AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:I405.2243564.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Republik Côte d'Ivoire, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BFA-St) vom 26.05.2021, Zl. 1270838010-201103013, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.02.2023, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige der Republik Côte d'Ivoire, reiste per Flugzeug am 07.11.2020 nach Österreich ein und stellte am Flughafen einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Dazu wurde sie am 08.11.2020 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab sie an, ihre Heimat am 04.11.2020 verlassen zu haben. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe führte sie aus, am 13.09.2020 an Demonstrationen gegen den Präsidenten teilgenommen zu haben. Sie und weitere Frauen seien von einer ihr unbekannten Miliz umzingelt und zu einem unbekannten Ort gebracht und dort vergewaltigt worden. Am 01.11.2020 seien fünf Männer mit Macheten gekommen und hätten ihr Haus gestürmt. Da einer von ihnen sie als die Mutter seines Freundes erkannte, sei sie verschont worden. Sie sei gewarnt worden, dass sie getötet werden würde. Sie habe dann den Priester des Dorfes angerufen, welcher ihr geholfen habe, aus dem Land zu fliehen. Bei einer Rückkehr habe sie Angst, getötet zu werden.
3. Mit Schreiben der französischen Asylbehörde vom 27.11.2020 wurde darüber informiert, dass die BF am 07.07.2005 legal nach Frankreich eingereist ist und am 11.12.2019 eine Rückführungsentscheidung gegen sie erlassen wurde.
4. Am 14.04.2021 wurde die BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA/belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Bezüglich ihrer Fluchtgründe gab sie an, politisch aktiv gewesen zu sein. Am 13.08.2020 habe sie an einer Demonstration teilgenommen. Sie und zwei andere Frauen seien von einer paramilitärischen Gruppe namens MICROBE entführt, eingesperrt und vergewaltigt worden. Sie habe dann beschlossen sich politisch nicht mehr zu engagieren. Zwei große Männer mit Macheten hätten sie töten wollen. Irgendjemand habe gesagt, dass sie die Mutter seines Freundes sei und man sie nicht umbringen solle. Diese Person habe ihr dann gesagt, sie müsse gehen, weil sie auf der Liste stehe. Sie haben dann den Pfarrer angerufen. Dieser habe ihr bei der Flucht geholfen. Sie habe eine Nacht bei einer Frau verbracht. Am nächsten Tage sei sie mit einem Reisebus nach Ghana geflohen. In Ghana sei sie dann mit einem falschen Reisepass mit dem Flugzeug weitergereist. Schließlich sei sie mit dem Auto über Deutschland nach Österreich gekommen.
Die BF legte der Behörde einen auf ihren Namen lautenden Mitgliedsausweis der „Parti démocratique de Côte d’Ivoire“ vor.
5. Am 06.05.2021 wurde die BF vor der belangten Behörde ergänzend niederschriftlich einvernommen. Auf Vorhalt, dass sie in Frankreich seit 2005 aktenkundig sei, gab die BF an, sie habe einen Fehler gemacht und nicht die Wahrheit gesagt. Tatsächlich habe sie ihr Heimatland 2005 verlassen und sich bis zu ihrer Einreise in Österreich in Frankreich aufgehalten. Dort habe sie illegal als Krankenpflegerin gearbeitet. Von der Familie, bei der sie gearbeitet und gewohnt habe, sei sie schlecht behandelt worden. Sie habe das Haus nicht verlassen dürfen und sei geschlagen worden. Deshalb habe sie den Entschluss gefasst, nach Österreich zu gehen, wo auch ihr Sohn mit seiner Familie lebe.
6. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 26.05.2021 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde der BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Côte d’Ivoire zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde der BF eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für ihre freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).
7. Dagegen erhob die BF mit Schriftsatz vom 17.06.2021 Beschwerde in vollem Umfang.
8. Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 17.06.2021 (eingelangt am 18.06.2021) wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
9. Aufgrund des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.12.2022 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W222 abgenommen und der Gerichtsabteilung I405 neu zugewiesen.
10. Mit Eingabe vom 02.02.2023 wurden von der BF Deutschkurs-Nachweise sowie medizinische Unterlagen vorgelegt.
11. Am 06.02.2023 langte ein Empfehlungsschreiben der psychosozialen Betreuerin der BF, welche die BF im Grundversorgungsquartier betreut, ein.
12. Am 09.02.2023 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit der BF, ihrer Rechtsvertreterin und einer Dolmetscherin für die französische Sprache statt. Ein:e Vertreter:in der belangten Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Im Rahmen der Verhandlung legte die BF ein Empfehlungsschreiben ihres Sohnes vom 07.02.2023 vor.
13. Mit Eingabe vom 22.02.2023 wurden medizinische Befunde vom Dezember 2022, Jänner 2023 und Februar 2023 vorgelegt.
14. Am 28.02.2023 stellte das Bundesverwaltungsgericht eine medizinische Anfrage betreffend die Behandelbarkeit der der BF diagnostizierten Hypertonie und Verfügbarkeit von Medikamenten an die Abteilung Staatendokumentation des BFA.
15. Mit Urkundenvorlage vom 21.03.2023 wurde eine ärztliche Bestätigung vom 21.03.2023 vorgelegt.
16. Am 26.05.2023 langte die medizinische Anfragebeantwortung der Staatendokumentation beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 09.06.2023 wurde der BF seitens des Bundesverwaltungsgerichtes die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „ELFENBEINKÜSTE Hypertonie und Adipositas“ vom 26.05.2023 und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Behandlung von chronischer Hepatitis B, Verfügbarkeit von Medikamenten, Behandlungskosten“ vom 09.07.2012 übermittelt und ihr die Möglichkeit gewährt dazu innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
17. Mit Schriftsätzen vom 26.06.2023 und 22.08.2023 brachte die BF durch ihre Rechtsvertretung entsprechende Stellungnahmen samt Vorlage eines medizinischen Befundberichts vom 21.08.2023 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Verfahrensgang:
Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.
1.2. Zur Person der BF:
Die volljährige BF ist Staatsangehörige der Republik Côte d‘Ivoire, gehört der Volksgruppe der Bete an und ist christlichen (katholischen) Glaubens. Die Identität der BF steht nicht fest. Sie spricht neben ihrer Muttersprache Bete auch Französisch und Dioula.
Die BF ist geschieden und hat sechs volljährige Kinder. Die Eltern der BF sind bereits verstorben.
Sie stammt aus XXXX , einem Stadtteil des Ballungsraumes Abidjan, wo sie zuletzt vor ihrer Ausreise lebte. In ihrer Heimat besuchte die BF sechs Jahre lang die Grundschule und ein Jahr die Mittelschule. Später besuchte sie auch die Abendschule, schloss diese jedoch nicht ab. Danach arbeitete sie sechs Jahre lang als Kinderbetreuerin und später in einem Restaurant. Sie wurde auch von ihren Eltern und dann von ihrem Ehegatten, welcher Beamter war, finanziell unterstützt. Im Juli 2005 verließ sie ihren Herkunftsstaat und reiste nach Frankreich. Dort arbeitete sie zunächst erneut als Kinderbetreuerin und später als Betreuerin einer gehbehinderten Frau. Aufgrund ihrer Schulbildung und ihrer beruflichen Erfahrung hat die BF nach wie vor die reale Chance, in der Republik Côte d‘Ivoire einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich dadurch eine – zumindest bescheidene – Existenz zu sichern.
Fünf ihrer Kinder sowie Geschwister der BF leben nach wie vor in Abidjan, Côte d’Ivoire. Zu ihren Kindern steht sie in regelmäßigem Kontakt.
Die BF ist arbeitsfähig. Sie leidet an keiner lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegensteht. Bei der BF wurden jedoch Hypertonie, Adipositas und Hepatitis B diagnostiziert, wobei Letzteres derzeit nicht behandlungsbedürftig ist.
Derzeit nimmt die BF folgende Medikamente ein: Amlodipin 5mg/Valsartan 160mg/Hydrochlorithiazid 12,5mg, Amlodipin 5mg/Valsartan 160mg, Atorvadivid 10mg, Thrombo-ASS 100mg, Molaxole Btl.
Eine Behandlung ihrer Erkrankungen in der Republik Côte d‘Ivoire ist möglich. Die für die BF notwendigen Medikamente und Behandlungen sind allesamt in Abidjan, dem Ballungsraum, aus welchem auch die BF stammt, verfügbar, wenn auch kostenpflichtig. So kostet der von der BF benötigte Wirkstoff Amlodipin/Valsartan/Hydrochlorothiazid für 28 Tabletten 21.580,00 CFA-Franc (entspricht 32,92 Euro) oder Atorvastetin für 30 Tabletten 6.325,00 CFA-Franc (entspricht 9,63 Euro). Ein Echokardiogramm (Herz-Ultraschall) ist nur im privaten Sektor verfügbar und kostet 60.000,00 CFA-Franc (entspricht 91,33 Euro). Eine kardiologische Behandlung kostet im öffentlichen Sektor 10.000,00 CFA-Franc (entspricht 15,22 Euro) und im privaten Sektor 17.500,00 (entspricht 26,64 Euro). Aufgrund der oben getroffenen Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit der BF und des vorhandenen familiären Netzwerkes kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die BF sich ihre Behandlung finanzieren können wird.
Die BF hielt sich von Juli 2005 bis 2020 durchgehend in Frankreich auf. Nachdem ihr Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels zuletzt Ende 2019 in Frankreich abgelehnt wurde, reiste die BF per Pkw über Deutschland nach Österreich und stellte schließlich am 07.11.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Die BF hält sich seit ihrer Asylantragstellung durchgehend in Österreich auf und ist auch durchgehend melderechtlich erfasst.
Ein Sohn der BF lebt mit seiner Ehegattin und seiner Tochter in Österreich. Er unterstützt die BF in Österreich bei Behördengängen und auch finanziell.
Neben ihrem Sohn und dessen Familie verfügt die BF in Österreich über keine Verwandten oder sonstige tiefgreifende private Beziehungen. Sie verfügt lediglich über Grundkenntnisse der deutschen Sprache, ist nicht Mitglied in einem Verein und hat sich bisher nicht ehrenamtlich betätigt. Einer legalen Erwerbstätigkeit ging die BF im Bundesgebiet bisher nicht nach. Die BF bezieht seit ihrer Antragstellung Leistungen über die staatliche Grundversorgung.
Die BF ist strafrechtlich unbescholten.
1.3. Zum Fluchtvorbringen und zur Rückkehrsituation:
Die BF wird nicht aufgrund ihrer Rasse, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, Staatsangehörigkeit oder politischen Gesinnung im Heimatstaat verfolgt. Der BF droht insbesondere keine Verfolgung aufgrund ihrer politischen Aktivitäten im Heimatstaat oder durch ihren (nunmehr Ex-) Ehegatten.
Die BF verfügt über Familienangehörige in der Heimat. Sie ist arbeitsfähig. Sie verfügt über eine zumindest grundlegende Schulbildung und über Berufserfahrung. Eine Rückkehr der BF in die Republik Côte d‘Ivoire ist möglich und zumutbar.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Die BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF in die Republik Côte d‘Ivoire, konkret nach Abidjan, eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Die BF ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
1.4. Zur allgemeinen Lage in der Republik Côte d‘Ivoire:
1.4.1. Allgemeine Lage:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der BF orientiert sich das erkennende Gericht am aktuellen (Stand: 28.01.2022) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zur Republik Côte d’Ivoire:
Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen
Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.
