BVwG W116 2257396-1

BVwGW116 2257396-120.9.2022

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ZDG §21 Abs1
ZDG §25a
ZDG §34 Abs1
ZDG §34b Abs1
ZDG §6a Abs3
ZDG §8a Abs6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W116.2257396.1.00

 

Spruch:

 

 

W116 2257396-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. Robert Palka, Reichsratsstraße 5/1a. 1010 Wien, gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 23.06.2022, Zl. 382614/2/ZD/0622, zu Recht erkannt:

 

A)

Der Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

 

1.1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 22.07.2020 eine Entschädigung für seinen entstandenen Verdienstentgang für die Monate April und Mai in Höhe von € 6.156,29. Begründend wurde ausgeführt, dass der Zivildienst des Beschwerdeführers gemäß § 8a Abs. 6 ZDG verlängert worden und deshalb § 34b ZDG auf ihn anwendbar sei, weil der verlängerte Zivildienst nach § 8a Abs. 6 ZDG als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs.1 ZDG gelten würde.

1.2. Mit im Spruch genannten Bescheid der Zivildienstserviceagentur (in Folge: Behörde), wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass das ZDG zwischen außerordentlichem Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG unmittelbar nach Abschluss eines ordentlichen Zivildienstes und dem außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG unterscheide. Eine Entschädigung oder Fortzahlung der Dienstbezüge, wie sie einem Wehrpflichtigen zustehe, der gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz 2001 einen Einsatzpräsenzdienst leiste, gebühre nach § 34b ZDG jedoch nur Anspruchsberechtigten, die einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG leisten würden.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er ausführte, dass die belangte Behörde verkenne, dass in § 8a Abs. 6 ZDG angeordnet werde, dass ein Einsatz, der über die bescheidmäßig verfügte Dauer des ordentlichen Zivildienstes hinaus erforderlich ist, als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG gelte. Daraus ergäbe sich der Anspruch auf Pauschalentschädigung zuzüglich einer Entschädigung in der Höhe des um die Pauschalentschädigung verminderten Einkommensentgangs gemäß § 34b Abs. 1 ZDG iVm § 36 Abs. 2 HGG 2001. Eine Differenzierung zwischen „verlängerten außerordentlichen Zivildienern“ und „freiwilligen außerordentlichen Zivildienern“ widerspreche der in § 8a Abs. 6 ZDG vorgenommenen Gleichstellung. Eine derartige Differenzierung hätte die Behörde bei verfassungskonformer Auslegung nicht treffen dürfen.

1.4. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 22.07.2022 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.5. Der Beschwerdeführer hat von 01.07.2019 bis 31.03.2020 den ordentlichen Zivildienst abgeleistet.

1.6. Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 23.03.2020 zum außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG von 01.04.2020 bis 30.06.2020 zugewiesen. Sein Zivildienst wurde mit 31.05.2020 vorzeitig beendet

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind soweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und auch unstrittig ist, kann von einer mündlichen Verhandlung, die der Beschwerdeführer auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.

Zu A)

3.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) lauten wie folgt:

„Zivildienst

§ 6a (1) Der Zivildienst gliedert sich in den ordentlichen und den außerordentlichen Zivildienst.

(2) […]

(3) Der außerordentliche Zivildienst ist als Einsatz bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und außerordentlichen Notständen, und zwar

1. als Einsatz gemäß § 21 Abs. 1 und

2. als Einsatz gemäß § 8a Abs. 6 zu leisten.

Ordentlicher Zivildienst

§ 8a (1) – (5) […]

(6) Sofern ein Einsatz nach Abs. 1 über die bescheidmäßig verfügte Dauer des ordentlichen Zivildienstes (§ 8 Abs. 1) hinaus erforderlich wird, ist der weitere Einsatz von der Zivildienstserviceagentur bescheidmäßig zu verfügen und gilt als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1.

(7) […]

Außerordentlicher Zivildienst

§ 21 (1) Die Zivildienstserviceagentur hat Zivildienstpflichtige bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und außerordentlichen Notständen (insbesondere in Zeiten, in denen Wehrpflichtige zur Leistung des Einsatzpräsenzdienstes einberufen werden) im personell und zeitlich notwendigen Ausmaß zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten. Die Zivildienstpflichtigen sind anerkannten Einrichtungen (§ 4 Abs. 1) zuzuweisen, die in besonderem Maße geeignet sind, die Erfüllung des Zweckes dieses außerordentlichen Zivildienstes zu gewährleisten. Hinsichtlich der Zuweisung von Zivildienstleistenden an Rechtsträger sowie die Anweisung Zivildienstleistender durch Rechtsträger gilt § 8a sinngemäß.

(2) – (8) […]

§ 25a (1) Dem Zivildienstleistenden gebührt eine Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag).

