BVwG W178 2005755-1

BVwGW178 2005755-12.12.2014

ASVG §341
ASVG §342 Abs1 Z3
ASVG §342 Abs2
BSVG §181
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ASVG §341
ASVG §342 Abs1 Z3
ASVG §342 Abs2
BSVG §181
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W178.2005755.1.00

 

Spruch:

W178 2005755-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria Parzer als Vorsitzende und die fachkundigen LaienrichterInnen Dr. Thomas Holzgruber, Dr. Markus Kletter, Dr in Irmgard Schiller-Frühwirth und Dr. Michael Schriefl über die Beschwerde des Herrn Dr. XXXX XXXX, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Krückl, Dr. Lichtl, Dr. Huber, Mag Eilmsteiner, gegen den Bescheid der paritätischen Schiedskommission vom 25.09.2013, GZ PSK 01/2012, wegen Zahlung von € 8.630,55 und Feststellung in nicht öffentlicher Sitzung am 12.11.2014 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 AVG keine Folge gegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Der Antrag des Dr. XXXX XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Karl KRÜCKL, festzustellen, dass die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (kurz SVB) schuldig sei, dem Antragsteller den Betrag von €

8630,55 samt Zinsen für an Versicherte der SVB in den dort näher genannten Zeiträumen erbrachte Leistungen zu zahlen und festzustellen, dass die Zusatzvereinbarung vom 12.02.2003, abgeschlossen zwischen Ärztekammer für Oberösterreich und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die im § 2 angeführten Krankenversicherungsträger, zwischen dem Antragsteller und der SVB anzuwenden sei, wurde von der Paritätischen Schiedskommission mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Zur Begründung wurde auf das Erk des VfGH vom 27.09.2010, B 1290/09 verwiesen und festgestellt, dass die Zusatzvereinbarung vom 12.02.2003 zum Gesamtvertrag vom 27.07.1956 idgF unwirksam und nichtig sei.

Die zur Beurteilung stehende Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag sei zwischen der Ärztekammer für Oberösterreich und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger am 01.10.1998 abgeschlossen und in der Folge einmal revidiert worden. Seit dem zweiten Quartal 2011 (nach dem o.a. VfGH-Erkenntnis) achtet sich die Antragsgegnerin daran nicht mehr gebunden. Deshalb wende die für die Durchführung der Abrechnung zuständige OÖGKK bei ihren Honorarabrechnungen für Leistungen der SVB diese Zusatzvereinbarung nicht mehr an. Bei Anwendung dieses Zusatzabkommens wären die aus dem Spruch ersichtlichen geltend gemachten Honorarbeträge auszuzahlen gewesen. Die SVB habe die Abweisung des Antrages begehrt, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gäbe. Die Zusatzvereinbarung sei kein Gesamtvertrag nach dem ASVG oder dem BSVG. Der Verfassungsgerichtshof habe entschieden, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger seit 01.07.1998 weder die Rechtsmacht habe, mit der Ärztekammer einen eigenen Gesamtvertrag als Abschlussbevollmächtigter der SVB abzuschließen, noch in einer solchen Vereinbarung von bestehenden Gesamtverträgen mit einer Gebietskrankenkasse abzuweichen (Erkenntnis vom 27.09.2010, B 1290/09). Es habe der Hauptverband auch die gegenständliche Zusatzvereinbarung nicht mit der Rechtswirkung einer Abänderung der Honorarordnung des oberösterreichischen Gesamtvertrages für die Versicherten der SVB abschließen können, noch von bestehenden Gesamtverträgen mit einer Gebietskrankenkasse abweichen können. Die streitgegenständliche Zusatzvereinbarung sehe für die Honorierung von Leistungen an SVB-Versicherte im Vergleich zur Honorarregelung für die übrigen §-2-Kassen eine finanzielle Besserstellung vor (günstigere Ordinationshonorierungen, teilweise Nichtanwendung von Limitierungen und Verrechnungsbeschränkungen). Die Zusatzvereinbarung sei daher nach der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nichtig und rechtsunwirksam. Nach Veröffentlichung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes habe die SVB allen Ärztekammern, so auch der Ärztekammer für Oberösterreich, mitgeteilt, dass diese Zusatzvereinbarung nichtig sei und aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes eine (Sonder‑) Honorierung gemäß dieser Zusatzvereinbarung nicht mehr erfolgen werde. In allen Bundesländern werde diese Entscheidung respektiert, Oberösterreich bilde eine Ausnahme. Nach weitaus überwiegender Auffassung sei das gesetzliche Vertragspartnerrecht zweiseitig und absolut zwingender Natur, es könne nicht, wie etwa im Wege der Zusatzvereinbarung, von einem Gesamtvertrag abgegangen werden. Dies stelle einen entscheidenden Unterschied zu den Kollektivverträgen dar, welche im Allgemeinen nur relativ zwingend seien. Im Übrigen seien die Forderungen nach dem Leistungsbegehren auch gemäß § 36 Abs. 6 des Gesamtvertrages verfallen.

Die streitgegenständliche Zusatzvereinbarung wird im Bescheid zitiert.

Die Paritätische Schiedskommission schließt sich im Bescheid der rechtlichen Argumentation der Antragsgegnerin vollinhaltlich an. Auch die Bundesschiedskommission habe im Zuge des diesem Verfahren vorgelagerten Zuständigkeitsstreites in ihrem Bescheid vom 06.03.2013 in diesem Sinne entschieden. Die Antragsgegnerin sei mit dem Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 1997 bzw. mit der 23. Novelle zum BSVG mit Wirkung vom 01.07.1998 unter die im § 2 des Gesamtvertrages vom 27.07.1956 zusammengefassten Krankenversicherungsträger als Vertragspartei eingereiht worden. Wie der Verfassungsgerichtshof im genannten Erkenntnis ausgesprochen hat, ist für die SVB ein zwischen dem Hauptverband namens einer Gebietskrankenkasse und der örtlich zuständigen Ärztekammer jeweils abgeschlossener Gesamtvertrag bindend. Die SVB wird somit kraft Gesetzes Vertragspartei dieses jeweils abgeschlossenen Gesamtvertrages.

Die gegenständliche Zusatzvereinbarung könne aber auch schuldrechtlich keine Wirkungen entfalten, weil einem solchen schuldrechtlichen Vertrag die Bestimmungen des ASVG (BSVG) und die zweiseitige sowie absolut zwingende Natur des Vertragspartnerrechtes entgegenstünden. Der Gesamtvertrag habe absolut zwingende Wirkung und lasse keine Abweichungen zu, nicht bloß ausnahmsweise sondern generell (unter Hinweis auf Mosler-Grillberger/Mosler, Ärztliches Vertragspartnerrecht 2012, Seite 82).

