BVwG W120 2232166-2

BVwGW120 2232166-227.8.2020

BVergG 2018 §141 Abs1 Z2
BVergG 2018 §141 Abs1 Z7
BVergG 2018 §149 Abs1
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs2
BVergG 2018 §344
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §4 Abs1
BVergG 2018 §6
BVergG 2018 §78 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W120.2232166.2.00

 

Spruch:

W120 2232166-2/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Eisner als Vorsitzenden, Mag. Jirina Rady als fachkundige Laienrichterin auf Auftraggeberseite und Mag. Jasmin Haselmayr als fachkundige Laienrichterin auf Auftragnehmerseite über den Antrag vom 19. Juni 2020 der XXXX in XXXX , vertreten durch Huber Berchtold Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, auf Nichtigerklärung der Ausscheidens- und Widerrufsentscheidung betreffend das Vergabeverfahren „ XXXX " zu Los 3 der Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), „vertreten durch den Bundesminister für Inneres, den Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz, alle vertreten durch das Bundeministerium für Inneres“, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Den Anträgen,

„[d]as Bundesverwaltungsgericht möge

- die angefochtene Ausscheidensentscheidung wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklären;

- die angefochtene Widerrufsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklären“

wird stattgegeben.

II. Die am 9. Juni 2020 der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren bekanntgegebene Entscheidung,

„den Bieter XXXX gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuschließen und das Angebot gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden“

wird für nichtig erklärt.

III. Die der Antragstellerin am 9. Juni 2020 bekanntgegebene Entscheidung,

„dass [d]ie Auftraggeberin beabsichtigt das gegenständliche Vergabeverfahren, da nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt, gemäß § 149 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 zu widerrufen.“

wird für nichtig erklärt.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2020 stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren und brachten im Wesentlichen vor:

1.1. Die Antragstellerin habe ua ein Angebot für das Los 3 abgegeben. Beim ausgeschriebenen Leistungsinhalt handle es sich um die Beschaffung von Handelsware.

Mit Schreiben vom 16. April 2020 sei die Antragstellerin zu verschiedenen Aufklärungen bzw. zur Nachreichung von Unterlagen aufgefordert worden.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 sei die Antragstellerin dem Aufklärungsersuchen fristgerecht und vollständig nachgekommen.

Überraschend sei der Antragstellerin am 9. Juni 2020 die Ausscheidensentscheidung und gleichzeitig auch die Widerrufsentscheidung mitgeteilt worden. Die Ausscheidensentscheidung sei damit begründet worden, dass die Antragstellerin

 Auskünfte nicht erteilt hätte (§ 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018),

 nicht über die erforderliche Eignung verfüge (§ 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018) und

 ein unvollständiges Angebot gelegt hätte (§ 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018).

Die Widerrufsentscheidung sei damit begründet worden, dass keine Angebote im Vergabeverfahren verblieben seien (§ 149 Abs 1 Z 4 BVergG 2018).

1.2. Beim gegenständlichen Beschaffungsvorgang handle es sich um einen Lieferauftrag handelsüblicher Waren und sohin um einen Kaufvertrag. Die Lieferung von standardisierter Ware (hier: Munition im XXXX ) stelle einen Kaufvertrag und keinen Werkvertrag dar. Aus diesem Grund habe die Auftraggeberin auch die „Allgemeinen Vertragsbedingungen des Bundesministeriums für Inneres für Kaufverträge" zur Ausschreibungsgrundlage gemacht.

Die Antragstellerin verfüge insbesondere über aufrechte Berechtigungen zum Handel mit militärischen Waffen und militärischer Munition (§ 139 Abs 1 Z 2 lit b GewO 1994), zum Handel mit nichtmilitärischen Waffen und nichtmilitärischer Munition (§ 139 Abs 1 Z 1 lit b GewO 1994) sowie zum Großhandel mit zivilen Waffen und ziviler Munition. Eine vollständige Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (im Folgenden GISA) sei der Auftraggeberin im Zuge der Aufklärung übermittelt worden. Mit den vorhandenen gewerberechtlichen Befugnissen habe die Antragstellerin seit jeher auch andere öffentliche Auftraggeber nach Durchführung von Vergabeverfahren mit Munition beliefert. Die Antragstellerin benötige zur Erfüllung des ausschreibungsgegenständlichen Kaufvertrags keine weiteren Befugnisse.

Die Auftraggeberin begründe ihre Ausscheidensentscheidung unzulässigerweise damit, dass die Antragstellerin – ihrer Ansicht nach – Subunternehmen benötige, etwa um die einzelnen Munitionsteile herzustellen und zusammenzusetzen. Da die Antragstellerin jedoch keine Subunternehmer genannt habe, fehle es ihr an einer Befugnis. Diese Ansicht widerspreche dem Grundsatz der Beschaffung im Wege eines Kaufvertrags. Beim Kaufvertrag sei es vergaberechtlich gerade nicht erforderlich, dass die Zulieferkette minutiös offengelegt und auf ihre Eignung geprüft werden müsse. Bei Kaufverträgen sei nur die Eignung des Verkäufers (= Antragstellerin) zu prüfen; die Prüfung der Vorlieferanten trete im Vergleich zur Prüfung der Ware in den Hintergrund.

Die Antragstellerin habe die Auskünfte über die erforderliche Eignung im Zuge der Aufklärung erteilt. Die Antragstellerin sei befugt, mit der ausgeschriebenen Munition zu handeln und an die Auftraggeberin zu verkaufen. Als Teil der bestandfesten Ausschreibungsunterlagen seien daher die „Allgemeinen Vertragsbedingungen des Bundesministeriums für Inneres für Kaufverträge" vereinbart worden (Vergabeakt – Teil B Vertragsbedingungen BMI). Zum Nachweis der Befugnis habe die Antragstellerin die vollständige GISA-Auskunft vorgelegt und insbesondere auf ihre Befugnis gemäß § 139 Abs 1 Z 2 lit b GewO 1994 „Handel mit militärischen Waffen und militärischer Munition" hingewiesen.

1.3. Mit Schreiben vom 16. April 2020 habe die Auftraggeberin um Aufklärung ersucht, „welche Rolle die XXXX " spiele. Die Antragstellerin habe fristgerecht die Auskunft erteilt, dass die XXXX die Alleineigentümerin der Antragstellerin sei (§ 2 Z 40 BVergG 2018) und mittels der Patronatserklärung im Bedarfsfall ihre finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Verfügung stelle. Ebenfalls mit Schreiben vom 16. April 2020 habe die Auftraggeberin die Offenlegung des Gesamtumsatzes für das Jahr 2016 eingefordert. Die Antragstellerin habe daraufhin ausschreibungskonform die Jahresabschlüsse für die Jahre 2016 bis 2018 vorgelegt.

Die Auftraggeberin habe das Ausscheiden des Angebotes überraschend auch damit begründet, dass „die Beantwortung im Zusammenhang mit der Patronatserklärung sowie dem erforderlichen Gesamtumsatz trotz klarem Aufklärungsersuchen nicht vollständig und klar" sei. Aus der Ausscheidensentscheidung gehe allerdings nicht hervor, inwiefern die umfangreichen und ausschreibungskonformen Nachweise und Auskünfte unvollständig oder unklar gewesen wären. Für die Antragstellerin sei diese unsubstantiierte Begründung rechtlich nicht überprüfbar. Die Antragstellerin sei dem Aufklärungsersuchen der Auftraggeberin jedenfalls klar und vollständig nachgekommen.

1.4. Die Auftraggeberin habe die Widerrufsentscheidung damit begründet, dass nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verblieben sei (§ 149 Abs 1 Z 4 BVergG 2018).

Da das Angebot der Antragstellerin für das Los 3 – wie zuvor begründet – nicht auszuscheiden sei, sei die Begründung der Widerrufsentscheidung unzutreffend. Richtigerweise sei eine Zuschlagsentscheidung zugunsten des Angebots der Antragstellerin zu erlassen.

1.5. Die Antragstellerin stelle daher folgende

„Anträge,

[d]as Bundesverwaltungsgericht möge

- die angefochtene Ausscheidensentscheidung wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklären;

- die angefochtene Widerrufsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklären

- der Antragstellerin Einsicht in den Vergabeakt gewähren;

- das Angebot der Antragstellerin und alle Teile des Vergabeakts, die sich auf ihr Angebot beziehen, von der Akteneinsicht durch allfällige weitere Parteien des Nachprüfungsverfahrens ausnehmen, weil diese Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragstellerin enthalten;

- eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen;

- die Auftraggeberin dazu verpflichten, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der Rechtsvertreterin der Antragstellerin zu ersetzen.

2. Am 24. Juni 2020 erteilte die Auftraggeberin zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

3. Die Auftraggeberin führte in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 zum Nachprüfungsantrag zusammengefasst Folgendes aus:

3.1. Vorab sei festzuhalten, dass das wiedergegebene Vorbringen der Antragstellerin offenkundig nicht den wahren Tatsachen entspreche. Wie der Ausscheidensentscheidung vom 9. Juni 2020 bereits zu entnehmen sei, habe die Antragstellerin aus dem gegenständlichen Vergabeverfahren gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 zwingend ausgeschlossen werden müssen bzw. habe ihr Angebot zwingend nach § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 ausgeschieden werden müssen, da der Aufforderung der Antragsgegnerin vom 16. April 2020 betreffend das Vorliegen einer entsprechenden Eignung nicht entsprochen worden sei und mit Schreiben vom 5. April 2020 zudem widersprüchliche Angaben von der Antragstellerin getätigt worden seien.

3.2. Konkret sei die Antragstellerin vom gegenständlichen Vergabeverfahren deshalb auszuschließen, weil diese zum relevanten Zeitpunkt

• nicht über die für die Durchführung der gegenständlichen Leistung notwendige materiell- bzw. gewerberechtliche Befugnis zur Munitionsherstellung,

• über keine einschlägigen Referenzprojekte und

• nicht über auf sie lautende Bescheinigungen im Sinne der Randziffer 134 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen

verfüge.

Darüber hinaus habe die Antragstellerin keinen aktuellen Firmenbuchauszug vorgelegt, die Vorlage der Patronatserklärung nicht erläutert und unrichtige bzw. widersprüchliche (Gesamt-)Umsatzzahlen vorgelegt.

3.3. Zum Umstand, dass die Antragstellerin entgegen ihren Behauptungen im Nachprüfungsantrag dem – eindeutig als Verbesserungsauftrag zu qualifizierenden – Aufklärungsersuchen der Antragsgegnerin gerade nicht „klar und vollständig nachgekommen“ sei, werde nunmehr wie folgt Stellung genommen:

Festzuhalten sei daher, dass gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 ein Unternehmer dann auszuschließen bzw. ein Angebot nach § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 zwingend auszuscheiden sei, wenn er Auskünfte betreffend die Eignung nicht erteilt habe oder die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorlegt, vervollständigt oder erläutert habe.

3.3.1. Zur eindeutigen Ableitung der Herstellungspflicht aus den Ausschreibungsunterlagen

Die Antragstellerin verkenne in ihrem Nachprüfungsantrag offenbar, dass ihre Befugnis zum Handel mit der ausgeschriebenen Ware für ihre Qualifikation als geeignete Bieterin im Vergabeverfahren gerade nicht ausreiche.

Bereits aus den „Besonderen Vertragsbedingungen" ergebe sich ua aus Punkt V7. und V16. eindeutig, dass der in Frage kommende Auftragnehmer nicht nur als kommerzieller Warenhändler „zwischengeschaltet" werden solle, sondern diesen vielmehr (auch) die in den Ausschreibungsunterlagen eindeutig normierte Pflicht treffe, die ausgeschriebene Leistung selbst zu produzieren bzw. durch geeignete und rechtzeitig zu nennende (notwendigen) Subunternehmer produzieren zu lassen. Demgemäß bilde gerade die Munitionserzeugung das der gegenständlich geplanten Lieferung vorgeschaltete Kernstück der Ausschreibung, was für alle Bieter insbesondere anhand der klaren und deutlichen „Besonderen Vertragsbedingungen" auch deutlich zu erkennen gewesen sei. Speziell die Verwendung der Begriffe „Fertigung“ und „Produktionswerk des Auftragnehmers“ würden ersichtlich machen, dass es sich beim Bieter um einen Hersteller handeln müsse bzw. dass der Bieter durch die rechtzeitige Einbindung von geeigneten Subunternehmern dafür Sorge tragen müsse, dass ihm die in der Ausschreibung verlangte Herstellung zumindest (vergabe-) rechtlich zurechenbar sei. Auf die Notwendigkeit der Benennung notwendiger Subunternehmer sei die Antragstellerin in der Randziffer 59 der Ausschreibungsbedingungen zudem ausdrücklich hingewiesen worden.

In ihrem Schreiben vom 4. Mai 2020, welches aufgrund des Schreibens der Auftraggeberin vom 16. April 2020 ergangen sei, habe die Antragstellerin unzweifelhaft zu erkennen gegeben, dass sie die ausgeschriebene Ware gerade nicht selbst produzieren werde, sondern sich offenkundig von Dritten beliefern lassen und die Ware dann weiterverkaufen werde, ohne diese Unternehmen als notwendige Subunternehmer anzuführen. Demzufolge sei die Antragstellerin als reine Händlerin aufgetreten und nicht auch als Herstellerin. Letzteres sei abstrahiert betrachtet zwar grundsätzlich unschädlich, da es Bietern in der Regel freistehe, ihre mangelnde Eignung – gegenständlich somit die technische Leistungsfähigkeit zur Herstellung der ausschreibungsgegenständlichen Munition – insoweit zu supplieren, in dem entsprechend geeignete Subunternehmer (und nicht bloße Lieferanten) beigezogen werden würden. Dies sei durch die Antragstellerin im gegenständlichen Fall jedoch gerade nicht geschehen.

Dementsprechend würden die Ausführungen der Antragstellerin, wonach es beim „Kaufvertrag" gerade nicht erforderlich sei, Subunternehmer anzugeben, völlig ins Leere gehen. Für sämtliche Auftragstypen würden uneingeschränkt dieselben Subunternehmerregelungen gelten. Demgemäß sei die Antragstellerin auch im gegenständlichen Vergabeverfahren dazu verpflichtet, diese einzuhalten, was sie allerdings nicht getan habe.

3.3.2. Zur nicht erfolgten Vorlage einer aktuellen GISA-Auskunft

Festgehalten werde, dass aus materiell-rechtlicher bzw. gewerberechtlicher Sicht für die Erfüllung des gegenständlichen Auftrages jedenfalls (auch) eine Gewerbeberechtigung für die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition im Sinne des § 139 Abs 1 Z 1 lit a GewO 1994 benötigt werde, da der gegenständliche (Liefer-) Auftrag unmissverständlich auch die Herstellung der Munition umfasse.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. April 2020 sei die Antragstellerin ausdrücklich ersucht worden, eine „aktuelle GISA-Auskunft'" vorzulegen. Diesem Ersuchen sei die Antragstellerin allerdings nicht nachgekommen. Vielmehr habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Mai 2020 lediglich den vom Bundesministerium Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (im Folgenden BMDW) als zuständige Gewerbebehörde amtssignierten GISA-Auszug für das „Waffengewerbe" gemäß § 94 Z 80 GewO 1994 hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition nach § 139 Abs 1 Z 2 lit b GewO 1994 vorgelegt.

Ein vom BMDW amtssignierter GISA-Auszug für das für die Ausführung des gegenständlichen Auftrages zwingend notwendige Gewerbe (§ 139 Abs 1 Z 1 lit a GewO 1994) sei hingegen nicht übermittelt worden. Stattdessen sei lediglich ein „Gewerbereport"-Auszug vorgelegt worden, welcher vom offenkundig nichtamtlichen Wirtschafts-Compass bereitgestellt worden sei. Festzuhalten sei, dass ein Gewerbereport-Auszug, welcher von Wirtschafts-Compass bereitgestellt werde, jedoch keinesfalls mit einem offiziellen, von der zuständigen Gewerbebehörde amtssignierten GISA-Auszug substituierbar sei und somit auch unmöglich den eindeutigen Vorgaben in den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen, wonach ein GISA-Auszug vorzulegen sei, entsprechen könne.

Feststehe demnach, dass die Antragstellerin offenkundig gemäß § 78 Abs 1 Z 10 dritter Fall BVergG 2018 die von der Auftraggeberin zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen – gegenständlich eben einen ausschreibungskonformen GISA-Auszug – nicht vorgelegt habe.

Abschließend werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es eine erhebliche Bieterungleichbehandlung darstellen würde, wenn seitens der Auftraggeberin auch die nichtamtlichen Auszüge aus dem Gewerbereport als Nachweise für die gegenständlich notwendige Gewerbeberechtigung für nichtmilitärische Waffenerzeugung als Eignungsnachweis akzeptiert worden wären.

Im Ergebnis sei demnach festzuhalten, dass die Antragsgegnerin mangels rechtzeitiger Vorlage eines ausschreibungskonformen GISA-Auszugs von einer fehlenden Befugnis der Antragstellerin für die Durchführung der gegenständlichen Leistung ausgehen müsse und die Auftraggeberin daher dazu verpflichtet gewesen sei, die Ausschlusssanktion nach § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 auszusprechen bzw. das Angebot nach § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.

3.3.3. Zu den fehlenden Referenzprojekten als Munitionshersteller

Anstatt eine geeignete Referenzbestätigung zu erbringen, habe die Antragstellerin allerdings lediglich eine Referenzbestätigung des XXXX vom 23. April 2020 betreffend die Lieferung von XXXX an das XXXX vorgelegt, aus welcher hervorgehe, dass bezüglich dieses Referenzprojektes die „Funktion des Auftragnehmers" jene des „Händlers" gewesen sei.

Auch wenn das von der Antragstellerin angeführte Referenzprojekt im geforderten Referenzzeitraum erbracht worden sei und dem geforderten Auftragswert sowie der geforderten Ware entspreche, könne das gegenständliche Referenzprojekt jedoch keinesfalls als ausschreibungskonformer Nachweis für das Vorliegen der technischen Leistungsfähigkeit gewertet werden, da die Antragstellerin diese Referenz offenkundig lediglich als Händler erbracht habe – nicht hingegen auch als Hersteller – und es sich somit um mit dem Auftragsgegenstand keinesfalls vergleichbares Referenzprojekt handle. Ein mit dem Auftragsgegenstand vergleichbares Referenzprojekt müsse vielmehr zusätzlich die Herstellung von Munition umfassen.

Feststehe demnach, dass auch hinsichtlich der verlangten Nachweise für Referenzprojekte die Antragstellerin offenkundig gemäß § 78 Abs 1 Z 10 dritter Fall BVergG 2018 die von der Auftraggeberin zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt habe. Auch aus diesem Grund sei die Auftraggeberin daher verpflichtet, die Ausschlusssanktion nach § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 auszusprechen bzw. das Angebot nach § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.

3.3.4. Zur nicht erfolgten Nennung von Subunternehmern

Gemäß der bestandsfesten Randziffer 134 der Ausschreibungsbedingungen sei die technische Leistungsfähigkeit in Hinblick auf Los 3 nur unter den Anforderungen, wie sie sich aus dem Dokument „ XXXX “ ergeben würden, gegeben und entsprechend den dort festgelegten Nachweisen auf Aufforderung der Auftraggeberin zu belegen. Seitens der Antragstellerin seien mit dem Angebot jedoch Bescheinigungen im Sinne der Randziffer 134 vorgelegt worden, welche nicht auf die Antragstellerin lauten würden. Festzuhalten sei daher, dass die Antragstellerin hinsichtlich die erforderlichen und bestandsfesten Eignungsnachweise gemäß der Randziffer 134 der Ausschreibungsbedingungen Bescheinigungen vorgelegt habe, welche nicht ihr Unternehmen betreffen würden. Um die erforderliche Eignung nachweisen zu können, wäre daher eine Berufung bzw. eine Namhaftmachung eines „eignungsrelevanten Dritten" notwendig gewesen.

Demgemäß sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 20. April 2020 um Aufklärung ersucht worden.

Mittels Antwortschreiben sei zu diesem Punkt seitens der Antragstellern lediglich ausgeführt worden, dass „die Bieterin keine Subunternehmer für die angebotenen Lieferleistungen heranziehen muss/wird“ und, dass „Verweise auf Zertifikate“ oder sonstige Nachweise zu handelsüblichen (zugekauften) Bestandteilen „nicht so zu verstehen, dass die Zulieferer als Subunternehmer herangezogen werden“.

Klar ersichtlich sei daher, dass die Antragstellerin im gegenständlichen Fall davon ausgehe, dass die bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen betreffend die technische Leistungsfähigkeit in Hinblick auf die verlangte Munitionsherstellung für sie keine Geltung haben sollten. Wenn die Antragstellerin jedoch vermeine, dass anhand der gegenständlichen Vergabe lediglich der „Handel mit Munition" mit verlangt gewesen sei, interpretiere diese die der Präklusion unterliegenden Ausschreibungsbedingungen unrichtig, da zweifelsohne nicht nur die Lieferung, sondern zudem die Herstellung der in Rede stehenden Munition verlangt gewesen sei.

Folglich hätte sich die Antragstellerin hinsichtlich der benötigten Eignung gemäß Randziffer 134 der Ausschreibungsbedingungen auf einen notwendigen Dritten berufen müssen, da sie die entsprechenden Bescheinigungen und damit die Nachweise zur dahingehenden technische Leistungsfähigkeit nicht selbst erbringen könne.

Die Antragstellerin habe sohin bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung jedenfalls die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, wodurch die Ausschlusssanktion nach § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 auszusprechen gewesen sei.

Überdies sei das Angebot der Antragstellerin in diesem Zusammenhang mangels vorliegender Eignung bereits aus diesem Grund nach § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7BVergG 2018 zwingend auszuscheiden gewesen.

3.3.5. Zur nicht erfolgten Vorlage eines ausschreibungskonformen Firmenbuchauszugs

Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 16. April 2020 sei die Antragstellerin entsprechend der soeben zitierten Randziffer 114 der Ausschreibungsbedingungen ausdrücklich ersucht worden, einen „aktuellen Firmenbuchauszug“ vorzulegen, da zunächst nur ein veralteter Firmenbuchauszug vom 16. Oktober 2019 vorgelegt worden sei.

Auch diesem klaren Ersuchen sei die Antragstellerin jedoch wiederum nicht nachgekommen. Vielmehr habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Mai 2020 lediglich einen mit 21. April 2020 datierten historischen Firmenbuchauszug vorgelegt. Auf der ersten Seite des Auszugs befinde sich sogar der handschriftliche Vermerk „FB-historisch". Ferner sei anzumerken, dass auch dieser Auszug scheinbar vom unter Punkt II.B. bereits genannten Wirtschafts-Compass stamme, nicht hingegen aus dem offiziellen von der Republik Österreich bzw. vom zuständigen Firmenbuchgericht geführten Firmenbuchregister, sodass auch hinsichtlich der darin enthaltenen Daten jedenfalls keine amtliche Richtigkeitsgewähr vorliege. Der von der Antragstellerin vorgelegte „Auszug" entspreche somit offenkundig nicht den Ausschreibungsbestimmungen, zumal er weder aktuell noch aus dem offiziellen Firmenbuchregister stamme.

Fest stehe demnach, dass die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin zum Nachweis der beruflichen Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen – gegenständlich somit einen aktuellen (sowie naturgemäß auch „offiziellen") Firmenbuchauszug im Sinne der Randziffer 114 der Ausschreibungsbedingungen – nicht vorgelegt habe. Auch aus diesem Grund sei die Antragsgegnerin daher verpflichtet, die Ausschlusssanktion nach § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 auszusprechen bzw. das Angebot nach § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.

3.3.6. Zur abgegebenen Patronatserklärung

Im Zuge der Angebotsabgabe habe die Antragstellerin sodann im Formblatt 8 „Liste allfälliger Subunternehmer“ angegeben, keine Subunternehmer zur Leistungserbringung heranzuziehen. Es sei jedoch keine Angabe dahingehend erfolgt, dass sich der Bieter auf Kapazitäten sonstiger „Dritter" gemäß § 86 BVergG 2018 zum Nachweis der gemäß Ausschreibungsunterlagen erforderlichen Leistungsfähigkeit oder Befugnis stütze.

Nichtsdestotrotz sei von der Antragstellerin bereits im Angebot die in den Ausschreibungsunterlagen für den Fall der Heranziehung eines notwendigen Dritten vorgesehene „Patronatserklärung" ausgefüllt abgegeben und darin die „ XXXX " namhaft gemacht worden.

Die Antragstellerin habe es bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung jedenfalls unterlassen, die entsprechenden eignungsrelevanten Unterlagen zu erläutern, wodurch die Ausschlusssanktion nach § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 auszusprechen gewesen sei.

3.3.7. Zu den unterschiedlich bekanntgegebenen Umsatzzahlen

Gemäß der Randziffer 123 der Ausschreibungsbedingungen sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dann gegeben, wenn der spartenspezifische Gesamtumsatz des Bieters im Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre zumindest EUR 1.000.000,-- (exklusive Umsatzsteuer) je Geschäftsjahr betragen habe.

Seitens der Antragstellerin sei hierzu das Formblatt 5 mit dem Angebot vorgelegt worden. In diesem seien jedoch die Jahre 2017 bis 2019 angegeben worden.

Bereits im Zuge der Fragenbeantwortung am 22. Jänner 2020 sei jedoch ausdrücklich festgehalten worden, dass gemäß Punkt A5.4.1 der Ausschreibungsbedingungen unter dem „letztem Geschäftsjahr" das letzte Geschäftsjahr verstanden werde, über das ein Jahresabschluss vorliege bzw. nach den anwendbaren gesetzlichen Vorschriften vorzuliegen hätte und die für den auszuweisenden Umsatz von der Auftraggeberin festgelegten Geschäftsjahre 2016, 2017, 2018 aufrecht bleiben würden.

Mittels Aufklärungsersuchen sei die Antragstellerin aufgrund des falsch ausgefüllten Formblattes 5 aufgefordert worden, den (spartenspezifischen) Gesamtumsatz für das Geschäftsjahr 2016 auszuweisen. Zudem sei das Ersuchen darzulegen, was unter „spartenspezifischen" Umsatz vom damaligen Bieter verstanden werden, ergangen.

Mittels Antwortschreiben sei zu diesem Punkt seitens der Antragstellerin ausgeführt worden, dass unter dem Begriff spartenspezifischer Gesamtumsatz gemäß den Ausschreibungsbestimmungen die Antragstellerin den Umsatz verstehe, der in die gegenständliche Vergabe falle und die Umsätze aus der Sparte XXXX für das Geschäftsjahr 2016 rund EUR XXXX für das Geschäftsjahr 2017 rund EUR XXXX und für das Geschäftsjahr 2018 rund EUR XXXX betragen würden.

Im selbigen Schreiben sei jedoch hinsichtlich des geforderten Umsatzes zudem auf die mit diesem Schreiben vorgelegte „Beilage II" verwiesen worden, welcher jedoch nachfolgende Umsätze zu entnehmen seien: Geschäftsjahr 2016 rund EUR XXXX Geschäftsjahr 2017 rund EUR XXXX und Geschäftsjahr 2018 rund EUR XXXX

Demgegenüber seien seitens der Antragstellerin im ursprünglichen Formblatt 5, welches mit dem Angebot abgegeben worden sei, nachfolgende Umsatzzahlen bekanntgegeben worden:

Gesamtumsatz 2017: EUR XXXX

Gesamtumsatz 2018: EUR XXXX

Spartenspezifischer Umsatz 2017: EUR XXXX

Spartenspezifischer Umsatz 2018: EUR XXXX

Klar ersichtlich sei daher, dass die Antragstellerin mit dem ursprünglichen Angebot gänzlich andere Umsatzzahlen bekanntgegeben habe. Die im Zuge des Aufklärungsersuchens angegebenen Umsatzzahlen würden daher keinesfalls mit den ursprünglich im Angebot bekanntgegebenen Umsatzzahlen übereinstimmen.

Die Antragstellerin habe sich sohin bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung jedenfalls die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt und die bekanntgegebenen unterschiedlichen Umsatzzahlen in keiner Weise erläutert, wodurch die Ausschlusssanktion nach § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 auszusprechen gewesen sei.

3.4. Die Antragstellerin stelle daher den

„Antrag,

das BVwG möge sämtliche Anträge auf Nichtigerklärung sowie den Antrag auf Ersatz der Gebühren zurück-, in eventu abweisen.“

4. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2020, W120 2232166-1/3E, wurde der Auftraggeberin für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren den Widerruf zu erklären.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 28. Juli 2020 im Beisein der Antragstellerin und der Auftraggeberin sowie deren Rechtsvertretern eine öffentlich mündliche Verhandlung durch.

6. Am 28. Juli 2020 erfolgte nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtsfragen die Beschlussfassung im Senat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Ausschreibung

Die Auftraggeberin schrieb unter der Bezeichnung „ XXXX “ einen Lieferauftrag nach dem Billigstangebotsprinzip im Oberschwellenbereich aus. Es erfolgte eine Unterteilung in drei Lose; verfahrensgegenständlich ist das Los 3.

Der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer für die gesamten drei Lose beträgt EUR XXXX

Das Los 3 trägt die Bezeichnung XXXX mit einem geschätzten Auftragswert von EUR XXXX

Die Auftraggeberin veröffentlichte die Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 03.12.2019 zur Ausschreibungsnummer 2019/S 233-570896 und am 29.11.2019 in Österreich zur Ausschreibungsnummer 9110006619920.

Die Auftraggeberin führt dieses Verfahren als offenes Verfahren durch.

Die Angebotseröffnung fand am 31.01.2020 ohne Anwesenheit der Bieter statt.

1.1.1. Ziel des Beschaffungsvorhabens und Nachweis der Befugnis des Bieters

Im Punkt A2.2 der Ausschreibungsbedingungen wird bezüglich des Ziels des Beschaffungsvorhabens ua Folgendes festgehalten:

„A2.2 Ziel des Beschaffungsvorhabens

Das Ziel des Beschaffungsvorhabens ist, XXXX abzuschließen um XXXX und XXXX der XXXX an den XXXX zu gewährleisten.“

In den „Besonderen Ausschreibungsbedingungen“ wird in Punkt V2.3. zu Los 3 wiederum Folgendes vorgesehen:

„V2.3. Los 3

Vertragsgegenstand ist die Lieferung von XXXX gemäß der technischen Leistungsbeschreibung der Auftraggeberin in Verbindung mit dem Angebot des Auftragsnehmers und wird mit Zuschlagserteilung von der Auftraggeberin beauftragt.“

Im Punkt A5.3 der Ausschreibungsbedingungen wird hinsichtlich des Nachweises der „Befugnis“ Folgendes festgelegt:

„118 Der Bieter muss seine Befugnis durch folgende Unterlagen bzw. Erklärungen nachweisen: Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) gemäß § 365e Abs. 1 der Gewerbeordnung, oder Nachweis der für die Ausführung der ausschreibungsgegenständlichen Dienstleistung erforderlichen Mitgliedschaft zu einer bestimmten Organisation oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers (Nachweis nicht älter als sechs Monate gerechnet vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist). Im Falle einer Bietergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil nachzuweisen.“

Im Teil B [„Besondere Vertragsbedingungen (Lieferung)“] wird unter Punkt V16. Folgendes normiert:

„V16. Vorläufige Abnahme/ förmliche Endabnahme

V16.1. Vor der jeweiligen Teil- oder Gesamtlieferung der Munition pro Los an die Erfüllungsorte ist der Auftraggeberin oder seinen Beauftragten die Möglichkeit einer vorläufigen Abnahme im Produktionswerk des Auftragnehmers zu geben, bei der die Leistungen dieses Vertrages pro Los einer ersten stichprobenartigen Prüfung im Hinblick auf die Erfüllung der ‚Technischen Leistungsbedingungen Teil C‘ unterzogen werden.

