B-VG Art.133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18 Abs1
GebAG §18 Abs2
GebAG §3 Abs1 Z2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W176.2117230.2.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Klaus PLÄTZER, gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 24.08.2017, Zl. Jv 2550/15v-20-11, betreffend Zeugengebühren beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Am 17.09.2015 fand ab 9.30 Uhr vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien in der Rechtssache der nunmehrigen Beschwerdeführerin als Klägerin gegen die " XXXX , XXXX Wien, XXXX " als Beklagte eine Verhandlung statt, in der - der (laut Formular "Gebührenbestimmung und Zahlungsanweisung") per Adresse XXXX Nürnberg, Deutschland geladene und in XXXX , Deutschland wohnhafte
XXXX , als Zeuge einvernommen wurde.
2. Dabei legte der Zeuge ein als "Bestätigung Verdienstausfall" bezeichnetes, im Briefkopf die XXXX Wien anführende und von einer Mitarbeiterin der Personalabteilung unterfertigtes Schreiben vom 16.09.2015 vor, in dem bestätigt wird, dass er für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 17.09.2015 einen Verdienstausfall idHv EUR 59,40 pro Stunde "inkl. SV-AG-Anteil" habe und eine Beschäftigung vor und nach dem Termin nicht möglich sei.
3. Nach einem ebenfalls am 17.09.2015 verfassten Aktenvermerk gab der Zeuge an, dass der von ihm begehrte Verdienstentgang dem ihm tatsächlich entgangenen "Gehalt" entspreche; sein Arbeitgeber bezahle dieses Gehalt nicht. Die Kosten des Fluges seien vom Arbeitgeber bezahlt worden, daher seien dem Zeugen Reisekosten idHv EUR 22,-- für den CAT vom Flughafen Wien-Schwechat nach Wien-Mitte und retour entstanden.
4. Mit Bescheid vom 18.09.2015, Zl. Jv 2550/15v-20, sprach die Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien dem Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung am 17.09.2015 Reisekosten ("CAT Flughafen - Wien-Mitte - Flughafen") idHv EUR 22,--, Aufenthaltskosten ("Frühstück, Mittag- und Abendessen") idHv EUR 21,-- sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis ("8h a Eur 59,40") idHv EUR 475,20, somit insgesamt einen Betrag von EUR 518,20 zu.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Gemäß § 18 Abs. 2 lit a) Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/1975 (GebAG), gebühre dem unselbstständig erwerbstätigen Zeugen anstatt der (Pauschal)Entschädigung nach Z 1 leg. cit. der tatsächlich entgangene Verdienst. Der Ersatz beziehe sich auf das reine Arbeitseinkommen, das heißt auf dasjenige, was der Zeuge auf die Hand bekommen hätte.
Der Zeuge erhalte für die Dauer der Verhandlung samt Anreise keine Entgeltfortzahlung. Es liege eine Bestätigung des Arbeitsgebers vor, dass der Zeuge einen Verdienstentfall von EUR 59,40 pro Stunde habe; dieser sei für die Dauer eines durchschnittlichen Arbeitstages von acht Stunden zu vergüten.
4. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, in der sie - zusammengefasst - Folgendes ausführte:
Die Begründung des angefochtenen Bescheides für die Zuerkennung der Entschädigung für Verdienstentgang sei unrichtig. Der Zeuge sei nach seinen Angaben in der Verhandlung vom 17.09.2015 Dienstnehmer einer deutschen XXXX Gesellschaft und sei damit unselbstständig tätig. Auch in Deutschland sei ein Arbeitgeber dazu verpflichtet, einen Zeugen für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht von der Arbeit mit Entgeltfortzahlung freizustellen. Wegen einer derartigen Zeugenpflicht dürfe kein Gehalt abgezogen werden und sei auch kein Urlaub zu nehmen oder anzuordnen. Die Bestätigung eines Arbeitgebers, dass der Zeuge einen Verdienstausfall habe, scheine - jedenfalls in dieser Form - nicht richtig zu sein. Dem Zeugen sei daher eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zuzusprechen.