COVID-19
Mit Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr und weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ist zu rechnen (BMEIA 26.1.2022; vgl. AA 26.1.2022, EDA 26.1.2022). Berichten zufolge sind auch die Seegrenzen für den regulären kommerziellen Personenverkehr geschlossen, der Fracht- und Güterverkehr ist weiterhin möglich (Crisis24 14.1.2022). Bei der Ein- und Ausreise muss ein ausgedruckter negativer PCR-Test vorgelegt werden, welcher nicht älter als 72 Stunden sein darf (BMEIA 26.1.2022; vgl. AA 26.1.2022) bzw. nicht länger als 48 Stunden vor der Abreise durchgeführt wurde (Crisis24 14.1.2022). Zudem muss vor Reiseantritt (Ein- und Ausreise) eine Online-Registrierung - Déclaration de Déplacement par Voie Aérienne (DDVA) - vorgenommen und hierfür eine Gebühr von 2.000 Franc CFA (ca. 3,05 €) bezahlt werden (BMEIA 26.1.2022; vgl. AA 26.1.2022, Crisis24 14.1.2022). Am Flughafen werden Temperaturkontrollen durchgeführt. Bei erhöhter Temperatur werden Reisende auf Covid-19 getestet. Bis das Resultat vorliegt, verbleiben Reisende in einer staatlichen Quarantäneeinrichtung. Die Kosten für Test und Unterbringung müssen von den Reisenden selbst getragen werden. Fällt der Test negativ aus, wird eine 14-tägige Heimquarantäne angeordnet. Fällt der Test positiv aus, erfolgt die Überstellung an den „Service des Maladies Infectieuses et Tropicales du Centre Hospitalier et Universitaire (CHU) de Treichville“ in Abidjan (BMEIA 26.1.2022; vgl. AA 26.1.2022).
Der Ausnahmezustand ist weiterhin aufrecht und es gilt eine allgemeine Schutzmaskenpflicht in der Öffentlichkeit (BMEIA 26.1.2022). Die Behörden setzen Hygiene- und soziale Abstandsbestimmungen (social distancing) durch, einschließlich der Vorschrift, an öffentlichen Orten und in öffentlichen Verkehrsmitteln einen Mundschutz zu tragen. Die meisten Geschäfte, darunter Hotels, Bars und andere Unterhaltungseinrichtungen, sind geöffnet. Große Versammlungen wurden mit Genehmigung der örtlichen Behörden wieder aufgenommen. Ungeimpfte Personen und Personen ohne Nachweis eines negativen Tests dürfen je nach Infektionslage/epidemiologischer Lage bestimmte öffentliche und private Einrichtungen nicht betreten; ob die Behörden diese Maßnahme durchsetzen, ist unklar (Crisis24 14.1.2022).
Allerdings können sich die aktuellen Regelungen jederzeit ändern; Je nach Krankheitsaktivität in den kommenden Wochen können die Behörden die Beschränkungen kurzfristig wieder einführen, verlängern, weiter lockern oder anderweitig ändern (AA 26.1.2022; vgl. Crisis24 14.1.2022).
Im Laufe des Jahres 2020 erkrankten in der Elfenbeinküste rund 22.000 Menschen an Covid-19 und 130 Menschen verstarben (FH 3.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Côte d'Ivoire: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/cotedivoiresicherheit/209460 , Zugriff 26.1.2022
- BMEIA - Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten [Österreich] (26.1.2022): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Gesundheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/cote-divoire/ , Zugriff 26.1.2022
- Crisis24 (14.1.2022): Cote d'Ivoire maintains COVID-19-related domestic measures and international travel restrictions as of Jan. 14., https://crisis24.garda.com/alerts/2022/01/cote-divoire-authorities-maintain-covid-19-restrictions-unchanged-as-of-jan-14-update-32 . Zugriff 28.1.2022
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (26.1.2022): Côte d’Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_5 , Zugriff 26.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
Politische Lage
Die Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) ist eine Präsidialdemokratie, in der dem Staatspräsidenten große exekutive Machtkompetenzen zufallen. Der Staatsaufbau richtet sich nach dem französischen Muster (AA 23.11.2020). Der Präsident wird direkt für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt und unterliegt nach der Wahl 2020 einer Begrenzung auf zwei Amtszeiten. Der Premierminister ist Regierungschef, wird vom Präsidenten ernannt und ist für die Ernennung des Kabinetts verantwortlich, das vom Präsidenten bestätigt wird (FH 3.3.2021).
Das Zweikammerparlament besteht aus einem 255 Sitze umfassenden Unterhaus, der Nationalversammlung, und einem 99 Sitze umfassenden Senat, der in der Verfassung von 2016 vorgesehen ist und im März 2018 eingesetzt wurde. Die Mitglieder der Nationalversammlung werden direkt für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Von den 99 Sitzen des Senats werden 66 indirekt von der Nationalversammlung und den Mitgliedern verschiedener lokaler Räte gewählt, und 33 Mitglieder werden vom Präsidenten ernannt; alle Mitglieder haben eine fünfjährige Amtszeit (FH 3.3.2021).
Der ehemalige Premierminister und Präsidentschaftskandidat der Rassemblement des Houphouétistes pour la Démocratie et la Paix (RHDP), Amadou Gon Coulibaly, starb im Juli 2020 unerwartet. Präsident Alassane Ouattara, der zwei fünfjährige Amtszeiten hinter sich hatte, machte seine frühere Entscheidung, nicht zu kandidieren, rückgängig und wurde im August von der RHDP nominiert. Die Partei erklärte, dass Ouattara für zwei weitere Amtszeiten in Frage käme, da die in der Verfassung von 2016 vorgesehene Begrenzung auf zwei Amtszeiten erst nach Ouattaras zweiter Wahl verabschiedet worden war. Einige Kritiker warfen Ouattara vor, die neue Verfassung vorangebracht zu haben, um seine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Seine Nominierung stieß auf große Proteste der Oppositionsparteien (FH 3.3.2021).
Die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2020 waren weder frei noch fair. Die Opposition boykottierte die Wahlen im Oktober 2020 gänzlich, und viele potenzielle Wähler wurden aufgrund von Sicherheitsbedenken an der Stimmabgabe gehindert. Nach Angaben der Regierung, die die Wahlbeteiligung auf 54 Prozent bezifferte, gewann Ouattara die Wahl mit 94 Prozent der Stimmen. Diese Zahlen wurden von unabhängigen Beobachtern des Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa (EISA) angefochten. Das Institut berichtete, dass nur 54 Prozent der Wahllokale geöffnet waren und nur 41 Prozent der Wählerkarten vor der Abstimmung verteilt wurden. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass das Wählerverzeichnis Probleme hinsichtlich Vollständigkeit aufwies und eine große Zahl verstorbener Personen enthielt, und dass es der Wahlkommission an Transparenz mangelte und sie die Regierungspartei bei der Durchführung der Wahl stark begünstigte (FH 3.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.11.2020): Côte d'Ivoire: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/politisches-portraet/209484 , Zugriff 27.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
Sicherheitslage
Die Kriminalität ist vor allem in den nordwestlichen und westlichen Landesteilen (Grenzgebiete zu Liberia, Guinea und Mali) hoch (BMEIA 26.1.2022; vgl. EDA 26.1.2022). Zudem genießen nichtstaatliche bewaffnete Akteure und ehemalige Rebellen vor allem im Norden und Westen des Landes erheblichen Einfluss (FH 3.3.2021).
Die Hauptbedrohung für die Sicherheit ist nicht mehr die politische Instabilität, sondern die Anschläge in den nördlichen Grenzregionen durch militante Islamisten, die hauptsächlich in Mali und Burkina Faso stationiert sind (GW 5.1.2022). Für das gesamte Grenzgebiet zu Burkina Faso und Mali, und insbesondere die Grenzregion im Nordosten des Landes, besteht ein hohes Entführungsrisiko. Angesichts der Entwicklungen im Sahel und insbesondere der Sicherheitslage in Burkina Faso und in Mali besteht auch in der Elfenbeinküste ein latentes Risiko terroristischer Anschläge (AA 26.1.2022). Zum Beispiel wurden im Juni 2021 bei der Explosion eines Sprengsatzes bei Tehini im Grenzgebiet zu Burkina Faso mehrere Sicherheitskräfte getötet oder verletzt. Im März und April 2021 kam es zu Terrorangriffen mit islamistischem Hintergrund auf Sicherheitsposten der in Kafolo an der Grenze zu Burkina Faso. Mehrere Soldaten kamen dabei ums Leben (EDA 26.1.2022; vgl. BMEIA 26.1.2022, AA 26.1.2022). Zudem kam es im April 2021 in der Nähe von Kafolo zu einem Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz auf ein ziviles Kraftfahrzeug. Trotz verstärkter Sicherheitsmaßnahmen durch die Behörden besteht die latente terroristische Bedrohung fort (AA 26.1.2022).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Côte d'Ivoire: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/cotedivoiresicherheit/209460 , Zugriff 26.1.2022
- BMEIA - Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten [Österreich] (26.1.2022): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Gesundheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/cote-divoire/ , Zugriff 26.1.2022
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (26.1.2022): Côte d’Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_5 , Zugriff 26.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- GW - Garda World (5.1.2022): Côte d'Ivoire - Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/cote-divoire , Zugriff 28.1.2022
Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor, und obwohl die Justiz in gewöhnlichen Strafsachen im Allgemeinen unabhängig ist, respektiert die Regierung die Unabhängigkeit der Justiz häufig nicht (USDOS 30.3.2021). Nach anderen Angaben ist die Justiz nicht unabhängig. Richter sind anfällig für externe Einflussnahme, Korruption und Bestechung sind innerhalb der Justiz nach wie vor endemisch (FH 3.3.2021). Im Jänner 2020 beklagten verschiedene Berufsverbände und Organisationen der Zivilgesellschaft die fortwährende Beeinträchtigung des Justizwesens durch die Exekutive und die Weigerung der Regierung, mehrere Gerichtsentscheidungen umzusetzen. Menschenrechtsorganisationen und politische Parteien behaupteten, die Regierung nutze das Justizsystem, um unterschiedliche Oppositionelle zu marginalisieren (USDOS 30.3.2021). Die Justiz wurde vollständig mobilisiert, um die dritte Amtszeit von Präsident Ouattara zu unterstützen (FH 3.3.2021).
In der Vergangenheit traten die Schwurgerichte (Sondergerichte, die bei Bedarf zur Verhandlung von Strafsachen mit Verbrechen einberufen werden) nur selten zusammen. Im Laufe des Jahres 2020 nahmen die ständigen Strafgerichte, die als Ersatz für die Schwurgerichte eingerichtet worden waren, um den Rückstau an Fällen zu beseitigen, ihre Arbeit auf (USDOS 30.3.2021). Im März 2020 billigte das Parlament Verfassungsänderungen, durch die der Oberste Gerichtshof abgeschafft und drei bestehende Gerichte als letzte Instanz eingesetzt wurden: der Kassationshof (Berufungsgericht), der Staatsrat (Conseil d'Etat) und der Rechnungshof (Cour des Comptes). Diese Gerichte sind für verschiedene Arten von Rechtsangelegenheiten zuständig. Der Cour de Cassation ist das höchste Berufungsgericht für Straf- und Zivilsachen. Der Conseil d'Etat ist das höchste Berufungsgericht für Verwaltungsstreitigkeiten. Der Cour des Comptes ist das oberste Rechnungsprüfungsorgan, das für die Überwachung der öffentlichen Finanzen und Konten zuständig ist. Zusätzlich zu diesen drei Gerichten entscheidet der Conseil Constitutionnel (Verfassungsrat) über die Wählbarkeit von Parlaments- und Präsidentschaftskandidaten, entscheidet über Streitigkeiten bei Wahlen, bestätigt Wahlergebnisse und urteilt über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Verträgen (USDOS 30.3.2021).