I.2. Gegen diesen Bescheid hat Herr Dr. XXXX, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Karl Krückl u.a. mit 22.10.2013 rechtzeitig Berufung/ Beschwerde erhoben und wie folgt in der Begründung vorgebracht:

I.2.1. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde habe der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.09.2010, B1290/09, nicht festgestellt, dass die hier gegenständliche Zusatzvereinbarung nichtig sei, sondern lediglich, dass es sich bei dieser Vereinbarung jedenfalls nicht um einen Gesamtvertrag handle. Der VfGH habe deren Wirkung jedoch ausdrücklich offen gelassen. Ebenso habe die Bundesschiedskommission mit Bescheid vom 06.03.2013 zwar festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Zusatzvereinbarung nicht um einen Gesamtvertrag handle, habe aber ebenfalls keine Aussage zur Nichtigkeit der Vereinbarung getroffen. Der OGH habe mit Beschluss vom 30.05.2012, 7 Ob 52/12s, ausdrücklich festgehalten, dass es sich bei dieser Zusatzvereinbarung um "eine rein schuldrechtliche Vereinbarung" zwischen den Vertragspartnern handle, die nicht dem Typus Gesamtvertrag oder Einzelvertrag angehöre. Mithin habe keiner der befassten Gerichtshöfe oder die Bundesschiedskommission ein Urteil über eine allfällige Nichtigkeit der Vereinbarung getroffen, vielmehr sei es um die Frage gegangen, welche Behörde letztlich für den Streitgegenstand überhaupt kompetenzrechtlich zuständig sei, also um die Frage, ob es sich bei der Zusatzvereinbarung um eine gesamtvertragliche oder um eine solche schuldrechtlicher Natur handle.

I.2.2. Es sei im gegenständlichen Verfahren die Frage der Wirksamkeit dieser Vereinbarung zu klären. Dies wäre Aufgabe der Paritätischen Schiedskommission für Oberösterreich gewesen. Diese habe die entscheidungsrelevante Frage aber vollkommen unbeantwortet gelassen. Es handle sich bei der gegenständlichen Vereinbarung um einen sogenannten Vertrag zu Gunsten Dritter gemäß § 881 ABGB, bei dem sich die Sozialversicherungsanstalt der Bauern gegenüber der ärztlichen Standesvertretung verpflichtet habe, den Dritten, hier den Ärzten, für ärztliche Leistungen bestimmte Honorierungsregelung zuzugestehen. Entgegen den Ausführungen der Paritätischen Schiedskommission sei dieser Vertrag jedoch vollinhaltlich wirksam. Eine Nichtigkeit der streitgegenständlichen Vereinbarung könnte sich nämlich nur ergeben, wenn bei dieser entsprechende Formerfordernisse nicht eingehalten worden seien und dadurch ein Gesetzesverstoß vorliege oder weil sie in inhaltlicher Form gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 181 BSVG verstoße. Beides sei hier jedoch nicht gegeben und zwar als folgenden Gründen: Ein Verstoß gegen Formerfordernisse für Vereinbarungen zwischen Krankenversicherungsträger und Ärztekammern liege nicht vor, weil sich die Nichtigkeit schuldrechtlicher Vereinbarungen nach den Bestimmungen des Privatrechts, konkret nach den Regelungen des § 879 ABGB richte. Demnach sei die Vereinbarung insbesondere dann nichtig und unwirksam, wenn sie gegen eine gesetzliche Bestimmung verstoße, jedoch mache nicht jede Gesetzesverletzung ein Rechtsgeschäft nichtig. Entscheidend für Nichtigkeit sei vielmehr der Verbotszweck der verletzten Norm. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass es den Vertragsparteien verwehrt sei, eine vom Gesamtvertrag abweichende schuldrechtliche Vereinbarung abzuschließen, da gemäß § 181 BSVG der vom Hauptverband abgeschlossene Gesamtvertrag - und damit auch die Honorierungsregelungen - ex lege auch für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern bindend und eine von diesem Gesamtvertrag abweichende Vereinbarung gesetzeswidrig und unwirksam sei. Dabei sei jedoch nicht bedacht worden, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung entscheidend davon abhängt, ob diese gegen den Verbotszweck der Norm verstoße oder nicht. Die einschlägigen Sozialversicherungsgesetze gingen grundsätzlich von der zweiseitigen zwingenden Wirkung von Gesamtverträgen auf Einzelverträge der jeweiligen Kassenärzte aus. Grundsätzlich ist es dem einzelnen Krankenversicherungsträger daher verwehrt, mit einem einzelnen Arzt vom Gesamtvertrag abweichende Regelungen zu treffen. Der Telos dieser Regelung liege klar auf der Hand, da die Krankenversicherungsträger praktisch Monopolanbieter am öffentlichen Gesundheitsmarkt den einzelnen Kassenarzt gegenüberstünden, wäre es für diese ein leichtes Unterfangen, den einzelnen Kassenarzt zu jedem beliebigen Vertragsinhalt zu verpflichten, da der Arzt nur die Wahl hätte, diesen Vertrag zu akzeptieren oder aus der öffentlichen Gesundheitsversorgung völlig auszusteigen. Um dieses völlige Ungleichgewicht der Parteien auszugleichen, habe der Gesetzgeber den Abschluss von Gesamtverträgen auf Seiten der Ärzteschaft durch die Ärztekammer als gesetzliche Vertretung vorgesehen, die dann für die jeweiligen Einzelverträge zwingende Wirkung habe. Es gehe daher um die Herstellung des Kräftegleichgewichts durch Vertragsabschluss von kooperierten Verbänden wie eben im Falle der Ärzte durch die Ärztekammer. Gerade dieser Fall liege bei der streitgegenständlichen Vereinbarung nicht vor. Es liege eine Vereinbarung vor, die im Endeffekt dem einzelnen Arzt zugutekomme, aber von der Ärztekammer für alle betroffenen Ärzte in gleicher Weise abgeschlossen worden sei. Der Verbotszweck des § 341 ASVG sei daher in keiner Weise tangiert, vielmehr entspreche die Vereinbarung dem Schutzzweck der Norm. Resch, obligatorische Abreden zwischen Gesamtvertragsparteien, RdM 212/138ff habe überzeugend dargestellt, dass schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Gesamtvertragspartnern auch dann zulässig sein könnten, wenn sie Gegenstände regeln, die an sich vom Gesamtverträgen geregelt werden. Dieser Fall liege hier vor. Dass dieser Telos der Bestimmung des § 341 ASVG innewohne, habe der Gesetzgeber selbst aufgezeigt. Dieser habe im § 343 Abs. 1 ASVG selbst vorgesehen, dass von den Einzelvertragsparteien abweichende Bestimmungen von einem Gesamtvertrag vorgesehen werden könnten, allerdings nur dann, wenn dieser Abweichung von der zuständigen Ärztekammer zugestimmt werde.

Entgegen der Auffassung der Paritätischen Schiedskommission handle es sich um eine zulässige und wirksame schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Gesamtvertragsparteien. Eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen Formerfordernisse liege nicht vor.

