AsylG 1997 §6 Abs1
B-VG Art. 133 Abs3
VwGVG §28 Abs3
AsylG 1997 §3 Abs1
AsylG 1997 §6 Abs1
B-VG Art. 133 Abs3
VwGVG §28 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W170.1420086.1.00
Spruch:
W170 1420086-1/5E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, staatenlos, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 17.6.2011, Zl. 08 03.580-BAT, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Spruchpunkt I.
des genannten Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte am 24.4.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer vor, staatenlos zu sein, der Volksgruppe der Palästinenser anzugehören und in Damaskus, im UN-Flüchtlingslager XXXX gelebt zu haben; dorthin sei die Familie aus Deutschland, wo der Vater gearbeitet habe, zurückgekehrt, da die Familie Verwandte besucht habe. Im Zuge dieses Aufenthalts sei die Mutter erkrankt und in der Folge verstorben, weshalb der Vater mit den Kindern in Syrien verblieben sei. Der Beschwerdeführer sei nunmehr geflüchtet, da ein Cousin des Beschwerdeführers einen Mord begangen habe und dem Beschwerdeführer nun in Syrien Blutrache drohe. Auch würden die syrischen Behörden das Haus der Familie des Beschwerdeführers im Flüchtlingslager niederreißen wollen. Schließlich befürchte der Beschwerdeführer in die palästinensische Befreiungsarmee eingezogen zu werden.
Im Akt findet sich die Kopie des Reisedokuments ("Travel Document") und eines syrischen Führerscheins des Beschwerdeführers sowie eine Anfragebeantwortung zum Thema "Blutrache bzw. Ehrenmorde".
Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.6.2011 wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer aber unter einem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und diesem eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Das Bundesasylamt stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe und dessen Herkunftsstaat Syrien sei. Hinsichtlich der vorgebrachten Fluchtgründe sei dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abzusprechen, allerdings sei dieser im Fall einer Rückkehr nach Syrien auf Grund der allgemeinen Lage einem realen Risiko einer Verletzung seiner relevanten Rechte ausgesetzt.
Es finden sich weder Feststellungen zur Frage, ob der Beschwerdeführer sich weiterhin unter den Schutz von UNRWA stellen könne noch ob dieser Asylausschluss- oder
-endigungsgründe gesetzt habe.
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 22.6.2011 zugestellt.
Mit am 1.7.2011 zur Post gegebenem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid und wiederholte sein bisheriges Vorbringen; ihm drohe im Falle der Abschiebung der sichere Tod durch seine Verfolger. Daher beantrage der Beschwerdeführer die "Gewährung eines internationalen Schutzrechts".
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 27 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 (in Folge: VwGVG) hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Daher wird der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren in der Beschwerde begrenzt. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3). Während die Berufungsbehörden als auch der Asylgerichtshof bis zum 31.12.2013 die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG von Amts wegen in jede Richtung zu überprüfen hatten, erstreckt sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich auf die geltend gemachten Beschwerdegründe; dies bedeutet, dass dem Bundesverwaltungsgericht abseits der geltend gemachten Beschwerdegründe grundsätzlich keine amtswegige Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung obliegt (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K6). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften von Amts wegen aufgreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K2).
Aus der Beschwerde ergibt sich, dass der gegenständliche Bescheid hinsichtlich der Nichtgewährung des Status des Asylberechtigten angefochten wurde.
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX, staatenlos und gehört der palästinensischen Volksgruppe an.
Der Beschwerdeführer hielt sich während seines Aufenthalts in Syrien - also während seines gesamten Lebens vor seiner Flucht aus Syrien - in einem Flüchtlingslager des UNRWA in Damaskus auf und stellte in Österreich, nachdem er Syrien verlassen hat und rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist war, am 24.4.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Dem Beschwerdeführer konnte bzw. kann weder zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesasylamtes noch derzeit eine Rückkehr nach Damaskus auf Grund der bürgerkriegsähnlichen Situation in Syrien zugemutet werden.
Das Bundesasylamt hat nicht ermittelt bzw. festgestellt, ob der Beschwerdeführer an einem anderen Ort - auch außerhalb Syriens - die Möglichkeit hätte, sich wieder dem Schutz von UNRWA zu unterstellen oder ob andere Asylausschluss- oder
-endigungsgründe vorliegen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu 1.i. und 1.ii. ergeben sich neben den Angaben des Beschwerdeführers und aus den vorgelegten Dokumenten; von diesen Feststellungen ist auch das Bundesasylamt im Wesentlichen ausgegangen.
Dass der Beschwerdeführer bisher in Damaskus gelebt hat, wurde einerseits widerspruchsfrei vorgebracht und andererseits korrespondieren die entsprechenden Aussagen des Beschwerdeführers mit der Tatsache, dass ein Flüchtlingslager des UNRWA in Damaskus besteht. Zwar haben die Ermittlungen des Bundesasylamtes den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht unmittelbar bestätigt, jedoch besteht auf Grund der derzeitigen Aktenlage kein vernünftiger Grund, an den diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Der Zeitpunkt der Einreise in Österreich und das Faktum der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus der Aktenlage.
Zu 1.iii. ist darauf hinzuweisen, dass auch das Bundesasylamt davon ausgegangen ist, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Damaskus bzw. Syrien eine Verletzung seiner relevanten Rechte droht, da dieses dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt hat. Auch aus dem (notorischen) Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich nur der gleiche Schluss ziehen, sodass diese Feststellung jedenfalls derzeit zutreffend ist.
Hinsichtlich 1.iv. ist festzustellen, dass sich im Verwaltungsakt weder entsprechende Ermittlungen noch im Bescheid entsprechende Feststellungen finden. Es stellt sich somit die entscheidungsrelevante Frage, ob der Beschwerdeführer sich (außerhalb Syriens) wieder dem Schutz von UNRWA zumutbar unterstellen kann. Dies ist dann zumutbar, wenn der Beschwerdeführer an einem Ort (nicht unbedingt der Heimatort des Antragstellers), der unter dem Schutz von UNRWA steht, sicher leben könnte, das heißt, ihm darf an diesem Ort keine reale Gefahr einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK drohen und ihm darf als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bevorstehen. Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer an diesem Ort - wenn auch aus eigener Anstrengung - die Möglichkeit haben, seine Grundbedürfnisse (vor allem ausreichende Ernährung und Unterkunft, allenfalls unbedingt notwendige Krankenversorgung) hinreichend sicher zu befriedigen, auch in der Übergangsphase nach seiner Rückkehr und diesen Ort nach seiner Rückkehr erreichen können.
Hinsichtlich der Erreichbarkeit muss somit die (legale) Einreise oder Wiedereinreise des Beschwerdeführers in den jeweilige Staat sichergestellt sein und muss es einem realen Risiko ermangeln, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Einreise oder Wiedereinreise der Folter unterworfen wird; dies ist in Bezug auf Syrien jedenfalls nicht der Fall, da das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz zuerkannt hat.
Schließlich ergibt sich aus der Aktenlage, dass das Bundesasylamt auch keine Feststellungen zum Vorliegen oder Nichtvorliegen von Asylausschlussgründen getroffen hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Bis zum Ablauf des 31.12.2013 war der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 49/2012, zuständig, nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen - das war bis zum Ablauf des 31.12.2013 das Bundesasylamt - sowie über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylsachen zu erkennen.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/2013 (in Folge: B-VG) wird der Asylgerichtshof mit 1. Jänner 2014 zum Bundesverwaltungsgericht, dieses hat gemäß § 75 Abs. 19 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 (in Folge: AsylG 2005) alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren (nach Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG 2005) zu Ende zu führen.
Das gegenständliche Verfahren war mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig, somit ist das Bundesverwaltungsgericht nunmehr für die Erledigung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Gemäß § 1 VwGVG ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Im gegenständlichen Verfahren ist daher gemäß § 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 (in Folge: BFA-VG) dieses sowie weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 (in Folge: FPG) anzuwenden.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts, BGBl. I Nr. 10/2013 (in Folge: BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß dem zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltenden § 63 Abs. 5 des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013 (in Folge: AVG) in Verbindung mit dem zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltenden § 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I Nr. 4/2008 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2013 (in Folge: AsylGHG), war die Beschwerde von der Partei binnen zwei Wochen beim Bundesasylamt einzubringen. Dies entspricht auch der heutigen Rechtslage (siehe § 16 Abs. 1 BFA-VG).
Da der Bescheid des Bundesasylamtes am 22.6.2011 erlassen wurde und die Beschwerde am 1.7.2011 beim Bundesasylamt eingebracht wurde, ist diese jedenfalls rechtzeitig.
Gemäß § 3 AsylG 2005 ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall Syrien, da der staatenlose Beschwerdeführer einerseits vor Antritt der Flucht - nur auf diesen Zeitpunkt kann sich die GFK beziehen - seinen regelmäßigen und rechtmäßigen Aufenthalt in Syrien hatte und andererseits sich sein Fluchtvorbringen auf Syrien bezieht; es ist insbesondere nicht Deutschland, da der Beschwerdeführer in Deutschland mangels Rechtmäßigkeit, mangels hinreichender Dauer des Aufenthalts in diesem Staat und weil er diesen Staat erst nach Beginn seiner Flucht erreichte keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der GFK hatte.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren.