Berichten zufolge gewähren die Militärgerichte den Angeklagten nicht die gleichen Rechte wie zivile Strafgerichte. Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass es zu keinen Prozessen gegen Zivilisten vor Militärgerichten gekommen ist (USDOS 30.3.2021).
Die Verfassung und das Gesetz sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, aber die Justiz setzte dieses Recht manchmal nicht durch. Obwohl das Gesetz die Unschuldsvermutung und das Recht auf unverzügliche und ausführliche Unterrichtung über die Anklagepunkte vorsieht, wurde dies nicht immer eingehalten. Verurteilte haben Zugang zu Berufungsgerichten, aber höhere Gerichte hoben die Urteile nur selten auf (USDOS 30.3.2021).
Der relative Mangel an ausgebildeten Richtern und Anwälten führte zu einem eingeschränkten Zugang zu wirksamen Gerichtsverfahren, insbesondere außerhalb der Großstädte. Die Regierung nennt eine Zahl von 450 Richtern für eine Bevölkerung von schätzungsweise 27,5 Millionen (USDOS 30.3.2021).
In ländlichen Gebieten wird die Justiz häufig von traditionellen Institutionen auf Dorfebene ausgeübt, die häusliche Streitigkeiten und kleinere Landfragen nach dem Gewohnheitsrecht regeln. Die Streitbeilegung erfolgt durch ausführliche Debatten. Es wurden keine Fälle von körperlicher Bestrafung nach solchen, nach traditionellem Recht geführten Verfahren gemeldet. Das Gesetz sieht ausdrücklich einen sogenannten „großen Vermittler“ vor, der vom Präsidenten ernannt wird und eine Brücke zwischen traditionellen und modernen Methoden der Streitbeilegung schlagen soll (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Sicherheitsbehörden
Die Nationale Polizei, die dem Ministerium für Inneres und Sicherheit untersteht, und die Nationale Gendarmerie, die dem Verteidigungsministerium untersteht, sind für die Strafverfolgung im Inland zuständig. Das Koordinationszentrum für operative Entscheidungen, eine gemischte Einheit aus Polizei, Gendarmerie und Armee, unterstützt die Polizei bei der Gewährleistung der Sicherheit in einigen Großstädten. Die Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstellt sind, sind für die Landesverteidigung zuständig (USDOS 30.3.2021). Die Streitkräfte der Elfenbeinküste (Forces Armées de Côte d'Ivoire, FACI; auch bekannt als Republikanische Streitkräfte / Forces républicaines de Côte d'Ivoire, FRCI), bestehen aus dem Heer Armee (Armée de Terre), der Marine (Marine Nationale), der Luftwaffe (Force Aérienne Côte), und den Spezialkräften (Forces Spéciale) (2021) (CIA 18.1.2022). Die dem Ministerium für Sicherheit und Katastrophenschutz unterstellte Direktion für territoriale Überwachung (DTS) ist für die Abwehr interner Bedrohungen zuständig (USDOS 30.3.2021). Nichtstaatliche bewaffnete Akteure und ehemalige Rebellen verfügen über erheblichen Einfluss, insbesondere im Norden und Westen (FH 3.3.2021).
Den zivilen Behörden gelang es zeitweise nicht, die Sicherheitskräfte wirksam zu kontrollieren (USDOS 30.3.2021). Obwohl die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte nominell unter ziviler Kontrolle stehen, gibt es nach wie vor erhebliche Probleme mit parallelen Kommando- und Kontrollsystemen innerhalb der FRCI (FH 3.3.2021).
Angehörige der Sicherheitskräfte begingen einige Übergriffe (USDOS 30.3.2021).
Die Militärpolizei und das Militärgericht sind für die Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung mutmaßlicher Übergriffe durch Angehörige der Sicherheitsdienste zuständig. Die Regierung berichtet über gesetzte Schritte, mit denen u.a. Sicherheitsbeamte, die des Missbrauchs beschuldigt werden, strafrechtlich verfolgt werden können. Opfer gemeldeter Übergriffe berichten allerdings, dass Täter nicht bestraft wurden (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d'Ivoire, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security , Zugriff 27.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung und das Gesetz verbieten Folter und unmenschliche Behandlung (USDOS 30.3.2021) und die Regierung verabschiedete Gesetze, die Folter als eigenständiges Verbrechen definierten (HRW 14.1.2020).
Es liegen keine Erkenntnisse vor, wonach Folter durch staatliche Stellen praktiziert wird. Eine widerstreitende Meinung vertritt die NGO Fédération internationale de l’Action des Chrétiens (FIACAT), welche in den Zuständen der Gefängnisse sowie in der teilweise langwierigen Verfahrensdauer eine Form der Misshandlung der Häftlinge und damit der Folter sieht (AA 9.10.2020). Menschenrechtsorganisationen berichten über Misshandlungen von Häftlingen zwischen Festnahme und Einlieferung in das Gefängnis, und dass Gefangene mitunter Gewalt und Missbrauch, einschließlich Schlägen und Erpressung, durch Gefängnisbeamte ausgesetzt sind. Auch die Strafvollzugsbehörden räumen ein, dass es zu Misshandlungen kommen kann, die nicht gemeldet werden, da die Gefangenen Repressalien fürchten (USDOS 30.3.2021).
Straflosigkeit war bei den Sicherheitskräften kein nennenswertes Problem, obwohl Berichten zufolge Angehörige der Sicherheitskräfte vereinzelte Übergriffe begangen haben, ohne bestraft zu werden. Die Regierung setzte die Militärpolizei und das Militärtribunal ein, um Übergriffe zu untersuchen (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html , Zugriff 27.1.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Korruption
Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzt dieses Gesetz nicht wirksam um. Es wird berichtet, dass Beamte sich häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligen (USDOS 30.3.2021). Korruption und Bestechung sind nach wie vor weit verbreitet und betreffen vor allem die Justiz, die Polizei (FH 3.3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021) und das öffentliche Auftragswesen. Geringfügige Bestechung behindert auch den Zugang der Bürger zu öffentlichen Dienstleistungen, von der Erlangung einer Geburtsurkunde bis hin zur Zollabfertigung (FH 3.3.2021).
Eine öffentliche Antikorruptionsbehörde, die High Authority for Good Governance (HABG), wurde 2013 eingerichtet, gilt aber als ineffektiv. Das HABG verpflichtet Beamte zur Abgabe von Vermögenserklärungen, doch wird dies nicht ausreichend durchgesetzt. Täter auf allen Ebenen werden nur selten strafrechtlich verfolgt (FH 3.3.2021). Die HABG kann Empfehlungen aussprechen, aber die Staatsanwaltschaft muss entscheiden, ob sie einen Fall aufgreift. Zivilgesellschaftliche Gruppen und Regierungsbeamte berichten, dass die HABG nicht befugt ist, unabhängig zu handeln oder entscheidende Maßnahmen zu ergreifen. Der verfassungsmäßig vorgesehene Oberste Gerichtshof, der Regierungsmitglieder – einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten – wegen Straftaten in Ausübung ihres Amtes verurteilen kann, ist noch nicht eingerichtet worden (USDOS 30.3.2021).
Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2020 von Transparency International belegte die Elfenbeinküste Rang 104 von 180 untersuchten Ländern (TI 1.2021).
Quellen:
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- TI - Transparency International (1.2021): Corruption Perceptions Index 2020, Côte d'Ivoire, https://images.transparencycdn.org/images/2020_Report_CPI_EN.pdf , Zugriff 12.1.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Eine Reihe lokaler und internationaler NGOs können im Allgemeinen frei arbeiten (FH 3.3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021) und untersuchen und veröffentlichen ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle (USDOS 30.3.2021). Die schlechten Sicherheitsbedingungen - vor allem im Norden und Westen des Landes - stellen jedoch für einige Organisationen eine Einschränkung dar (FH 3.3.2021).
Regierungsvertreter treffen sich mit einigen dieser Gruppen. Während die Regierung je nach Thema oder Fall einigermaßen kooperativ ist und auf Ansichten von NGOs eingeht, ist sie bei heikleren Themen defensiv (USDOS 30.3.2021).
Im Jahr 2020 wurden zahlreiche Aktivisten verhaftetet, darunter mehrere bekannte Anführer der Alternative Citoyenne Ivoirienne (ACI). Als Grund dafür wurden mehrere unrechtmäßige Anschuldigungen genannt, von „Untergrabung der öffentlichen Ordnung“ bis hin zur „Untergrabung der nationalen Verteidigung“. Die Verhafteten hatten sich kritisch zur Präsidentschaftskandidatur Ouattaras geäußert (FH 3.3.2021; vgl. AI 7.4.2021).
Quellen:
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html , Zugriff 13.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Wehrdienst und Rekrutierungen
Auf dem Papier existiert zwar eine Wehrpflicht, diese wird jedoch seit 1995 nicht mehr umgesetzt (AA 9.10.2020; vgl. CIA 18.1.2022). Der Eintritt in den Militärdienst erfolgt freiwillig (AA 9.10.2020). Das Alter für den obligatorischen und freiwilligen Militärdienst beträgt für Männer und Frauen 18-25 Jahre. Eine freiwillige Rekrutierung ehemaliger Rebellen ist auf das Alter von 22-29 Jahren beschränkt (CIA 18.1.2022). Die Heranziehung zum Militärdienst ist heute nicht mehr an Merkmale wie Rasse, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung gebunden (AA 9.10.2020).
Für unterschiedliche Gruppen von Deserteuren gibt es unterschiedlich harte Strafen, welche im militärischen Strafgesetzbuch geregelt sind. Hier wird einerseits eine Unterscheidung zwischen Desertion in Friedens- bzw. Kriegszeiten getroffen sowie zwischen Desertion im Inland oder ins Ausland, bewaffneter Fahnenflucht oder Fahnenflucht und Übertritt zum Feind. Je nach Straftatbestand beläuft sich das Strafmaß auf ein Jahr bis hin zu zwanzig Jahren Haft. Die Entlassung aus dem Militär kann ebenfalls erfolgen (AA 9.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d‘Ivoire, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security , Zugriff 27.1.2022
Allgemeine Menschenrechtslage
Es gibt keine Berichte darüber, dass die Regierung willkürliche oder ungesetzliche Tötungen begangen hat (USDOS 30.3.2021).
Zu den wichtigsten Menschenrechtsproblemen gehören vorübergehendes Verschwindenlassen durch die Regierung; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen durch die Streitkräfte; politisch motivierte Repressalien gegen Personen, die sich außerhalb des Landes aufhalten; politische Gefangene oder Inhaftierte; mangelnde Unabhängigkeit der Justiz; Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Internetfreiheit; Behinderungen des Rechts auf friedliche Versammlung und Vereinigung; Gewaltverbrechen gegen Frauen und Mädchen, welche die Regierung kaum strafrechtlich verfolgt; Gewaltverbrechen gegen Angehörige sexueller Minderheiten. Die Regierung hat über Schritte berichtet, um Beamte der Sicherheits- und anderer Behörden, die des Missbrauchs beschuldigt wurden, strafrechtlich zu verfolgen. Opfer gemeldeter Übergriffe erklären hingegen, dass Täter nicht verfolgt wurden (USDOS 30.3.2021).
Das Ministerium für Justiz und Menschenrechte ist für die Umsetzung der Menschenrechtspolitik der Regierung zuständig. Im Jänner 2019 wurde die Nationale Menschenrechtskommission in den Nationalen Rat für Menschenrechte umbenannt. Die Änderung sollte dem Rat eigentlich mehr finanzielle und operative Autonomie verschaffen. Die Organisation blieb jedoch weiterhin vollständig von der Finanzierung durch die Regierung und Geber abhängig. Dementsprechend stellen Menschenrechtsorganisationen ihre Unabhängigkeit und Wirksamkeit weiterhin in Frage. Die zivil kontrollierte Sonderermittlungszelle des Ministeriums für Justiz und Menschenrechte ermittelt gegen Personen, die für Menschenrechtsverletzungen während der Krise nach den Wahlen von 2010/11 verantwortlich waren (USDOS 30.3.2021).