(2) Die Höhe der monatlichen Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag) bestimmt sich nach dem Gehalt einschließlich allfälliger Teuerungszulagen eines Beamten der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, und beträgt

1. für die Grundvergütung bei ordentlichem oder außerordentlichem Zivildienst 12,87 vH und

2. für den Zuschlag zur Grundvergütung bei Einsätzen nach § 8a Abs. 6 und § 21 7,05 vH dieses Gehaltsansatzes.

(3) […]

§ 34. (1) Der Zivildienstpflichtige, der

1. einen ordentlichen Zivildienst oder

2. einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 im Anschluss an einen in Z 1 genannten Zivildienst leistet,

hat Anspruch auf Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 23 HGG 2001 zusteht.

(2) – (4) […]

§ 34b (1) Der Zivildienstpflichtige, der einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 leistet, hat für die Dauer eines solchen Dienstes Anspruch auf Entschädigung oder Fortzahlung der Dienstbezüge, wie er einem Wehrpflichtigen zusteht, der gemäß § 2 Abs. 1 lit. a WG 2001 einen Einsatzpräsenzdienst leistet.

(2) […]“

3.2. Im vorliegenden Fall beantragte der Beschwerdeführer als Zivildienstpflichtiger, dessen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG verlängert wurde, die Entschädigung seines Einkommensentgangs.

§ 34b Abs. 1 ZDG nimmt explizit lediglich Bezug auf außerordentliche Zivildienstleistenden nach § 21 Abs. 1 ZDG und normiert, dass diesen eine Entschädigung, wie sie einem Wehrpflichtigen zusteht, der gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz 2001 einen Einsatzpräsenz-dienst geleistet hat, zusteht. Soweit der Beschwerdeführer vermeint, ihm gebühre als Zivildienstleistendem, der gemäß § 8a Abs. 6 ZDG verlängert wurde, ebenso wie einem Zivildienstleistenden nach § 21 Abs. 1 ZDG eine Entschädigung, ist dazu Folgendes auszuführen:

Wenngleich nicht übersehen wird, dass § 8a Abs. 6 ZDG bestimmt, dass ein gemäß dieser Bestimmung „verlängerter“ Zivildienst als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1. ZDG gilt, muss bedacht werden, dass § 6a Abs. 3 ZDG eine Legaldefinition des außerordentlichen Zivildienstes enthält, wobei zwischen einem Einsatz gemäß § 21 Abs. 1 (Z 1) ZDG und einem Einsatz gemäß § 8a Abs. 6 (Z 2) ZDG unterschieden wird. Alleine aus dem in § 6a Abs. 3 Z 2 ZDG enthaltenen expliziten Verweis auf den „verlängerten“ außerordentlichen Zivildienst nach § 8a Abs. 6 ZDG ergibt sich somit, dass dieser nicht die gleichen Rechtsfolgen nach sich ziehen muss, wie jener nach § 21 Abs. 1 ZDG. Im Einklang damit führt auch § 25a Abs. 2 Z 2 ZDG, der den Zuschlag zur Grundvergütung regelt, ausdrücklich § 8a Abs. 6 ZDG neben § 21 Abs. 1 ZDG an. Eine derartige Präzisierung wäre nicht erforderlich, wenn beide Formen des außerordentlichen Zivildienstes die gleichen rechtlichen bzw. finanziellen Auswirkungen hätten. Darüber hinaus hat nur der außerordentlichen Zivildiener nach § 8a Abs. 6 ZDG (neben dem ordentlichen Zivildiener) gemäß § 34 ZDG Anspruch auf Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, weil § 21 ZDG hier nicht explizit genannt ist.

Aus den voranstehenden Überlegungen ergibt sich daher, dass § 34b Abs. 1 ZDG ausschließlich auf den außerordentlichen Zivildienst nach § 21 Abs. 1 ZDG Bezug nimmt, nicht jedoch auf den „verlängerten“ außerordentlichen Zivildienst nach § 8a Abs. 6 ZDG.

Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Pauschalentschädigung und die Entschädigung des darüber hinausgehenden Einkommensentgangs nur jenen Anspruchsberechtigten gebührt, die einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG leisten.

3.3. Wenn der Beschwerdeführer nun vorbringt, der Bescheid der belangten Behörde verstoße gegen den in Art. 7 B-VG normierten Gleichheitsgrundsatz, so ist dieser auf die rezente Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn der Gesetzgeber einen Anspruch auf Pauschalentschädigung im Sinne des §34b Abs. 1 ZDG lediglich für außerordentliche Zivildiener gemäß §21 Abs. 1 leg cit. vorsieht, nicht hingegen für außerordentliche Zivildiener gemäß § 8a Abs. 6 leg cit. (VfGH 28.02.2022, E 3787/2021).

3.4. Da der Gesetzeswortlaut keinen Raum für die vom Beschwerdeführer beantragte Entschädigung bietet und angesichts der klaren Rechtsprechung verfassungsrechtliche Bedenken nicht gesehen werden können, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In Anbetracht der unter A) zitierten Rechtsprechung ist die gegenständliche Rechtsfrage bereits geklärt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte