr 2000 (14 Jahre nach Beschäftigungsbeginn) - keine Anhaltspunkte bestehen, dass eine Trennung der Beschäftigungsverhältnisse dem (seinerzeitigen bzw. bei der Wiederaufnahme der Tätigkeit im Jahr 1999 gegebenen) Parteiwillen entsprach.

a) Vorliegen eines Werkvertrages

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024) liegt ein Werkvertrag dann vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Der Werkvertrag begründet grundsätzlich ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können.

Den Feststellungen zufolge war (u.a.) vereinbart, dem zweitbeschwerdeführenden Institut auf unbefristete Zeit als ärztliche Leiterin und Fachärztin für Physikalische Medizin im Ausmaß von fünf Wochenstunden zur Verfügung zu stehen.

Gemäß § 7 Abs. 1 KAKuG zeichnet der ärztliche Leiter als für die mit der ärztlichen Behandlung der Pfleglinge zusammenhängenden Aufgaben (letzt-)verantwortlich. Die Tätigkeit des ärztlichen Leiters bestand daher im Wesentlichen darin, die ärztliche Fachaufsicht auszuüben und sicherzustellen, dass das Personal den gesetzlichen Vorgaben entsprechend in einer den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Weise tätig wird.

Die Tätigkeit als Fachärztin für Physikalische Medizin umfasste den Feststellungen zufolge die Begutachtung von Patienten sowie die Erstellung und Überwachung der Therapiepläne.

Die einzelnen sich daraus ergebenden Aufgaben sind nicht im Vorhinein bestimmbar (konkretisiert), sondern richten sich im Bedarfsfall nach den in der jeweiligen Situation bestehenden Erfordernissen.

Damit wird kein abgeschlossenes Werk, bei dessen Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung Gewährleistungsansprüche entstehen, sondern ihrer Art nach (gattungsmäßig) umschriebene Tätigkeiten geschuldet, die lediglich zu einem Arbeiten, Tun, Wirken verpflichten.

Im vorliegenden Fall wurde somit ein Dauerschuldverhältnis begründet, das im Lichte der o.a. Judikatur nicht als Werkvertrag zu qualifizieren ist.

In der Folge ist daher zu prüfen, ob die Erstmitbeteiligte ihre Tätigkeit im Rahmen eines der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG unterliegenden Dienstverhältnisses erbracht hat.

b) Vorliegen eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses

Grundvoraussetzung für die Annahme eines Dienstverhältnisses gemäß § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 oder § 4 Abs. 4 ASVG ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn dieser Bestimmungen schon deshalb nicht vor (Müller DRdA 2010, 371; vgl. auch VwGH 01.10.2015, Ro 2015/08/0020).

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann (vgl. VwGH, 17.11.2004, 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient.

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. VwGH, 16.11.2011, 2008/08/0152, mwN).

Im gegenständlichen Fall spricht gegen das Vorliegen eines "generellen Vertretungsrechts" zunächst, dass nicht anzunehmen ist, dass ein solches dem Parteiwillen entsprach. Die Erstmitbeteiligte übernahm die Tätigkeiten von ihrem Vorgänger, den sie bereits ständig vertreten hatte, weil dieser im letzten Jahr nicht anwesend war. Weil es wohl keinen Bedarf an einem neuen ärztlichen Leiter gegeben hätte, wenn die Institutsleitung nicht an dessen persönlichen Anwesenheit interessiert gewesen wäre, ist daher nicht davon auszugehen, dass die Zweitbeschwerdeführerin mit der Erstmitbeteiligten die Möglichkeit einer ständigen Vertretung vereinbaren wollte.

Abgesehen davon lag die persönliche Anwesenheit des ärztlichen Leiters zumindest ab dem Jahr 2000 auch auf Grund der Vorgabe der Kasse, dass der ärztliche Leiter 5 Wochenstunden anwesend zu sein hat, im Interesse der Zeitbeschwerdeführerin, wobei § 12 Abs. 2 und 5 Wr. KAG, der die Vertretung des ärztlichen Leiters regelt, nur auf eine Vertretung im Verhinderungsfall und nur durch eine geeignete Person, die der Landesregierung angezeigt wurde, abstellt.

Dass kein "generelles Vertretungsrecht" vereinbart wurde, ergibt sich schließlich auch aus der Art der übernommenen Tätigkeit, die eine ständige Überbindung der Arbeitspflicht auf Dritte von vorherein ausschließt, weil sich dies nachteilig auf die Kontinuität bzw. Qualität der übernommenen Verpflichtung ausgewirkt hätte (vgl. VwGH, 02.12.2013, 2013/08/0191) und somit mit dieser nicht in Einklang zu bringen gewesen wäre (vgl. VwGH, 17.12.2002, 99/08/0008).

Da auch von der Zweitbeschwerdeführerin nicht behauptet wurde, dass sich die Erstmitbeteiligte über die genannten Einzelfälle hinaus vertreten lassen habe, ist vorliegend nicht von einer uneingeschränkten Vertretungsbefugnis auszugehen.

Ohne Bedeutung ist auch, dass der Vertreter durch die Erstmitbeteiligte selbst entlohnt wurde, weil dies nichts an der Vertretungsbefugnis selbst ändert (vgl. VwGH, 17.10.2012, 2010/08/0256).

c) Vorliegen eines Dienstverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit

Nach der Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jener persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist. Dies hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (VwGH, 26.08.2014, 2012/08/0100 mwH auf VwGH (verst. Senat), 10.12.1986, 83/08/0200, VwSlg 12325 A/1986).

Bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag ist grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese müsste durch den Nachweis, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglichen Vereinbarungen über das Vorliegen eines freien Dienstvertrages abweichen, entkräftet werden (VwGH, 25.06.2013, 2013/08/0093).

Den Feststellungen zufolge wurde kein Dienstvertrag abgeschlossen, dem die genannte Richtigkeitsvermutung zukommen könnte. Somit hat hier die genannte Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung zu erfolgen.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. E VwGH, 31.01.2007, 2005/08/0176, mwN).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Erstmitbeteiligte ihre Tätigkeit ausschließlich in den Betriebsräumlichkeiten der Zweitbeschwerdeführerin ausgeübt hat. Dieser Umstand ist jedoch nicht unterscheidungskräftig, weil die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit (Leitung des ärztlichen Dienstes, fachärztliche Tätigkeit) der Natur der Sache nach nur im Institut der Zweitbeschwerdeführerin möglich war. Für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit sind daher im vorliegenden Fall die Bindung an Ordnungsvorschriften über die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse ausschlaggebend.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, konnte die Erstmitbeteiligte den vorgegebenen Arbeitsablauf jederzeit selbst regeln oder ändern, indem sie die vereinbarten Wochentage ohne Rücksprache mit der Institutsleitung verschieben konnte und während der vereinbarten Arbeitszeit auf eigene Rechnung Patienten privat behandelte. Die Art und Weise der Durchführung der Tätigkeit oblag ausschließlich ihr. Sie war diesbezüglich an keine Weisungen gebunden und es bestanden auch keine persönlichen Kontrollmöglichkeiten, die derartige Weisungen nach sich ziehen konnten, zumal keine Verpflichtung der Erstmitbeteiligten bestand, über ihre Tätigkeit detailliert Rechenschaft zu legen und so dem zweitbeschwerdeführenden Institut die Möglichkeit zu geben, sich ein für eine wirksame Kontrolle ausreichend genaues Bild über die Durchführung der Tätigkeiten zu verschaffen.

Dass bei der Vereinbarung der Wochentage betriebliche Erfordernisse, wie vorliegend eine höhere Patientenfrequenz an bestimmten Wochentagen, zu berücksichtigen waren, steht der Annahme eines freien Dienstverhältnisses nicht entgegen, zumal auch im Falle einer unabhängigen Beschäftigung zu erwarten ist, dass derartige betriebliche Erfordernisse Berücksichtigung finden.

Schließlich widerspricht es auch dem Bild einer abhängigen Beschäftigung, wenn es dem Dienstnehmer erlaubt ist, während der Arbeitszeit privaten Aktivitäten nachzugehen, und diese vom Dienstgeber auch noch gefördert werden.

Von einer "stillen Autorität" in Bezug auf die Einhaltung von Ordnungsvorschriften über die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten ist - entgegen dem Vorbringen der erstbeschwerdeführenden Kasse - nicht auszugehen, weil die Erstmitbeteiligte sachliche Entscheidungsbefugnisse hatte, die ihr einen gewissen Spielraum für eine eigenständige Gestaltung der Tätigkeiten eröffneten, die - insbesondere bei Fehlen der Einbindung in eine Betriebsorganisation, das sich im vorliegenden Fall dadurch manifestiert, dass die Erstmitbeteiligte den vorgegebenen Arbeitsablauf jederzeit selbst regeln oder ändern konnte - für die Sphäre persönlicher Ungebundenheit und für das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses sprechen (VwGH, 25.06.2013, 2013/08/0079 mwN).

Die Rufbereitschaft und die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sprechen zwar für das Vorliegen einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit. Im Hinblick auf das geringe Ausmaß der tatsächlichen Inanspruchnahme durch die genannten Verpflichtungen sowie den Umstand, dass auch ein ärztlicher Leiter in unabhängiger Stellung an derartigen Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen hat, fallen diese nicht derart ins Gewicht, dass daraus im konkreten Fall auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden könnte.

Weil auch die lange Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gegenständlich nicht unterscheidungskräftig ist, da diese sowohl für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG als auch für ein freies Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 4 ASVG spräche, und weitere - allenfalls zu berücksichtigende - Merkmale der Unselbständigkeit, wie ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht oder ein Konkurrenzverbot, unstrittig nicht vorlagen, ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf die geringe zeitliche Inanspruchnahme der Erstmitbeteiligten durch die beschwerdegegenständliche Tätigkeit, die daneben in einem Dienstverhältnis zur Stadt Wien stand und zeitweise auch die ärztliche Leitung anderer Ambulatorien übernahm, nicht vom Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit auszugehen.

Die wesentlichen Betriebsmittel wurden unstrittig von der Zweitbeschwerdeführerin zur Verfügung gestellt.

Somit ist gegenständlich vom Vorliegen eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 4 ASVG auszugehen.

d) Vorliegen der Pflichtsicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG

In der vom 01.07.1996 bis 31.12.1997 geltenden Fassung des § 4 Abs. 4 ASVG war die Versicherungspflicht aufgrund eines freien Dienstvertrages (u.a.) ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit bereits einer Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterlag oder unterliegen hätte können, wobei gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 FSVG, auf den die Bestimmung ausdrücklich verwies, die ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer, sofern sie freiberuflich tätig waren, in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen pflichtversichert waren.

In der vom 01.01.1998 bis 31.07.2001, vom 01.08.2001 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis 31.07.2009 geltenden Fassung war die Versicherungspflicht aufgrund eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 4 ASVG (u.a.) ausgeschlossen, wenn eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt wurde, die die Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen Berufsvertretung (Kammer) begründete.

Hinsichtlich der vom 01.01.1998 bis 31.07.2009 geltenden Fassungen lässt sich (aufgrund des im Wesentlichen unveränderten Wortlautes der Bestimmungen in Bezug auf die Ausnahme derartiger freiberuflicher Tätigkeiten) den Erläuterungen der RV 179 BlgNR 24. GP entnehmen, dass die Zugehörigkeit zur Kammer ohne das zusätzliche Erfordernis der förmlichen Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit zur Erfüllung des Ausnahmetatbestandes genügt.

Diese Ansicht deckt sich auch mit der des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger, wonach eine Ärztin, die als angestellte Ärztin in die Ärzteliste eingetragen ist und als Dienstnehmerin eine Beschäftigung als Schulärztin ausübt, nach Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse entweder nach § 4 Abs. 2 ASVG pflichtversichert oder als Wohnsitzarzt nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG versichert ist und aufgrund des Ausnahmetatbestandes des § 4 Abs. 4 lit. c ASVG eine Pflichtversicherung als freie Dienstnehmerin nach § 4 Abs. 4 ASVG jedenfalls ausgeschlossen ist (Hauptverband 24.01.2006, Zl. FO-MVB/51.1/06 Af/Mm).