Eine Reihe von Gesetzesreformen führte zu Verbesserungen beim Schutz der Menschenrechte. Die Regierung verabschiedete Gesetze, die Folter als eigenständiges Verbrechen definieren. Zudem wurden Maßnahmen gesetzt, um den Rückgriff auf die Untersuchungshaft zu verringern. Einige Bestimmungen der neuen Gesetze können jedoch zur Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit genutzt werden (HRW 14.1.2020).
Und die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung auch schon ein (AI 7.4.2021). Obwohl sich die Bevölkerung im Allgemeinen frei an politischen Diskussionen und Debatten beteiligen kann, wurden Politik und Regierungsparteien im Umfeld der Wahlen 2020 zu gefährlichen Themen. Einzelpersonen waren Einschüchterungen, Drohungen und physischer Gewalt ausgesetzt. Während und nach den Wahlen griffen Milizen und unbekannte Akteure Anhänger der Opposition an, die sich während des Wahlboykotts versammelt und demonstriert hatten. In Abidjan und mindestens acht weiteren Städten gingen Oppositions- und Regierungsanhänger mit Macheten, Knüppeln und Jagdgewehren auf die Straße. Mehr als 50 Menschen wurden von Mitgliedern der Milizen getötet (FH 3.3.2021). Nach offiziellen Angaben lautete die Bilanz zwischen 10. und 14.8.2020: Fünf Tote, 104 Verletzte und 68 Festnahmen von Personen, die der "Störung der öffentlichen Ordnung, der Anstiftung zum Aufruhr, der Gewalt gegen Beamte und der Zerstörung von Eigentum" beschuldigt wurden (AI 7.4.2021)
Auch Sicherheitskräfte gingen ungestraft mit exzessiver Gewalt gegen friedliche Demonstranten vor (AI 7.4.2021). Zudem haben sie bei Gewalt gegen Oppositionsanhänger nicht eingegriffen. Dies hat Menschen davon abgehalten, ihre politischen Ansichten offen zu äußern (FH 3.3.2021).
Quellen:
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html , Zugriff 13.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html , Zugriff 27.1.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Meinungs- und Pressefreiheit
Sowohl die Verfassung als auch internationale und regionale Menschenrechtsinstrumente, die von der Elfenbeinküste ratifiziert wurden, stützen das Recht auf Meinungsfreiheit. Meinungs- und Pressefreiheit sind – bis auf einige Einschränkungen – meist gewährleistet (AA 9.10.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Das Gesetz verbietet Anstiftung zu Gewalt, ethnischem Hass und Rebellion, sowie die Beleidigung des Staatschefs oder anderer hochrangiger Mitglieder der Regierung. Manchmal unternimmt die Regierung Schritte, um solche Inhalte aus den sozialen Medien zu entfernen – so z.B. im Jänner 2020, als ein anonymer Facebook-Nutzer zu tödlicher Gewalt gegen römisch-katholische Christen aufgerufen hatte. In anderen Fällen warf die praktische Anwendung dieses Gesetzes Fragen der politischen Einflussnahme auf (USDOS 30.3.2021).
Andererseits bleiben die öffentlichen Medien fest unter der Kontrolle der Regierung. Zusätzlich gibt es aber eine Fülle von privaten Medien, welche die Regierung offen kritisieren. Der Nationale Kommunikationsrat setzt sich stärker für oppositionelle Zeitungen ein als für regierungsnahe (BTI 2020). Unabhängige Medien sind aktiv und bringen ein breites Spektrum an Meinungen zum Ausdruck. Es gibt zahlreiche unabhängige Radiosender (USDOS 30.3.2021). Die meisten nationalen Medien – v.a. Zeitungen – sind in ihrer Berichterstattung allerdings parteiisch und bevorzugen entweder die Regierung oder die Opposition (FH 3.3.2021). Daneben gibt es Printerzeugnisse verschiedener Positionen. Eine parteineutrale Berichterstattung gibt es allerdings selten. Der Einfluss von oppositionellen Printmedien im Gegensatz zu den staatlichen TV-Sendern ist durch die niedrige Alphabetisierungsrate und der geringen Auflage eingeschränkt. NGOs werfen dem unabhängigen Nationalen Presserat (CNP) vor, Suspendierungen und Sanktionen unverhältnismäßig häufig gegen Oppositionsmedien zu verwenden (AA 9.10.2020).
Trotzdem veröffentlichen Zeitungen, die politisch der Opposition nahestehen, häufig Leitartikel, in denen die Regierung verurteilt wird oder aber sie fabrizierten Geschichten, um politische Gegner zu diffamieren. Die journalistischen Standards werden sowohl von regierungs- als auch von oppositionsnahen Medien missachtet. Dies führt mitunter zu Verleumdungsvorwürfen und in der Folge zu Klagen, wonach oppositionelle Medien eher wegen dieses Delikts angeklagt werden würden (USDOS 30.3.2021). Nach anderen Angaben sind oppositionelle Medien weiterhin Drohungen und Druck seitens der Regierung ausgesetzt – insbesondere während des Wahlkampfs. Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur freien Meinungsäußerung werden somit in der Praxis nur teilweise eingehalten (BTI 2020).
Die Situation der Presse hat sich seit dem Ende des Konflikts in den Jahren 2010/11 verbessert, und es kommt nur noch selten zu schweren Gewalttaten gegen Journalisten. Allerdings sind Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit Einschüchterungen und gelegentlicher Gewalt durch Sicherheitskräfte ausgesetzt (FH 3.3.2021). Sowohl unabhängige Journalisten als auch solche, die den staatlichen Medien angehören, geben an, dass sie regelmäßig Selbstzensur ausüben, um Sanktionen oder Repressalien zu vermeiden. Die CNP suspendiert oder verwarnt kurzzeitig Zeitungen und Journalisten wegen Äußerungen, die ihrer Meinung nach falsch oder verleumderisch sind oder zu Fremdenfeindlichkeit und Hass aufstacheln. Dabei werden Verleumdungen, die das nationale Interesse bedrohen, mit sechs Monaten bis fünf Jahren Gefängnis und hohen Geldstrafen bedroht (USDOS 30.3.2021). Politische Aktivisten, Journalisten und andere Personen, die sich abweichend äußerten, wurden schikaniert und willkürlich verhaftet (AI 7.4.2021).
Das Gesetz verbietet „die Inhaftierung von Journalisten in Polizeigewahrsam, die Präventivhaft und die Inhaftierung von Journalisten wegen Straftaten, die durch die Presse oder durch andere Publikationsmittel begangen wurden“. Das Gesetz sieht jedoch hohe Geldstrafen für alle vor, die sich der Begehung von Straftaten durch die Presse oder andere Publikationsmittel schuldig gemacht haben. Zudem werden Journalisten aufgrund ihrer Berichterstattung manchmal von den Behörden mit Gewalt, Schikanen oder Einschüchterungen konfrontiert (USDOS 30.3.2021). Journalisten bleiben prinzipiell anfällig für Missbrauch durch die Polizei (BTI 2020). Einige wurden von der Polizei festgenommen, inhaftiert und geschlagen, als sie über Proteste und Gewalt während und nach den Wahlen 2020 berichteten (FH 3.3.2021). In der Rangliste der Pressefreiheit 2021 von Reporter ohne Grenzen befindet sich die Elfenbeinküste auf Platz 66 von 180 gelisteten Ländern (RSF 2021).
Das Gesetz verbietet Radiosendern die Ausstrahlung politischer Kommentare durch kommunale Radiosender, aber die Regulierungsbehörde erlaubt kommunalen Radiosendern die Ausstrahlung politischer Programme, wenn sie professionelle Journalisten beschäftigen. Die Eigentümer berichten jedoch, dass sie sich häufig selbst zensieren und die Ausstrahlung politischer Inhalte vermeiden, weil sie Sanktionen oder eine Abschaltung durch die Kommunikationsbehörde befürchten. Insgesamt nimmt die Regierung sowohl auf die Berichterstattung und die Programminhalte der Fernsehsender als auch auf jene öffentlicher und privater Radiosender Einfluss. Die Kontrolle der Regierung über die wichtigsten staatlichen Fernsehsender wird von der Opposition und der Zivilgesellschaft stark kritisiert (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html , Zugriff 13.1.2022
- BTI - Bertelsmann Transformation Index (ohne Datum): BTI 2020 Côte d'Ivoire, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf , Zugriff 20.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- RSF - Reporters Sans Frontières (2021): Rangliste der Pressefreiheit 2020, Côte d’Ivoire, https://rsf.org/en/ranking/2021# , Zugriff 12.1.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Das Gesetz sieht Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit vor, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Das Gesetz schreibt vor, dass Gruppen, die Demonstrationen oder Kundgebungen in Stadien oder anderen geschlossenen Räumen abhalten wollen, mindestens drei Tage vor der geplanten Veranstaltung eine schriftliche Anmeldung bei der Regierung einreichen müssen. Die Organisatoren müssen die Genehmigung der Regierung einholen, um die Veranstaltung durchführen zu können (USDOS 30.3.2021). Die Versammlungsfreiheit wurde bereits mit der Revision des Strafgesetzbuches vom Juni 2019 eingeschränkt. Im Falle von nicht angemeldeten oder verbotenen Versammlungen kann es zur Verhängung von ein- bis dreijährigen Haftstrafen kommen (FH 3.3.2021).
Im August 2020 wurden politische Aktivisten, Vertreter der Zivilgesellschaft und andere, die zu Demonstrationen aufgerufen oder an friedlichen Protesten gegen die Kandidatur des Präsidenten teilgenommen hatten, willkürlich verhaftet (AI 7.4.2021). Damals wurden mehrere von der Opposition organisierte Demonstrationen gewaltsam aufgelöst. Zwischen 10. und 14.8.2020 gab es dabei laut offiziellen Angaben fünf Todesopfer, 104 Verletzte und 68 Festnahmen von Personen, die der „Störung der öffentlichen Ordnung, der Anstiftung zum Aufruhr, der Gewalt gegen Ordnungskräfte und der Zerstörung von Eigentum“ beschuldigt wurden. Am 19.8.2020 wurden vom Ministerrat alle öffentlichen Proteste verboten. Dieses Verbot wurde bis Dezember 2020 mehrmals verlängert. Wahlkampfveranstaltungen waren erlaubt (AI 7.4.2021). Präsident Ouattara verbot demnach während der gesamten Wahlperiode 2020 öffentliche Demonstrationen und Proteste. Die Polizei löste Proteste und andere Akte des zivilen Ungehorsams, die auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen waren, gewaltsam auf. Bewaffnete Milizen griffen unbewaffnete Demonstranten während des gesamten Wahlzeitraums ungestraft brutal an. Häufig kam es zu Zusammenstößen zwischen regierungsnahen Gruppen und Anhängern der Opposition. Insgesamt wurden über 50 Menschen bei Demonstrationen getötet (FH 3.3.2021).
Quellen:
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html , Zugriff 13.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Opposition
Das Gesetz verbietet die Bildung politischer Parteien entlang ethnischer oder religiöser Linien. In der Vergangenheit gab es derartige Verbindungen zwischen ethnischen Gruppen und bestimmten politischen Parteien (USDOS 30.3.2021).
Oppositionelle politische Gruppen berichten immer wieder über die Ablehnung ihrer Anträge auf Abhaltung politischer Versammlungen und über angeblich uneinheitliche Standards bei der Erteilung von Genehmigungen für öffentliche Versammlungen (BTI 2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Nach der Regierungsverordnung vom August 2020, mit welcher Demonstrationen auf öffentlichen Straßen verboten wurden, und den anschließenden Verhaftungen von Oppositionsanhängern, die an nicht genehmigten Demonstrationen teilnahmen, berichteten die Medien über Bilder von Anhängern der Regierungskoalition, die auf dem Weg zur offiziellen Nominierung von Präsident Ouattara als Präsidentschaftskandidat ungehindert durch die Straßen marschierten (USDOS 30.3.2021).
Im August 2020 riefen mehrere Oppositionsparteien und Einzelpersonen, sowie auch eine zivilgesellschaftliche Organisation, über soziale Medien zu Demonstrationen gegen die Absicht von Präsident Ouattara auf, eine dritte Amtszeit anzustreben. Im ganzen Land fanden mehrere Demonstrationen statt, von denen einige in Ausschreitungen ausarteten. Es kam zu Verhaftungen und zu Anklagen wegen Anstiftung zu Unruhen, Störung der öffentlichen Ordnung, Aufruf zum Aufruhr, Gewalt und Körperverletzung sowie Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum (USDOS 30.3.2021). Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 kam es zu Einschüchterungen, Drohungen und körperlicher Gewalt. Die Oppositionsparteien boykottierten die Wahlen und veranstalteten im Vorfeld des Wahltages im Oktober zahlreiche Protestmärsche, Sitzstreiks und Demonstrationen, obwohl die Regierung von August bis Oktober alle Proteste verboten hatte. Anhänger der Opposition sahen sich Drohungen von Polizei und Militär ausgesetzt, die es zudem versäumten, die Sicherheit der Bürger während und nach dem Wahltag zu gewährleisten. Die Sicherheitskräfte gingen mit Gewalt gegen die Demonstranten vor und töteten mehrere Demonstranten während des Wahlkampfes. Auch bewaffnete Milizen griffen unbewaffnete Demonstranten während der gesamten Wahlperiode brutal und ungestraft an. Mehr als 50 Menschen wurden von Milizionären getötet, Täter blieben ungestraft. Oppositions- und Regierungsanhänger gingen in Abidjan und in mindestens acht weiteren Städten mit Macheten, Knüppeln und Jagdgewehren auf die Straße. Die Sicherheitskräfte sahen über die Gewalt gegen Oppositionsanhänger weitgehend hinweg (FH 3.3.2021), und es kam zu einer Reihe von willkürlichen Verhaftungen von politischen Aktivisten, Vertretern der Zivilgesellschaft und weiteren Personen, die zu Demonstrationen aufgerufen bzw. an friedlichen Protesten gegen die Präsidentschaftskandidatur teilgenommen hatten. Mehrere Oppositionelle wurden im November 2020 de facto unter Hausarrest gestellt, nachdem sie den Nationalen Übergangsrat gegründet hatten (AI 7.4.2021).
Menschenrechtsorganisationen und politische Parteien behaupten, dass die Regierung die Justiz dazu nutze, Oppositionelle zu marginalisieren. Die Regierung leugnet, dass es politische Gefangene gibt, doch wurden Ende 2019 und im Laufe des Jahres mehrere Mitglieder von Oppositionsparteien aufgrund verschiedener strafrechtlicher Anschuldigungen verhaftet (USDOS 30.3.2021). Bei mehreren Gelegenheiten haben Polizei oder Gendarmerie Oppositionspolitiker und Aktivisten der Zivilgesellschaft, die regierungsfeindliche Demonstrationen organisiert haben, festgenommen und kurzzeitig inhaftiert (HRW 14.1.2020). Berichten zufolge gewähren Beamte inhaftierten Mitgliedern von Oppositionsparteien den gleichen Schutz wie anderen Gefangenen (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html , Zugriff 13.1.2022
- BTI - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report — Côte d’Ivoire, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf , Zugriff 20.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Haftbedingungen
Die Haftbedingungen sind aufgrund unzureichender Verpflegung und sanitärer Bedingungen, grober Überbelegung, und fehlender medizinischer Versorgung hart und ungesund (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 14.1.2020). Die Überbelegung der Gefängnisse stellt weiterhin ein Problem dar. Die Haftanstalten sind für maximal 8.000 Gefangene ausgelegt, die Anzahl an Häftlingen betrug aber Ende August 2020 insgesamt 21.430. In mindestens einem Gefängnis schliefen die Häftlinge Berichten zufolge dicht gedrängt auf dem Boden (USDOS 30.3.2021). Am 8.4.2021 ließen die Behörden mehr als 2.000 Gefangene frei, um die Überlastung der Gefängnisse zu verringern und damit die Verbreitung von Covid-19 einzudämmen (AI 7.4.2021).
Eine lange Untersuchungshaft ist sowohl für Erwachsene als auch für Minderjährige ein ernstes Problem, wobei einige Häftlinge jahrelang ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis sitzen. Ende 2018 verabschiedete das Unterhaus eine neue Strafprozessordnung, die Änderungen bei den Strafgerichten vorsieht, um den Rückstau zu beseitigen (FH 3.3.2021).
In einigen Gefängnissen sind Jugendliche zusammen mit Erwachsenen untergebracht (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). In den meisten Gefängnissen sind Männer und Frauen in getrennten Gefängnisbereichen untergebracht. Untersuchungshäftlinge werden häufig zusammen mit verurteilten Gefangenen untergebracht. Die Kinder weiblicher Insassen leben häufig bei ihren Müttern im Gefängnis (USDOS 30.3.2021).
Korruption unter den Gefängniswärtern sorgt für eine bessere Behandlung derer, die es sich leisten können, während diejenigen Gefangenen mit wenig oder gar keinen finanziellen Mitteln in sehr beengten, schmutzigen Zellen einsitzen. Auch das Besuchsrecht von Familienmitgliedern hängt häufig von Bezahlung ab (AA 9.10.2020). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass auch prominente oder politisch aktive Gefangene manchmal etwas bessere Lebensbedingungen haben als andere Gefangene, während ärmere Gefangene nur unregelmäßig ausreichend Nahrung erhalten. Familien ergänzen routinemäßig die Rationen von Verwandten im Gefängnis, wenn sie die Mittel dazu haben. Nach Beschwerden verbesserten einige Gefängnisse Hygiene und Ernährung (USDOS 30.3.2021).
Unter bestimmten Umständen gestattete die Regierung NGOs, Gefangene mit Nahrungsmitteln und anderen Gütern zu versorgen, darunter auch mit Gegenständen zur Verhinderung der Ausbreitung von Covid-19 – wie Masken, Isolierzelten und Hygienekits (USDOS 30.3.2021).
Gewalt unter den Insassen wird mit Gewalt durch Gefängniswärter beantwortet (AA 9.10.2020). Die Gefängnisbehörden räumen ein, dass es zu Misshandlungen kommen kann, und dass Häftlinge derartige Vorfälle aus Angst vor Repressalien nicht melden. Theoretisch können sich Insassen bei der Gefängnisleitung über Misshandlungen beschweren; der Regierung waren jedoch für das gesamte Jahr 2020 keine derartigen Fälle bekannt (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung gewährt den Vereinten Nationen sowie lokalen und internationalen NGOs im Allgemeinen angemessenen Zugang zu den Gefängnissen, nicht aber zu den von der DST (Direction de la surveillance du territoire) betriebenen Haftanstalten. Dort mangelt es Gefangenen Berichten zufolge am Zugang zu Anwälten und Familien (USDOS 30.3.2021).
Berichten zufolge gewähren die Behörden den politischen Gefangenen den gleichen Schutz wie anderen Gefangenen, einschließlich des Zugangs durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html , Zugriff 13.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html , Zugriff 27.1.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Todesstrafe
Seit der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 wurde die Todesstrafe nicht vollstreckt. Das ivorische Parlament hat 2015 das in Art. 2 Abs. 2 der Verfassung aus dem Jahre 2000 geregelte Verbot von Strafen, die den Entzug des Lebens nach sich ziehen, durch Änderung des materiellen Strafrechts umgesetzt. Durch ein Änderungsgesetz vom 2.3.2015 zum Strafgesetzbuch wurde die Strafandrohung der Todesstrafe für Mord aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die Verfassung von 2016 erhebt in Art. 3 Abs. 3 die Abschaffung der Todesstrafe nun auch explizit auf Verfassungsrang (AA 9.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 29.1.2021
Religionsfreiheit
Laut der letzten Volkszählung aus dem Jahr 2014 sind 42,9 Prozent der Bevölkerung Muslime, 33,9 Prozent Christen (17,2 Prozent Katholiken, 11,8 Prozent Evangelikale, 1,7 Prozent Methodisten, 3,2 Prozent andere) und 3,6 Prozent Anhänger indigener Religionen (USDOS 12.5.2021; vgl. CIA 18.1.2022). Viele Menschen, die sich als Christen oder Muslime bezeichnen, praktizieren auch einige Aspekte indigener religiöser Überzeugungen. Im Norden des Landes sind die Muslime in der Mehrheit, im Süden sind die Christen in der Mehrheit. Angehörige beider Gruppen sowie anderer religiöser Gruppen sind im ganzen Land ansässig (USDOS 12.5.2021).
Die Verfassung schreibt einen säkularen Staat vor, der alle Glaubensrichtungen respektiert und alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt, unabhängig von ihrer Religion (USDOS 12.5.2021), und diese gesetzlichen Garantien werden auch in de Regel eingehalten und jede Person kann ihren Glauben in der Öffentlichkeit und im Privatleben frei ausüben (FH 3.3.2021). Die Verfassung verbietet ausdrücklich religiöse Diskriminierung in der Arbeitswelt und sieht die Gewissens-, Glaubens- und Kultusfreiheit im Einklang mit dem Gesetz, den Rechten anderer, der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung vor. "Propaganda", die zu religiösem Hass aufruft ist verboten (USDOS 12.5.2021).
Die muslimisch-christliche Nord-Süd-Spaltung ist seit Jahrzehnten ein hervorstechendes Merkmal des Lebens und wurde durch die Krise von 2002 bis 2011 noch verschärft, aber die Spannungen haben sich weitgehend abgebaut. Seitdem hat sich die Spaltung verringert, und die derzeitige Regierungskoalition umfasst Muslime und Christen (FH 3.3.2021).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d'Ivoire, Religions, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security , Zugriff 27.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051537.html , Zugriff 18.1.2022
Minderheiten
In dem Land gibt es mehr als 60 ethnische Gruppen (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021), darunter Akan (28,9 Prozent), Volta/Gur (16,1 Prozent), Nord-Mande (14,5 Prozent), Kru (8,5 Prozent) und Süd-Mande (6,9 Prozent) (CIA 18.1.2022). Die Behörden betrachten etwa 25 Prozent der Bevölkerung als Ausländer, obwohl viele in dieser Kategorie in der zweiten oder dritten Generation ansässig sind (USDOS 30.3.2021; vgl. CIA 18.1.2022).
Die politischen Parteien sind ethnisch nicht homogen obwohl jede von ihnen tendenziell von bestimmten ethnischen Gruppen dominiert wird (FH 3.3.2021). Das Gesetz verbietet Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Stammesdenken und macht diese Formen der Intoleranz mit fünf bis zehn Jahren Haft strafbar. Allerdings berichten Menschenrechtsorganisationen, dass ethnische Diskriminierung ein Problem darstellt. Die Gesetze zum Landbesitz sind nach wie vor unklar und werden nicht angewendet, was zu Konflikten zwischen der einheimischen Bevölkerung und anderen Gruppen führt (USDOS 30.3.2021).
Im Umfeld der Präsidentschaftswahlen kam es zu zahlreichen inter-ethnischen Zusammenstößen. Bei einem besonders gewalttätigen Zusammenstoß in Dabou zwischen den Malinke und den Adjoukrou gab es 16 Todesopfer und 67 Verletzte. Regierungsbeamte stellten fest, dass die Gewalt von unbekannten externen Akteuren angezettelt wurde, die den Konflikt möglicherweise zu politischen Zwecken anheizen wollten. Die Sicherheitskräfte blieben mehrere Tage lang vor Ort (USDOS 30.3.2021).
Im November 2020 brachen in den ländlichen Städten im Landesinneren, in Daoukro, zwischen Baoule und Malinke, und in M'Batto, zwischen Agni und Malinke, brutale Konflikte zwischen den Gemeinden aus. Die Regierung meldete sechs Tote in Daoukro und drei Tote in M'Batto, darunter zwei Verbrennungen und eine Enthauptung. Eine Oppositionspartei behauptete, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer viel höher liegt (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d'Ivoire, Religions, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security , Zugriff 27.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Frauen und Männer sind rechtlich gleichgestellt. Die Verfassung enthält in Art. 36 und 37 zwei Bestimmungen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Frauen sowie zur Gleichstellung (AA 9.10.2020). Allerdings ist das traditionelle Bild der Frau als Mutter und Hausfrau in der Gesellschaft fest verankert (AA 9.10.2020; vgl. BTI 2020). Frauen werden in allen Aspekten des Lebens schlechter behandelt als Männer. Frauen haben keinen angemessenen Zugang zu öffentlichen Ämtern und Bildungseinrichtungen, wie der geringe Anteil von Frauen im Parlament und eine deutlich niedrigere Alphabetisierungsrate von Frauen zeigt (BTI 2020). Es gibt keine Gesetze, die die Beteiligung von Frauen und Angehörigen von Minderheiten am politischen Prozess einschränken, und sie beteiligen sich auch daran (USDOS 30.3.2021). In der Politik sind Frauen allerdings unterrepräsentiert; es sind aber Fortschritte zu verzeichnen (AA 9.10.2020). Von den 253 Mitgliedern der Nationalversammlung sind 29 Frauen. Von den 99 Mitgliedern des Senats sind es 19 (USDOS 30.3.2021).
Gewalt gegen Frauen bleibt ein Alltagsproblem. Es werden sowohl von staatlicher als auch von Nicht-Regierungsseite Anstrengungen unternommen, Institutionen zum Schutz von Frauen zu schaffen (AA 9.10.2020). Der gesetzliche Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt ist allerdings schwach und wird oft ignoriert (FH 3.3.2021).
Ehebruch gilt nach wie vor als Straftat, ist nun aber für beide Ehepartner in gleicher Weise strafbar. Das neue Strafrecht führte im Juni 2019 erstmals eine Legaldefinition von Vergewaltigung ein (AA 9.10.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Das Gesetz verbietet Vergewaltigung und sieht Gefängnisstrafen von fünf bis 20 Jahren vor. Es bestraft Vergewaltigung in der Ehe allerdings nicht speziell. Opfer werden häufig davon abgehalten, ein Strafverfahren anzustrengen, wobei ihre Familien oft eine Entschädigungszahlung akzeptieren. Es gibt mindestens einen Bericht über das Eingreifen von Sicherheitskräften, die eine Familie dazu überreden wollten, Strafanzeige zu erstatten, anstatt eine private Entschädigung für einen sexuellen Übergriff auf ihr minderjähriges Kind zu akzeptieren (USDOS 30.3.2021). Straffreiheit für die Täter stellt nach wie vor ein Problem dar. Wenn es zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommt, wird Vergewaltigung routinemäßig als unsittliche Körperverletzung eingestuft. Kostspielige ärztliche Atteste sind für die Opfer meist nicht leistbar (FH 3.3.2021), und obwohl sie nicht mehr gesetzlich verpflichtet sind, ein ärztliches Attest einzuholen, berichten einige Menschenrechtsorganisationen, dass Opfer, die dies nicht taten, Schwierigkeiten hatten, ihre Fälle voranzubringen (USDOS 30.3.2021).
Seit Mai 2013 gibt es in sechs größeren Städten Anlaufstellen („Cliniques Juridiques“), in denen Opfer sexueller Gewalt kostenlos Rechtsberatung erhalten können. Frauen, die als Prostituierte arbeiten, sind besonders gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden. Häufig werden sie von ihren Freiern misshandelt. Es kann aber auch zu Misshandlungen durch die Polizei oder aber die eigene Familie kommen. Zu Fällen von Zwangsprostitution kommt es eher selten. Es gibt einige nationale und internationale NGOs, die sich um die Belange von Frauen, die als Prostituierte arbeiten, kümmern. Durch sie wurde auch ein Netzwerk von Ansprechpartnern in diversen Polizeidienststellen geschaffen, an welche sich betroffene Frauen bei Problemen wenden können (AA 9.10.2020).
Das Gesetz N° 98-757 vom 23.12.1998 zur Unterdrückung bestimmter Formen von Gewalt gegen Frauen erklärte die weibliche Genitalverstümmelung (FGM/C) bereits für strafbar. Mit dem neuen Strafgesetzbuch, Gesetz N° 2019-574 vom 18.6.2019, wurde weibliche Genitalverstümmelung nun auch als eigener Straftatbestand eingeführt (AA 9.10.2020). Das Gesetz verbietet also ausdrücklich FGM/C und sieht Strafen für Praktizierende vor, dennoch bleibt FGM/C ein ernstes Problem (USDOS 30.3.2021; vgl. BTI 2020).
Das Gesetz sieht im Arbeitsrecht für Frauen den gleichen rechtlichen Status und die gleichen Rechte wie für Männer vor. Ein Gesetz aus dem Jahr 2019 sieht vor, dass Witwen nach dem Tod ihres Mannes genauso viel erben können wie die Kinder des Verstorbenen (USDOS 30.3.2021). Mit dem Ehegesetz vom Juli 2019 haben Frauen das Recht, geerbtes Eigentum als Sicherheit für Kredite zu verwenden (FH 3.3.2021). Allerdings gilt das Gesetz nicht für nicht registrierte traditionelle und religiöse Ehen und räumt selbst langjährigen Lebensgefährten keine Rechtsansprüche ein (HRW 24.7.2019). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass viele religiöse und traditionelle Autoritäten Gesetze ablehnen, welche die geschlechtsspezifische Ungleichheit bei Entscheidungen im Haushalt verringern sollen (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- BTI - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report - Côte d’Ivoire, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf , Zugriff 20.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html , Zugriff 20.1.2022
- HRW - Human Rights Watch (24.7.2019):
Côte d’Ivoire Marriage Reform a Step for Women Law Could Spur Change Throughout Africa, https://www.hrw.org/news/2019/07/24/cote-divoire-marriage-reform-step-women , Zugriff 28.1.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Kinder
Der Grundschulbesuch ist obligatorisch, kostenlos und für alle zugänglich. Der Schulbesuch ist damit dem Schein nach für Sechs- bis Sechzehnjährige verpflichtend und gratis. Familien berichten allerdings, dass sie zur Zahlung von Schulgebühren aufgefordert werden, entweder, um Zeugnisse zu erhalten, oder aber, für Schulmaterial. Nicht alle halten sich an die Schulpflicht. Obwohl die Einschulungsrate von Mädchen höher ist, als jene der Buben, sinkt der Anteil an Mädchen später unter jenen der Buben. Kulturell bedingt gibt es eine Tendenz, Mädchen eher zu Hause zu behalten, damit diese Hausarbeit verrichten oder sich um jüngere Geschwister kümmern zu können. Ein anderer Grund ist, dass sexuelle Belästigung von Schülerinnen durch Lehrer und anderes Personal weit verbreitet ist. Im April 2019 wurde eine neue Gender-Einheit innerhalb des Ministeriums für nationale Bildung geschaffen. Diese soll sich auf die Verbesserung der Bildung und Ausbildung von Mädchen und Frauen konzentrieren (USDOS 30.3.2021).
Gewalt gegen Kinder und deren Missbrauch sind verbreitet – besonders in Schulen. Die körperliche Züchtigung von Kindern in Bildungseinrichtungen ist an der Tagesordnung und gesetzlich weder verboten noch eingeschränkt (AA 9.10.2020).
Im Jahr 2019 wurde das Alter für Frauen und Männer bei der Heirat gesetzlich mit 18 Jahren festgelegt. Das Gesetz verbietet, dass Mädchen und Buben unter diesem Alter ohne Zustimmung der Eltern heiraten. Das Gesetz bestraft ausdrücklich jeden, der einen Minderjährigen unter 18 Jahren zwingt, eine religiöse oder traditionelle Ehe einzugehen. Dennoch gibt es immer wieder Berichte über traditionelle Ehen, an denen mindestens ein minderjähriger Ehepartner beteiligt ist (USDOS 30.3.2021, vgl. AA 9.10.2020). Sex mit Minderjährigen unter 15 Jahren wird vom Gesetz als Vergewaltigung definiert (AA 9.10.2020). Das Mindestalter für einvernehmlichen Sex beträgt 18 Jahre (USDOS 30.3.2021).
Kindersoldaten haben – auch während der Krisenjahre – keine nennenswerte Rolle gespielt. Fortschritte wurden für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Strafverfahren gemacht. Bei den Gerichten erster Instanz in Abidjan sowie in Man und Bouaké wurden „Services de la Protection Judiciaire de l’Enfance et de la Jeunesse“ (Rechtsschutzdienste für Kinder und Jugendliche) geschaffen, welche die Richter beraten und unterstützen (AA 9.10.2020).
Die Verfassung verbietet ausdrücklich den Menschenhandel, einschließlich Zwangs- und Kinderarbeit. Das Mindestalter für eine Beschäftigung beträgt 16 Jahre, für Lehrstellen 14 Jahre. Das Mindestalter für gefährliche Arbeiten liegt bei 18 Jahren (USDOS 30.3.2021). Trotzdem spielt Kinderarbeit traditionell im informellen Sektor – allen voran in der Landwirtschaft – weiterhin eine Rolle. Andere Sektoren sind der Bergbau, das Baugewerbe, häusliche Dienstleistungen oder die Gastronomie (AA 9.10.2020) und insbesondere die Kakaoproduktion. Trotz der in den letzten Jahren gemachten Bemühungen von Regierung und internationalen Konzernen, diesem Phänomen entgegenzuwirken, bleibt Kinderarbeit ein Problem (FH 3.3.2021). Die effektive Bekämpfung der Kinderarbeit über das Justizsystem ist aufgrund beschränkter Ressourcen und Personal begrenzt (AA 9.10.2020).
Die Regierung der Elfenbeinküste erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht vollständig. Allerdings werden diesbezüglich Anstrengungen unternommen, wie etwa die Einrichtung neuer spezialisierter Polizeieinheiten zur Untersuchung von Kinderarbeit und Kinderhandel im ganzen Land, die Schulung von Strafverfolgungs- und Justizbeamten, die Überweisung identifizierter Opfer an eine Betreuungseinrichtung, die Aufstockung finanzieller Unterstützung und der Sachleistungen für NGOs, die Dienste für Opfer des Menschenhandels anbieten (USDOS 1.7.2021).
Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass landesweit Tausende von Kindern auf der Straße leben, und dass diese häufig Gegenstand von Strafverfolgungsmaßnahmen werden oder Schikanen durch die Behörden ausgesetzt sind. Berichten zufolge betriebt die Regierung ein Programm zur Verringerung der Zahl obdachloser Minderjähriger. Beamte des Jugendministeriums eröffneten Berichten zufolge in einigen Städten Zentren, wo gefährdete Jugendliche leben und eine Ausbildung erhalten können (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (1.7.2021): 2021 Trafficking in Persons Report: Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055168.html , Zugriff 25.1.2022
Angehörige sexueller Minderheiten
Die Elfenbeinküste gilt in der Region von Westafrika als vergleichsweise sicherer Hafen für Homosexuelle. Homosexualität bildet keinen Straftatbestand (AA 9.10.2020; vgl. FH 3.3.2021). Generell gilt sowohl für hetero- als auch für gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivitäten in der Öffentlichkeit, dass sie als unsittlich gewertet und mit einer Strafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden (USDOS 30.3.2021).
Es gibt kein Verbot der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität oder Intersexualität. Somit besteht kein rechtlicher Schutz gegen Diskriminierung im Alltag. In diesem Sinne kommt es auch zu Einschränkungen hinsichtlich der Teilnahme Homosexueller am gesellschaftlichen Leben, da Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert, sondern allenfalls geduldet wird. In der Gesellschaft wird Homosexualität, vor allem unter Männern, oft als Sünde oder Verbrechen angesehen (AA 9.10.2020; vgl. FH 3.3.2021). Es wird berichtet, dass Angehörige sexueller Minderheiten von Vermietern oder von den eigenen Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden. Die familiäre Ablehnung von jugendlichen Angehörigen sexueller Minderheiten führe häufig dazu, dass diese obdachlos werden und die Schule abbrechen. Angehörige sexueller Minderheiten berichten zudem über Diskriminierung beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (USDOS 30.3.2021).
Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass Angehörige sexueller Minderheiten weiterhin mit Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung sowie mit Gewaltakten konfrontiert sind (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 9.10.2020, FH 3.3.2021). Die Strafverfolgungsbehörden reagieren bisweilen langsam und ineffektiv auf gesellschaftliche Gewalt, die sich gegen Angehörige sexueller Minderheiten richtet (USDOS 30.3.2021). In Abidjan ist das Verhalten gegenüber Angehörigen sexueller Minderheiten aufgeschlossener als in ländlichen Regionen (AA 9.10.2020).
In Abidjan gibt es ein gutes Netzwerk von Organisationen, in welchem man sowohl drei nationale als auch mehrere internationale Organisationen findet. Diese unterstützen und stärken Angehörige sexueller Minderheiten. Durch dieses Netzwerk ist zumindest Hilfe möglich, z.B. durch die Begleitung zu Behörden und zur Polizei im Fall von physischer Gewalt bei Übergriffen. Von staatlicher Seite wurde im ganzen Land ein Netzwerk mit speziellen Ansprechpartnern auf Polizeirevieren geschaffen, bei denen sich Opfer melden können. Allerdings gibt es solche Ansprechpartner nicht in jeder Polizeistation (AA 9.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html , Zugriff 1.2.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Bewegungsfreiheit
Die Verfassung und das Gesetz sehen nicht ausdrücklich das Recht auf Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Auswanderung oder Rückkehr vor. Trotzdem respektiert die Regierung diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 30.3.2021).
Die Möglichkeiten zur Bewegungsfreiheit haben sich seit 2011 verbessert. Allerdings gibt es in einigen Gebieten weiterhin irreguläre Kontrollpunkte und Erpressungen, insbesondere im Westen und Norden sowie in der Nähe von Gold- und Diamanten-Fördergebieten. Frauen wird im Allgemeinen gleiche Bewegungsfreiheit gewährt. Allerdings wird diese durch Sicherheitsrisiken und das Risiko sexueller Gewalt in der Praxis behindert (FH 3.3.2021).
Quellen:
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire,https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html , Zugriff 29.12.2021
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
IDPs und Flüchtlinge
Es gibt keine nationale, systematische Erhebung von Daten über Binnenvertriebene / IDPs (IDMC 12.2021). Laut Schätzungen internationaler Organisationen und der Regierung gab es Mitte Dezember 2020 aufgrund der befürchteten oder erlebten Gewalt im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen (31.10.2020) etwa 3.000 oder auch bis zu 5.530 IDPs. Ende November und Anfang Dezember 2020 kehrten diese Menschen freiwillig nach Hause zurück. Die Regierung koordinierte aktiv mit internationalen Organisationen die Registrierung und Erbringung von Dienstleistungen für IDPs (USDOS 30.3.2021; vgl. IDMC 12.2021).
Die Regierung arbeitete mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu gewähren. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor, und die Regierung hat ein System zum Schutz von Flüchtlingen eingerichtet. Flüchtlingsdokumente erlauben es Flüchtlingen, sich frei im Land zu bewegen. Flüchtlinge haben auch Zugang zur Einbürgerung. Die Regierung gewährt auch jenen Personen vorübergehenden Schutz, die nach den einschlägigen UN-Konventionen nicht mehr als Flüchtlinge gelten (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (formerly Global IDP Project) (12.2021): 2021 Internal Displacement Index report, https://www.internal-displacement.org/sites/default/files/publications/documents/IDMC_Internal_Displacement_Index_Report_2021.pdf , Zugriff 4.12.2022
- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html , Zugriff 30.12.2021
Grundversorgung und Wirtschaft
Eine staatliche Gewährleistung der Grundversorgung der Bevölkerung gibt es nicht. Zwar gewährleistet die tropische Landwirtschaft in manchen Gebieten eine ausreichende Versorgung der Menschen auf Subsistenzbasis, aber vor allem in den ländlichen Regionen im Norden und Westen des Landes besteht eine große Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung. Betroffen sind insbesondere von Frauen geführte Haushalte (AA 9.10.2020).
Es existiert kein Sozialversicherungssystem, keine Sozialhilfe und staatliche Hilfen sind praktisch nicht vorhanden. Staatliche Aufnahmeeinrichtungen oder andere Hilfen, die über das hinausgehen, was der restlichen Bevölkerung zur Verfügung steht, gibt es nicht. Bedürftige sind ausschließlich auf die Unterstützung von Familienangehörigen, NGOs, Kirchen oder Privatpersonen angewiesen. Die meisten dieser Anlauflaufstellen sind jedoch nicht in der Lage, regelmäßige Unterstützung zu leisten. Es werden häufig nur einmalige Verteilaktionen in verschiedenen Regionen des Landes organisiert. Auch internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm WFP bieten Hilfeleistungen an. WFP setzt hier den Schwerpunkt auf die Versorgung von Kindern und Frauen durch Lebensmittel und Geldleistungen (AA 9.10.2020).
Die Arbeitslosenquote wird mit 3,5 Prozent, die Inflationsrate mit 2,43 Prozent angegeben (laenderdaten.info o.D.). Im Human Development Index (HDI) der Vereinigten Nationen für 2020 belegt das Land Rang 162 von 189 gelisteten Staaten (HDI o.D.). Dabei erfreut sich die Elfenbeinküste seit 2012 eines dynamischen, robusten und stabilen Wirtschaftswachstums, das sich jedoch 2020 aufgrund der Covid-19-Krise verlangsamt hat. Dennoch hat sich der Wert auf dem Humankapitalindex der Weltbank im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 leicht verbessert. Die Armut ist von 46,3 Prozent im Jahr 2015 auf 39,4 Prozent im Jahr 2020 stark zurückgegangen, aber dieser Rückgang beschränkte sich auf die städtischen Gebiete, da die Armut auf dem Land im gleichen Zeitraum um 2,4 Prozent zunahm (WB 3.5.2021).
Vor der durch die Pandemie ausgelösten globalen Krise, verfügte die Elfenbeinküste über eine der robustesten Volkswirtschaften Afrikas und der Welt und wuchs seit 2012 mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 8 Prozent. Die globale Gesundheitssituation wirkte sich jedoch negativ auf Haushalte und Unternehmen aus und verlangsamte die Wachstumsrate auf 1,8 Prozent im Jahr 2020. Es wird erwartet, dass die robuste Inlandsnachfrage und stabile Exporte die wirtschaftliche Erholung des Landes im Jahr 2021 vorantreiben werden (WB 3.5.2021). Eine andere Quelle geht davon aus, dass sich die Elfenbeinküste bereits von der durch die Covid-19-Pandemie verursachten Rezession und den damit verbundenen, spürbar negativen Auswirkungen auf das robuste Wirtschaftswachstum erholen konnte. Diese Erholung beruht wiederum auf einer günstigen Produktion und den relativ hohen Preisen für das wichtigste Exportprodukt Kakao (GW 5.1.2022). Die Elfenbeinküste bleibt das wirtschaftliche Zentrum des frankophonen Westafrikas und übt erheblichen Einfluss in der Region aus (WB 3.5.2021).
Während 2019 der Bausektor und die öffentlichen Investitionen die wichtigsten Wachstumsmotoren waren, dürften 2021 das verarbeitende Gewerbe, der Dienstleistungssektor und die Exporte den wirtschaftlichen Umschwung unterstützen. Die größte Herausforderung bleibt die Umsetzung einer Reformagenda, die eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung und ein inklusiveres Wachstum durch die Förderung des Privatsektors fördert (WB 3.5.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- GW - Garda World (5.1.2022): Côte d'Ivoire - Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/cote-divoire , Zugriff 28.1.2022
- laenderdaten.info (ohne Datum): Elfenbeinküste, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Elfenbeinkueste/index.php , Zugriff 28.1.2022
- WB - Worldbank (3.5.2021): The World Bank in Côte d’Ivoire, https://www.worldbank.org/en/country/cotedivoire/overview#1 , Zugriff 26.1.2022
Medizinische Versorgung
Es gibt eine medizinische Infrastruktur, darunter zahlreiche private Kliniken sowie einige größere staatliche Krankenhäuser, welche sich jedoch zum größten Teil in Abidjan befinden. In ländlicheren Regionen gibt es kleinere Kliniken und Praxen, die aber für Behandlungen komplizierterer Erkrankungen nicht ausgestattet sind (AA 9.10.2020). Es gibt einige gute Privatkliniken mit einem großen Spektrum an Fachärzten. Dort können auch Notfalloperationen durchgeführt werden (AA 29.1.2022). Die öffentlichen Krankenhäuser entsprechen nicht dem europäischen Standard. Es herrschen schlechte hygienische Verhältnisse, ein Mangel an Fachpersonal und – v.a. im Landesinneren – eine unzureichende Versorgung mit Medikamenten (BMEIA 26.1.2022).
Außerhalb von Abidjan ist die medizinische Grundversorgung nur teilweise gewährleistet. Krankenhäuser verlangen eine Vorschusszahlung (Bargeld) bevor sie Patienten behandeln (EDA 26.1.2022; vgl. AA 29.1.2022). Grundsätzlich hängen Qualität und Möglichkeiten der Behandlung in erheblichem Maße von den verfügbaren finanziellen Mitteln des Patienten ab. Häufig stellt bereits der Transport eines Patienten in das nächstgelegene Krankenhaus eine finanzielle Hürde dar. Die Behandlung selbst ist in staatlichen Krankenhäusern kostenlos, jedoch müssen erforderliche Medikamente und Behandlungsmaterialien wie Handschuhe, Verbände etc. vorab selbst gekauft werden. Es gibt in manchen Krankenhäusern eine Art Sozialdienst, der im Notfall einspringen kann. Wartezeiten und Ausstattung öffentlicher Krankenhäuser sind wesentlich schlechter als bei Privatkliniken. Die stationäre Aufnahme im Krankenhaus erfolgt nur gegen vorherige Zahlung eines geringen Tagesgeldsatzes. Es werden immer wieder Fälle bekannt, in denen auch in Notfällen die medizinische Grundversorgung nicht (oder nur nach Zahlung eines Bestechungsgelds) gewährt wird (AA 9.10.2020).
Chronische, verbreitete Erkrankungen wie HIV/AIDS können im Rahmen einer retroviralen Therapie behandelt werden. Die Medikamente hierfür werden kostenfrei ausgegeben. Fachwissen für Diagnostik und Behandlung anderer Krankheiten ist überwiegend im privaten Gesundheitssektor vorhanden, jedoch mit entsprechend hohen Kosten verbunden (AA 9.10.2020).