I.2.3. Der Antragsteller sieht auch keinen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 181 BSVG: Die Eingliederung der SVB in das Gesamtvertragsregime der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖGKK) schließe zwar aus, dass für die Versicherten der SVB gegenüber Versicherten der OÖGKK Sondertarife vereinbart würden. Dies sei jedoch nicht der Fall, vielmehr würde den Besonderheiten der OÖGKK- Honorarordnung mit dieser Vereinbarung Rechnung getragen. Mit dieser Honorarvereinbarung habe sich die belangte Behörde zu Unrecht nicht auseinandergesetzt. Sie sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Zusatzvereinbarung zu "für die Versicherten der SVB gegenüber den Tarifen für Versicherte OÖGKK" Verbesserungen geführt habe. Dies sei jedoch nicht der Fall, was in den Besonderheiten des Honorierungssystems des oberösterreichischen Gesamtvertrages begründet liege. Der Gesetzgeber sehe im § 181 BSVG grundsätzlich vor, dass die gesamtvertraglichen Regelungen und damit auch die Honorarordnung, die für Versicherte der OÖGKK gelte, ex lege auch für die Versicherten der SVB anzuwenden sei. Diese oberösterreichischen Honorarregelungen seien jedoch nicht einfach die Auflistung von einzelnen Tarifposten, vielmehr ergebe sich die Honorierung für die einzelnen Patienten erst durch Anwendung zahlreicher Limitierungs- und Degressionsregelungen, die von der Gesamtanzahl der behandelnden Patienten abhängig sei. Soweit es sich um Einzeltarifpositionen handelt, sind diese ex lege gleichermaßen auch auf die Versicherten der SVB anzuwenden, weshalb sich in der gegenständlichen Vereinbarung dazu keinerlei Abweichungen fänden. Zur Anwendung der Degressionsregelungen der Honorarordnung im OÖGKK-Gesamtvertrag auf die Versicherten wird angeführt, dass die Gesamtvertragsparteien, die durch vom Gesetzgeber angeordnete Bindung vor der Frage gestanden seien, wie diese Einbindung im Hinblick auf die Limitierungs- und Degressionsbestimmungen des OÖGKK-Gesamtvertrages erfolgen solle. Dazu war zu klären, wie die Versicherten der SVB in dieses System einzubinden werden. Die Höhe der pauschalen Entgeltleistung der sogenannten Grundleistungsvergütung bei Allgemeinmedizinern sei davon abhängig, wieviele Patienten der Arzt im jeweiligen Quartal betreut habe. Die Höhe der pauschalen Grundleistungsvergütung bei Allgemeinmedizinern sinke dabei mit steigender Anzahl an Patienten in festgelegten Sprüngen. Die Einführung von Degressionsregelungen bedürfe aufgrund der Grundrechtsbindung einer sachlichen Rechtfertigung, weil die Gesamtvertragsparteien hinsichtlich der Gesamtverträge an die Grundrechte gebunden seien. Um dem Rechnung zu tragen, seien die Gesamtvertragsparteien verpflichtet, den Vertragsärzten eine Honorierung sicherzustellen, die ein sozialadäquates Einkommen gewährleiste. Damit sei zwar grundsätzlich die Anwendungsmöglichkeit von Limitierungs- und Degressionsbestimmung nicht ausgeschlossen, diese bedürften aber einer sachlichen Rechtfertigung und dürften insgesamt nicht dazu führen, dass diese bei einer Gesamtbetrachtung dazu führen würden, dass im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung diese Leistung- unter Berücksichtigung eines entsprechenden Unternehmerlohnes - defizitär anzubieten sei. Genauso bestünden bei den Fachärzten im OÖGKK-Gesamtvertrag entsprechende Degressionen (Honorarsummenlimit), bei denen bei steigendem Umsatz Rabattierungsregelungen zum Tragen kämen, die dazu führten, dass das Honorar für den einzelnen Patienten letztlich unterschiedlich hoch sei. Die obigen Ausführungen würden daher sinngemäß auch für die Honorierung von Fachärzten gelten. Die Degressionsregelungen verfolgten den strukturellen Zweck, dass es beim einzelnen Vertragsarzt nicht zu einer Überzahl von zu behandelnden Patienten komme. Letztlich zwinge die Degression den Arzt, die Behandlung von zu vielen Patienten abzulehnen. Bei einer Eingliederung der SVB - Patienten in die letzte Honorarstaffel für Patienten der §-2-Kassen hätte dies zu dem absurden Ergebnis geführt, dass Kassenärzte praktisch dazu gezwungen werden, die Behandlung von SVB-Patienten abzulehnen. Ein ebenfalls unsachliches und rechtswidriges Ergebnis hätte es sich auch bei unreflektierter Übernahme der Bestimmungen des OÖGKK-Gesamtvertrages im Bereich der Limitierung von Einzelpositionen der Honorarordnung ergeben. Die Kalkulation der bestehenden Limitierungen erfolgten auf der naturgemäß hohen Zahl von Patienten der OÖGKK, deren Zahl in der Regel groß genug ist, um zu gewährleisten, dass die Versorgung der Versicherten durch die Anwendung der Limitierungsbestimmung nicht gefährdet sei.

Es sei zu bedenken, dass der Gesetzgeber für GKK- und SVB Patienten getrennte Rechnungskreise vorsehe. Der Gesetzgeber habe vorgeschrieben, dass die SVB zur Vertragspartei des Gesamtvertrages mit der OÖGKK werde, ist jedoch davon ausgegangen, dass die SVB-Patienten getrennt von den GKK-Patienten abgerechnet und von der SVB gesondert honoriert werden. Ein starres prozentuelles Limit würde zu unsachlichen Ergebnissen führen. Die Gesamtvertragsparteien seien daher gezwungen gewesen, durch entsprechende Regelungen einen grundrechtkonformen Zustand herzustellen, um ihrerseits eine Nichtigkeit des OÖGKK-Gesamtvertrages zu verhindern. Da dies mittels Gesamtvertrag aufgrund der gesetzlichen Neureglung nicht mehr möglich gewesen wäre, hätte eben der Weg einer schuldrechtlichen Vereinbarung gegangen werden müssen. Dazu werde die Einvernahme von Herrn Honorarprofessor Dr. Felix WALLNER, Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Oberösterreich, als Zeugen zum Thema des Regelungszweckes beantragt.

I.2.4. Die SVB hat mit 11.11.2013 eine Äußerung zur Berufung abgegeben. Es wird darin betont, dass nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, B 1290/09, kein Gesamtvertrag vorliege. Der Hauptverband habe daher die gegenständliche Zusatzvereinbarung nicht mit der Rechtswirkung einer Abänderung der Honorarordnung des oberösterreichischen Gesamtvertrages für die Versicherten der SVB abschließen können. Damit würden Streitigkeiten aus einem derartigen Vertrag nicht in die Zuständigkeit der Landesschiedskommission fallen. Die Landesschiedskommission habe dies im ersten Rechtsgang ignoriert und die Bundesschiedskommission mit Bescheid vom 06. März 2013 aufgrund der Berufung der SVB den angefochtenen Bescheid der Landesschiedskommission für Oberösterreich ersatzlos aufgehoben. Der OGH habe mit Beschluss vom 30.05.2012, 7Ob 52/12s, (dem Erkenntnis des VfGH B 1290/09 folgend) ausdrücklich festgehalten, dass die streitgegenständliche Zusatzvereinbarung "nicht" dem Typus Gesamtvertrag oder Einzelvertrag angehöre.

Die vom Berufungswerber geltend gemachte "rein schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien" sei allerdings unwirksam und nichtig: Dieser könne sich schlechthin auf keine Rechtsgrundlage für sein Begehren berufen. Die Konstruktion, es handelt sich um einen "Vertrag zur Gunsten Dritter" sei vom OGH in 7 Ob 52/12s eindeutig verneint worden. In dieser Entscheidung führt der OGH aus, es handle sich hierbei um einen behaupteten Rechtsanspruch, der in einem unmittelbaren rechtlich-tatsächlichen Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehe. Damit sei zwar die Zuständigkeit der Paritätischen Schiedskommission gegeben, allerdings sei mit der Zuständigkeit nicht der geringste Anspruch des Berufungswerbers begründet. Der Zusammenhang mit dem Einzelvertrag sei insofern evident, als nicht ernstlich bezweifelt werden könne, dass die Höhe des Anspruches von der Zusatzvereinbarung abhängt, allerdings nur in Verbindung mit dem OÖGKK-Gesamtvertrag, weil das Honorar allein aufgrund der Zusatzvereinbarung nicht bestimmbar sei. Einzelvertrag und Zusatzvereinbarungen seien daher rechtlich dadurch verbunden, dass die im Rahmen des Einzelvertrages erbrachten Leistungen Grundlage des begehrten Honorars seien. Die Zusatzvereinbarung sei als Ergänzung des Gesamtvertrages gedacht und wurde so auch über Jahre angewendet, und zwar im Sinne einer befristeten Übergangslösung. Mit der oben zitierten Entscheidung des VfGH sei aber diese Zusatzvereinbarung als Teil eines Gesamtvertrages ersatzlos weggefallen, weswegen sich der Antragsteller auf sie nicht berufen könne. Das Vertragspartnerrecht ist zweiseitig und absolut zwingender Natur, es könne nicht im Wege einer Zusatzvereinbarung, aber auch nicht im Wege sonstiger Vereinbarungen von einem Gesamtvertrag abgegangen werden. Die Zusatzvereinbarung sei eine "Verbesserung der Honorarordnung", sie sei jedoch vom VfGH nicht als Gesamtvertrag gewertet worden, weswegen sie nichtig und unwirksam sei. Es liege nicht in der Rechtsmacht der Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer bzw. des Hauptverbandes, von Gesamtverträgen abweichende Verträge zur Gunsten Dritter abzuschließen, sonst wäre das gesamte gesetzliche Vertragspartnerrecht obsolet. Die Ausführungen von Resch a.a.O - wie in der Berufung angeführt - seien von der Bundesschiedskommission ausdrücklich abgelehnt worden. Dass die oberösterreichische Honorarregelung nicht einfach nur eine Auflistung von einzelnen Tarifpositionen vorsehe, sondern sich die konkrete Honorierung erst nach Anwendung zahlreicher Limitierung -und Degressionsregelungen ergebe, sei evident. Was aus dieser, vom Beschwerdeführer begehrten Feststellung für seinen Rechtsstandpunkt zu gewinnen wäre, sei nicht ersichtlich.

Es gehe im gegenständlichen Fall aber nicht um die sachliche Rechtfertigung von Limitierungsbestimmungen, sondern schlichtweg darum, dass deren Aufhebung durch die gegenständliche Zusatzvereinbarung daran scheitert, dass Letztere weder als Gesamtvertrag noch als Vertrag zugunsten Dritter?? wirksam ist. Eine sonstige Rechtsgrundlage gäbe es aber für das Begehren des Antragsgegners nicht. Allgemein sei zu sagen, dass der VfGH die Zulässigkeit von Limitierungsbestimmungen bejaht habe. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Berechnungen der Beschwerde unrichtig seien: Es würden die SVB Patienten nicht einfach dazugezählt, wie in der Beschwerde ausgeführt, sondern es werde ein Durchschnittswert aus Gebietskrankenkassen- und SVB-Patienten gebildet. Die behauptete pauschale Grundleistungsvergütung von € 4,72 pro SVB-Patienten sei somit unrichtig.

Es wurde schließlich der Antrag gestellt, der Beschwerde keine Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

I.2.5. Dem gegenständlichen Verfahren war ein Verfahren vor der Landesschiedskommission für Oberösterreich (Bescheid vom 04. Juli 2012) mit Rechtsmittel an die Bundesschiedskommission (Bescheid vom 06. März 2013) wegen Feststellung vorausgegangen. Antragstellerin war in diesem Verfahren die Ärztekammer für Oberösterreich.

Nach Auffassung der Bundesschiedskommission sei aus den Ausführungen des VfGH im Erkenntnis vom 27.09.2010, B 1290/09, zu schließen, dass der Honorartarif für Versicherte der OÖGKK für die Antragsgegnerin bindend sei und deshalb der Hauptverband Gesamtverträge nicht so ändern könnte, dass es für die Behandlung von Versicherten der Antragsgegnerin Sondertarife gebe. Genau dies wolle die strittige Zusatzvereinbarung aber erreichen. Demnach sei die strittige, mit Zustimmung der OÖGKK vom Hauptverband mit der Ärztekammer geschlossene Zusatzvereinbarung, soweit sie Sonderbestimmungen für die Versicherten der SVB enthält, kein Gesamtvertrag im Sinne des § 341 ASVG und daher auch kein Teil eines solchen Gesamtvertrages. Weil die vorliegende Streitigkeit über die Anwendung dieser Zusatzvereinbarung nicht in die Zuständigkeit der Landesschiedskommission fällt, wurde der Berufung der SVB Folge gegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin als unzulässig zurückgewiesen.

I.2.6. Der OGH hat mit Beschluss vom 30.05.2012, zu 7Ob52/12s, zum inhaltlich selben wie hier gegenständlichen Begehren ausgesprochen, dass zur Lösung dieser Rechtsfrage stets auch ein Eingehen auf die entsprechenden, weitgehend durch den Gesamtvertrag (die Honorarordnung) reglementierten Bestimmungen des Einzelvertrages erfordere, wofür die Paritätische Schiedskommission zuständig und der Rechtsweg unzulässig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II. Feststellungen (Sachverhalt):

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist unbestritten. Der BF ist Vertragsarzt der OÖGKK und damit gemäß § 343 Abs 1 ASVG auch der SVB. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Zusatzvereinbarung vom 12.02.2003, abgeschlossen zwischen Ärztekammer für Oberösterreich und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, zum Gesamtvertrag zwischen der Ärztekammer für OÖ und der OÖ GKK als Anspruchsgrundlage für die gestellten Honorarforderungen des BF gelten kann.