Da die Erstmitbeteiligte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum den Beruf einer Ärztin ausübte und Mitglied der Ärztekammer war, zieht der Umstand, dass sie sich auf Grund eines freien Dienstvertrages zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet hat, daher keine Gleichstellung mit einer Dienstnehmerin iSd § 4 Abs. 2 ASVG nach sich (vgl. VwGH, 26.05.2014, 2012/08/0233).

e) Zum Vorliegen der Pflichtsicherung nach § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG (idF vor dem ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139)

Vor dem 01.07.1996 waren freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG nicht in die Pflichtversicherung nach dem ASVG eingebunden. Zu prüfen ist jedoch, ob die beschwerdegegenständliche Tätigkeit - ab Inkrafttreten des § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG am 01.01.1988 bis zu dessen Außerkrafttreten am 31.12.1999 - der Vollversicherungspflicht gemäß dieser Bestimmung unterlag.

Der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG unterlagen Ärzte, die ausschließlich wohnsitzärztliche Tätigkeiten ausübten (Wohnsitzärzte).

Wohnsitzärztliche Tätigkeiten sind solche, die weder in einem Anstellungsverhältnis ausgeübt werden noch einer Ordinationsstätte bedürfen.

Keiner Ordinationsstätte bedürfen ärztliche Tätigkeiten, die ausdrücklich vom Ordinationserfordernis ausgenommen sind (vgl. § 45 Abs. 3 ÄrzteG 1998 und § 19 Abs. 3 ÄrzteG 1984), Ordinationsvertretungen und Tätigkeiten in Kranken- und Kuranstalten. Mit der Ausübung einer derartigen Tätigkeit wird der Arzt allerdings noch nicht zum Wohnsitzarzt, sondern nur dann, wenn er ausschließlich solche Tätigkeiten durchführt, also weder Tätigkeiten im Rahmen eines (echten) Dienstverhältnisses noch als freiberuflicher niedergelassener Arzt ausübt (vgl. Wallner, Zulässiger Aktionsradius des Wohnsitzarztes, Sonderheft Gmundner Medizinrechtskongress 2012, RdM 2012/135).

Dies hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 13.10.2015, 2013/03/0127, bestätigt, wonach sich den Gesetzesmaterialien zur Ärztegesetznovelle aus dem Jahr 1987 (BGBl. Nr. 314/1987) zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorläuferbestimmung des § 47 des ÄrzteG 1998, dem § 20a des ÄrzteG 1984, entnehmen lässt, dass als Wohnsitzärzte solche in Betracht kommen, "die Tätigkeiten ausüben, die weder eine Ordinationsstätte erfordern noch in einem Anstellungsverhältnis ausgeübt werden (Erstellung von Gutachten, Vertretertätigkeit, Notdienst usw." (RV 137 BlgNR XVII. GP , S 17). Als Wohnsitzärzte kommen damit beispielsweise Ärzte in Betracht, die ausschließlich als Gutachter oder als Praxisvertreter tätig werden, auch eine Tätigkeit als Schularzt bzw. als Betriebsarzt kommt in Frage (RV 137 BlgNR XVII. GP , S 22f).

Die Tätigkeit der Erstmitbeteiligten als ärztliche Leiterin der Zweitbeschwerdeführerin, einer Kuranstalt, bedurfte zwar keiner Ordinationsstätte. Die Erstmitbeteiligte stand jedoch von 01.01.1978 bis 19.04.1990 und von 01.11.1992 bis 30.06.2005 als Ärztin in einem Anstellungsverhältnis zur Stadt Wien. Damit scheidet die Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG im fraglichen Zeitraum (01.01.1988 bis 31.03.1999 und 01.09.1999 bis 31.12.1999) von 01.01.1988 bis 19.04.1990 und von 01.11.1992 bis 31.12.1999 aus, wodurch auch die Übergangsbestimmung des § 572 Abs. 4 ASVG nicht zur Anwendung gelangt.

Somit ist lediglich für die Zeit von 20.04.1990 bis 31.10.1992 festzustellen, dass die Tätigkeit der Erstmitbeteiligten der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG unterliegt.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG ist im o.a. Zeitraum daher auch die Versicherungspflicht nach dem AlVG festzustellen.

Zugleich ist festzustellen, dass in den übrigen festgestellten Zeiträumen ihrer Tätigkeit für die Zeitbeschwerdeführerin keine Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG besteht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung folgt in allen wesentlichen Rechtsfragen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die in den rechtlichen Erwägungen zu Spruchpunkt A) an der jeweiligen Stelle zitiert wird.

Da auch sonst keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vorliegen, ist die Revision gegen die vorliegende Entscheidung unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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