Normen
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
AlVG 1977 §1 Abs6;
AlVG 1977 §16 Abs4;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1989/364;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §56;
AMSG 1994 §16;
AMSG 1994 §17;
AMSG 1994 §24;
ASVG §11 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
AlVG 1977 §1 Abs6;
AlVG 1977 §16 Abs4;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1989/364;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §56;
AMSG 1994 §16;
AMSG 1994 §17;
AMSG 1994 §24;
ASVG §11 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
AVG §18 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 1. September 2000 sprach die belangte Behörde gemäß §§ 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 lit. 1 (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) AlVG aus, dass das von der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 16. Mai 1999 bezogene Arbeitslosengeld in der Höhe von S 18.170,-- rückgefordert werde.
Dazu führte die belangte Behörde begründend aus, dass die Beschwerdeführerin seit 1. April 2000 (richtig: seit 1. April 1999) Arbeitslosengeld beziehe. Gleichzeitig habe sie jedoch vom 1. April 2000 bis zum 16. Mai 2000 (richtig: vom 1. April 1999 bis zum 16. Mai 1999) aufgrund ihres Anspruches gegenüber ihrem ehemaligem Dienstgeber (Stadtmagistrat Innsbruck), bei welchem sie zuletzt bis zum 31. März 2000 (richtig: 31. März 1999) beschäftigt gewesen sei, für 15 Wochen eine Urlaubsentschädigung in der Höhe von S 19.090,40 erhalten. Von diesem Bezug habe die Behörde erst durch Rückmeldung des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom 15. Juni 2000 erfahren; dieser Anspruch sei aus der von der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Antragstellung vorgelegten Arbeitsbescheinigung, in der die Kündigungsentschädigung mit einem Betrag von S 0,-- ausgewiesen gewesen sei, nicht hervorgegangen.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG sei nicht nur in den Fällen, in denen den Leistungsempfänger ein Verschulden treffe, eine Rückforderung einer zu Unrecht bezogenen Leistung vorgesehen, sondern auch dann, wenn - verschuldensunabhängig - rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses beziehungsweise wie im Beschwerdefall das Bestehen eines Anspruches auf Urlaubsentschädigung festgestellt oder vereinbart worden sei. Diese Bestimmung sei auch insoferne zweckmäßig, als ein sogenannter "Doppelbezug" nicht gerechtfertigt wäre. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht rechtzeitig ermittelt, sei nicht berechtigt, weil aufgrund der zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Sachlage über den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Anspruch entschieden werden habe müssen und nicht vorhersehbar gewesen sei, dass sich der Stadtmagistrat "geirrt" habe, wenn dies selbst die Beschwerdeführerin als Betroffene nicht erkannt habe. Das von der Beschwerdeführerin zu Unrecht bezogene Arbeitslosengeld in der Höhe von S 18.170,-- sei daher zurückzufordern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin führt zunächst aus, dem bekämpften Bescheid könne die Zusammensetzung der belangten Behörde nicht entnommen werden; er sei demnach dem für die Berufungserledigung nicht zuständigen Landesgeschäftsführer des Arbeitsmarktservice Tirol zuzurechnen. Dem ist entgegenzuhalten, dass bereits im Spruch des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommt, dass die Entscheidung von der Landesgeschäftsstelle im Ausschuss für Leistungsangelegenheiten getroffen wurde. Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unterfertigung der Bescheide, die im Ausschuss für Leistungsangelegenheiten beschlossen wurden, durch den Landesgeschäftsführer oder eine dazu ermächtigte Person rechtmäßig ist und die Mitglieder im Bescheid nicht genannt werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 2002/08/0007), liegt die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht vor.
Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass auch schon der Widerruf der Zuerkennung oder die rückwirkende Berichtigung der Bemessung des Arbeitslosengeldes gemäss § 24 AlVG vom Arbeitsamt im Hinblick auf § 47 Abs. 1 zweiter Satz AlVG mit schriftlichem Bescheid ausgesprochen werden muss. Der Widerruf und die Verpflichtung zum Ersatz nach § 25 Abs 1 erster Satz AlVG können jedoch in einem einzigen Bescheid ausgesprochen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. März 1984, Zl. 82/08/0243). Schon durch die Wiedergabe des Entscheidungsgegenstandes des erstinstanzlichen Bescheides und die Zitierung des § 24 Abs. 2 AlVG im Spruch des angefochtenen Bescheides kann im Zusammenhalt mit dessen Begründung kein Zweifel daran bestehen, dass in einem gemeinsamen Bescheid sowohl über den Widerruf als auch über die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen abgesprochen wurde.
Da der Spruch des angefochtenen Bescheides auch in Hinsicht auf den Zeitraum, für den das bezogene Arbeitslosengeld rückgefordert wurde, für sich genommen eindeutig ist und keinen Zweifel an seinem normativen Gehalt entstehen lässt, entbehrt die von der Beschwerdeführerin aus dem diesbezüglich mangelhaften (jedoch nach § 62 Abs. 4 AVG berichtigungsfähigen) Begründungsteil abgeleitete Rechtswidrigkeit ihrer Grundlage.
Infolge des (auf das Zustehen einer Urlaubsentschädigung zurückzuführenden und der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice erst nachträglich bekannt gewordenen) Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld liegen im Beschwerdefall die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gemäß § 24 Abs. 2 AlVG vor (vgl. das einen nachträglich hervorgekommenen Anspruch auf Urlaubsentschädigung betreffende hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 2001/08/0056).
Strittig ist, ob die Voraussetzungen für eine Rückforderung der Leistung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG erfüllt sind.
§ 25 Abs. 1 AlVG in der auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 364/1989 lautet auszugsweise:
"(1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. (...)"
Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in dem schon der dem Arbeitsmarktservice vorliegenden Arbeitsbescheinigung zu entnehmen war, dass dem Beschwerdeführer über die Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses hinaus Bezüge ausbezahlt worden sind, ausgesprochen, dass eine Auszahlung der Bezüge über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus in Anbetracht des § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG nicht mit dem Weiterbestand des anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses bis zu diesem Zeitpunkt gleichgesetzt werden könne, und dass der "Schluss von einer auf die Auszahlung der Bezüge über das gemeldete Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus gegründeten Pflichtversicherung nach dem ASVG auf den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses, auf den sich im vorliegenden Fall - im Wege der Annahme, der Beschwerdeführer sei deshalb noch nicht arbeitslos gewesen - sowohl der Widerruf der Leistung als auch deren Rückforderung gründet," auf einem Rechtsirrtum beruhe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 96/08/0106). Die mit der Novelle BGBl. Nr. 364/1989 erfolgte Ausdehnung des Rückforderungstatbestandes des § 25 Abs. 1 zweiter Satz AlVG auf alle "Fälle, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird," könne - so der Verwaltungsgerichtshof weiter - nicht herangezogen werden, wenn im Nachhinein nur die Vollversicherungspflicht des in seinem Bestand schon vorher unstrittigen Beschäftigungsverhältnisses festgestellt werde. Beim nachträglichen Hervorkommen eines bloßen Ruhensgrundes statt eines Beschäftigungsverhältnisses komme die Anwendung des § 25 Abs. 1 zweiter Satz AlVG noch weniger in Betracht.
Im Unterschied zu dem dem vorzitierten Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt war im vorliegenden Fall dem Arbeitsmarktservice aber nicht bekannt, dass ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung strittig ist. Dabei kann es nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Unterschied machen, ob das Arbeitsmarktservice vom Arbeitslosen durch unwahre Angaben oder durch das Verschweigen maßgeblicher Tatsachen in Unkenntnis dieses Anspruchs geblieben ist oder ob der Arbeitslose - etwa durch mangelnde Kenntnis der Rechtslage - von seinem möglichen Anspruch auf Urlaubsentschädigung nichts gewusst hat und daher diesbezüglich gar keine wahren Angaben gegenüber dem Arbeitsmarktservice machen konnte. Für die Rückforderung nach der genannten Gesetzesstelle kommt es daher ausschließlich darauf an, ob ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung nach der objektiven Rechtslage bestand oder nicht.
Die Auszahlung der Bezüge (als Urlaubsentschädigung) vom 1. April bis zum 16. Mai 1999 kann daher zwar nicht mit dem Weiterbestand des anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG bzw. des § 1 Abs. 1 lit. a AlVG in diesem Zeitraum gleichgesetzt werden, denn gemäß § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG (iVm § 1 Abs. 6 AlVG) endet die Pflichtversicherung erst mit dem Ende des Entgeltanspruches, wenn der "Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses" zusammenfällt. Im Hinblick darauf, dass dem Arbeitsmarktservice der mögliche Anspruch der Beschwerdeführerin auf Urlaubsentschädigung nicht bekannt war, muss zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses die (rückwirkende) Verlängerung der Versicherungspflicht durch die Urlaubsentschädigung nach § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG der - gemäß § 25 Abs. 1 zweiter Satz AlVG die Rückersatzpflicht begründenden - rückwirkenden Feststellung oder Vereinbarung des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses gleichgehalten werden. Darauf, dass ein Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen (bzw. eine Verletzung von Meldepflichten nach § 50 Abs. 1 AlVG) herbeigeführt wird, oder darauf, dass der Arbeitslose erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 7. August 2002, Zl. 97/08/0624, sowie das ebenfalls ein nachträgliches Hervorkommen eines Anspruchs auf Kündigungsentschädigung sowie eines Anspruchs auf Urlaubsentschädigung betreffende hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 96/08/0106), kommt es daher im vorliegenden Fall gar nicht mehr an.
Da die belangte Behörde die Rückzahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin im Ergebnis zu Recht bejaht hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegensteht. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte. Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0124, mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 19. November 2004
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