Zwischen der Ärztekammer für Oberösterreich und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die im § 2 angeführten Krankenversicherungsträger wurden zum Gesamtvertrag von 27.07.1956 mehrere Zusatzvereinbarungen getroffen, davon auch jene vom 12.02.2003. Darin wird festgehalten, dass die Regelungen der Zusatzvereinbarung vom 01.10.1998 für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.12.2002 für Abschnitt VII der Honorarordnung - für medizinisch diagnostische Laboratoriumsuntersuchungen durch Fachärzte für medizinische und chemische Labordiagnostik bzw. bis 30.06.2003 für die anderen Fachgebiete verlängert werden. Soweit im Nachstehenden keine gesonderten Regelungen getroffen wurden, unterliegt die Honorarabrechnung für Leistungen, die von den Vertragsärzten an Versicherte der SVB vorgenommen werden, ab 01.01.2003 bzw. 01.07.2003 keinen sonstigen Limitierungen bzw. Verrechnungsbeschränkungen (z.B. Fallbegrenzungen, fallbezogene Limitierungen, Degressionsregelungen, Honorarstaffelungen, Fallwertlimitierungen). In der Folge werden unter den Punkten 3-5 detaillierte Regelungen betreffend die Quartals-Honorarabrechnung getroffen. Die in der Zusatzvereinbarung festgelegte Honorarregelung wurde von der die Abrechnung durchführenden OÖGKK der Abrechnung von Behandlungen von SVB-Versicherten zugrunde gelegt, bis der VfGH im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis (bezogen auf die Zusatzvereinbarung mit der Ärztekammer für Steiermark) festgestellt hat, dass der Hauptverband zum Abschluss der gegenständliche Zusatzvereinbarung gesetzlich nicht befugt gewesen ist.

Zur Höhe der geltend gemachten Honorarforderung bedarf es keiner Feststellung, weil sie nicht entscheidungswesentlich ist.

III. Beweiswürdigung:

Der streitgegenständliche Sachverhalt ist unbestritten. Strittig ist lediglich seine rechtliche Beurteilung. Die beantragte Zeugeneinvernahme war daher entbehrlich.

IV. Rechtliche Beurteilung:

IV.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Bestimmungen:

Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG wurden mit 1. Jänner 2014 die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art. 119a Abs. 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde. In der Anlage wurden auch die Paritätischen Schiedskommissionen genannt.

Gemäß § 347a ASVG kann gegen einen Bescheid der Paritätischen Schiedskommissionen, der Landesschiedskommissionen und der Bundesschiedskommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 347b ASVG bestimmt Folgendes:

(1) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat in Angelegenheiten nach § 347a durch einen Senat zu erfolgen, der aus dem/der Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichtern/Laienrichterinnen besteht, wobei davon zwei Ärzte/Ärztinnen sind und zwei spezifische Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesundheits- und des Sozialversicherungswesens haben müssen. Für die fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen ist je ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin auf dieselbe Weise zu bestellen.

(2) Die vier fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen werden vom Bundeskanzler auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer und des Hauptverbandes bestellt. Die Österreichische Ärztekammer und der Hauptverband haben in ihren Vorschlägen jeweils einen Arzt/eine Ärztin und einen/eine Experten/Expertin mit spezifischen Kenntnissen im Gesundheits- und Sozialversicherungswesen namhaft zu machen. Im Falle von Beschwerden gegen Bescheide der Paritätischen Schiedskommissionen dürfen

Versicherungsvertreter/Versicherungsvertreterinnen und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem ein streitgegenständlicher Einzelvertrag beruht, im jeweiligen Verfahren nicht Laienrichter/Laienrichterin sein; das Gleiche gilt für Personen, die bei der Erarbeitung der Richtline nach § 347 Abs. 5 mitgewirkt haben, wenn in einem Verfahren die Richtlinie anzuwenden ist."

(3) Die Kosten des Verfahrens tragen je zur Hälfte die in Betracht kommende gesetzliche Interessenvertretung und der beteiligte Versicherungsträger (Hauptverband).

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

IV.2 Gesetzliche Grundlagen:

§ 341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

(2) Aufgehoben.

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

(4) Für Verträge zwischen den Trägern der Unfall- und Pensionsversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten oder den Gruppenpraxen zum Zwecke der Leistungserbringung (§338 Abs2 erster Satz) gelten unbeschadet der Bestimmungen des §343b die Abs1 und 3 entsprechend."

§181 BSVG in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung der Novelle BGBl. 678/1991 lautete:

"§181. Hinsichtlich der Beziehungen des Versicherungsträgers zu den Ärzten, Dentisten, Hebammen, Apothekern, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen bzw. freiberuflich tätigen Psychotherapeuten, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern gelten die Bestimmungen des Sechsten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass

1. der gemäß § 340 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes eingerichtete Bundesärzteausschuss auch grundsätzliche Fragen, welche die Beziehungen zwischen dem Versicherungsträger und den freiberuflich tätigen Ärzten betreffen, insbesondere die abzuschließenden Gesamtverträge, zu beraten hat;

2. die Beziehungen des Versicherungsträgers zu den freiberuflich tätigen Ärzten durch einen Gesamtvertrag geregelt werden, der für den Versicherungsträger durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit der Österreichischen Ärztekammer abzuschließen ist und der Zustimmung des Versicherungsträgers bedarf;

3. die gemäß §342 Abs2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu treffenden Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Tätigkeit nach Einzelleistungen nach einem bundeseinheitlichen Tarif zu erfolgen haben;

4. die Bestimmungen des §343 a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes entsprechend auch auf die Durchführung der Untersuchungen bzw. Maßnahmen gemäß den §§81, 82 und 82a anzuwenden sind;

§181 BSVG in der Fassung des ASRÄG 1997, BGBl. I 139, in Kraft getreten am 1. Juli 1998, lautete:

Hinsichtlich der Beziehungen des Versicherungsträgers zu den Ärzten, Dentisten, Hebammen, Apothekern, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen bzw. freiberuflich tätigen Psychotherapeuten, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern gelten die Bestimmungen des Sechsten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass

1. § 343 Abs1 zweiter Satz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes für die im § 85 Abs 1 Z 1 bis 3 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes den Ärzten Gleichgestellten nicht anzuwenden ist;

2. Aufgehoben.

3. Aufgehoben.

4. die Bestimmungen des §343a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes entsprechend auch auf die Durchführung der Untersuchungen bzw. Maßnahmen gemäß den §§81, 82 und 82a anzuwenden sind;

5. die für jedes Land gemäß den §§345 und 345a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes errichteten Kommissionen bzw. die gemäß §346 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes errichtete Bundesschiedskommission auch zuständig ist, wenn am Verfahren der Versicherungsträger beteiligt ist;

6. die Bestimmungen des §350 Abs2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes auch auf Verschreibungen von Heilmitteln durch nicht in einem Vertragsverhältnis mit dem Versicherungsträger stehende Ärzte anzuwenden sind.

