BVwG W131 2138394-1

BVwGW131 2138394-14.11.2016

AVG 1950 §39
AVG 1950 §52
BVergG 2006 §19 Abs1
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §323
BVergG 2006 §324 Abs2
BVergG 2006 §324 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
BVwGG §21
EMRK Art.6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
AVG 1950 §39
AVG 1950 §52
BVergG 2006 §19 Abs1
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §323
BVergG 2006 §324 Abs2
BVergG 2006 §324 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
BVwGG §21
EMRK Art.6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W131.2138394.1.00

 

Spruch:

W131 2138394-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Vorsitzenden und durch die fachkundigen Laienrichter Dr Walter Fuchs (als Beisitzer der Auftraggeberseite) und Ing Wilhelm WEINMEIER (als Beisitzer der Auftragnehmerseite) betreffend das Vergabeverfahren der ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft (= AG) "A12 Inntal Autobahn; GEB Terfener Innbrücke - km 54,45 - 54,37 - [richtig: km 54,15 bis 54,37] Planung, ID-Nr.: 4149" bezüglich der Einwendungen gemäß § 324 Abs 3 BVergG der Einschreiterin XXXX zu dem von der XXXX eingeleiteten Nachprüfungsverfahren W131 2127381-2, in welchem die XXXX (= ASt) aktuell eine Ausscheidensentscheidung zu ihren Lasten bekämpft, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Die Einwendungen der XXXX und insbesondere deren Antrag auf Zurückbzw Abweisung des aktuell gegen eine Ausscheidensentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrags der XXXX werden zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die ASt hat zu W131 2137381-2 protokolliert eine Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren laut Entscheidungskopf angefochten.

2. Die AG hat mittlerweile die Zuschlagsentscheidung zurückgenommen.

3. Die Einschreiterin hat nach einer Verständigung am 18.10.2016 von der Anfechtung der ursprünglich zu ihren Gunsten ergangenen Zuschlagsentscheidung einen nunmehr beim BVwG erfasst zur GZ 2138394-1 einen Einwendungsschriftsatz verfasst und strebt damit die Wahrung ihrer Parteistellung in Nachprüfungsverfahren W131 2137381-2 an, in dem aktuell nur noch die Ausscheidensentscheidung zu Lasten der ASt bekämpft wird, ohne dass die Einschreiterin bislang selbst ausgeschieden worden wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird als spruchrelevanter Sachverhalt festgestellt, wobei die Einschreiterin ausweislich des Einwendungsschriftsatzes in Kenntnis der Zurücknahme der Zuschlagsentscheidung ist.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Aktenstand.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 292 BVerG idF BGBl I 2016/7 hatte das BVwG gegenständlich durch den Senat zu entscheiden, da diese Entscheidung eine Nachprüfungssache gemäß § 291 BVergG betrifft.

Der Senat war auf Grund der zeitlichen Verfügbarkeit der in der GAbt W131 gereihten fachkundigen Laienrichter, so wie ersichtlich, zusammenzustellen.

Zu A)

3 2. § 324 BVergG lautet idF BGBl I 2016/7 lautet in den hier interessierenden Teilen:

§ 324. (1) Parteien des Nachprüfungsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sind jedenfalls der Antragsteller und der Auftraggeber.

(2) Parteien des Nachprüfungsverfahrens sind ferner jene Unternehmer, die durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlichen geschützten Interessen nachteilig betroffen sein können (Antragsgegner); insbesondere ist im Falle der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter Partei des Nachprüfungsverfahrens.

(3) Der in einer Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter verliert seine Parteistellung, wenn er seine begründeten Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung nicht binnen zehn Tagen ab Zustellung der Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens (§ 323 Abs. 4) erhebt. [...]

3.3. § 324 Abs 3 BVergG verlangt für die Aufrechterhaltung einer allenfalls existenten Parteistellung in einem Nachprüfungsverfahren von einer Unternehmerin, die sich auf Seiten des Auftraggebers (= AG) am Nachprüfungsverfahren als Verfahrenspartei beteiligen will, in Zusammenschau mit § 324 Abs 2 BVergG, dass einerseits die Voraussetzungen für die Parteistellung gemäß § 324 Abs 2 BVergG vorliegen und dass zusätzlich fristgerecht Einwendungen erhoben werden. Ohne Vorliegen der materiellen Voraussetzungen gemäß § 324 Abs 2 BVergG ist die Parteistellung im Nachprüfungsverfahren jedoch trotz fristgerechter "Einwendungen" nicht erreichbar.

3.4. Wenn der erste Halbsatz des § 324 Abs 2 BVergG generell voraussetzt, dass die Unternehmerin/Bieterin die durch die von der Antragstellerin begehrte [Nichtigerklärungs-] Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlichen geschützten Interessen nachteilig betroffen sein können muss, mangelt es der Einschreiterin an dieser unmittelbaren rechtlichen Betroffenheit durch die Anfechtung der Ausscheidensentscheidung zu Lasten der Konkurrentin.

