B-VG Art.133 Abs4
FMGebO §47 Abs1 Z6
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs1 Z1
FMGebO §51 Abs1
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
StudFG §30 Abs2 Z6
StudFG §4 Abs1a
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W120.2131210.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Eisner über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 30. März 2016, GZ 0001554074, Teilnehmernummer: 1070289478, zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit am 24. März 2016 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen.
Auf dem Antragsformular kreuzte der Beschwerdeführer unter der Rubrik "wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an" die Auswahlmöglichkeit "Bezieher von Beihilfen aus dem Studienförderungsgesetz" an und trug unter der Rubrik "Nachstehende Personen leben mit mir im gemeinsamen Haushalt (Wohnsitz)" folgende
Person ein: XXXX .
Dem Antrag wurden folgende Unterlagen beigeschlossen:
- ein an den Beschwerdeführer adressierter Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung München betreffend die Gewährung von Ausbildungsförderung bis September 2016,
- zwei Meldebestätigungen,
- eine Lohn/Gehaltsabrechnung aus Dezember 2016 bezüglich XXXX ,
- eine Studienbestätigung sowie
- ein Mietvertrag.
Er führte weiters aus, die Gebührenbefreiung ab dem 1. Oktober 2015 zuerkannt bekommen zu wollen.
2. Mit Schreiben vom 29. April 2016 übermittelte die belangte Behörde an den Beschwerdeführer unter dem Titel "Antrag auf Befreiung - Nachreichung von Unterlagen" folgendes Schreiben:
"[...] Danke für Ihren Antrag vom 24.03.2016 auf
- Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen
- Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen
Um Ihren Antrag weiter zu bearbeiten, benötigen wir von Ihnen noch folgende Angaben bzw. Unterlagen:
- Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand).
- Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.
* bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommenssteuerbescheid
* bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über Pensionsbezüge
* bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigungen
* bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige Beschäftigung)
* bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide
* sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen
Studienbeihilfe ist nur aus Österreich ein Anspruch
Aktuelle Anspruchsgrundlage z.B: Rezeptgebührenbefreiung
Weitere Einkünfte von XXXX z.B.
Unterstützung der Eltern
Aktueller Lohnzettel von XXXX
Wir bitten Sie, die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen.
[...]
Sollten uns bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen, müssen wir Ihren Antrag leider zurückweisen.
[...]
Sollten Sie noch Fragen haben, rufen Sie bitte direkt in unserer Abteilung ‚Befreiung' unter der Telefonnummer [...] an."
3. Der Beschwerdeführer übermittelte hierauf eine Lohn/Gehaltsabrechnung aus April 2016 betreffend XXXX .
In einer ergänzenden Stellungnahme des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass er als BAföG-Bezieher nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein Bezieher der österreichischen Studienbeihilfe. Er habe bereits bei Antragstellung den Bescheid über die Gewährung der deutschen Ausbildungsförderung übermittelt.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden würden.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit bei der belangten Behörde am 28. Juni 2016 eingelangtem Schreiben fristgerecht Beschwerde und führte darin insbesondere aus, dass die Vorschriften der österreichischen Rundfunkgesetze unionsrechtskonform auszulegen seien und dem Beschwerdeführer als Bezieher einer deutschen Ausbildungsförderung daher eine Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren zuzuerkennen sei.
6. Die belangte Behörde legte die Akten betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 26. Juli 2016 dem Bundesverwaltungsgericht vor.
7. Mit Schreiben vom 28. November 2016 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass er nach Deutschland verzogen sei und er nur bis zum 30. September 2016 an der antragsgegenständlichen Adresse gemeldet gewesen sei.
8. Das Bundesverwaltungsgericht holte am 15. Juni 2018 einen aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister betreffend den Beschwerdeführer ein. Dem Zentralen Melderegister konnte entnommen werden, dass in Bezug auf den Beschwerdeführer beginnend mit dem 1. Oktober 2016 keine aufrechte Hauptwohnsitzmeldung im österreichischen Bundesgebiet mehr besteht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. angeführten Ausführungen.
2. Beweiswürdigung:
Diese Ausführungen gründen sich auf die jeweils erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Zu den für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:
3.1.1. § 28 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl I Nr 33/2013, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[...]"
3.1.2. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), BGBl I Nr 159/1999, lautet idF BGBl I Nr 70/2013 auszugsweise:
"Rundfunkgebühren
§ 3 (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen .................................. 0,36
Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16
Euro
monatlich.
[...]
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970 in der jeweils geltenden Fassung, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden.
[...]"
Das Rundfunkgebührengesetz idF BGBl I Nr 70/2016 lautet auszugsweise:
"Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36
Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16
Euro
monatlich
[...]
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
[...]
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.
[...]"
3.1.3. Die §§ 47 bis 51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebühren-ordnung), BGBl Nr 170/1970, in der Folge FGO, lauten idF BGBl I Nr 71/2003, auszugsweise:
"Befreiungsbestimmungen
§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
-der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
-der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)
zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1983,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
[...]
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
[...]
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
[...]
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.
[...]"
§ 47 FGO idF BGBl I Nr 70/2016 lautet:
"§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
- der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
- der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)
zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:
1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Blindenheime, Blindenvereine,
b) Pflegeheime für hilflose Personen,
wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;
b) Heime für solche Personen,
wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt."
3.2. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückwies, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. ua VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002; konkret zum FeZG: VwGH 12.09.2007, 2005/03/0205).
Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der gemäß § 50 Fernmeldegebührenordnung geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.
Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser Unterlagen (vgl. VwGH 29.10.1992, 92/10/0410; 06.07.1989, 87/06/0054).
3.3. Aus Sicht der belangten Behörde wurden von dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung die gemäß § 50 FGO geforderten Nachweise nicht vollständig erbracht. Mit Schriftsatz vom 29. April 2016 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer daher einen Verbesserungsauftrag, in welchem der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, der belangten Behörde einen Nachweis über eine im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage gemäß § 47 FGO zu übermitteln.
Hierauf verwies der Beschwerdeführer in seiner bei der belangten Behörde am 25. Mai 2016 eingelangten Stellungnahme auf den bei Antragstellung vorgelegten, mit 18. Februar 2016 datierten und an ihn adressierten Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung München betreffend die Gewährung einer Ausbildungsförderung bis September 2016. Sowohl bei Antragstellung als auch in seiner Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, als Bezieher einer nicht in der FGO genannten ausländischen Sozialleistung (nämlich als Bezieher deutscher Studienförderung) aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechtes einen gleichartigen Anspruch auf Gebührenbefreiung wie Bezieher österreichischer Studienbeihilfe abzuleiten.
Die belangte Behörde wies den verfahrensgegenständlichen Antrag in weiterer Folge mit dem angefochtenen Bescheid zurück und führte begründend aus, dass die benötigten Unterlagen und Angaben nicht fristgerecht nachgereicht worden seien.
3.4. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf einen deutschen Staatsangehörigen, der zwecks Erlangung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren Unterlagen betreffend die deutsche Studienförderung vorgelegt und die Auffassung vertreten hatte, sie würden einen Anspruch gemäß § 47 Abs 1 Z 6 FGO begründen, Folgendes aus (vgl. VwGH 18.12.2017, VwGH Ro 2016/15/0042):
"24 Von den Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs jedoch Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die gegebenenfalls zur Abweisung führen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 1. Teilband2, § 13 AVG Rz 27 und die dort zitierte Rechtsprechung). Ob es sich um einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG
oder um eine Erfolgsvoraussetzung im obigen Sinn handelt, ist durch Auslegung der Bestimmungen der Materiengesetze zu ermitteln (vgl. zB VwGH 22.10.2013, 2012/10/0213; 23.2.2011, 2008/11/0033; 29.4.2010, 2008/21/0302, mwN).
[...]
28 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Juni 2010, 2006/17/0161, bereits ausgesprochen hat, ist die Anordnung in § 51 Abs. 1 FMGebO, die ‚gemäß § 50 erforderlichen Nachweise' anzuschließen, angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte.
29 Der Revisionswerber hat im Revisionsfall nach Ergehen des ‚Mängelbehebungsauftrags' des BVwG zur Vorlage von Nachweisen des Bezugs einer anspruchsbegründenden Leistung iSd § 47 Abs. 1 FMGebO zudem sehr wohl Unterlagen betreffend deutsche Studienförderung vorgelegt, von denen er meinte, sie würden einen Anspruch gemäß § 47 Abs. 1 Z 6 FMGebO iVm dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts begründen.
30 In einem solchen Fall liegt aber auch insoweit keine Unvollständigkeit des Anbringens vor, die eine Zurückweisung erlauben würde, sondern es ist in der Sache selbst zu entscheiden, wobei sich das BVwG mit der unionsrechtlichen Argumentation des Revisionswerbers inhaltlich im Einzelnen auseinander zu setzen und dazu gegebenenfalls auch notwendige ergänzende Feststellungen zu treffen hat.
31 Die Verweigerung der Sachentscheidung und Zurückweisung der Beschwerde war sohin jedenfalls verfehlt.
[...]"