In Ergänzung zur Änderung des §343 Abs 1 zweiter Satz ASVG, der die Geltung der von den Gebietskrankenkassen vorgesehenen Einzelverträge auch für die SVA der Bauern normierte, wurde schließlich durch die 23. Novelle zum BSVG, BGBl. I 176/1999, klargestellt, dass die SVA der Bauern nunmehr kraft Gesetzes den jeweiligen vom Hauptverband bzw. den Gebietskrankenkassen geschlossenen Gesamtverträgen unterliegt. Die Z 1 und 2 des §181 BSVG wurden zu diesem Zweck - ebenfalls mit Wirkung vom 1. Juli 1998 - erneut geändert:

"1. für die Beziehungen des Versicherungsträgers zu den freiberuflich tätigen Ärzten ein zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger namens einer Gebietskrankenkasse (§26 Abs1 Z1 ASVG) und der örtlich zuständigen Ärztekammer abgeschlossener Gesamtvertrag bindend ist und der Versicherungsträger kraft Gesetzes zur Vertragspartei wird;

2. für die Beziehungen des Versicherungsträgers zu den freiberuflich tätigen Dentisten ein zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger namens der Gebietskrankenkassen (§26 Abs1 Z1 ASVG) und der Österreichischen Dentistenkammer abgeschlossener Gesamtvertrag bindend ist und der Versicherungsträger kraft Gesetzes zur Vertragspartei wird."

Der Ausschussbericht zur 23. Novelle zum BSVG (AB 2016 BlgNR 20. GP) führt dazu Folgendes aus:

"Die vorgesehenen Ergänzungen stehen im Zusammenhang mit den ab 1. Juli 1998 im Bereich der bäuerlichen Krankenversicherung wirksam gewordenen Änderungen im Vertragspartnerrecht - und der damit erfolgten Überleitung des Geldleistungssystems in ein Sachleistungssystem auf Krankenscheinbasis - und sollen klarstellen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des genannten Konzeptes in Kraft gestandene Gesamtverträge zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger namens einer (der) Gebietskrankenkasse(n) und der örtlich zuständigen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Dentistenkammer gleichermaßen für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern bindend und diese Vertragspartei ist."

Durch die 24. Novelle zum BSVG, BGBl. I 101/2001, wurde ab 1. August 2001 - abgesehen von der Erweiterung des Personenkreises der Leistungserbringer um die Gruppenpraxen - in §181 Z1 BSVG der Ausdruck "abgeschlossener" durch "jeweils abgeschlossener" [sc. Gesamtvertrag] ersetzt. Abgesehen von Ergänzungen der Leistungserbringer um die Heilmasseure und Anpassungen im Zusammenhang mit dem Zahnärztereform-Begleitgesetz, BGBl. I 155/2005, steht §181 BSVG in dieser Fassung seither mit der Maßgabe unverändert in Geltung, dass durch Art 8 des Bundesgesetzes BGBl. I 155/2005 in Z1a die Trennung der Standesvertretungen der Ärzte von jener der Zahnärzte entsprechend berücksichtigt wurde.

IV.3. Unter Hinweis auf das bereits erwähnte Erkenntnis des VfGH vom 27.09.2010, B1290/09, das in Bezug auf einen mit den gleichen Argumenten gestützten Anspruch eines Arztes gegenüber der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse ergangen ist, ist folgendes für den gegenständlichen Fall festzustellen:

IV.3.1. Die SVA der Bauern hat seit dem ASRÄG 1997 nicht mehr die Kompetenz zur Mitwirkung am Abschluss von Gesamtverträgen. Für sie ist vielmehr gemäß dem §181 Z1 BSVG in der Fassung der 24. Novelle zum BSVG, BGBl. I 101/2001, "ein zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger namens einer Gebietskrankenkasse (§26 Abs1 Z1 ASVG) und der örtlich zuständigen Ärztekammer jeweils abgeschlossener Gesamtvertrag" bindend. Die SVA der Bauern wird also kraft Gesetzes Vertragspartei dieses jeweils abgeschlossenen Gesamtvertrages.

IV.3.2. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hatte daher seit 1. Juli 1997 weder die Rechtsmacht, mit der Ärztekammer einen eigenen Gesamtvertrag als Abschlussbevollmächtigter für die SVB abzuschließen, noch in einer solchen Vereinbarung von bestehenden Gesamtverträgen mit einer Gebietskrankenkasse abzuweichen, sind diese doch für die SVA der Bauern kraft Gesetzes nunmehr ausdrücklich "bindend".

IV.3.3. Daher konnte der Hauptverband unter Mitwirkung der SVA der Bauern auch "Zusatzvereinbarungen", die von dem für die OÖGKK geltenden Gesamtvertrag abweichen, nicht mit der Rechtswirkung einer Abänderung (der Honorarordnung) des jeweiligen Gesamtvertrages für die Versicherten der SVA der Bauern schließen.

IV.3.4. Es gilt vielmehr sowohl der Einzelvertrag, den ein Arzt mit einer Gebietskrankenkasse geschlossen hat, als auch der für diese Gebietskrankenkasse im Gesamtvertrag vorgesehene Honorartarif (bzw. auch Änderungen dieses Gesamtvertrages und seines Honorartarifes) jeweils "bindend" auch im Verhältnis zur SVA der Bauern.

IV.3.5. Die hier zur Beurteilung stehende Zusatzvereinbarung, soweit sie Sonderbestimmungen für den Versicherten der SVB enthält, ist nicht Gesamtvertrag im Sinne des §§ 341 ASVG und auch kein Teil eines solchen Gesamtvertrages.

IV.3.6. Der BF kann sich somit hinsichtlich seiner ergänzenden Honorarforderungen nicht auf die Zusatzvereinbarung als Rechtsgrundlage stützen.

Auch wenn in der Berufung/Beschwerde diese Beurteilung zumindest mit dem Hinweis darauf, dass keine Nichtigkeit ausdrücklich ausgesprochen wurde, bestritten wird, hat der VfGH deutlich zum Ausdruck gebracht, dass damit auch der Inhalt der Zusatzvereinbarung, soweit sie sich auf Sonderbestimmungen für die Versicherten der SVB bezieht, nicht in den Einzelvertrag des BF eingegangen ist.

IV.3.7. Der BF bringt vor, dass bei Nichtigkeit gemäß § 879 ABGB der Schutzzweck der Norm zu beachten ist, es kann daher ein Vertrag zugunsten Dritter geschlossen werden, da er von den Gesamtvertragsparteien geschlossen wurde und daher der Schutzzweck der kollektiven Normgestaltung durch Normverträge nicht verletzt wurde; Verträge zw. Kassen und Ärzten werden in vielen Fällen zu verschiedenen Themen geschlossen und dabei Ärzte als Dritte begünstigt. Dadurch, dass der Abschluss der Zusatzvereinbarung durch die Vertragspartner des Gesamtvertrages erfolgte, liege keine Nichtigkeit vor, weil die Autonomie der Gesamtvertragsparteien nicht soweit eingeschränkt werden könne und auch durch § 181 BSVG nicht soweit eingeschränkt wurde. Wenn schon keine gesamtvertragliche und damit einzelvertragliche Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Honorarforderungen vorliege, so wäre die genannte Zusatzvereinbarung als Vertrag zu Gunsten Dritter zu interpretieren.