Bei der Auslegung des § 3 AsylG 2005 ist aber jedenfalls eine unionsrechtskonforme Interpretation zu wählen (siehe VwGH E vom 23.10.1995 95/10/0108) und somit im vorliegenden Fall auf die einschlägigen Richtlinien Bedacht zu nehmen. Hiezu ist einleitend auszuführen, dass das AsylG 2005 aus unionsrechtlicher Sicht zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesasylamtes (auch) der Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, Amtsblatt Nr. L 304 vom 30.09.2004, diente; inzwischen wurde diese Richtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (im Folgenden: QualifikationsRL) neu gefasst, die bis zum 21.12.2013 umzusetzen war. Da sich hinsichtlich des Art. 12 der jeweiligen Fassung der QualifikationsRL kein Unterschied findet, ist eine diesbezügliche Unterscheidung im Folgenden nicht notwendig.
Gemäß Art. 12 Abs. 1 lit a 1. Satz QualifikationsRL ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a 2. Satz QualifikationsRL genießt ein solcher Fremder aber ipso facto den Schutz der QualifikationsRL, wenn der Schutz oder Beistand der im 1. Satz genannten Organisation oder Institution aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist.
Es stellt sich also hiezu einleitend die Frage, ob der Beschwerdeführer von der Anerkennung als Flüchtling (Diktion der QualifikationsRL) bzw. gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Diktion des AsylG 2005) ausgeschlossen ist, weil dieser Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt.
Hiezu ist bereits eine gleichbleibende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergangen (Urteil vom 17.6.2010, C-31/09 und Urteil vom 19.12.2012, C-364/11 ), der ausgeführt hat, dass Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 QualifikationsRL dahin auszulegen ist, dass sich der Wegfall des Schutzes oder des Beistands einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (HCR) "aus irgendeinem Grund" auch auf die Situation einer Person bezieht, der, nachdem sie diesen Schutz oder Beistand tatsächlich in Anspruch genommen hatte, dieser Schutz aus einem von ihr nicht zu kontrollierenden und von ihrem Willen unabhängigen Grund nicht länger gewährt wird. Weiters führt der Gerichtshof aus, dass es Sache der zuständigen nationalen Behörden des für die Prüfung des von einer solchen Person gestellten Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats ist, auf der Grundlage einer individuellen Bewertung des Antrags zu prüfen, ob diese Person gezwungen war, das Einsatzgebiet dieser Organisation oder dieser Institution zu verlassen, was dann der Fall ist, wenn sie sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befand und es der betreffenden Organisation oder Institution unmöglich war, ihr in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der dieser Organisation oder dieser Institution obliegenden Aufgabe im Einklang stehen. Dieser Judikatur hat sich der Verfassungsgerichtshof in verschiedenen Erkenntnissen angeschlossen (vgl. etwa E vom 29.6.2013, U706/2012, E vom 21.11.2013, U1900/2013, E vom 12.9.2013, U2346/2012 und E vom 12.9.2013, U1053/2012).
Dies ist im vorliegenden Fall - der Beschwerdeführer war in einem Flüchtlingscamp in der Stadt Damaskus untergebracht, in der derzeit (und zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesasylamtes) eine bürgerkriegsähnliche Lage herrscht bzw. herrschte - der Fall, da sich der Beschwerdeführer an dieser Örtlichkeit wie jede andere Zivilperson in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befand. Des Weiteren stellt sich für das Bundesverwaltungsgericht auf Grund der Aktenlage und zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt die Lage in Syrien so dar, dass einem aus dem Ausland zurückkehrenden staatenlosen Palästinenser nicht zugemutet werden kann, in einem anderen Flüchtlingslager innerhalb von Syrien Schutz bei UNRWA zu suchen.
Soweit man daher die Ansicht vertreten würde, dass sich auch in gegenständlicher Konstellation die asylrechtliche Prüfung auch in Bezug auf die Frage der Möglichkeit einer neuerlichen Unterschutzstellung durch UNRWA auf den Herkunftsstaat zu beschränken hätte, wäre diesfalls nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in Bezug zu Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 QualifikationsRL auf Grund des Umstandes dass der Schutz oder Beistand des UNRWA in Syrien nicht länger gewährt wird, beim Beschwerdeführer erfüllt ist, festzustellen, dass der Beschwerdeführer ipso facto den Schutz der QualifikationsRL genießt; dies würde für den Beschwerdeführer die Anerkennung als Flüchtling im Sinne von Art. 2 Buchst. c QualifikationsRL und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - somit die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten - nach sich ziehen, sofern er nicht von Art. 12 Abs. 1 Buchst. b oder Abs. 2 und 3 dieser Richtlinie erfasst wird.
Selbst wenn man dieser Ansicht folgen würde, hat sich das Bundesasylamt aber nicht mit dem Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser Ausschlussgründe befasst, sodass diesbezüglich notwendige Ermittlungen (auf Grund Verkennung der Rechtslage) unterlassen wurden.
Allerdings vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht, dass in gegenständlicher Konstellation die Prüfung der Frage, ob dem Beschwerdeführer Schutz oder Beistand von UNRWA weiter gewährt wird, nicht auf Syrien zu beschränken ist, da UNRWA neben Einrichtungen in Syrien auch solche in Jordanien, Libanon, dem Gazastreifen und dem Westjordanland unterhält. Es ist - so man der Auffassung des Bundesverwaltungs-gerichts folgt - daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in einer Einrichtung des UNRWA außerhalb Syriens zumutbar Schutz oder Beistand hätte suchen können; diesfalls wäre der Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verwirklicht und dem Beschwerdeführer nicht der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Da jedoch auch hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer in einer anderen Einrichtung des UNRWA unterkommen könnte, jegliche Ermittlungen fehlen, ist auch diesbezüglich der Sachverhalt mangelhaft ermittelt.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG auch bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde jedoch notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Im Gegensatz zum bisherigen § 66 Abs. 2 AVG ist daher nicht mehr Voraussetzung, dass zur Ermittlung des (bisher unvollständig ermittelten) Sachverhaltes eine Verhandlung notwendig wäre; viel mehr liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG vor, wenn die Behörde notwendige Sachverhaltsermittlungen nicht vorgenommen hat und soweit nicht - diesfalls würde das Verwaltungsgericht obligatorisch meritorisch entscheiden müssen - die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Dass der Sachverhalt - selbst wenn man der oben dargestellten Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Einbeziehung außerhalb von Syriens liegenden Einrichtungen des UNRWA nicht folgt - nicht hinreichend ermittelt wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgeführt (siehe die Ausführungen zu den nicht ermittelten Asylausschlussgründen). Unterstellt man hingegen die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Einbeziehung außerhalb von Syriens liegenden Einrichtungen des UNRWA ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht ermittelt. Im Gegensatz zum bisherigen Asylgerichtshof ist das Bundesverwaltungsgericht auch keine "Spezialbehörde" (bzw. kein "Spezialgericht") mehr, sodass davon auszugehen ist, dass insbesondere länderspezifische Ermittlungen durch die Spezialbehörde Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedenfalls schneller und billiger durchgeführt werden können. Dazu kommt der Umstand, dass das Bundesamt ansonsten durch die Verweigerung notwendiger Ermittlungen dem Beschwerdeführer willkürlich entsprechenden Rechtsschutz nehmen könnte, da diesfalls - so eine Zurückverweisung nicht erfolgen würde - das Bundesverwaltungsgericht in wesentlichen Punkten den Sachverhalt selbst ermittelt müsste und gegen dessen Entscheidung lediglich eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof - die sich aber insbesondere nicht bzw. nicht primär gegen Sachverhaltsermittlungen richten kann - sowie eine Beschwerde an den Verfassungs-gerichtshof - die nur hinsichtlich besonders schwerer Ermittlungsmängel Erfolg zeitigen würde - zulässig ist. In diesem Zusammenhang ist auf das noch zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084, zu verweisen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich grundsätzliche Ausführungen getätigt und insbesondere ausgeführt: "Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen." Dies muss umso mehr für das Bundesverwaltungsgericht gelten.
Daher ist spruchgemäß zu entscheiden, der Bescheid hinsichtlich des bekämpften Spruchpunktes I. zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das (nunmehrige) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10/85 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 (in Folge: VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es hinsichtlich der gegenständlichen Entscheidung an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.
Unter A) wurde ausführlich ausgeführt, dass im erstinstanzlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 2. Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht und die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückverweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlungen heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare im Sinne einer eindeutigen Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Hingegen ist die Frage, ob im Lichte der Herkunftsstaatsbezogenheit des AsylG außerhalb Syriens liegenden Einrichtungen des UNRWA in die Prüfung des Ausschlussgrundes nach § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 einzubeziehen ist, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht beantwortet, sodass diesbezüglich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
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