5. Mit Beschluss vom 19.01.2017, Zl. W176 2117230-1/3E, hob das Bundesverwaltungsgericht den unter Punkt 3. dargestellten Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zurück, wobei es begründend im Wesentlichen Folgendes ausführte:
Die belangte Behörde sei ohne weiteres Ermittlungsverfahren davon ausgegangen, dass der Zeuge wie von ihm angegeben für den Zeitraum der Verhandlung samt An- und Rückreise keine Entgeltfortzahlung von seinem Arbeitgeber erhalte, was aber ohne nähere Feststellungen über die Art des Arbeitsverhältnisses nicht angenommen werden könne.
Hätte der Zeuge - sei es nach österreichischem oder nach deutschem Recht - nach den für sein Arbeitsverhältnis geltenden Vorschriften vollen Anspruch auf Fortzahlung seines Entgeltes bzw. auf Arbeitsvergütung gegenüber dem Dienstgeber (Arbeitgeber) für die während seiner Zeugeneinvernahme versäumte Arbeitszeit, läge kein Vermögensnachteil im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 GebAG vor und der Anspruch des Zeugen auf Entschädigung für Zeitversäumnis nach dem GebAG wäre gänzlich zu verneinen. Von Arbeitgebern trotz Entgeltfortzahlungspflicht ausgestellte Verdienstentgangsbestätigungen wären nicht zu berücksichtigen, vielmehr wäre der Zeuge auf seinen privatrechtlichen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber zu verweisen. Bestünde hingegen kein oder nur ein teilweiser Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes oder läge ein entgangener Verdienst hinsichtlich zusätzlicher Leistungen vor, die nicht von der Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers erfasst wären, wäre insoweit von einem Vermögensnachteil im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 GebAG auszugehen und käme eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach dem GebAG in diesem Rahmen in Betracht. Hierbei wäre jedoch prüfen, ob der in der Bestätigung angeführte Betrag von EUR 59,40 pro Stunde - in Hinblick darauf, dass der Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung offenbar inkludiert ist - tatsächlich dem reinen Arbeitseinkommen entspricht.
Aus dem Gesagten folge, dass Ermittlungen und Sachverhaltsfeststellungen zum Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Vermögensnachteiles des Zeugen insbesondere auch dahingehend, ob der Zeuge (aufgrund [arbeits- ]gesetzlicher Bestimmungen) Anspruch auf (volle/teilweise) Fortzahlung seines Entgeltes habe, was Feststellungen zur Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses des Zeugen im fraglichen Zeitraum einschließe, unabdingbar seien.
Es müsse daher angenommen werden, dass die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt hat.
Im fortgesetzten Verfahren werde die belangte Behörde die zuvor angeführten Ermittlungen anzustellen haben, wobei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor Erlassung eines neuen Bescheides der Beschwerdeführerin und den weiteren Parteien des Verfahrens im Wege des Parteiengehörs vorzuhalten sei.
6. Im fortgesetzten Verfahren trug die belangte Behörde der XXXX Wien, mit Schreiben vom 04.04.2017 auf mitzuteilen, ob der Zeuge während seiner Abwesenheit anlässlich der Zeugenaussage am 17.09.2015 sein Entgelt weiter bezogen habe sowie ob (verneinendenfalls) der angeführte Betrag von EUR 59,40 pro Stunde tatsächlich das reine Nettoeinkommen sei oder der Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung abzuziehen sei, wobei gegebenenfalls die Höhe dieses Beitrags angegeben werden möge.
7. Daraufhin langte bei der belangten Behörde ein im Briefkopf die XXXX Wien anführendes und von " XXXX , Prokurist, Kaufmännischer Leiter" unterfertigtes Schreiben vom 12.06.2017 ein, in dem dieser bestätigt, dass er - wie bereits angegeben - während der Abwesenheit vom Arbeitsplatz für die Verhandlung am 17.09.2015 kein Arbeitsentgelt bezogen habe.
8. Nach einem Aktenvermerk vom 18.07.2017 wurde dem Zeugen daraufhin telefonisch aufgetragen, seinen "Nettolohn (ohne AG-Beträge)" bekannt zu geben.
9. Mit E-Mail vom 19.07.2017, in dem als Verfasser " XXXX , Prokurist / Kaufmännischer Leiter, [...] XXXX Nürnberg" angeführt ist, wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass sich der Nettolohn auf EUR 47,52 pro Stunde belaufe.
10. Nach einem Aktenvermerk vom 24.07.2017 teilte der Zeugen auf telefonische Anfrage mit, er habe "Überstunden / Zeitausgleich" genommen, und dies werde aufgeschlüsselt werden.
11. Mit einem vom 27.07.2017 datierenden und die gleichen Angaben zum Verfasser enthaltenden E-Mail wie das unter Punkt 9. dargestellte wurde der belangten Behörde mitgeteilt, "die Zeugengebühr [sei] abgerechnet [worden], da die Stunden wegen Unabkömmlichkeit im Betrieb auf Zeitausgleich genommen [hätten] werden [müssen]".
12. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde dem Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung am 17.09.2015 Reisekosten ("CAT Flughafen - Wien-Mitte - Flughafen") idHv EUR 22,--, Aufenthaltskosten ("Frühstück, Mittag- und Abendessen") idHv EUR 21,-- sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis idHv EUR 380,16 ("8h a Eur 47,52"), somit insgesamt einen Betrag von EUR 423,16 zu.
In der Bescheidbegründung hielt sie im Wesentlichen fest, der Zeuge habe bescheinigt, dass er für die Dauer der Verhandlung samt Anreise keine Entgeltfortzahlung erhalten habe, da die Stunden wegen Unabkömmlichkeit im Betrieb auf Überstunden-Zeitausgleich genommen hätten werden müssen. Nach zwei Verbesserungsaufträgen liege nunmehr eine Bestätigung des Arbeitgebers vor, dass der Zeuge einen Verdienstentfall von EUR 47,52 pro Stunde gehabt habe. Dieser sei für die Dauer eines durchschnittlichen Arbeitstages von acht Stunden zu vergüten.
13. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, die im Wesentlichen Folgendes rügt:
Der gegenständliche Bescheid sei erneut unrichtig, was die Position betreffend Entschädigung für Zeitversäumnis angehe. Denn die Schreiben, mit denen der Zeuge nach Ansicht der Behörde den Verdienstentgang bescheinigt habe, stammten von diesem selbst und seien - da wohl von vornherein auszuschließen sei, dass sich ein Zeuge (mag er auch Prokurist und kaufmännischer Leiter sein - kein gültiger Nachweis für einen tatsächlichen Vermögensnachteil. Insbesondere seien die vorliegenden Schreiben kein Nachweis dafür, dass der Arbeitgeber trotz Entgeltfortzahlungspflicht tatsächlich kein Entgelt bezahlt habe. Auch sei keine (taugliche) Bestätigung darüber vorgelegt worden, ob die Entschädigung für Zeitversäumnis nunmehr brutto oder netto begehrt werde bzw. ob darin allenfalls Sozialversicherungsbeiträge inkludiert seien.
Überdies liege ein erheblicher Verfahrensmangel vor, die die belangte Behörde der Beschwerdeführerin - entgegen dem diesbezügliche Auftrag des Bundesverwaltungs-gerichtes - kein Parteiengehör zum Ergebnis der von ihr gepflogenen Ermittlungen gewährt habe.
14. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
1.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
2. Zu Spruchpunkt A):
2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063):
"Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f)."
2.1.2. Gemäß § 20 Abs. 1 GebAG ist die Gebühr vom Leiter des Gerichts zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte. Dieser hat auch über die Gewährung eines Vorschusses zu entscheiden. Soweit es sich nicht um einen aus dem Ausland geladenen Zeugen handelt, kann der Leiter des Gerichts einen geeigneten Bediensteten des Gerichts mit der Durchführung des Verfahrens betrauen und ihn ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden. Auch in diesem Fall kommt die Befugnis zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 14 VwGVG) dem Leiter des Gerichts zu.
Gemäß § 20 Abs. 2 GebAG kann der Zeuge vor der Gebührenbestimmung aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.
Gemäß § 21 Abs. 2 GebAG ist dann, wenn die bestimmte Gebühr EUR 200 übersteigt, eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung über die Gebührenbestimmung außerdem [außer dem Zeugen] zuzustellen:
1. in Zivilsachen den Parteien;
2. in Strafsachen, soweit sie zum Ersatz der Kosten verpflichtet werden können, der Anklagevertretung sowie jenen Personen, gegen die sich das Verfahren richtet;
3. den Revisorinnen oder Revisoren, wenn die Gebühr nicht zur Gänze aus einem bereits erlegten Vorschuss bezahlt werden kann.