Die Einschreiterin wäre gegenständlich vielmehr (erst) durch die Anfechtung einer Zuschlagsentscheidung unmittelbar nachteilig betroffen, mit welcher sie selbst für eine Zuschlagserteilung ausgewählt worden wäre.

Da die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Einschreiterin zwischenzeitig von der AG zurückgenommen wurde, würde die Einschreiterin durch die nicht denkunmögliche Nichtigerklärung der aufrecht angefochtenen Ausscheidensentscheidung zu Lasten der XXXX nur mittelbar in ihren Interessen berührt, womit umgekehrt die Parteistellungsvoraussetzung der potentiellen unmittelbaren nachteiligen Betroffenheit iSd § 324 Abs 2 BVergG nicht mehr vorliegt.

Mittelbar nämlich insoweit betroffen, als in einem derartigen Fall eine weitere Bieterin noch im Vergabewettbewerb stünde, die theoretisch eine nicht denkunmögliche Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Einschreiterin wieder bekämpfen könnte. Ein derartiger Wettbewerb mit weiteren BieterInnen ist jedoch durch § 19 Abs 1 BVergG gerade bezweckt.

3.5. Dieses Verfahrensergebnis wird nach hier vertretener Auffassung auch durch die Klarstellung des EuGH zu Rs C-689/13 bestätigt, wenn der EuGH dort maW davon ausgeht, dass auch der mit seinem Angebot ausgeschiedene Bieter dennoch die Entscheidung des Auftraggebers über die Auswahl des Vertragspartners des ausgeschriebenen Vertrags anfechten kann und die Anfechtung der anderweitigen Vertragspartner - Auswahlentscheidung nicht durch ein eigenes Ausscheiden generell unzulässig wird.

Die Einschreiterin kann idS maW daher beim derzeitigen Sachstand ihre Rechtsposition ohnehin nicht dadurch verbessern, dass sie am Nachprüfungsverfahren gegen die Ausscheidensentscheidung zu Lasten der Konkurrentin teilnimmt, da die Konkurrentin - iSv EuGH C-689/13 - dennoch weiterhin eine neuerliche Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Einschreiterin bekämpfen könnte.

Existiert wie hier bislang keine Zuschlagsentscheidung, hat die Einschreiterin nach dem BVergG gerade keine rechtlich gemäß § 324 Abs 2 und 3 zu einer Verfahrensparteistellung führende geschützte Position, dass die Anzahl der Konkurrenten der Einschreiterin im Wettbewerb um den ausgeschriebenen Auftrag verringert wird, sondern wird das iSv Art 6 MRK und Art 47 GRC zu schützende Rechtsschutzinteresse der Einschreiterin vielmehr durch die Bekämpfbarkeit einer zu Gunsten einer anderen Bieterin ergehenden Zuschlagsentscheidung hinreichend gewahrt.

Art 6 MRK und Art 47 GRC gebieten vielmehr über das jeweilige Faisnessgebot, dass die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Konkurrentin der Einschreiterin bei Anfechtung der Ausscheidensentscheidung zu Lasten der Konkurrentin auch gegenüber der Einschreiterin bereits grundsätzlich gewahrt werden, was mit einer Parteistellung der Einschreiterin (dann mit deren Recht insb auch auf Akteneinsicht) schwerlich vereinbar ist bzw jedenfalls das Gebot des raschen Nachprüfungsverfahrens - wegen der mitunter sachverständig iSv § 52 AVG zu erhebenden Geheimhaltungsinteressen - verletzen würde, Art 1 RL 89/665/EWG.

3.6. Da insoweit die Art 6 MRK und auch Art 47 GRC gegenüber der Einschreiterin gegenständlich noch nicht einschlägig erschienen, konnte eine mündliche Verhandlung mangels Verhandlungsantrags im "Einwendungsschriftsatz" jedenfalls unterbleiben.

3.7. Bei diesem Zurückweisungsergebnis kann gemäß § 39 Abs 3 AVG dahingestellt bleiben, ob die Einschreiterin mit ihren Einwendungen nicht denkunmöglich auch deshalb zurückzuweisen sein könnte, weil sie ihren Einwendungsschriftsatz per ERV gemäß § 21 BVwGG am 27.10.2016 erst nach Amtsstundenende, nämlich am 27.10.2016 nach 15.02 Uhr eingebracht haben dürfte, nachdem sie wegen eines Verhinderungs- und damit Vertretungsfalls des zuständigen Richters am 17.10.2016 erst am 18.10.2016 iZm der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung persönlich verständigt worden war, jedoch die Anfechtung der Ausscheidensentscheidung auf der Homepage des BVwG dennoch fristauslösend gemäß § 323 Abs 1 und 2 BVergG bereits am 17.10.2016 kundgemacht worden war; siehe idZ zur Rechtzeitigkeitsfrage zB VwGH Zlen Ra 2015/19/0155 bzw Ra 2014/01/0198.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig, weil die spruchtragende Rechtslage eindeutig ist. Zur fehlenden Revisibilität bei eindeutiger Rechtslage siehe zB VwGH Zl Ra 2014/03/0028 mit Verweis auf Zl Ro 2014/07/0053.

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