Vor diesem Hintergrund verhindert bei einem Bezieher einer ausländischen Sozialleistung, der aus dem Anwendungsbereich des Unionsrechtes einen gleichartigen Anspruch auf Gebührenbefreiung wie ein Bezieher österreichischer Studienförderung ableiten möchte, ein Beharren auf der Vorlage einer Bestätigung über den Bezug österreichischer Studienförderung durch die belangte Behörde eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Antragstellers und bedeutet eine unzulässige Verweigerung der Sachentscheidung [vgl. VwGH Ro 2016/15/0042 AnwBl 2018/407 (Sutter)]:
"3. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das BVwG vertieft mit der Frage des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs im Revisionsfall zu befassen haben. Dabei werden insb auch die von der Revision gerügten fehlenden Feststellungen zur Anwendbarkeit der VO 492/2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union und somit über die ‚Wanderarbeitnehmereigenschaft' des Revisionswerbers sowie allenfalls über die Gründe für die Nichtbeantragung bzw -gewähr österreichischer Studienförderung im Zeitraum der Zurückweisung zu treffen sein.
4. Das ausschließliche Abstellen der Fernmeldegebührenordnung auf ‚Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992' erscheint dabei bspw schon allein insofern angreifbar, als ausländische Studienförderungen gem § 30 Abs 2 Z 6 StudFG auch auf die österreichische Studienförderung angerechnet werden und diese damit ausschließen können. Allein dadurch könnte es auch bei Anspruch auf österreichische Studienförderung dem Grunde nach (vgl zu den Gleichstellungsvoraussetzungen für EWR-Bürger insb § 4 Abs 1a StudFG) zu unsachlichen Differenzierungen in der Rundfunkgebührenbefreiung je nach Finanzierung der Sozialleistung kommen.
[...]
6. Der vorliegende Revisionsfall zeigt somit, dass eine vermeintliche ‚Unvollständigkeit' eines Anbringens nicht automatisch zu einer Zurückweisung durch das Verwaltungsgericht zu führen hat, sondern dass auch bei Fehlen einzelner Unterlagen stets sorgfältig die Notwendigkeit einer Sachentscheidung zu prüfen ist."
3.5. Der Beschwerdeführer machte im verfahrensgegenständlichen Antrag seinerseits als Anspruchsgrundlage einen BAföG-Bezug geltend und beharrte auch in seiner Stellungnahme vor der belangten Behörde darauf, dass der Bezug der deutschen Ausbildungsförderung aufgrund des Unionrechtes dem Bezug von Beihilfen nach dem StudFG gleichzusetzen sei. Zum Nachweis des Bezuges deutscher Ausbildungsförderung wurden seinerseits auch entsprechende Nachweise beigelegt.
Folglich liegt iSd soeben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042) im vorliegenden Fall auch insoweit keine Unvollständigkeit des Anbringens des Beschwerdeführers vor, die eine Zurückweisung erlauben würde, sondern es ist in der Sache selbst zu entscheiden. Die Verweigerung der Sachentscheidung und Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Unrecht.
In Hinblick darauf, dass der angefochtene Bescheid eine auf § 13 Abs 3 AVG gestützte Zurückweisung zum Gegenstand hat, war vom Bundesverwaltungsgericht lediglich zu überprüfen, ob die Entscheidung der genannten Bestimmung entspricht, also ob die sachliche Behandlung des verfahrensgegenständlichen Antrages mangels Erfüllung des Mängelbehebungsauftrags zu Recht verweigert wurde (vgl. speziell zur FGO VwGH 29.05.2006, 2005/17/0242).
Aus diesen Erwägungen war vom Bundesverwaltungsgericht nach § 28 Abs 1 und 2 VwGVG vorzugehen und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
3.6. Als Folge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides tritt das Verfahren einerseits in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück, andererseits ist der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers (wieder) unerledigt.
Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die belangte Behörde wird sohin im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob in Hinblick auf den Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren iSd § 47 Abs 1 FGO (weiterhin) vorliegen. Insbesondere wird einer Überprüfung zu unterziehen seien, ob von Seiten des Beschwerdeführers die Zuerkennung österreichischer Studienbeihilfe beantragt wurde und bejahendenfalls wann und wie über diesen Antrag beschieden wurde sowie bei nicht erfolgter Antragstellung, warum eine derartige Antragstellung durch den Beschwerdeführer unterblieben ist.
3.7. Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass der Ansicht des Beschwerdeführers, ihm stünde die in Rede stehende Befreiung schon vor der Stellung seines Antrages am 24. März 2016, dh bereits ab dem 1. Oktober 2015 zu, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegensteht, wonach Anträge nur dann auf einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt (somit pro praeterito) wirken, wenn ausdrücklich eine normative Grundlage hiefür vorhanden ist (vgl. VwGH 11.07.2001, 2001/03/0001 zu § 49 Z 2 FGO aF), was vorliegend nicht gegeben ist.
3.8. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Die vorliegende Entscheidung folgt insbesondere der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2017, Ro 2016/15/0042.
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