V16.2. An der vorläufigen Abnahme werden je Los 3 Personen der Auftraggeberin teilnehmen.

V16.3. Der Auftragnehmer wird der Auftraggeberin jeweils spätestens sechs Wochen im Voraus bekannt geben, ab wann die Munition für das jeweilige Los fertig gestellt und somit eine vorläufige Abnahme möglich ist.

V16.4. Der Auftraggeberin sind alle für die vorläufige Abnahme erforderlichen Unterlagen, Mess- und Testprotokolle und nötigenfalls Fachpersonal sowie Testgeräte kostenlos zur Verfügung zu stellen.

V16.5. Treten im Verlauf der vorläufigen Abnahme Mängel bzw. Abweichungen von den Ausschreibungsbedingungen je Los auf, so ist der Auftragnehmer verpflichtet, diese Mängel bzw. Abweichungen unverzüglich und kostenlos je Los zu beheben.

V16.6. Über jede derartige Mängelbehebung sind pro Los entsprechende Unterlagen vom Auftragnehmer zu erstellen und ist die Mängelbehebung den Organen der Auftraggeberin auf Verlangen nachzuweisen.

V16.7. Über die vorläufige Abnahme wird je Los ein Protokoll erstellt, das sowohl von der Auftraggeberin als auch vom Auftragnehmer zu unterfertigen ist. Die Unterfertigung des Protokolls durch Organe der Auftraggeberin im Rahmen der vorläufigen Abnahme oder zu einem früheren Zeitpunkt begründet keine förmliche Abnahme. Die Rechte der Auftraggeberin bleiben unberührt.

V16.8. Die Lieferung des Munitionskontingentes je Los ist mindestens fünf Werktage vor der Lieferung durch den Auftragnehmer oder einen von ihm beauftragten Dritten dem im Dokument ‚Liefer- und Rechnungsadressen‘ zu entnehmenden Ansprechpartner mitzuteilen.

V16.9. Die Erfüllung gilt erst mit förmlicher Abnahme der Munition pro Los an den Erfüllungsorten der Auftraggeberin als bewirkt. Die erbrachte Leistung wird nach Lieferung an die Erfüllungsorte – vorbehaltlich einer nachfolgenden fachlichen Prüfung – zunächst nur mengenmäßig übernommen. Die eigentliche förmliche Abnahme erfolgt erst mit dem Tag, an dem von der Auftraggeberin oder von seinen Bevollmächtigten nach fachlicher Prüfung entschieden wird, die Leistung zu übernehmen.

V16.10.An den Auftragnehmer ergeht zur Bestätigung der förmlichen Abnahme eine von der Auftraggeberin unterfertigte schriftliche Mitteilung der förmlichen Abnahme. Die förmliche Abnahme erfolgt spätestens 30 Tage nach Übernahme der Lieferung.

V16.11.Mit der förmlichen Abnahme durch die Auftraggeberin gilt die jeweilige Munition, vorbehaltlich der Ansprüche der Auftraggeberin auf Gewährleistung, Erfüllung oder Schadenersatz, als geliefert, sodass ab diesem Zeitpunkt keine Verzugsfolgen mehr eintreten können.

V16.12.Die Auftraggeberin ist nicht verpflichtet, eine unvollständige oder sonst nicht vertragsgerechte Lieferung abzunehmen, in diesem Fall kann die Abnahme verweigert werden. Nimmt die Auftraggeberin die Leistung trotz Vorliegens von Mängeln ab, so bedeutet dies keinen Verzicht auf Ansprüche, wie etwa Erfüllung, Gewährleistung und/oder Schadenersatz.

V16.13.§ 377 UGB sowie § 928 ABGB werden ausdrücklich abbedungen.

V16.14.Mit der förmlichen Abnahme gehen das Eigentum am Vertragsgegenstand sowie die Haftung für Gefahr und Zufall auf die Auftraggeberin über.“

Punkt V7. und Punkt V8. im Teil B der Ausschreibungsbedingungen lauten:

„V7. Fertigungsüberwachung

Die Auftraggeberin ist berechtigt, sich während der Fertigung von der Einhaltung der technischen Festlegungen in den Leistungsbeschreibungen zu überzeugen.

Die Fertigungsüberwachung ist grundsätzlich in der Zeit von Montag bis Freitag von 08.00 bis 16.00 Uhr vorgesehen und kann bei gravierenden Problemen von der Auftraggeberin wiederholt werden.

V8. Qualitätskontrollen während der Fertigung und Dokumentation

Qualitätskontrollen und Endprüfungen der in Los 1 und Los 2 vertragsgegenständlichen Munition werden von werkseitigen/staatlichen Güteprüfern im Sinne der jeweiligen Norm durchgeführt. Die Auftraggeberin behält sich eine Beteiligung an den Endprüfungen des Auftragnehmers vor. Der Auftragnehmer stellt für die Durchführung der Prüfungen erforderliche Prüfeinrichtungen, Prüfräume, das Prüfpersonal sowie die benötigte Prüfmenge kostenlos zur Verfügung.

Über die Ergebnisse der Prüfungen werden der Auftraggeberin bei der vorläufigen Abnahme gemäß V16. Qualitätsprüfzertifikate wie folgt vorgelegt:

1.) DIN 55350 Teil 18 – 4.2.2 bei werksseitiger Prüfung und

2.) DIN 55350 Teil 18 – 4.3.3 bei amtlicher Prüfung.“

Zu der Randziffer 134 der Ausschreibungsbestimmungen heißt es:

„Die technische Leistungsfähigkeit ist im Hinblick auf Los 3 nur unter den Anforderungen, wie sie sich aus dem Dokument ‚ XXXX ‘ ergeben, gegeben und entsprechend den dort festgelegten Nachweisen auf Aufforderung der Auftraggeberin zu belegen.“

1.1.2. Zu den Unternehmensreferenzen

Zu den Randziffern 135 und 138 in Punkt A5.5.2 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wird hinsichtlich der Unternehmensreferenzen Folgendes festgelegt:

„A5.5.2 Unternehmensreferenzen

135 Die technische Leistungsfähigkeit ist nur gegeben, wenn der Bieter je angebotenem Los über zumindest ein mit dem Auftragsgegenstand vergleichbares Referenzprojekt verfügt, das sämtliche der folgenden Mindestanforderungen erfüllt.

138 Ein Referenzprojekt für Los 3 ist nur dann vergleichbar, wenn es die Lieferung von XXXX zum Gegenstand hat; und einen Referenzauftragswert von zumindest EUR XXXX (exkl. USt) aufweist; und die Abnahme (der Lieferung) der Ware als vertragskonforme Leistungserbringung durch den Referenz-Auftraggeber ausgehend vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist innerhalb der letzten fünf Jahre erfolgt ist.“

1.1.3. Zu den Subunternehmern

Hinsichtlich der Verwendung von Subunternehmern wird im Teil A der Ausschreibungsbedingungen Folgendes festgelegt:

„A3.3 Subunternehmer

56 Als Subunternehmer gelten Unternehmer, die Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführen, einschließlich aller Sub-Subunternehmer der Subunternehmerkette. Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.

57 Zur Zulässigkeit der Weitergabe von Teilen der Leistung an Subunternehmer verfügt die Auftraggeberin wie folgt:

Die Weitergabe von Teilen der Leistung an Subunternehmer ist grundsätzlich zulässig, sofern der Subunternehmer die für die Ausführung seines Leistungsteiles erforderliche berufliche Zuverlässigkeit, Befugnis und Leistungsfähigkeit besitzt. Unzulässig ist die Weitergabe des gesamten Auftrages, es sei denn, es handelt sich um Kaufverträge. Die Weitergabe von Leistungen an verbundene Unternehmen ist stets zulässig.

58 Bei der Heranziehung von Subunternehmern wird zwischen notwendigen und zweckmäßigen Subunternehmern unterschieden. Notwendige Subunternehmer sind Unternehmer, die für die Eignung des Bieters zwingend erforderlich sind. Zweckmäßige Subunternehmer sind Unternehmer, deren Eignung für den Bieter nicht unerlässlich ist.

59 Zum Umfang der Pflicht zur Nennung von Subunternehmern im Angebot verfügt die Auftraggeberin wie folgt:

Der Bieter hat sämtliche Subunternehmer (d.h. notwendige und zweckmäßige Subunternehmer) und die von diesen zu erbringenden (Teil-)Leistungen im Angebot im Formblatt ‚Liste allfälliger Subunternehmer‘ bekannt zu geben.

60 Stützt sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung auf Kapazitäten von Subunternehmern (notwendige Subunternehmer) ist ein entsprechender Nachweis, dass der Bieter über deren Kapazitäten tatsächlich verfügt und der öffentliche Auftraggeber die zur Durchführung des Gesamtauftrages erforderlichen Sicherheiten über die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat, vorzulegen. Dem Bieter stehen die mit Angebotsabgabe vorzulegenden Formblätter der Auftraggeberin ‚Subunternehmererklärung‘ und ‚Solidarhaftungserklärung‘ zur Verfügung.

61 Der Bieter hat seine Subunternehmer in alle an diese bzw. deren Leistungsteile gerichteten Rückfragen im Rahmen der Angebotsprüfung direkt und unverzüglich einzubinden und damit für einen lückenlosen Informationsfluss gegenüber der Auftraggeberin zu sorgen. Bei Anforderung hat der Bieter auch für die persönliche Anwesenheit der jeweiligen Subunternehmer bei Aufklärungsgesprächen zu sorgen.

62 Der Bieter ist verpflichtet, auf Aufforderung der Auftraggeberin den Preis des Subunternehmers einschließlich dessen Kalkulation und überhaupt alle für die Angebotsprüfung relevanten Vereinbarungen des Bieters mit seinem Subunternehmer offen zu legen.

63 Lehnt die Auftraggeberin einen nicht für den Nachweis der Erfüllung der Eignungskriterien erforderlichen Subunternehmer ab, hat der Bieter im Fall des Zuschlags die angebotenen Leistungen zu den kalkulatorischen Bedingungen dieses Subunternehmers zu erbringen.

64 Ein Wechsel des notwendigen Subunternehmers während des Vergabeverfahrens ist ausgeschlossen.“

1.1.4. Zum Firmenbuchauszug

Hinsichtlich des Firmenbuchauszugs wird im Teil A der Ausschreibungsbedingungen Folgendes normiert:

„A5.2 Berufliche Zuverlässigkeit

114 Der Bieter muss seine berufliche Zuverlässigkeit durch folgende Unterlagen bzw. Erklärungen nachweisen:

i. Aktueller Auszug aus dem Firmenbuch gemäß § 33 des Firmenbuchgesetzes oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers (nicht älter als drei Monate gerechnet vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist)“

1.2. Zum Angebot der Antragstellerin

Die Antragstellerin beteiligte sich rechtzeitig am vorliegenden Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Angebotes am 31. Jänner 2020.

Die Antragstellerin legte im Zuge der Stellung ihres Angebotes am 31. Jänner 2020 ua einen beim Firmenbuchgericht eingeholten Firmenbuchauszug vom 16. Oktober 2019 vor.

Bezüglich der Antragstellerin erteilten Unternehmensreferenzen wurde ua folgendes Referenzprojekt angeführt:

XXXX

XXXX XXXX

XXXX

XXXX

    

Betreffend die Patronatserklärung wurde von der Antragstellerin folgende mit 28. Juni 2020 datierte Beilage zum Formblatt 16 aufgefüllt:

„Firma / Name / Adresse

Genaue Bezeichnung (des verbundenen Unternehmens/des Dritten)

XXXX

Wir haben als verbundenes Unternehmen/Dritter* Kenntnis davon genommen, dass die

XXXX

XXXX im Rahmen des Vergabeverfahrens (Name und Abgabedatum des Vergabeverfahrens),

XXXX

als Bieter/Mitglied der Bietergemeinschaft* auftritt und zum Nachweis ihrer finanziellen/wirtschaftlichen* Leistungsfähigkeit auf die finanzielle/wirtschaftliche* Leistungsfähigkeit unseres Unternehmens verweist. Wir sind des Weiteren davon in Kenntnis gesetzt, dass diese Patronatserklärung Voraussetzung für eine wirksame Beteiligung am gegenständlichen Vergabeverfahren ist.

Wir verpflichten uns hiermit gegenüber der Auftraggeberin unwiderruflich, uneingeschränkt

dafür Sorge zu tragen, dass die

XXXX

für den Fall der Zuschlagserteilung an sie für die Erbringung des im Vergabeverfahrens ausgeschriebenen Leistungsbildes von uns stets so finanziell/wirtschaftlich* ausgestattet wird, dass sie jederzeit in der Lage ist, alle ihr aus dem Vorhaben erwachsenden Verpflichtungen vollständig und pünktlich zu erfüllen.“

Die Antragstellerin gab im Formblatt 5 ua nachfolgende Umsatzzahlen bekannt:

„Gesamtumsatz

o 2017: EUR XXXX

o 2018: EUR XXXX

Spartenspezifischer Umsatz:

o 2017: EUR XXXX

o 2018: EUR XXXX

1.3. Zur Aufklärung zum Angebot

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. April 2020 wurde die Antragstellerin aufgefordert, zu bestimmten Positionen ihres Angebotes Stellung zu nehmen; ihr wurde zudem Gelegenheit eingeräumt, diese Positionen aufzuklären.

1.1.5. Zur Patronatserklärung

Insbesondere wurde die Antragstellerin um Aufklärung hinsichtlich der XXXX ersucht:

„Der Bieter wird um Aufklärung ersucht,

- ob sämtliche Zertifikate zur Bestätigung seiner technischen Leistungsfähigkeit und der in ‚Beilage zu Los 3 – Auflistung der vom Bieter geforderten Unterlagen‘ genannten Dokumente lautend auf den Bieter XXXX ‘ – datiert vor Ende der Angebotsfrist – vorliegen und auf Aufforderung vorgelegt werden können und

- ob – wie vom Bieter im Formblatt 8 angegeben wurde – keine Subunternehmer zur Leistungserbringung herangezogen werden und welche Rolle die XXXX spielt.“

Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 teilte die Antragstellerin der Auftraggeberin diesbezüglich Folgendes mit:

„Die Namhaftmachung der ‚ XXXX ‘ erfolgte aufgrund deren Eigenschaft als Alleineigentümerin der Bieterin und sohin als verbundenes Unternehmen gemäß § 2 Z 40 BVergG (Anhang 1 – Firmenbuchauszug und Formblatt Patronatserklärung). Die Bieterin hat dazu auch die Patronatserklärung im Online-Formular 16 ausgefüllt und die Beilage zum Formblatt 16 rechtsgültig gefertigt dem Angebot beigelegt. Die XXXX stellt der Bieterin daher im Bedarfsfall ihre finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Verfügung.“

1.1.6. Zum Gesamtumsatz

Die Auftraggeberin ersuchte die Antragstellerin bezüglich des Gesamtumsatzes mit Schreiben vom 16. April 2020 um folgende Aufklärung:

„Der Bieter ist nicht gemäß den Vorgaben der Auftraggeberin vorgegangen, sondern hat im Formblatt 5 den (spartenspezifischen) Gesamtumsatz statt für das Geschäftsjahr 2016 für das Geschäftsjahr 2019 ausgewiesen. Der Bieter wird daher um Aufklärung ersucht, welcher (spartenspezifische) Gesamtumsatz für 2016 besteht. In einem wird um Aufklärung ersucht, was unter ‚spartenspezifischen‘ Umsatz vom Bieter verstanden wurde.“

Hierauf übermittelte die Antragstellerin an die Auftraggeberin diesbezüglich folgende Ausführungen im Antwortschreiben vom 4. Mai 2020:

„Gemäß Punkt A 5.4.1, Rz 123 der Ausschreibungsbestimmungen ist der spartenspezifische Gesamtumsatz der letzten drei Geschäftsjahre anzuführen. Dabei wurde festgelegt, dass als letztes Geschäftsjahr jenes gilt, zu welchen ein Jahresabschluss besteht. Die Angebotsabgabe erfolgte am 31.01.2020. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Bieterin bereits die Geschäftszahlen bzw Umsatzzahlen für das abgeschlossene Geschäftsjahr bis 31.12.2019 vor. Die Bieterin hat aus diesem Grund die Umsatzzahlen der Geschäftsjahre 2019, 2018 und 2017 im Formblatt 8 angegeben. Der Vollständigkeit halber legen wir gemäß Punkt A 5.4.1 Rz 126 der Ausschreibungsbestimmungen die Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 2016 bis 2019 bei (Anhang 3 – Jahresabschlüsse 2016 bis 2018). Im Geschäftsjahr 2016 war die Bieterin noch nicht verpflichtet, einen Bestätigungsvermerk des Jahresabschlussprüfers einzuholen. Ab dem Geschäftsjahr 2017 liegt ein solcher Bestätigungsvermerk vor. Die geforderte Umsatzzahl für das Geschäftsjahr 2016 beträgt: EUR XXXX . Wir verweisen dazu auf die Beilage II, Seite 3 zum Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2018, in welcher der Geschäftsverlauf der Jahre 2014 bis 2018 angeführt ist. Zu dieser Beilage liegt auch der Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers der XXXX vor. Unter dem Begriff ‚spartenspezifischer‘ Gesamtumsatz gemäß den Ausschreibungsbestimmungen versteht die Bieterin den Umsatz, in den die gegenständliche Vergabe fällt. Dieser ist von der konkreten Befugnis der Bieterin auch umfasst (siehe oben GISA-Auskünfte unter Verweis auf die Befugnis gemäß § 139 Abs 1 Z 2 lit b GewO). Konkret betragen die Umsätze aus der Sparte XXXX wie folgt:

- Geschäftsjahr 2016 rund EUR XXXX

- Geschäftsjahr 2017 rund EUR XXXX

- Geschäftsjahr 2018 rund EUR XXXX

§ 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018.“

Die Beilage II dieses Antwortschreibens der Antragstellerin enthält ua folgende Ausführungen:

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

 

 

1.1.7. Zum Firmenbuchauszug

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. April 2020 wurde die Antragstellerin ersucht, einen „aktuellen Firmenbuchauszug“ vorzulegen, da dieser nicht der „geforderten Aktualität“ entspreche. Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 übermittelte die Antragstellerin einen mittels des Wirtschafts-Compasses eingeholten Firmenbuchauszug vom 21. April 2020 mit dem handschriftlichen Vermerk „FB-historisch“.

Auf der Webseite der Compass-Gruppe wird bezüglich des Wirtschafts-Compasses (https://compass.at/de/firmenbuch-grundbuch ) Folgendes festgehalten:

„Unser Tochterunternehmen die HF Data Datenverarbeitungsgesellschaft m.b.H. bietet als größte Verrechnungsstelle Zugang zu den Datenbanken der Republik Österreich:

Firmenbuch

Grundbuch

GISA (Gewerbeinformationssystem Austria)

Zentrales Melderegister (bei Erfüllung der Voraussetzungen)

Ob Firma oder Privatperson – über den Online-Zugang haben Sie jederzeit Einsicht in die Datenbanken und können rund um die Uhr amtliche Dokumente abrufen.“

1.1.8. Zum Nachweis der Befugnis

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. April 2020 wurde die Antragstellerin betreffend den Nachweis der Befugnis von der Auftraggeberin um Folgendes ersucht:

„Der Bieter wird ersucht, eine aktuelle GISA-Auskunft vorzulegen.“

Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 legte die Antragstellerin einen mittels des Wirtschafts-Compasses erstellten Gewerbe-Report ua bezüglich folgender GISA-Zahlen vor:

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Großhandel mit zivilen Waffen und ziviler Munition sowie Vermittlung des Verkaufes von zivilen Waffen und ziviler Munition an Wiederverkäufer, ohne die aus Art. ll Z. 8 der Gewerberechtsnovelle 1965 sich ergebenden Nebenrechte“

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Handel mit nichtmilitärischen Waffen und nichtmilitärischer Munition (§ 131 Abs. 1 Z. 1 lit. b GewO 1973)“

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Waffengewerbe (Büchsenmacher) einschließlich des Waffenhandels (mit nichtmilitärischen Waffen), eingeschränkt auf die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung (einschließlich der Tätigkeit der Büchsenmacher), hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition“

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Waffengewerbe gemäß § 94 Z 80 GewO 1994 hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition nach § 139 Abs. 1 Z 2 lit. b GewO 1994, eingeschränkt auf die im § 1 Abschnitt I Z 1, 3, 4, 6 und 8 der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, angeführten Geräte“

Zudem übermittelte die Antragstellerin folgenden GISA-Auszug:

1.1.9. Zu den Referenzbestätigungen

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. April 2020 wurde die Antragstellerin bezüglich der Vorlage von Unternehmensreferenzen um Folgendes ersucht:

„Der Bieter hat zu den angegebenen Referenzobjekten keine Angabe zum Zeitpunkt des Abschlusses des jeweiligen Auftrages getätigt und auch die Beilage ‚Referenzbestätigung‘ nicht vorgelegt“

Der Bieter hat dies aufzuklären und jene Daten, die in der Beilage zu Formblatt 6 gefordert werden, nachzureichen.“

Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 übermittelte die Antragstellerin zum Nachweis der erbrachten Leistung bezüglich der „ XXXX “ die Bekanntmachung des vergebenen Auftrags zum Aktenzeichen XXXX sowie eine diesbezügliche Bestätigung des Auftraggebers. Die erste Lieferung der „ XXXX “ erfolgte gemäß dieser Auftragsbestätigung am 23. August 2018 und die letzte am 26. April 2019.

1.4. Zum Stand des Vergabeverfahrens

Am 9. Juni 2020 übermittelte die Auftraggeberin an die Antragstellerin betreffend das Los 3 die hier gegenständliche Ausscheidensentscheidung, welche auszugsweise wie folgt lautet:

„1.) Die Auftraggeberin hat aufgrund des Ergebnisses der Angebotsprüfung betreffend Los 3 den Bieter XXXX gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuschließen und das Angebot gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.“

Im selben Schreiben gab die Auftraggeberin die nachstehende Widerrufsentscheidung bekannt:

„2.) Mitteilung der Widerrufsentscheidung und Neuausschreibung

Die Auftraggeberin beabsichtigt das gegenständliche Vergabeverfahren, da nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt, gemäß § 149 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 zu widerrufen.“

Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt.

Die Antragstellerin bezahlte die entsprechenden Pauschalgebühren.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie den Auskünften, die nur die Auftraggeberin erteilen kann.

Die Echtheit und Richtigkeit der herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Diese Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche in den Unterlagen traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und zur formalen Zulässigkeit

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrags handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über die oben wiedergegebenen Nachprüfungsanträge zu entscheiden. Somit liegt Senatszuständigkeit vor.

3.1.2. Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Republik Österreich (Bund). Diese ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 1 BVergG 2018. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Lieferauftrag gemäß § 6 BVergG 2018. Nach den Angaben der Auftraggeberin beträgt der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer für die gesamten Lose 1 bis 3 EUR XXXX sodass es sich gemäß § 12 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 342 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin zuständig.

Der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidens- und Widerrufsentscheidung vom 9. Juni 2020 wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte. Ein Grund für eine Unzulässigkeit gemäß § 344 Abs 2 BVergG 2018 liegt nicht vor. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühren in der erforderlichen Höhe.

Die Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 liegen bei der Antragstellerin bezüglich des Antrags auf Nichtigerklärung der Ausscheidens- und Widerrufsentscheidung vor. Die Antragstellerin wies ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Abgabe des Angebotes nach und brachte das Vorliegen eines drohenden Schadens aufgrund des Erhalts der Ausscheidens- und Widerrufsentscheidung, in Form von Aufwendungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren plausibel vor.

Vor diesem Hintergrund ist die Antragstellerin zur Anfechtung der Ausscheidens- und Widerrufsentscheidung legitimiert.

3.2. Zu den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen

3.2.1. § 28 Abs 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

3.2.2. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65, lauten:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

[...]

34. Subunternehmer ist ein Unternehmer, der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.

[...]

 

Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen

Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

(2) Die völkerrechtlich zulässige unterschiedliche Behandlung von Bewerbern und Bietern aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit oder des Warenursprunges bleibt von Abs. 1 unberührt.

(3) Bei der Durchführung von Vergabeverfahren ist eine gebietsmäßige Beschränkung des Teilnehmerkreises oder eine Beschränkung der Teilnahme auf einzelne Berufsstände, obwohl auch andere Unternehmer die Berechtigung zur Erbringung der Leistung besitzen, unzulässig.

(4) Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Realisierungswettbewerbe sind nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zu vergeben. Der öffentliche Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden.

(5) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Energieeffizienz, Materialeffizienz, Abfall- und Emissionsvermeidung, Bodenschutz) oder des Tierschutzes bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bedingungen im Leistungsvertrag erfolgen.

(6) Im Vergabeverfahren kann auf die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren Arbeitnehmern sowie auf Maßnahmen zur Umsetzung sonstiger sozialpolitischer Belange Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung derartiger Aspekte bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bedingungen im Leistungsvertrag erfolgen.

(7) Im Vergabeverfahren kann auf innovative Aspekte Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch deren Berücksichtigung bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien erfolgen.

(8) Die Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens soll nach Möglichkeit so erfolgen, dass kleine und mittlere Unternehmen am Vergabeverfahren teilnehmen können.

(9) Die Konzeption oder Durchführung eines Vergabeverfahrens darf nicht den Zweck verfolgen, das Vergabeverfahren vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes auszunehmen, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen oder den Wettbewerb künstlich einzuschränken. Eine künstliche Einschränkung des Wettbewerbes liegt jedenfalls dann vor, wenn durch die Konzeption oder Durchführung des Vergabeverfahrens bestimmte Unternehmer auf unzulässige Weise bevorzugt oder benachteiligt werden.

Ausschlussgründe

§ 78. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat – unbeschadet der Abs. 3 bis 5 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

1. der öffentliche Auftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung des Unternehmers hat, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung oder Organisation (§§ 278 und 278a des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974), Terroristische Vereinigung, Terroristische Straftaten oder Terrorismusfinanzierung (§§ 278b bis 278d StGB), Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung oder verbotene Intervention (§§ 304 bis 309 StGB und § 10 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl. Nr. 448/1984), Betrug (§§ 146 bis 148 StGB), Untreue (§ 153 StGB), Geschenkannahme (§ 153a StGB), Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB), Geldwäscherei (§ 165 StGB), Sklaverei, Menschenhandel oder Grenzüberschreitender Prostitutionshandel (§§ 104, 104a und 217 StGB) bzw. einen entsprechenden Straftatbestand gemäß den Vorschriften des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, oder

2. über das Vermögen des Unternehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels kostendeckenden Vermögens kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, oder

3. der Unternehmer sich in Liquidation befindet oder seine gewerbliche Tätigkeit einstellt oder eingestellt hat, oder

4. der öffentliche Auftraggeber über hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Unternehmer mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen, oder

5. der Unternehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes, begangen hat, die vom öffentlichen Auftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde, oder

6. der Unternehmer seine Verpflichtungen zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben in Österreich oder nach den Vorschriften des Landes, in dem er seinen Sitz hat, nicht erfüllt hat und dies

a) durch eine rechtskräftige Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung in Österreich oder gemäß den Vorschriften des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, festgestellt wurde, oder

b) durch den öffentlichen Auftraggeber auf andere geeignete Weise nachgewiesen wurde, oder

7. ein Interessenkonflikt gemäß § 26 nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen vermieden werden kann oder

8. aufgrund der Beteiligung des Unternehmers an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens gemäß § 25 der faire und lautere Wettbewerb unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung verzerrt werden würde oder

9. der Unternehmer bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen lassen hat, die die vorzeitige Beendigung dieses früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben, oder

10. der Unternehmer sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, diese Auskünfte nicht erteilt hat oder die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat oder

11. der Unternehmer

a) versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen oder

b) versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder

c) fahrlässig irreführende Informationen an den öffentlichen Auftraggeber übermittelt, die die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über den Ausschluss oder die Auswahl von Unternehmern oder die Zuschlagserteilung erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) Der öffentliche Auftraggeber hat – unbeschadet des Abs. 5 – einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

1. die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 in Bezug auf eine Person erfüllt ist, die Mitglied im Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist oder die darin Vertretungs-, Entscheidungs- oder Kontrollbefugnisse hat, oder

2. die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 4, 5, 7, 8, 10 oder 11 in Bezug auf eine Person erfüllt sind, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist.

(3) Der öffentliche Auftraggeber kann von einem Ausschluss gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 Abstand nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht.

(4) Der öffentliche Auftraggeber hat von einem Ausschluss gemäß Abs. 1 Z 6 Abstand zu nehmen, wenn

1. er festgestellt hat, dass der Unternehmer seinen Verpflichtungen zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben dadurch nachgekommen ist, dass er die Zahlung vorgenommen oder eine verbindliche Vereinbarung im Hinblick auf die Entrichtung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge, Steuern oder Abgaben – gegebenenfalls einschließlich etwaiger Zinsen oder Strafzahlungen – eingegangen ist, oder

2. nur ein geringfügiger Rückstand hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben besteht oder

3. der Ausschluss aus anderen Gründen offensichtlich unverhältnismäßig wäre.

(5) Der öffentliche Auftraggeber kann von einem Ausschluss gemäß Abs. 1 oder 2 Abstand nehmen, wenn auf die Beteiligung des Unternehmers in begründeten Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nicht verzichtet werden kann.

Ausscheiden von Angeboten

§ 141. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 25 auszuschließen sind, oder

2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder

3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder

4. Angebote, bei denen der Bieter keine Preise angibt, sondern nur erklärt, das billigste Angebot um einen bestimmten Prozentsatz oder Wert zu unterbieten, oder

5. Angebote, bei denen ein Vadium verlangt wurde, dessen Nachweis bei Angebotsöffnung jedoch fehlt, oder

6. verspätet eingelangte Angebote, oder

7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder

8. rechnerisch fehlerhafte Angebote, die gemäß den Festlegungen in der Ausschreibung nicht weiter zu berücksichtigen sind, oder

9. Angebote von nicht aufgeforderten Bietern, oder

10. Angebote von Bietern, die nachweislich Interessen haben, die die Ausführung des Auftrages beeinträchtigen können, oder

11. Angebote von Bietern, bei denen dem öffentlichen Auftraggeber im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß § 131 Abs. 3 gesetzten Nachfrist

a) keine für die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich erforderliche behördliche Entscheidung, oder

b) kein Nachweis darüber, dass die gemäß einer Entscheidung nach lit. a notwendige Berufsqualifikation erworben wurde, oder

c) kein Nachweis darüber, dass vor Ablauf der Angebotsfrist ein auf Einholung einer Entscheidung nach lit. a gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist, oder

d) eine behördliche Entscheidung, die die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich ausschließt,

vorliegt.

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der öffentliche Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.

(3) Der öffentliche Auftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.

Gründe für den Widerruf eines Vergabeverfahrens nach Ablauf der Angebotsfrist

§ 149. (1) Nach Ablauf der Angebotsfrist ist ein Vergabeverfahren zu widerrufen, wenn

1. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen hätten, oder

2. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten, oder

3. kein Angebot eingelangt ist, oder

4. nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.

(2) Ein Vergabeverfahren kann widerrufen werden, wenn

1. nur ein Angebot eingelangt ist, oder

2. nach dem Ausscheiden von Angeboten nur ein Angebot verbleibt, oder

3. dafür sachliche Gründe bestehen.

Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers

§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und

2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.

(3) Erklärt das Bundesverwaltungsgericht eine gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig, ist der Auftraggeber verpflichtet, in dem betreffenden Vergabeverfahren mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

3.3. Zum Vorbringen der Parteien

3.3.1. Am 9. Juni 2020 übermittelte die Auftraggeberin an die Antragstellerin betreffend das Los 3 die hier gegenständliche Ausscheidensentscheidung, welche auszugsweise wie folgt lautet:

„1.) Die Auftraggeberin hat aufgrund des Ergebnisses der Angebotsprüfung betreffend Los 3 den Bieter XXXX gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuschließen und das Angebot gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.“

Im selben Schreiben gab die Auftraggeberin die nachstehende Widerrufsentscheidung bekannt:

„2.) Mitteilung der Widerrufsentscheidung und Neuausschreibung

Die Auftraggeberin beabsichtigt das gegenständliche Vergabeverfahren, da nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt, gemäß § 149 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 zu widerrufen.“

3.3.2. Zur Begründung der Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung und der Widerrufsentscheidung brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass 1. die Antragstellerin – entgegen der Annahme der Auftraggeberin – befugt sei, mit der ausgeschriebenen Munition zu handeln und an die Auftraggeberin zu verkaufen, 2. die Antragstellerin – entgegen der Auffassung der Auftraggeberin – jedenfalls der Beantwortung der Frage im Zusammenhang mit der Patronatserklärung sowie dem erforderlichen Gesamtumsatz nachgekommen sei und 3. vor dem Hintergrund der unrichtigen Annahme der Auftraggeberin, nach dem Ausscheiden von Angeboten, sei kein Angebot mehr im Vergabeverfahren verblieben, die Begründung der Widerrufsentscheidung nicht zutreffend sei.

3.3.3. Die Auftraggeberin führte diesbezüglich in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 zusammengefasst aus, dass die Antragstellerin auszuscheiden gewesen sei, weil diese nicht über die für die Durchführung der gegenständlichen Leistung notwendige materiell- bzw. gewerberechtliche Befugnis zur Munitionsherstellung, keine einschlägigen Referenzprojekte und nicht über auf sie lautende Bescheinigungen im Sinne der Randziffer 134 der Ausschreibungsbedingungen verfüge, die Vorlage der Patronatserklärung nicht erläutert habe sowie keinen aktuellen Firmenbuchauszug und unrichtige bzw. widersprüchliche (Gesamt-) Umsatzzahlen vorgelegt habe.

3.4. Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständliche Ausschreibung nicht angefochten wurde. Deren Bestimmungen erlangten sohin Bestandskraft und sind folglich nach ständiger Rechtsprechung selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung und Bewertung der Angebote, wenn diese unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten (ua VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029). Sowohl die Auftraggeberin als auch die Bieter sind an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zur Auslegung der Ausschreibung ua Folgendes aus (vgl. VwGH 22.03.2019, Ra 2018/04/0176):

„Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (vgl. zu allem VwGH 1.10.2018, Ra 2018/04/0137; 1.2.2017, Ro 2016/04/0054 bis 0055; jeweils mwN). Dass der objektive Erklärungswert maßgeblich ist, gilt auch für die Auslegung der Willenserklärung eines Bieters (vgl. VwGH 25.1.2011, 2006/04/0200; 16.2.2005, 2004/04/0030).

23 Die Annahme, ein Bieter wolle ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen, ist nur dann gerechtfertigt, wenn er dies - klar - zum Ausdruck bringt. Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungswert und nicht darauf an, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen will (vgl. VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066).

24 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen bzw. von Angebotsunterlagen wiederholt festgehalten, dass eine diesbezüglich in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung nicht revisibel ist (vgl. VwGH 18.12.2018, Ra 2018/04/0106, mwN). Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. wiederum VwGH Ra 2018/04/0137, mwN).“

3.5. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung

Aufgrund des Ermittlungsergebnisses hat sich ergeben, dass die angefochtene Ausscheidensentscheidung aus den nachstehenden Gründen rechtswidrig ist:

3.5.1. Zum Nachweis der Befugnis der Antragstellerin

3.5.1.1. Die Auftraggeberin begründete das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 9. Juni 2020 bezüglich des von der Antragstellerin nicht erbrachten Nachweises betreffend die Herstellung von nicht-militärischer Munition damit, dass aufgrund der Ergebnisse der Angebotsprüfung betreffend Los 3 ein Verstoß gegen § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 vorliege, weshalb das Angebot gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden gewesen sei.

In der Begründung wurde von der Auftraggeberin betreffend die Eignung der Antragstellerin im soeben erwähnten Schreiben vom 9. Juni 2020 ua Folgendes festgehalten:

„Zu § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 betreffend die Eignung ‚.... diese Auskünfte nicht erteilt hat oder die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat‘:

[...]

Festzuhalten ist, dass der Gegenstand des Vergabeverfahrens ‚Beschaffung von XXXX ‘ die Herstellung der Munition samt Auslieferung umfasst.

Der Bieter bezieht sich in seinem Aufklärungsschreiben ausschließlich auf seine Eignung als ‚Händler‘ von militärischer Munition und erstattet keine Angabe, wer die ‚Herstellung‘ der gegenständlich nicht-militärischen Munition übernimmt.“

Die Auftraggeberin bringt diesbezüglich in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 vor, dass sich bereits aus Punkt V7. und V16. der „Besonderen Vertragsbedingungen“ der Ausschreibungsunterlage eindeutig ergebe, dass der in Frage kommende Bieter nicht nur als kommerzieller Warenhändler „zwischengeschaltet“ werden solle, sondern diesen vielmehr (auch) die in den Ausschreibungsunterlagen eindeutig normierte Pflicht treffe, die ausgeschriebene Leistung selbst zu produzieren bzw. durch geeignete und rechtzeitig zu nennende Subunternehmer produzieren zu lassen. Folglich bilde gerade die Munitionserzeugung das der gegenständlich geplanten Lieferung vorgeschaltete Kernstück der Ausschreibung, welcher Umstand für alle Bieter insbesondere anhand der klaren und deutlichen „Besonderen Vertragsbedingungen“ auch deutlich zu erkennen gewesen sei.

3.5.1.2. Vor diesem Hintergrund ist nunmehr vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen, ob – wie von der Auftraggeberin argumentiert wird (vgl. Seite 6 der Stellungnahme vom 26. Juni 2020) – in der Ausschreibung eine zum Lieferauftrag mitumfasste Herstellungspflicht festgelegt ist.

Betrachtet man die gesamte Struktur der Ausschreibung, so fällt auf, dass die Herstellung der ausgeschriebenen Ware an keiner Stelle explizit Erwähnung findet:

Im Punkt A2.2 der Ausschreibungsbedingungen wird bezüglich des Ziels des Beschaffungsvertrages ua festgehalten:

„A2.2 Ziel des Beschaffungsvorhabens

Das Ziel des Beschaffungsvorhabens ist, Verträge über die Lieferung von XXXX abzuschließen um XXXX .“

In den „Besonderen Ausschreibungsbedingungen“ wird in Punkt V2.3. wiederum Folgendes vorgesehen:

„V2.3. Los 3

Vertragsgegenstand ist die Lieferung von XXXX in Verbindung mit dem Angebot des Auftragsnehmers und wird mit Zuschlagserteilung von der Auftraggeberin beauftragt.“

Im Punkt A5.3 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wird hinsichtlich des Nachweises der „Befugnis“ Folgendes festgelegt:

„118 Der Bieter muss seine Befugnis durch folgende Unterlagen bzw. Erklärungen nachweisen: Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) gemäß § 365e Abs. 1 der Gewerbeordnung, oder Nachweis der für die Ausführung der ausschreibungsgegenständlichen Dienstleistung erforderlichen Mitgliedschaft zu einer bestimmten Organisation oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers (Nachweis nicht älter als sechs Monate gerechnet vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist). Im Falle einer Bietergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil nachzuweisen.“

Im Teil B [„Besondere Vertragsbedingungen (Lieferung)“] wird unter Punkt V16. festgehalten:

„V16. Vorläufige Abnahme/förmliche Endabnahme

V16.1. Vor der jeweiligen Teil- oder Gesamtlieferung der Munition pro Los an die Erfüllungsorte ist der Auftraggeberin oder seinen Beauftragten die Möglichkeit einer vorläufigen Abnahme im Produktionswerk des Auftragnehmers zu geben, bei der die Leistungen dieses Vertrages pro Los einer ersten stichprobenartigen Prüfung im Hinblick auf die Erfüllung der ‚Technischen Leistungsbedingungen Teil C‘ unterzogen werden.

V16.2. An der vorläufigen Abnahme werden je Los 3 Personen der Auftraggeberin teilnehmen.

V16.3. Der Auftragnehmer wird der Auftraggeberin jeweils spätestens sechs Wochen im Voraus bekannt geben, ab wann die Munition für das jeweilige Los fertig gestellt und somit eine vorläufige Abnahme möglich ist.

V16.4. Der Auftraggeberin sind alle für die vorläufige Abnahme erforderlichen Unterlagen, Mess- und Testprotokolle und nötigenfalls Fachpersonal sowie Testgeräte kostenlos zur Verfügung zu stellen.

V16.5. Treten im Verlauf der vorläufigen Abnahme Mängel bzw. Abweichungen von den Ausschreibungsbedingungen je Los auf, so ist der Auftragnehmer verpflichtet, diese Mängel bzw. Abweichungen unverzüglich und kostenlos je Los zu beheben.

V16.6. Über jede derartige Mängelbehebung sind pro Los entsprechende Unterlagen vom Auftragnehmer zu erstellen und ist die Mängelbehebung den Organen der Auftraggeberin auf Verlangen nachzuweisen.

V16.7. Über die vorläufige Abnahme wird je Los ein Protokoll erstellt, das sowohl von der Auftraggeberin als auch vom Auftragnehmer zu unterfertigen ist. Die Unterfertigung des Protokolls durch Organe der Auftraggeberin im Rahmen der vorläufigen Abnahme oder zu einem früheren Zeitpunkt begründet keine förmliche Abnahme. Die Rechte der Auftraggeberin bleiben unberührt.

V16.8. Die Lieferung des Munitionskontingentes je Los ist mindestens fünf Werktage vor der Lieferung durch den Auftragnehmer oder einen von ihm beauftragten Dritten dem im Dokument ‚Liefer- und Rechnungsadressen‘ zu entnehmenden Ansprechpartner mitzuteilen.

V16.9. Die Erfüllung gilt erst mit förmlicher Abnahme der Munition pro Los an den Erfüllungsorten der Auftraggeberin als bewirkt. Die erbrachte Leistung wird nach Lieferung an die Erfüllungsorte – vorbehaltlich einer nachfolgenden fachlichen Prüfung – zunächst nur mengenmäßig übernommen. Die eigentliche förmliche Abnahme erfolgt erst mit dem Tag, an dem von der Auftraggeberin oder von seinen Bevollmächtigten nach fachlicher Prüfung entschieden wird, die Leistung zu übernehmen.

V16.10.An den Auftragnehmer ergeht zur Bestätigung der förmlichen Abnahme eine von der Auftraggeberin unterfertigte schriftliche Mitteilung der förmlichen Abnahme. Die förmliche Abnahme erfolgt spätestens 30 Tage nach Übernahme der Lieferung.

V16.11.Mit der förmlichen Abnahme durch die Auftraggeberin gilt die jeweilige Munition, vorbehaltlich der Ansprüche der Auftraggeberin auf Gewährleistung, Erfüllung oder Schadenersatz, als geliefert, sodass ab diesem Zeitpunkt keine Verzugsfolgen mehr eintreten können.

V16.12.Die Auftraggeberin ist nicht verpflichtet, eine unvollständige oder sonst nicht vertragsgerechte Lieferung abzunehmen, in diesem Fall kann die Abnahme verweigert werden. Nimmt die Auftraggeberin die Leistung trotz Vorliegens von Mängeln ab, so bedeutet dies keinen Verzicht auf Ansprüche, wie etwa Erfüllung, Gewährleistung und/oder Schadenersatz.

V16.13.§ 377 UGB sowie § 928 ABGB werden ausdrücklich abbedungen.

V16.14.Mit der förmlichen Abnahme gehen das Eigentum am Vertragsgegenstand sowie die Haftung für Gefahr und Zufall auf die Auftraggeberin über.“

Wenn die Munitionserzeugung – so wie von der Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 ausgeführt wurde – das Kernstück der Ausschreibung bilden würde, so ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, dass der Umstand der Munitionsherstellung durch den jeweiligen Bieter an keiner Stelle der Ausschreibung explizit geregelt wird; die Termini „Herstellen“, „Erzeugung“ oder „Herstellung“ finden sich im Teil A der Ausschreibungsbedingungen schlichtweg nicht.

Die zitierten Ausschreibungsbedingungen legen für das Bundesverwaltungsgericht viel eher die Auslegung nahe, dass nur die Lieferung der ausgeschriebenen Munition verlangt wird, nicht jedoch auch deren Erzeugung, zumal auch als Ziel des Beschaffungsvorhabens unter Punkt A2.2 „Verträge über die Lieferung“ vorgesehen werden. Auch unter Punkt V2.3 der „Besonderen Ausschreibungsbedingungen“ wird als Vertragsgegenstand die „Lieferung von XXXX […]“ angeführt. Der Verweis auf die XXXX in den „Besonderen Ausschreibungsbedingungen“ vermag an diesem Umstand nichts zu ändern, da in dieser Richtlinie lediglich die Kriterien, denen die besagten Patronen zu entsprechen haben, um im Sinne der XXXX als zertifiziert und geprüft zu gelten, festgelegt werden [arg. „1.1 XXXX (…).“]; eine Herstellungsverpflichtung des jeweiligen Bieters lässt sich daraus nicht ableiten.

Auch wenn im Teil B der Ausschreibungsbedingungen unter Punkt V16.1. auf das „Produktionswerk des Auftragnehmers“ abgestellt wird (arg. „V16.1. Vor der jeweiligen Teil- oder Gesamtlieferung der Munition pro Los an die Erfüllungsorte ist der Auftraggeberin oder seinen Beauftragten die Möglichkeit einer vorläufigen Abnahme im Produktionswerk des Auftragnehmers zu geben, bei der die Leistungen dieses Vertrages pro Los einer ersten stichprobenartigen Prüfung im Hinblick auf die Erfüllung der ‚Technischen Leistungsbedingungen Teil C‘ unterzogen werden.“), ist schon bei ausschließlicher Betrachtung dieser Bestimmung nicht der Schluss zu ziehen, dass den Bieter auch eine Herstellungspflicht trifft. Der objektive Erklärungswert lässt auch ein Verständnis zu, dass es sich dabei um ein Produktionswerk des Unternehmens handelt, von dem aus der Bieter die ausgeschriebene Ware bezieht. Auch aus Punkt V16.3 der „Besonderen Ausschreibungsbedingungen“ (arg. „V16.3. Der Auftragnehmer wird der Auftraggeberin jeweils spätestens sechs Wochen im Voraus bekannt geben, ab wann die Munition für das jeweilige Los fertig gestellt und somit eine vorläufige Abnahme möglich ist.“) lässt sich keine Herstellungspflicht des jeweiligen Bieters ableiten, sondern nur der jeweilige Zeitpunkt, zu welchem von einer Bereitstellung der entsprechenden Munition zur vorläufigen Abnahme durch die Auftraggeberin auszugehen ist.