Gemäß § 22 GebAG können gegen die Entscheidung über die Gebühr der Zeuge und unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 GebAG die dort genannten Personen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben.
2.1.3. Da es sich fallbezogen um einen aus dem Ausland geladenen Zeugen handelt, war zur Erlassung des fallbezogen angefochtenen Bescheides betreffend Bestimmung der Zeugengebühr die Leiterin (Vorsteherin) des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zuständig.
Weiters ist von der Parteistellung und Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin auszugehen; denn die mit dem angefochtenen Bescheid dem Zeugen zugesprochenen Gebühren (EUR 423,16) übersteigen den Betrag von EUR 200,--. Da die Beschwerde überdies gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG innerhalb von vier Wochen fristwahrend erhoben wurde, liegen die Prozessvoraussetzungen zur inhaltlichen Behandlung der Beschwerde vor.
2.1.4 Strittig ist aufgrund der Beschwerde fallbezogen die mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte Gebühr hinsichtlich der Entschädigung für Zeitversäumnis.
Gemäß § 3 Abs. 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
Gemäß 17 GebAG bezieht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2), vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.
Gemäß § 18 Abs. 1 GebAG gebühren dem Zeugen als Entschädigung für die Zeitversäumnis
1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d ) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
Gemäß § 18 Abs. 2 GebAG hat der Zeuge im Falle des Abs. 1 Z 1 den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
2.2. Aus folgenden Gründen muss - auch weiterhin - angenommen werden, dass die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt hat:
Die belangte Behörde ist - wie die Beschwerdeführerin zutreffend rügt - dem Ermittlungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend nachgekommen, da sie im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen zur Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses des Zeugen im fraglichen Zeitraum getroffen hat, aufgrund derer beurteilt werden könnte, ob dieser aufgrund der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf (volle/teilweise) Fortzahlung seines Entgeltes hatte. Die - im Übrigen vom Zeugen selbst erteilte - Auskunft, er habe für die Teilnahme an der Verhandlung Zeitausgleich nehmen müssen, ist keine taugliche Grundlage für die Annahme, dass sein Arbeitsgeber rechtlich nicht zur Fortzahlung des Entgeltes verpflichtet sei.
Dabei ist aufgrund des Umstandes, dass der Zeuge offenbar Dienstnehmer der deutschen XXXX nicht nachvollziehbar, weshalb sich die belangte Behörde ihre Anfrage an die gleichnamige Gesellschaft mit Sitz in Wien richtete.
Somit liegen - auch weiterhin - gravierende Mängel des behördlichen Verfahrens bei der Erhebung und Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes vor. Die aufgezeigten fehlenden Feststellungen können nicht ohne Durchführung von ergänzenden Ermittlungen getroffen werden. Aufgrund des Unterbleibens der oben genannten Ermittlungen und Feststellungen im behördlichen Verfahren zu diesen hier bedeutsamen Fragen im Tatsachenbereich steht der für eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in der Sache erforderliche Sachverhalt (weiterhin) fallbezogen nicht fest.
Es kann weiters nicht gesagt werden, dass die unmittelbare Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht bei einer Gesamtbetrachtung zu einer - erheblichen - Ersparnis an Zeit und Kosten führen würde. Vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und der Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG war daher von der Möglichkeit des Vorgehens nach § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG Gebrauch zu machen und den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zurückzuverweisen.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die zuvor angeführten Ermittlungen anzustellen haben. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist vor Erlassung eines neuen Bescheides der Beschwerdeführerin und den weiteren Parteien des Verfahrens im Wege des Parteiengehörs vorzuhalten (was im dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verfahren - wie von der Beschwerdeführerin zutreffend gerügt - unterlassen wurde).
3. Zu Spruchpunkt B):
3.1. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.2. Unter Punkt 2. wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsbehörde notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil mit der Entscheidung VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Judikatur vorliegt, und vor diesem Hintergrund auch das gegenständliche Verfahren zu entscheiden war.
3.3. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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