IV.3.8. Dem ist nicht zu folgen, dies aus folgenden Gründen:

Die als Anspruchsgrundlage geltend gemachte Zusatzvereinbarung vom 12.2.2003 ist nichtig, weil sie gegen § 181 BSVG iVm § 341 ff. ASVG verstößt und kann damit nicht als Anspruchsgrundlage dienen.

Die genannte Zusatzvereinbarung vom 12.2.2003 bezeichnet sich selbst als solche zum Gesamtvertrag. Abschlussparteien waren entsprechend den für Gesamtverträge geltenden Bestimmungen des § 341 ASVG die ÄKOÖ und der Hauptverband für die §2-Kassen und die SVB. Zentraler Inhalt dieser Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag sind Honorarregelungen für die Behandlung von Anspruchsberechtigten der SVB.

Honorarregelungen sind gemäß § 342 Abs 1 Z 3 und Abs 2 ASVG (als sogenannte essentialia negotii) zwingender Regelungsgegenstand des Gesamtvertrages. Honorarregelungen gehören zum sogenannten normativen Teil eines Gesamtvertrages, der die Rechte und Pflichten der ihm unterliegenden Vertragsärzte verbindlich regelt. Das zentrale Recht des Vertragsarztes ist (im Gegenzug zu seiner Behandlungspflicht) jenes auf Honorierung. Der schuldrechtliche Teil eines Gesamtvertrages regelt dem gegenüber nur die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesamtvertragsparteien und konkretisiert insbesondere Durchführungspflichten (dazu gehören, wie der Antragsteller sichtlich verkennt, auch die Regelungen des Auswahlverfahrens zur Stellenbesetzung).

Die streitgegenständliche Honorierungsregelung gehört somit unzweifelhaft zu jenen Gegenständen, die zwingend im normativen Teil des Gesamtvertrages zu regeln sind. Während des aufrechten Bestandes eines Gesamtvertrages ist es nach Ansicht des Gerichtes ohne gesetzliche Ermächtigung unzulässig, Gegenstände, die zum normativen Teil eines Gesamtvertrages gehören, durch andere (auch bloß schuldrechtliche) Verträge zu regeln.

Weil es für Normenverträge kein der Verordnungsprüfung vergleichbares Verfahren gibt, verfällt ein durch Auslegung als gesetz- oder verordnungswidrig erkannter Gesamtvertragsinhalt der Nichtigkeit und darf nicht mehr angewendet werden. Bei essentiellen Teilen ist auch zu prüfen, ob nur eine Teilnichtigkeit vorliegt, oder die Nichtigkeit den Gesamtvertrag insgesamt erfasst.

Die Zusatzvereinbarung widerspricht der eindeutigen Absicht des Gesetzgebers, die im GKK-Gesamtvertrag festgelegten vertragsärztlichen (insbesondere Behandlungs‑)Pflichten und (insbesondere Honorierungs‑) Rechte auf die Versicherten der SVB auszudehnen, und zwar unmittelbar durch gesetzliche Anordnung und ohne Vorbehalt einer erst zu treffenden gesamtvertraglichen Regelung.

Die aus den Vorbringen in diesem Verfahren herauszulesende inhaltliche Ablehnung der Entscheidung des Gesetzgebers, auch für die Honorierung für die Behandlung der SVB-Versicherten die Anwendung der Regelungen des GKK-Gesamtvertrages anzuordnen, rechtfertigt nicht eine davon abweichende vertragliche Regelung.

Die Argumente betreffend den Verbotszweck der Norm des §181 ASVG gehen schon insofern ins Leere, als der Gesetzgeber sich - nach Auffassung des Gerichtes im Rahmen seines politischen Spielraumes - für diese Lösung entschieden hat. Eine Interpretation einer Norm im Hinblick auf den Telos hat dann nicht Platz zu greifen, wenn die Klarheit der verba legalia -wie im gegenständlichen Fall- keine Interpretation notwendig macht.

Die Zusatzvereinbarung steht in keinem unlösbaren Zusammenhang mit dem übrigen Gesamtvertrag, sodass nur jene Bestandteile von der Nichtigkeit betroffen sind, die dieser gesetzlichen Anordnung widersprechen. Diese Konsequenz kann auch nicht im Wege einer Umdeutung der Zusatzvereinbarung in eine bloß schuldrechtliche Vereinbarung der Gesamtvertragsparteien zu Gunsten Dritter (der Vertragsärzte) umgangen werden.

Der BF irrt, wenn er dem gesetzlichen Regelungsmodell des Normenvertrages nur den Zweck unterschiebt, die einzelnen Vertragsärzte vor der Übermacht des Krankenversicherungsträgers zu schützen, verbunden mit der Behauptung, abweichende Regelungen, die im Vorteil der schwachen Ärzte liegen, wären demgemäß - weil diesem Schutzzweck entsprechend - zulässig: Im Unterschied zu Kollektivverträgen sind Gesamtverträge zweiseitig zwingend und kennen kein Günstigkeitsprinzip (also keine Zulässigkeit vom aufrechten Normenvertrag abweichender schuldrechtlicher Vereinbarungen). Abgesehen davon widerspreche, wie bereits ausgeführt, diese Konstruktion der klaren Absicht des Gesetzgebers, die Versorgung der SVB-Anspruchsberechtigten unmittelbar durch angeordnete Ausdehnung der Geltung der bestehenden GKK-Verträge sicherzustellen, ohne auf die Bereitschaft der Ärztekammer angewiesen zu sein, dies erst gesamtvertraglich zu ermöglichen.

Der Verweis auf die Möglichkeit von Sonderregelungen im Einzelvertrag gemäß § 343 Abs 1 geht ins Leere, weil diese Bestimmung erst durch BGBl I 2010/61, also viele Jahre nach Abschluss der Zusatzvereinbarung, eingeführt wurde und nicht der Sonderhonorierung für Anspruchsberechtigte einzelner Kassen, sondern für besondere qualitative Leistungen dient.

Auch verkennt der BF den Mechanismus der Staffelregelung für Grundleistungsvergütungen und Honorarsummenlimits: Es kommt nicht darauf an, in welche Staffel ein konkreter einzelner Patient zugeordnet werden könnte, sondern die Regelung bewirkt lediglich, und zwar unabhängig davon, ob der Patient der OÖGKK oder der SVB zugehört, dass die auf den einzelnen Patienten (egal welchem Träger er zugehört) entfallende durchschnittliche Grundvergütung bzw Fallhonorierung sinkt, wie in der Regel auch die Grenzkosten des Ordinationsbetriebes mit jedem weiteren Patienten sinken werden. Solche Staffelregelungen sind zulässig, sogar wenn sie zur Nichthonorierung erbrachter konkreter Leistungen führen (vgl VfSlg 17.919 und VfGH B 269/2013). Wo ein Patient einer von mehreren Vertragskassen "zugeordnet" wird, ist somit zufällig und irrelevant, kann doch beim Vertragsarzt X die letzte Staffelgrenze allein mit GKK-Patienten erreicht werden oder beim Vertragsarzt Y erst mit SVB-Patienten (bzw solchen anderer Träger), umgekehrt kann aber auch ein Vertragsarzt Z mit hohem Anteil an SVB-Patienten mit allen Patienten in hoch honorierten Staffeln bleiben, weil er insgesamt einfach nur wenig Patienten hat. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. (Das Überschreiten von Staffelgrenzen bei der Honorierung rechtfertigt allerdings nicht, wie der Antragsteller ausführt, zur Ablehnung der Behandlung und gefährdet daher auch nicht die Versorgung.)

Limitierungsregelungen, die an der Zahl der Patienten anknüpfen, also parallel zur steigenden Patientenzahl eine steigende Zahl voll und degressiv honorierter Sonderleistungspositionen gewährleisten, begegnen auch bei getrennter Anwendung auf die einzelnen Vertragskassen keinen generellen Bedenken, wirken sie doch nur in Einzelfällen nachteilig, in anderen zum Vorteil und im Durchschnitt ohne Unterschied. Je höher die Zahl der SVB-Patienten ist, desto stärker der statistische Ausgleich im Verrechnungskreis, je geringer die Zahl der SVB-Patienten, desto geringer zwar der Ausgleich statistischer Zufälligkeiten im Verrechnungskreis, aber zugleich auch die damit verbundene potentielle finanzielle Einbuße des Arztes im Verhältnis zu seiner Honorarsumme, die er insgesamt (für alle Kassen) vertragsgemäß mit der OÖGKK abrechnet. Eine Gefährdung der Versorgung tritt dadurch nicht ein, weil die Honorarordnung nur der Verteilung insgesamt zur Verfügung stehender Honorarsummen dient, aber nicht die Behandlungspflicht der Vertragsärzte gegenüber einzelnen Patienten beschränkt.

Eine allenfalls sachlich zweckmäßige Anpassung bestehender Degressions- und Honorarsummenregelungen an sich ändernde Verhältnisse oder eine Änderung der "Verrechnungskreis"-Regelung ist daher - aber unter Beachtung des vom Gesetz vorgegebenen Grundsatzes der Gleichbehandlung der Versicherten aller Vertragskassen - Sache von Verhandlungen zwischen den Parteien des Gesamtvertrages und einer Einzelfallbetrachtung durch die PSK und das BVwG entzogen, zumindest solange, als die Regelung nicht typischerweise für das Gros der Vertragsärzte insgesamt keine kostendeckende Honorierung mehr gewährleistet. Diesbezügliches konkretes Sachverhaltsvorbringen hat der BF aber nicht erstattet. Mäßige Einbußen, auch wenn sie viele Vertragsärzte beträfen, sowie selbst Härten in Einzelfällen verlangen noch keine gerichtliche Prüfung der Vertragsregelung auf ihre Grundrechtskonformität und bewirken keine Nichtigkeit, zumal der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Gesamtvertragsparteien rechtzeitig eine sachlich angemessene und gesetzmäßige Regelung finden oder, wenn dies ungeachtet gravierender Folgen nicht gelingt, notfalls den Gesamtvertrag beenden werden.

Die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtsansichten Krejcis zur Unzulässigkeit solcher Degressionsregelungen stießen nicht nur auf breite Ablehnung in der Literatur (siehe Kletter in Sonntag, ASVG, § 342 Rz 136ff), sondern sind jedenfalls seit BGBl I 2010/61 (Beseitigung des Vorranges einer Einzelleistungshonorierung) obsolet.

Wie der BF in seinem Rechtsmittel anführt, hat der OGH mit Beschluss vom 30. Mai 2012, 7 Ob 52/12s, festgestellt, dass für die geltend gemachten Ansprüche, die sich auf Honorarforderungen aus dem Einzelvertrag bezögen, der Rechtsweg unzulässig sei. Gemäß § 344 Abs 1 ASVG sei zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die mit dem Einzelvertrag in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stünden, die Paritätische Schiedskommission berufen. Diese Bestimmung sei weit auszulegen. Selbst wenn die Zusatzvereinbarung als echter Vertrag zugunsten Dritter zu qualifizieren wäre, würde ein derartiger rechtlicher oder zumindest tatsächlicher Zusammenhang der konkreten Streitigkeit zum Einzelvertrag vorliegen, sodass es weiterhin bei der Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission bliebe. Für Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist gemäß § 344 Abs 1 ASVG die paritätische Schiedskommission berufen.

Damit hat der OGH den Rechtsweg festgelegt, er hat zum behaupteten Vorliegen eines Vertrages zu Gunsten Dritter keine abschließende Äußerung getroffen. Anders als in der Beschwerde ausgeführt, hat der OGH nicht festgestellt, dass es sich bei der Zusatzvereinbarung um eine wirksame schuldrechtliche Vereinbarung und damit Anspruchsgrundlage handle.

IV.3.9. Zusammenfassung:

Honorarregelungen sind während des aufrechten Bestandes eines Gesamtvertrages nur in diesem zu regeln. Ohne gesetzliche Ermächtigung ist es unzulässig, Gegenstände, die zum normativen Teil eines Gesamtvertrages (wie die Honorarregelung) gehören, durch andere (auch bloß schuldrechtliche) Verträge mit Rechtswirkungen für die Vertragsärzte zu regeln.

Eine Regelung, die dem Gesetz widerspricht, kann auch nicht als Vertrag zugunsten Dritter getroffen werden.

Es ist auch kein Raum für einen solchen Vertrag, weil die Honorarfrage nicht offen war,

nach dem klaren Gesetzeswortlaut (§ 181 BSVG, § 343 Abs 1, 2. Satz) war für die Behandlung von Versicherten der SVB vielmehr die gemäß Gesamtvertrag bzw Einzelvertrag zur OÖGKK geltende Honorarregelung anzuwenden.

Die Zusatzvereinbarung ist hinsichtlich jener Bestimmungen, die für Versicherte der SVB andere Honorarreglungen trifft, als für die übrigen § 2- Kassen- Versicherte gelten, gesetzwidrig (§ 181 BSVG, § 342 ASVG) und insoweit nichtig. Sie kann somit als Anspruchsgrundlage für das Begehren des BF nicht herangezogen und auch nicht als rechtsgültige schuldrechtlicher Vertrag zugunsten Dritter uminterpretiert werden. Die Beschwerdeausführungen zu den Limitierungs- und Degressionsregelung im Gesamtvertrag mit der OÖ GKK sind weder entscheidungswesentlich noch zutreffend.

IV. 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

§ 24 VwGVG bestimmt Folgendes:

(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der Sachverhalt war iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Eine mündliche Erörterung hätte eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen, zumal der maßgebliche Sachverhalt unbestritten feststeht.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch Art 6. Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 2010/1958, und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389 nicht entgegen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des BF im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der BF grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2009/05/0160).

Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor, da keine Tatsachenfragen aufgeworfen wurden, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es für die gegenständliche Frage an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Es wäre durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu klären, ob eine Vereinbarung, zu deren Abschluss mittels Gesamtvertrag der Hauptverband nicht berechtigt ist, als schuldrechtliche Vereinbarung zugunsten Dritter zu gelten habe, die Vertragsärzten Honoraransprüche einräumt.

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