Punkt V7. und Punkt V8. im Teil B der Ausschreibungsbedingungen lauten:

„V7. Fertigungsüberwachung

Die Auftraggeberin ist berechtigt, sich während der Fertigung von der Einhaltung der technischen Festlegungen in den Leistungsbeschreibungen zu überzeugen.

Die Fertigungsüberwachung ist grundsätzlich in der Zeit von Montag bis Freitag von 08.00 bis 16.00 Uhr vorgesehen und kann bei gravierenden Problemen von der Auftraggeberin wiederholt werden.

V8. Qualitätskontrollen während der Fertigung und Dokumentation

Qualitätskontrollen und Endprüfungen der in Los 1 und Los 2 vertragsgegenständlichen Munition werden von werkseitigen/staatlichen Güteprüfern im Sinne der jeweiligen Norm durchgeführt. Die Auftraggeberin behält sich eine Beteiligung an den Endprüfungen des Auftragnehmers vor. Der Auftragnehmer stellt für die Durchführung der Prüfungen erforderliche Prüfeinrichtungen, Prüfräume, das Prüfpersonal sowie die benötigte Prüfmenge kostenlos zur Verfügung.

Über die Ergebnisse der Prüfungen werden der Auftraggeberin bei der vorläufigen Abnahme gemäß V16. Qualitätsprüfzertifikate wie folgt vorgelegt:

1.) DIN 55350 Teil 18 – 4.2.2 bei werksseitiger Prüfung und

2.) DIN 55350 Teil 18 – 4.3.3 bei amtlicher Prüfung.“

Selbst wenn Punkt V8. überhaupt im Zusammenhang mit Los 3 zur Anwendung gelangen sollte (arg. „Qualitätskontrollen und Endprüfungen der in Los 1 und Los 2 vertragsgegenständlichen Munition […]“), ergibt sich schon aus der isolierten Betrachtung dieser Regelung keine Verpflichtung zur Erzeugung der ausgeschriebenen Ware durch den Bieter. Aus dem Umstand, dass sich für die das Los 3 betreffende Munition in den Ausschreibungsbedingungen kein Verweis von Durchführungen von Qualitätskontrollen und Endprüfungen findet, lässt darauf schließen, dass die Los 3 betreffende Munition bereits gemäß der XXXX zertifizierte und einer vom XXXX anerkannten Prüfstelle geprüfte Ware darstellt, deren Zertifikat Gültigkeit verliert, wenn Veränderungen oder Modifizierungen des Herstellungsprozesses vorgenommen werden, weshalb bereits deshalb davon auszugehen ist, dass nicht die Herstellung der Munition Gegenstand des Beschaffungsvorgangs ist, sondern lediglich die Lieferung der gemäß der XXXX zertifizierten und geprüften Patronen.

Auch der Verweis der Antragstellerin auf Randziffer 134 der Ausschreibungsbestimmungen führt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht zu dem Verständnis der Ausschreibung, demzufolge auch die Erzeugung der ausgeschriebenen Ware verlangt worden wäre.

Dort heißt es:

„Die technische Leistungsfähigkeit ist im Hinblick auf Los 3 nur unter den Anforderungen, wie sie sich aus dem Dokument ‚ XXXX ‘ ergeben, gegeben und entsprechend den dort festgelegten Nachweisen auf Aufforderung der Auftraggeberin zu belegen.“

Damit wird nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes lediglich eine Aussage dahingehend getroffen, wie die geforderte Ware beschaffen sein muss, nicht aber auch wer die Ware zu erzeugen hat.

Die Auftraggeberin konnte im gesamten Verfahren keinen konkreten Anhaltspunkt liefern, aus dem ersichtlich wäre, dass auch die Erzeugung der verfahrensgegenständlichen Munition vom Bieter selbst erfolgen müsse. Auch das Bundesverwaltungsgericht vermochte – wie soeben dargelegt – nicht zu erkennen, dass den Ausschreibungsbedingungen eine Verpflichtung des jeweiligen Bieters zur Herstellung der vorliegenden Munition eindeutig zu entnehmen wäre.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht aus den Ausschreibungsbedingungen auch nicht, dass vom jeweiligen Bieter eine „Angabe, wer die ‚Herstellung‘ der gegenständlich nicht-militärischen Munition übernimmt“ verlangt wird.

Da die Herstellung von nicht-militärischer Munition nicht Ausschreibungsgegenstand war und ein diesbezüglicher Nachweis (bzw. eine „Angabe, wer die ‚Herstellung‘ der gegenständlich nicht-militärischen Munition übernimmt“) daher auch nicht gefordert war, erfolgte die Ausscheidensentscheidung aus diesem Grund zu Unrecht.

3.5.2. Zum fehlenden Referenzprojekt

In der Stellungnahme vom 26. Juni 2020 macht die Auftraggeberin überdies geltend, dass die Antragstellerin nicht die nach der Ausschreibung geforderten Referenzprojekte als Munitionshersteller vorgelegt habe. Die Ausschreibungsbestimmungen würden in der Randziffer 135 vorsehen, dass die technische Leistungsfähigkeit der Bieter nur dann gegeben sei, wenn diese je angebotenem Los über zumindest ein mit dem Auftragsgegenstand vergleichbares Referenzprojekt verfüge. So sei nach der Randziffer 138 der Ausschreibungsbedingungen für das verfahrensgegenständliche Los 3 ein Referenzprojekt nur dann vergleichbar, wenn es die Lieferung von XXXX zum Gegenstand habe, einen Referenzauftragswert von zumindest EUR XXXX (exklusive Umsatzsteuer) aufweise und die Abnahme der Lieferung der Ware als vertragskonforme Leistungserbringung durch den Referenz-Auftraggeber ausgehend vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist innerhalb der letzten fünf Jahre erfolgt sei.

In den Randziffern 135 und 138 in Punkt A5.5.2 der Ausschreibungsbedingungen wird hinsichtlich der Unternehmensreferenzen Folgendes festgelegt:

„A5.5.2 Unternehmensreferenzen

135 Die technische Leistungsfähigkeit ist nur gegeben, wenn der Bieter je angebotenem Los über zumindest ein mit dem Auftragsgegenstand vergleichbares Referenzprojekt verfügt, das sämtliche der folgenden Mindestanforderungen erfüllt.

138 Ein Referenzprojekt für Los 3 ist nur dann vergleichbar, wenn es die Lieferung von XXXX ; und einen Referenzauftragswert von zumindest EUR XXXX (exkl. USt) aufweist; und die Abnahme (der Lieferung) der Ware als vertragskonforme Leistungserbringung durch den Referenz-Auftraggeber ausgehend vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist innerhalb der letzten fünf Jahre erfolgt ist.“

Abgesehen davon, dass auch diese Bestimmung als Argument dafür dient, dass verfahrensgegenständlich die Lieferung und nicht die Herstellung und Lieferung gefordert wird – der Bieter soll offenkundig in der Lage sein, diese Ware zu liefern, weshalb er nachzuweisen hat, dass er bereits einen Lieferauftrag in einem gewissen Ausmaß erfüllt hat, unabhängig von der Frage, wer Hersteller dieser Ware ist – ist diese Bestimmung bereits aufgrund ihres Wortlautes so zu verstehen, dass hiermit der Nachweis gefordert ist, die Belieferung nachzuweisen.

Die Antragstellerin benannte bei Antragstellung entsprechend der Ausschreibungsbestimmungen ua ein Referenzprojekt, bei welchem sie als Händlerin mit der Gewerbeberechtigung zum Munitionshandel das „ XXXX “ beliefert hatte und legte das ausgefüllte Formblatt bei. Der Auftragswert war ausreichend gewesen und die Abnahme war innerhalb des festgesetzten Zeitraums erfolgt. Zum Nachweis der erbrachten Leistung übermittelte die Antragstellerin – nach Ergehen des Aufklärungsersuchens durch die Auftraggeberin am 20. April 2020 – die Bekanntmachung des vergebenen Auftrags bezüglich der Lieferung einer „ XXXX “ und eine Bestätigung des Auftraggebers.

In der Stellungnahme vom 26. Juni 2020 räumt die Auftraggeberin selbst ein, dass das von der Antragstellerin angeführte Referenzprojekt im geforderten Referenzzeitraum erbracht worden sei sowie dem geforderten Auftragswert und der geforderten Ware entspreche. Sie führt diesbezüglich ferner aus, dass es ungeachtet dessen jedoch keinesfalls als ausschreibungskonformer Nachweis für das Vorliegen der technischen Leistungsfähigkeit gewertet werden könne, da die Antragstellerin die Referenztätigkeit offenkundig lediglich als Händler– nicht hingegen auch als Hersteller – erbracht habe und es sich somit um mit dem Auftragsgegenstand keinesfalls vergleichbares Referenzprojekt handle.

Wie bereits ausgeführt, widersprechen diese Ausführungen, dass aufgrund dessen, dass die Antragstellerin bei ihrem Referenzprojekt lediglich als „Händler“ und nicht als „Hersteller“ fungiert habe und es sich somit um mit dem Auftragsgegenstand keinesfalls vergleichbares Referenzprojekt handle, der gegenständlichen Ausschreibung (insgesamt und im Speziellen im Sinne der Randziffer 135), sodass auch dieses Argument nicht zur Begründung des Ausscheidens der Antragstellerin herangezogen werden kann.

3.5.3. Zur nicht erfolgten Benennung von Subunternehmern

Die Auftraggeberin macht ferner bezüglich § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 geltend, dass die Antragstellerin gemäß den Ausschreibungsbedingungen zu Punkt A3.3 Randziffer 59 dazu verpflichtet gewesen sei, sämtliche Subunternehmer und die von diesen zu erbringenden (Teil-)Leistungen im Angebot im Formblatt „Liste allfälliger Subunternehmer“ bekanntzugeben. Die Antragstellerin habe keine Angabe von Subunternehmern im Angebot erstattet, obwohl sie sich selbst lediglich auf ihre Funktion als „Händler“ berufe und zur Substitution der technischen Leistungsfähigkeit gemäß § 86 BVergG 2018 jedenfalls einen erforderlichen Subunternehmer zur Leistungserbringung heranziehen müsse.

Diesbezüglich ist der Auftraggeberin entgegenzuhalten, dass diese selbst in der Ausschreibung festlegte, dass die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, keine Subunternehmerleistung ist (vgl. Randziffer 56 der Ausschreibungsbedingungen, arg. „Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.“).

Gemäß § 2 Z 34 BVergG 2018 ist Subunternehmer ein Unternehmer, der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. „Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.“

In den Gesetzesmaterialien heißt es zu § 2 Z 34 BVergG 2018 (69 der Beilagen XXVI. GP, 14f):

„Zu Z 34: Die Definition des Begriffes ‚Subunternehmer‘ findet ihre Grundlage im Werkvertragsrecht. Kennzeichnend für diese Vertragsverhältnisse ist, dass die Herstellung eines bestimmten Werkes bzw. Erfolges geschuldet ist (vgl. dazu die §§ 1151 und 1165 ABGB). Eine Beteiligung an der ‚Ausführung‘ eines Auftrages im Sinne der Definition des BVergG liegt daher dann vor, wenn ein Unternehmer einen Leistungsteil des Auftrages vertraglich übernimmt und diesen Leistungsteil in Eigenverantwortung selbst (oder mit Gehilfen) ausführt. Zulieferer sind, wie schon nach bisheriger Rechtslage, keine Subunternehmer im Sinne der Definition (vgl. dazu schon 327 BlgNR XXIV. GP 22, mit Hinweis auf AB 1118 BlgNR XXI. GP 47, sowie etwa das Urteil des OGH vom 8. März 2005, 10 Ob 74/04m; vgl. ferner dazu Art.71 Abs.5 vierter UAbs. der RL 2014/24/EU und Art.88 Abs.5 vierter UAbs. der RL 2014/25/EU ), unabhängig von der Tatsache, ob die vom Zulieferer gelieferten Produkte nach Maß angefertigt wurden oder nicht. Daher ist der bloße Lieferant von Beton, Bauteilen und sonstigen Komponenten von der Definition nicht erfasst. Hingegen wäre ein Zulieferer, der auch Bauteile selbst einbaut, ein Subunternehmer. Ebenfalls kein Subunternehmer im Sinne der Definition ist ein Unternehmer, dessen Leistung darin besteht, einen Subunternehmer in die Lage zu versetzen, einen Leistungsteil des Auftrages erst erbringen zu können (wie etwa die Wartung von Maschinen eines Subunternehmers, die Vermietung von Maschinen und Geräten an einen Subunternehmer, die Überlassung von Arbeitskräften an einen Subunternehmer).

Die Definition stellt darauf ab, dass ein Unternehmer – in welcher Art und in welchem Umfang auch immer – an der Ausführung eines erteilten Auftrages beteiligt ist. Unerheblich ist daher, ob er ein direktes Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer hat oder nicht; die Definition erfasst sohin die gesamte Subunternehmerkette (somit auch jene Unternehmer, die herkömmlich oft auch als Subsub[...]unternehmer bezeichnet werden). Mit der Formulierung werden daher umfassend jene Unternehmer erfasst, die aufgrund eines direkten oder indirekten vertraglichen (‚Ketten‘-)Verhältnisses mit dem Auftragnehmer in die Auftragsdurchführung vertraglich eingebunden werden (bis zum letzten Glied dieser ‚Kette‘); erfasst wird somit das gesamte Netzwerk jener letztlich auf den Auftragnehmer rückverfolgbaren Verträge, die auf die Realisierung des Leistungsgegenstandes gerichtet sind. Im Gesetz werden alle diese Unternehmen einheitlich als ‚Subunternehmer‘ bezeichnet.

Zur Klarstellung wird hinzugefügt, dass Unternehmen, die Teile eines Auftrages von einem mit ihnen verbundenen Unternehmen (§ 2 Z 40) vertraglich übernehmen, ebenfalls Subunternehmer im Sinne der Definition sind.“

Hinsichtlich der Verwendung von Subunternehmern wird im Teil A der Ausschreibungsbedingungen Folgendes festgelegt:

„A3.3 Subunternehmer

56 Als Subunternehmer gelten Unternehmer, die Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführen, einschließlich aller Sub-Subunternehmer der Subunternehmerkette. Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.

57 Zur Zulässigkeit der Weitergabe von Teilen der Leistung an Subunternehmer verfügt die Auftraggeberin wie folgt:

Die Weitergabe von Teilen der Leistung an Subunternehmer ist grundsätzlich zulässig, sofern der Subunternehmer die für die Ausführung seines Leistungsteiles erforderliche berufliche Zuverlässigkeit, Befugnis und Leistungsfähigkeit besitzt. Unzulässig ist die Weitergabe des gesamten Auftrages, es sei denn, es handelt sich um Kaufverträge. Die Weitergabe von Leistungen an verbundene Unternehmen ist stets zulässig.

58 Bei der Heranziehung von Subunternehmern wird zwischen notwendigen und zweckmäßigen Subunternehmern unterschieden. Notwendige Subunternehmer sind Unternehmer, die für die Eignung des Bieters zwingend erforderlich sind. Zweckmäßige Subunternehmer sind Unternehmer, deren Eignung für den Bieter nicht unerlässlich ist.

59 Zum Umfang der Pflicht zur Nennung von Subunternehmern im Angebot verfügt die Auftraggeberin wie folgt:

Der Bieter hat sämtliche Subunternehmer (d.h. notwendige und zweckmäßige Subunternehmer) und die von diesen zu erbringenden (Teil-)Leistungen im Angebot im Formblatt ‚Liste allfälliger Subunternehmer‘ bekannt zu geben.

60 Stützt sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung auf Kapazitäten von Subunternehmern (notwendige Subunternehmer) ist ein entsprechender Nachweis, dass der Bieter über deren Kapazitäten tatsächlich verfügt und der öffentliche Auftraggeber die zur Durchführung des Gesamtauftrages erforderlichen Sicherheiten über die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat, vorzulegen. Dem Bieter stehen die mit Angebotsabgabe vorzulegenden Formblätter der Auftraggeberin ‚Subunternehmererklärung‘ und ‚Solidarhaftungserklärung‘ zur Verfügung.

61 Der Bieter hat seine Subunternehmer in alle an diese bzw. deren Leistungsteile gerichteten Rückfragen im Rahmen der Angebotsprüfung direkt und unverzüglich einzubinden und damit für einen lückenlosen Informationsfluss gegenüber der Auftraggeberin zu sorgen. Bei Anforderung hat der Bieter auch für die persönliche Anwesenheit der jeweiligen Subunternehmer bei Aufklärungsgesprächen zu sorgen.

62 Der Bieter ist verpflichtet, auf Aufforderung der Auftraggeberin den Preis des Subunternehmers einschließlich dessen Kalkulation und überhaupt alle für die Angebotsprüfung relevanten Vereinbarungen des Bieters mit seinem Subunternehmer offen zu legen.

63 Lehnt die Auftraggeberin einen nicht für den Nachweis der Erfüllung der Eignungskriterien erforderlichen Subunternehmer ab, hat der Bieter im Fall des Zuschlags die angebotenen Leistungen zu den kalkulatorischen Bedingungen dieses Subunternehmers zu erbringen.

64 Ein Wechsel des notwendigen Subunternehmers während des Vergabeverfahrens ist ausgeschlossen.“

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wird hinsichtlich der Vorlage eines Dokumentes betreffend die Einhaltung der XXXX von Seiten der Auftraggeberin Folgendes ins Treffen geführt (vgl. die Seiten 3 und 8 des Verhandlungsprotokolls):

„ASG: In Rz 134 des Teil A ‚Ausschreibungsbedingungen‘ ist in Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Los 3 bestandsfest festgelegt, dass ein Zertifikat über die XXXX , vorzulegen ist. Seitens der Antragstellerin wurden hierzu lediglich Zertifikate vorgelegt, die auf das verbundene Unternehmen aus XXXX ausgestellt sind. Ein notwendiger Subunternehmer wurde im Angebot jedoch nicht angeführt und ist ein Nachschieben von notwendigen Subunternehmern nach Angebotseröffnung bzw. nach dem eignungsrelevanten Zeitpunkt, unzulässig.

[...]

Sie haben zuerst, zu Beginn der Verhandlung, auf meine Frage, welcher Punkt unabhängig vom Verständnis der Ausschreibung ist, auf Rz 134 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen verwiesen.

ASG: Aus meiner Sicht muss der Bieter aufgrund dieser Ausschreibungsbestimmung jedenfalls ein auf ihn lautendes Zertifikat besitzen und zwar unabhängig von der Frage, ob er einen Subunternehmer zur Erbringung der Leistung benötigt und damit unabhängig von der Frage, ob auch die Herstellung ausschreibungsgegenständlich ist.“

Randziffer 134 der Ausschreibungsbedingungen normiert Folgendes:

„Die technische Leistungsfähigkeit ist im Hinblick auf Los 3 nur unter den Anforderungen, wie sie sich aus dem Dokument ‚ XXXX ‘ ergeben, gegeben und entsprechend den dort festgelegten Nachweisen auf Aufforderung der Auftraggeberin zu belegen.“

Die verfahrensgegenständlichen Patronen müssen der XXXX entsprechen. Der Beschaffungsgegenstand der verfahrensgegenständlichen Patronen im XXXX mit XXXX stellt eine zertifizierte Handelsware dar.

Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich weder aus Randziffer 134 der Ausschreibungsbedingungen noch aus der verfahrensgegenständlichen XXXX , dass ein auf den Bieter lautendes Zertifikat zur Berechtigung der Munitionsherstellung gemäß dieser Richtlinie verlangt ist.

Die Antragstellerin bezieht die ausgeschriebene und zertifizierte Munition von der XXXX ; eine entsprechende Patronatserklärung wurde der Antragstellerin von der XXXX im vorliegenden Vergabeverfahren ausgestellt. Die Antragstellerin verfügt über die erforderliche Befugnis zum Handel mit militärischer und ziviler Munition.

Wie bereits ausgeführt, ist gemäß den Ausschreibungsbestimmungen die Lieferung von standardisierter Munition verlangt (nicht jedoch deren Herstellung).

Die Antragstellerin ist berechtigt, die ausgeschriebene Leistung – als handelsübliche Ware – zu verkaufen.

Vor diesem Hintergrund ist weder nach den Ausschreibungsbedingungen noch nach § 2 Z 34 BVergG 2018 eine Benennung von Zulieferern als Subunternehmer erforderlich. Die nachträgliche Forderung der Auftraggeberin zur Benennung eines Zulieferers als Subunternehmer wäre folglich ausschreibungs- und vergaberechtswidrig.

Vor diesem Hintergrund vermag die Auftraggeberin mit dem Vorbringen, die Antragstellerin habe keine Angabe von Subunternehmern im Angebot erstattet, obwohl sie sich selbst lediglich auf ihre Funktion als „Händler“ berufe, nichts zu gewinnen.

3.5.4. Die Ausscheidensentscheidung wurde von Seiten der Auftraggeberin auch damit begründet, dass die Beantwortung der Antragstellerin sowohl im Zusammenhang mit der Patronatserklärung als auch dem erforderlichen Gesamtumsatz trotz des klaren Aufklärungsersuchens der Auftraggeberin nicht vollständig und klar sei.

3.5.4.1. Zur Patronatserklärung

Mit Schreiben vom 16. April 2020 wurde die Antragstellerin um Aufklärung ersucht, welche Rolle die XXXX spiele.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 teilte die Antragstellerin der Auftraggeberin Folgendes mit:

„Die Namhaftmachung der ‚ XXXX ‘ erfolgte aufgrund deren Eigenschaft als Alleineigentümerin der Bieterin und sohin als verbundenes Unternehmen gemäß § 2 Z 40 BVergG (Anhang 1 – Firmenbuchauszug und Formblatt Patronatserklärung). Die Bieterin hat dazu auch die Patronatserklärung im Online-Formular 16 ausgefüllt und die Beilage zum Formblatt 16 rechtsgültig gefertigt dem Angebot beigelegt. Die XXXX stellt der Bieterin daher im Bedarfsfall ihre finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Verfügung.“

In ihrer Stellungnahme vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 26. Juni 2020 führte die Auftraggeberin diesbezüglich Folgendes ins Treffen:

„Klar ersichtlich ist daher, dass die Antragstellerin im Formblatt 16 ‚Patronatserklärung‘ im Hinblick auf den Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Namhaftmachung der ‚ XXXX ‘ nachfolgende Aussage getroffen hat: ‚Ich bestätige, verbundene Unternehmen bzw. Dritte für dieses Verfahren einzusetzen und die Patronatserklärung von verbundenen Unternehmen bzw. Dritten dem Teilnahmeantrag/Angebot beizufügen.‘“

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist nicht erkennbar, welcher Ausscheidensgrund durch die Abgabe dieser Patronatserklärung in Zusammenschau mit dem Aufklärungsschreiben vom 4. Mai 2020 vorliegen soll. Die Auftraggeberin stützte die Ausscheidensentscheidung darauf, dass die Antwort der Antragstellerin „nicht vollständig und klar ist.“ Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes weisen diese Ausführungen der Antragstellerin im Schreiben vom 4. Mai 2020 keine Unvollständigkeiten oder Unklarheiten auf, weshalb das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich keine Verwirklichung eines Ausscheidenstatbestandes zu erblicken vermag.

3.5.4.2. Zum Gesamtumsatz

Die Antragstellerin übermittelte die Jahresabschlussberichte der Geschäftsjahre 2016, 2017 und 2018 und gab, soweit hier relevant, im Formblatt 5, welches mit dem Angebot abgegeben wurde, nachfolgende Umsatzzahlen bekannt:

„Gesamtumsatz

o 2017: EUR XXXX ;

o 2018: EUR XXXX .

Spartenspezifischer Umsatz:

o 2017: EUR XXXX ;

o 2018: EUR XXXX .“

Die Auftraggeberin ersuchte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. April 2020 um folgende Aufklärung:

„Der Bieter ist nicht gemäß den Vorgaben der Auftraggeberin vorgegangen, sondern hat im Formblatt 5 den (spartenspezifischen) Gesamtumsatz statt für das Geschäftsjahr 2016 für das Geschäftsjahr 2019 ausgewiesen. Der Bieter wird daher um Aufklärung ersucht, welcher (spartenspezifische) Gesamtumsatz für 2016 besteht. In einem wird um Aufklärung ersucht, was unter ‚spartenspezifischen‘ Umsatz vom Bieter verstanden wurde.“

Hierauf übermittelte die Antragstellerin an die Auftraggeberin folgendes Antwortschreiben vom 4. Mai 2020:

„Gemäß Punkt A 5.4.1, Rz 123 der Ausschreibungsbestimmungen ist der spartenspezifische Gesamtumsatz der letzten drei Geschäftsjahre anzuführen. Dabei wurde festgelegt, dass als letztes Geschäftsjahr jenes gilt, zu welchen ein Jahresabschluss besteht. Die Angebotsabgabe erfolgte am 31.01.2020. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Bieterin bereits die Geschäftszahlen bzw Umsatzzahlen für das abgeschlossene Geschäftsjahr bis 31.12.2019 vor. Die Bieterin hat aus diesem Grund die Umsatzzahlen der Geschäftsjahre 2019, 2018 und 2017 im Formblatt 8 angegeben. Der Vollständigkeit halber legen wir gemäß Punkt A 5.4.1 Rz 126 der Ausschreibungsbestimmungen die Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 2016 bis 2019 bei (Anhang 3 – Jahresabschlüsse 2016 bis 2018). Im Geschäftsjahr 2016 war die Bieterin noch nicht verpflichtet, einen Bestätigungsvermerk des Jahresabschlussprüfers einzuholen. Ab dem Geschäftsjahr 2017 liegt ein solcher Bestätigungsvermerk vor. Die geforderte Umsatzzahl für das Geschäftsjahr 2016 beträgt: EUR XXXX . Wir verweisen dazu auf die Beilage II, Seite 3 zum Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2018, in welcher der Geschäftsverlauf der Jahre 2014 bis 2018 angeführt ist. Zu dieser Beilage liegt auch der Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers der XXXX vor. Unter dem Begriff ‚spartenspezifischer‘ Gesamtumsatz gemäß den Ausschreibungsbestimmungen versteht die Bieterin den Umsatz, in den die gegenständliche Vergabe fällt. Dieser ist von der konkreten Befugnis der Bieterin auch umfasst (siehe oben GISA-Auskünfte unter Verweis auf die Befugnis gemäß § 139 Abs 1 Z 2 lit b GewO). Konkret betragen die Umsätze aus der Sparte ‚ XXXX ‘ wie folgt:

- Geschäftsjahr 2016 rund EUR XXXX ;

- Geschäftsjahr 2017 rund EUR XXXX ;

- Geschäftsjahr 2018 rund EUR XXXX .“

Die Beilage II dieses Antwortschreibens enthält ua folgende Ausführungen:

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte die Auftraggeberin diesbezüglich Folgendes aus:

„ASG: Seitens der Antragstellerin wurde mit dem Aufklärungsschreiben vom 05.04.2020 unterschiedliche Umsatzzahlen bzw. spartenspezifische Umsätze durch den Verweis auf die vorgelegte Beilage ./II benannt. Der Auftraggeberin war es anhand des Schreibens vom 05.04.2020 daher nicht möglich, eine abschließende Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorzunehmen und hätte ein weiteres Aufklärungsschreiben an die Antragstellerin gegen die Bietergleichbehandlung verstoßen und ist ein solches nach der ständigen Judikatur des VwGH auch nicht verlangt (VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052). Im Übrigen wird auf das Vorbringen in der Stellungnahme der Finanzprokurator vom 26.06.2020 auf der Seite 20 ff verwiesen.“

Vor diesem Hintergrund ist es für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkennbar, weshalb die Angaben der Antragstellerin Unklarheiten bzw. Unvollständigkeiten aufweisen sollten. Die Antragstellerin legte mit der Beilage II, Seite 3, zum Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2018, in welcher der Geschäftsverlauf der Jahre 2014 bis 2018 angeführt ist, ein aussagekräftiges Dokument hinsichtlich der Umsatzzahlen vor. Die in diesem Schriftsatz angeführten Umsätze aus der Sparte XXXX wurden angegeben mit: „- Geschäftsjahr 2016 rund EUR XXXX ; - Geschäftsjahr 2017 rund EUR XXXX ; - Geschäftsjahr 2018 rund EUR XXXX .“ Die Zusammenschau dieser Zahlen mit jenen aus dem Jahresabschluss Beilage II ergibt ohne nähere Prüfung ein schlüssiges Bild. Aus welchem Grund die Ausführungen im Antwortschreiben vom 4. Mai 2020 konkret Unklarheiten aufweisen sollten, kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht erkannt werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte die Auftraggeberin ins Treffen (vgl. Seite 6), dass eine abschließende Prüfung deshalb nicht stattfinden habe können, weil unterschiedliche bzw. widersprüchliche Umsatzzahlen bekanntgegeben worden seien.

Die mit Formblatt angeführten Zahlen zum Gesamtumsatz decken sich weitgehend mit jenen von der Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Mai 2020 in der Beilage II bekanntgegebenen Zahlen. Die Antragstellerin führte diesbezüglich zudem aus, wie der Begriff „spartenspezifischer“ Gesamtumsatz gemäß den Ausschreibungsbestimmungen zu verstehen sei (= der Umsatz, in den die gegenständliche Vergabe fällt). Die von ihr genannten Umsätze aus der Sparte XXXX (= „- Geschäftsjahr 2016 rund EUR XXXX ; - Geschäftsjahr 2017 rund EUR XXXX ; - Geschäftsjahr 2018 rund EUR XXXX “) ergeben in Zusammenschau mit den in der Beilage II genannten Zahlen für das Bundesverwaltungsgericht ein schlüssiges Bild. Vor diesem Hintergrund schadet es daher nicht, dass die Antragstellerin im Formblatt 5 unter spartenspezifischem Umsatze deutlich niedrigere Zahlen bekanntgab. Die Antragstellerin erläuterte der Auftraggeberin in ihrem Antwortschreiben in nachvollziehbarer Weise, was unter spartenspezifischem Umsatz zu verstehen sei und führte unter Hinweis auf den Gesamtumsatz einen nicht unschlüssigen spartenspezifischen Umsatz an, sodass nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes damit nicht mehr von unterschiedlichen oder widersprüchlichen Umsatzzahlen gesprochen werden kann.

3.5.5. Das Vorbringen der Auftraggeberin bezüglich der fehlenden Vorlage von Nachweisen betreffend die berufliche Eignung durch die Antragstellerin (= Firmenbuchauszug und GISA-Auszug) wurde von der Auftraggeberin erstmals in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 zum Nachprüfungsantrag geltend gemacht; in der Ausscheidensentscheidung wurden diese Ausscheidensgründe nicht angeführt.

3.5.5.1. Zum GISA-Auszug

Betreffend das Vorbringen der Auftraggeberin, die Antragstellerin habe keinen vom BMDW amtssignierten GISA-Auszug für das erforderliche Gewerbe gemäß § 139 Abs 1 Z 1 lit a GewO 1994 übermittelt, sondern lediglich einen Gewerbe-Report-Auszug, der vom Wirtschafts-Compass bereitgestellt werde, ist Folgendes festzuhalten:

Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 legte die Antragstellerin einen mittels des Wirtschafts-Compasses erstellten Gewerbe-Report ua bezüglich folgender GISA-Zahlen vor:

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Großhandel mit zivilen Waffen und ziviler Munition sowie Vermittlung des Verkaufes von zivilen Waffen und ziviler Munition an Wiederverkäufer, ohne die aus Art. ll Z. 8 der Gewerberechtsnovelle 1965 sich ergebenden Nebenrechte“

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Handel mit nichtmilitärischen Waffen und nichtmilitärischer Munition (§ 131 Abs. 1 Z. 1 lit. b GewO 1973)“

zur GISA-Zahl XXXX : „Berechtigungswortlaut: Waffengewerbe (Büchsenmacher) einschließlich des Waffenhandels (mit nichtmilitärischen Waffen), eingeschränkt auf die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung (einschließlich der Tätigkeit der Büchsenmacher), hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition“

zur GISA-Zahl XXXX „Berechtigungswortlaut: Waffengewerbe gemäß § 94 Z 80 GewO 1994 hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition nach § 139 Abs. 1 Z 2 lit. b GewO 1994, eingeschränkt auf die im § 1 Abschnitt I Z 1, 3, 4, 6 und 8 der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, angeführten Geräte“

Zudem übermittelte die Antragstellerin folgenden GISA-Auszug:

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgte mit der Auftraggeberin eine Erörterung der Frage, ob von Seiten der Antragstellerin die Vorlage einer Gewerbeberechtigung für den Handel hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition gemäß § 139 Abs 1 Z 1 lit b GewO 1994 erfolgt sei.

Diesbezüglich wurde von der Auftraggeberin ausdrücklich eingeräumt, dass diese lediglich aufgrund der – gemäß ihrer Auffassung nach – bestehenden Festlegung der Herstellerverpflichtung in der Ausschreibung von einer obligatorischen Vorlage eines Nachweises über die Gewerbeberechtigung gemäß § 139 Abs 1 Z 1 lit a GewO 1994 [arg. „Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung (einschließlich der Tätigkeit der Büchsenmacher) nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition“] durch den Bieter ausgehe und dieser Nachweis von Seiten der Antragstellerin im vorliegenden Fall jedoch nicht vorgelegt wurde (vgl. die Seiten 6 und 7 des Verhandlungsprotokolls, arg. „Wurde eine Gewerbeberechtigung für den Handel hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition gemäß § 139 Abs 1 Z 1 lit b GewO 1994 benötigt und falls ja wurde diese nachgewiesen unter Zugrundlegung der These, dass die Herstellung nicht verlangt war? – ASG: § 139 Abs 1 Z 1 lit a GewO 1994 wurde benötigt. Ein solcher Nachweis wurde im Verfahren aber nicht vorgelegt. Es geht dabei wieder um die Frage, ob von der Ausschreibung auch die Herstellung gefordert war.“).

Der Umstand, dass ein mittels des Wirtschafts-Compasses erstellter GISA-Auszug im Sinne der Ausschreibung an sich nicht ausreichend wäre, wurde von der Auftraggeberin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht ins Treffen geführt.

Vor dem Hintergrund, dass – wie bereits ausgeführt – gemäß der bestandsfesten Ausschreibung nicht auch die Herstellung der verfahrensgegenständlichen Munition verlangt wird, vermag auch dieser Ausscheidensgrund nicht das Ausscheiden der Antragstellerin zu begründen.

Abgesehen davon ist die Auftraggeberin auf Folgendes hinzuweisen:

Im Punkt A5.3 der allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wird hinsichtlich des Nachweises der „Befugnis“ Folgendes festgelegt:

„118 Der Bieter muss seine Befugnis durch folgende Unterlagen bzw. Erklärungen nachweisen: Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) gemäß § 365e Abs. 1 der Gewerbeordnung, oder Nachweis der für die Ausführung der ausschreibungsgegenständlichen Dienstleistung erforderlichen Mitgliedschaft zu einer bestimmten Organisation oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers (Nachweis nicht älter als sechs Monate gerechnet vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist). Im Falle einer Bietergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil nachzuweisen.“

Auf der Webseite der Compass-Gruppe wird bezüglich des Wirtschafts-Compasses (https://compass.at/de/firmenbuch-grundbuch ) Folgendes festgehalten:

„Unser Tochterunternehmen die HF Data Datenverarbeitungsgesellschaft m.b.H. bietet als größte Verrechnungsstelle Zugang zu den Datenbanken der Republik Österreich:

Firmenbuch

Grundbuch

GISA (Gewerbeinformationssystem Austria)

Zentrales Melderegister (bei Erfüllung der Voraussetzungen)

Ob Firma oder Privatperson – über den Online-Zugang haben Sie jederzeit Einsicht in die Datenbanken und können rund um die Uhr amtliche Dokumente abrufen.“

Die Auftraggeberin verlangte gemäß den Ausschreibungsbedingungen ausdrücklich eine Auskunft aus dem „Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) gemäß § 365e Abs 1 GewO“ (Punkt A5.3 „Befugnis“). Das BMDW ist gemäß § 365e Abs 4 GewO 1994 gesetzlich verpflichtet, die Daten des GISA im Internet zur Abfrage unentgeltlich bereitzustellen. Dass der GISA-Auszug nicht von einem Zugangsvermittler wie dem Wirtschafts-Compass eingeholt werden dürfte, geht aus den bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen nicht hervor. Vor diesem Hintergrund kann vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkannt werden, weshalb die Vorlage eines mittels des Wirtschafts-Compasses erstellten Auszugs aus dem Gewerbeinformationssystem bezüglich der Berechtigung hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition nach § 139 Abs 1 Z 2 lit b GewO 1994 das Ausscheiden der Antragstellerin zu begründen vermöge.

3.5.5.2. Zum Firmenbuchauszug

Zum Vorbringen der Auftraggeberin, dass die Antragstellerin gegenständlich keinen aktuellen (sowie naturgemäß auch „offiziellen") Firmenbuchauszug im Sinne der Randziffer 114 der Ausschreibungsbedingungen vorgelegt habe, ist Folgendes festzuhalten:

Die Antragstellerin legte im Zuge der Stellung ihres Angebotes am 31. Jänner 2020 einen beim Firmenbuchgericht eingeholten Firmenbuchauszug vom 16. Oktober 2019 vor. Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. April 2020 wurde die Antragstellerin daher ersucht, einen „aktuellen Firmenbuchauszug“ vorzulegen, da dieser nicht der „geforderten Aktualität“ entspreche. Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 übermittelte die Antragstellerin einen mittels des Wirtschafts-Compasses erstellten Firmenbuchauszug vom 21. April 2020 mit dem handschriftlichen Vermerk „FB-historisch“.

Hinsichtlich des Firmenbuchauszugs wird im Teil A der Ausschreibungsbedingungen Folgendes festgelegt:

„A5.2 Berufliche Zuverlässigkeit

114 Der Bieter muss seine berufliche Zuverlässigkeit durch folgende Unterlagen bzw. Erklärungen nachweisen:

i. Aktueller Auszug aus dem Firmenbuch gemäß § 33 des Firmenbuchgesetzes oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörden des Sitzstaates des Unternehmers (nicht älter als drei Monate gerechnet vom Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist)“

§ 33 Firmenbuchgesetz lautet:

„Auszüge und Einsichtnahme bei Gericht

§ 33. (1) Die Einsicht in das Hauptbuch (§ 9 UGB) ist durch Ausdrucke (Firmenbuchauszüge) zu gewähren.

(2) Die Einsicht in die zur Urkundensammlung eingereichten Schriftstücke ist durch Ausdrucke dieser Urkunden zu gewähren.

(2a) Auf Verlangen hat das Gericht kurze Mitteilungen über die in die Urkundensammlung aufgenommenen Urkunden mündlich zu erteilen; statt dessen kann eine dementsprechende Einsicht in die Urkundensammlung mit Hilfe geeigneter technischer Vorrichtungen gewährt werden.

(3) Auszüge aus dem Firmenbuch sind von jedem in § 120 JN genannten Gerichtshof, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auch von den Bezirksgerichten zu gewähren.

(4) Gelöschte Eintragungen werden nur auf besonderen Antrag in den Auszug aufgenommen.

(5) Im Firmenbuchauszug ist auch die OeNB-Identnummer wiederzugeben.“

Auf der Webseite der Compass-Gruppe wird bezüglich des Wirtschafts-Compasses (https://compass.at/de/firmenbuch-grundbuch ) Folgendes festgehalten:

„Unser Tochterunternehmen die HF Data Datenverarbeitungsgesellschaft m.b.H. bietet als größte Verrechnungsstelle Zugang zu den Datenbanken der Republik Österreich:

Firmenbuch

Grundbuch

GISA (Gewerbeinformationssystem Austria)

Zentrales Melderegister (bei Erfüllung der Voraussetzungen)

Ob Firma oder Privatperson – über den Online-Zugang haben Sie jederzeit Einsicht in die Datenbanken und können rund um die Uhr amtliche Dokumente abrufen.“

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass § 33 Firmenbuchgesetz die Einsichtnahme in das Firmenbuch bei Gericht regelt und die Einsichtnahme in das Hauptbuch durch Auszüge bei Gericht zu gewähren ist (vgl. Pilgerstorfer, in Jabornegg/Artmann, Unternehmensgesetzbuch: Kommentar3 [2019] § 33 FBG Rz 1 und 2; Szöky, in Straube/Ratka/Rauter, UGB – Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch4 [2020] § 33 FBG Rz 1 und 3).

Ungeachtet dessen wird mit den Festlegungen zu Randziffer 114 in den Ausschreibungsbedingungen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausgeschlossen, dass auch Auszüge, die von einem Zugangsvermittler wie dem Wirtschafts-Compass erstellt werden und die auf die Datensätze des Firmenbuches zugreifen, Nachweise im Sinne der Randziffer 114 der Ausschreibungsbedingungen darstellen. Dass im konkreten Fall nicht auf Datensätze des Firmenbuchs zugegriffen worden wäre, behauptet die Auftraggeberin nicht und dies ist auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar.

Wäre von der Auftraggeberin tatsächlich nur die Vorlage eines direkt beim Firmenbuchgericht eingeholten Firmenbuchauszugs verlangt gewesen, hätte dies nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes in den Ausschreibungsbedingungen von Seiten der Auftraggeberin konkret zum Ausdruck gebracht werden müssen; der alleinige Verweis auf § 33 Firmenbuchgesetz in den Ausschreibungsbedingungen führt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht dazu, dass nur die Vorlage eines vom Firmenbuchgericht direkt eingeholten Auszugs aus dem Firmenbuch als ausschreibungskonform zu betrachten ist. Folglich gehen die entsprechend unklaren Ausschreibungsbedingungen zulasten der Auftraggeberin.

Dass es sich beim von der Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Mai 2020 vorlegten Firmenbuchauszug vom 21. April 2020 um einen nicht aktuellen Firmenbuchauszug handeln würde (so wie von der Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2020 vorgebracht wurde), kann vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkannt werden.

Wäre tatsächlich nur die Vorlage eines direkt beim Firmenbuchgericht eingeholten Firmenbuchauszugs als ausschreibungskonform zu betrachten gewesen, ist diesbezüglich ferner festzuhalten, dass von Seiten der Auftraggeberin nach Vorlage des mittels des Wirtschafts-Compass erstellten Firmenbuchauszugs vom 21. April 2020 durch die Antragstellerin kein – betreffend diesen Aspekt erstmaliges – Aufklärungsersuchen zwecks Vorlage eines direkt beim Firmenbuchgericht erstellten Firmenbuchauszugs an die Antragstellerin erging. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich schon aufgrund der völlig anders gestalteten Ausschreibung von jenem den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. März 2017, Ra 2014/04/0052, zu beurteilen hatte, sodass die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden können.

Vor dem Hintergrund, dass den Ausschreibungsbedingungen nicht eindeutig entnommen werden kann, dass nur die Vorlage von direkt beim Firmenbuchgericht eingeholten Firmenbuchauszügen und nicht auch von Auszügen, die bei einem Zugangsvermittler wie dem Wirtschafts-Compass eingeholten werden, verlangt wird, und die Antragstellerin auch mittels keinerlei Aufforderungsschreiben von der Auftraggeberin mit diesem Umstand konfrontiert wurde, kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht erkannt werden, dass die Antragstellerin aufgrund der nicht erfolgten Vorlage eines aktuellen Firmenbuchauszugs im Sinne der Randziffer 114 der Ausschreibungsbedingungen auszuscheiden gewesen wäre.

3.5.6. Gemäß § 347 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist (Z 1), und die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (Z 2).

Für die Wesentlichkeit reicht bereits das Bestehen der Möglichkeit, dass bei rechtskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich ist; es genügt also die bloß potenzielle Relevanz für den Ausgang des Vergabeverfahrens (Reisner, in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inkl. BVergG Konz – Leitsatzkommentar [2019] § 347 Rz 25).

Durch die rechtswidrigerweise erfolgte Ausscheidung des Angebotes der Antragstellerin ist diese jedenfalls in ihren im verfahrenseinleitenden Schriftsatz angeführten subjektiven Rechten (insbesondere in dem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens gemäß den Grundsätzen des Vergaberechtes) verletzt.

Die angefochtene Entscheidung ist auch im Sinne des § 347 Abs 1 BVergG 2018 für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss, da in einer neuerlich durchzuführenden Bestbieterermittlung nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin weiterhin im Verfahren zu berücksichtigen wäre und die Vergabeentscheidung – bei rechtmäßigen Verhalten der Auftraggeberin – anders ausgehen könnte.

Vor diesem Hintergrund ist daher dem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung stattzugeben. Folglich ist die am 9. Juni 2020 von der Auftraggeberin an die Antragstellerin übermittelte Ausscheidensentscheidung vom Bundesverwaltungsgericht für nichtig zu erklären.

3.6. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung

Die Widerrufsentscheidung wurde damit begründet, dass keine Angebote im Vergabeverfahren verblieben seien (§ 149 Abs 1 Z 4 BVergG 2018).

Vor dem Hintergrund, dass die an die Antragstellerin am 9. Juni 2020 übermittelte Ausscheidensentscheidung – wie zuvor begründet – vom Bundesverwaltungsgericht für nichtig zu erklären ist, ist die von der Auftraggeberin vorgenommene Begründung der Widerrufsentscheidung unzutreffend, weshalb auch dem Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung stattzugeben und auch die der Antragstellerin am 9. Juni 2020 bekanntgegebene Widerrufsentscheidung vom Bundesverwaltungsgericht für nichtig zu erklären ist.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die vorgenannten Fälle liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

Im Zusammenhang mit der Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen bzw. von Angebotsunterlagen hielt der Verwaltungsgerichtshof wiederholt fest, dass eine diesbezüglich in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung nicht revisibel ist (vgl. VwGH 22.03.2019, Ra 2018/04/0176 unter Verweis auf VwGH 18.12.2018, Ra 2018/04/0106, mwN). Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. wiederum VwGH Ra 2018/04/0137, mwN).

Auch sind im gegenständlichen Fall keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Vor diesem Hintergrund ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

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