Die Dichte an Apotheken ist in den größeren Städten hoch. Sie sind gut ausgestattet und verkaufen gängige Medikamente aller Art – meist sogar rezeptfrei. Viele Medikamente werden zudem staatlich subventioniert, sodass diese auch für finanziell schlechter gestellte Patienten zugänglich sind. Insbesondere in den ländlichen Teilen der Elfenbeinküste können sich viele Patienten allerdings dennoch notwendige Medikamente nicht leisten (AA 9.10.2020).
Die Regierung treibt seit 2016 den Aufbau eines universellen Krankenversicherungssystems voran. Die Couverture Maladie Universelle kostet 1.000 Franc CFA (ca. 1,50€) im Monat. Bisher steht die Krankenversicherung nur einem kleinen Teil der im formellen Sektor Beschäftigten zur Verfügung. Die Prozedur der Registrierung aller Berechtigten ist noch nicht abgeschlossen (AA 9.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Côte d'Ivoire: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/cotedivoiresicherheit/209460 , Zugriff 26.1.2022
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
- BMEIA - Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten (26.1.2022): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Gesundheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/cote-divoire/ , Zugriff 26.1.2022
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (26.1.2022): Côte d’Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_5 , Zugriff 26.1.2022
Rückkehr
Das Hauptproblem von rückgeführten Staatsangehörigen ist der Gesichtsverlust, der mit einem gescheiterten Auswanderungsversuch einhergeht. Häufig hat die gesamte Familie für die Ausreise zusammengelegt, weshalb die Scham bei den Betroffenen groß ist, wenn sie es nicht schaffen, im Zielland ihrer Ausreise Fuß zu fassen. Rückgeführte fürchten daher oft die Begegnung mit ihrer Familie. Bei freiwilligen Rückkehrern sieht die Situation oftmals anders aus und eine Reintegration verläuft meist problemlos. Politische oder staatliche Repression bzw. strafrechtliche Verfolgung haben Rückkehrer nicht zu fürchten. Ein soziales Auffangnetz für Rückkehrer gibt es nicht. Unbegleitete Minderjährige, die rückgeführt werden und keine Familie haben, die sie aufnimmt, können bis zu einem Alter von ca. 12 Jahren möglicherweise in einem Heim oder einem SOS-Kinderdorf untergebracht werden. Ein verlässliches System für die Betreuung dieser Personengruppe gibt es aber nicht (AA 9.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
Dokumente
Die Elfenbeinküste verfügt über kein zuverlässiges Urkundenwesen. Die Beschaffung von echten Dokumenten unwahren Inhaltes oder aber von Fälschungen ist problemlos möglich, wobei insbesondere erstere häufig verwendet werden. Auch der Diebstahl von Identitäten, z. B. von verstorbenen Personen, ist an der Tagesordnung. Insbesondere Geburtsurkunden enthalten oft falsche Angaben zu Geburtsdatum oder Abstammung. Ein Geburtenregistereintrag nebst zugehöriger Geburtsurkunde beliebigen Inhaltes kann durch ein Nachbeurkundungsurteil, welches man durch Vorsprache beim Gericht erwirken kann, ganz legal und ordentlich nachbeurkundet werden. Generell gestaltet sich der Zugang zu Fälschungen oder aber zu echten Urkunden unwahren Inhalts recht einfach. In einem Verwaltungsapparat, in welchem Korruption weitverbreitet ist, kann bereits durch die Zahlung geringer Beträge eine Vielfalt an Urkunden erworben werden. Insbesondere im Bereich der Schengenvisaanträge werden oft Fälschungen vorgelegt, die sich ohne Zutun von Behörden erlangen lassen. Gefälscht werden meistens Einladungsschreiben oder Kontoauszüge. Im Bereich der nationalen Visa sind Personenstandsurkunden häufig gefälscht (AA 9.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020),https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C_09.10.2020.pdf , Zugriff 20.1.2022
1.4.2. Zur Behandlung von Hypertonie, Adipositas und Hepatitis B in der Republik Côte d’Ivoire:
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 26.05.2023:
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, ELFENBEINKÜSTE, Hypertonie und Adipositas, Anfragende Stelle: BVwG
Hinweis betreffend COVID-19:
Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports .
Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität:
https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 .
Kurze Fallbeschreibung:
Patient: weiblich, 56 Jahre
Diagnosen: Hypertonie (I10), Adipositas (E66.9).
Medikamente (Wirkstoffe):AcetylsalicylsäureAmlodipin/Valsartan/HydrochlorothiazidAmlodipin/ValsartanAtorvastatinMacrogol/Natriumchlorid/Natriumhydrogencarbonat/Kaliumchlorid
Ist Hypertonie in der Elfenbeinküste behandelbar?
Ist eine medikamentöse Blutdruck-Einstellung möglich?
Sind regelmäßige Kontrolluntersuchung (Blutdruckmessung, Labor, EKG usw.) bei einem niedergelassenen Arzt bzw. Facharzt für Innere Medizin möglich?
Wie erfolgt die Behandlung von Hypertonie in der Elfenbeinküste?
Sind die in der Fallbeschreibung angeführten Medikamente oder deren Wirkstoffe in der Elfenbeinküste erhältlich? Sollte ein Medikament nicht erhältlich sein: Kann das Medikament über einen online-Versand erworben werden? Sind Ersatzmedikamente bzw. gleich wirkende Präparate erhältlich?
Sind entzündliche Erkrankungen des Herzmuskels und Herzinfarkte in der Elfenbeinküste behandelbar?
Wie viel kosten die in der Fallbeschreibung angeführten Medikamente?
Mit welchen Kosten ist bei der Behandlung von Hypertonie und Herzerkrankungen zu rechnen? Gibt es staatliche Unterstützung?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
Aufgrund der medizinisch-spezifischen Art der Fragestellungen wurden diese an MedCOI zur Recherche übermittelt. Informationen zu MedCOI finden sich auf dem Quellenblatt der Staatendokumentation auf www.staatendokumentation.at .
Zusammenfassung:
Antworten in Bezug auf die Verfügbarkeit (und auch die damit verbundene Zugänglichkeit) bestimmter Behandlungen/Medikamente für einen Einzelfall mit einer bestimmten Diagnose werden von lokalen Anbietern von MedCOI (z. B. lokalen Experten/Ärzten) zur Verfügung gestellt. Ob ein bestimmtes Medikament oder eine bestimmte Behandlung verfügbar ist oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der Folgen der COVID-19-Pandemie. Daher werden seit Ausbruch der Pandemie alle individuellen Antworten auch im Zusammenhang mit dieser Pandemie bewertet.
Gemäß der Rechercheergebnisse von MedCOI (AVA 16636) sind in der Elfenbeinküste (in Abidjan) folgende Behandlungen verfügbar:
• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Internisten;
• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Kardiologen;
• diagnostische Bildgebung: EKG (Elektrokardiogramm; Kardiologie);
• diagnostische Bildgebung: Langzeit-EKG/ambulantes EKG-Gerät (Kardiologie);
• Ultraschalldiagnostik am Herzen (Echokardiographie, Echokardiogramm);
• Laboruntersuchung: Nierenfunktion (Kreatinin, Harnstoff, Proteinurie, Natrium- und Kaliumspiegel);
• Laboruntersuchung: Lipidprofil (Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin, Triglyceride).
Alle angefragten Wirkstoffe sind verfügbar (AVA 16636).
Die Kosten für die Wirkstoffe bzw. Behandlungen/Konsultationen von Fachärzten/Laboruntersuchungen etc. entnehmen Sie bitte dem PDF ACC 7784.
Die Originale folgender Anfragebeantwortungen von MedCOI werden als Anlage übermittelt bzw. liegen im Archiv der Staatendokumentation auf:
• International SOS via EUAA MedCOI (7.4.2023): AVA 16636, Zugriff 26.5.2023
• EUAA MedCOI (25.5.2023): Question & Answer ACC 7784, Zugriff 26.5.2023
Das gegenständliche Produkt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellt. Anfragebeantwortungen (AFB) der Staatendokumentation beinhalten auf Basis einlangender Anfragen recherchierte Quellen und Zusammenfassungen. Beide sind unterschiedlich gekennzeichnet. Auch eine Beschreibung von Quellen und Quellenlage wird gegeben. Die AFB kann Arbeitsübersetzungen fremdsprachlicher Quellen beinhalten. Bei den von der Staatendokumentation bereitgestellten Übersetzungen handelt es sich um informelle Arbeitszusammenfassungen, welche teilweise mithilfe automatischer Übersetzungsprogramme entstanden sind. Das gegenständliche Produkt erhebt bezüglich der zur Verfügung gestellten Informationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aus dem vorliegenden Produkt ergeben sich keine Schlussfolgerungen für die rechtliche Beurteilung eines konkreten Verfahrens. Das vorliegende Dokument kann insbesondere auch nicht als politische Stellungnahme seitens der Staatendokumentation oder des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gewertet werden. |
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 09.07.2012:
Anfragende Stelle: BAL
Herkunftsstaat: Elfenbeinküste
Thema: Behandlung von chronischer Hepatitis B, Verfügbarkeit von Medikamenten, Behandlungskosten
Disclaimer: Das gegenständliche Produkt der Staatendokumentation des Bundesasylamtes wurde gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards erstellt. Aus dem vorliegenden Produkt ergeben sich keine Schlussfolgerungen für die rechtliche Beurteilung eines konkreten Asylverfahrens. Das vorliegende Dokument kann insbesondere auch nicht als politische Stellungnahme seitens der Staatendokumentation oder des Bundesasylamtes gewertet werden.
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Der AW leidet an einer chronischen Hepatitis B Infektion: Niedrigvirämischer, ‚inaktiver‘ HBS-Ag-Träger ohne Zeichen einer Leberzellschädigung und ohne Therapieindikation (= Immunkontrollierte chron. HBV-Infektion, ie asymptomatischer Virusträger)
Derzeit gibt es keine Hinweise auf Organfolgeschäden bei dem AW.
Es sind keine therapeutischen Maßnahmen zur Behandlung notwendig. Die Durchführung regelmäßiger halbjährlicher Kontrollen wird empfohlen.
Die medizinische Befundinterpretation hat ergeben, dass bei einer Behandlungsnotwendigkeit HBV-Therapeutika (Emtricitabin, Tenofovir) in der Elfenbeinküste zur Verfügung stehen.
1. Ist eine Behandlung von Hepatitis B des Antragstellers in der Elfenbeinküste möglich und sind die regelmäßigen medizinischen Kontrollen bzw. die notwendigen Medikamente verfügbar?
Zu Ihren Fragestellungen können nachfolgende Informationen zur Verfügung gestellt werden:
IOM – International Organization for Migration: INFORMATION on the treatment of chronical Hepatitis B infection in Cote d’Ivoire provided by the International Organization for Migration (IOM), 06 July 2012
Ja die Behandlung von Hepatitis B und auch regelmäßige medizinische Checkups sind in der Elfenbeinküste in einigen privaten Krankenhäusern und öffentlichen Spitälern möglich. Die Medikamente Emtricitabine und Tenofovir sind in HIV/Aids Zentren erhältlich.
Yes, treatment is possible in some private and government general hospitals in Cote d’Ivoire. Also regular check-ups are possible. The medical drugs Emtricitabine and Tenofovir are available in centres for HIV/Aids.
In welchen Krankenhäusern in der Elfenbeinküste kann sich der AW behandelt werden bzw. sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen?
Behandlungen und Untersuchungen sind in nachfolgenden Krankenhäusern möglich:
• CHU des Cocody (Abidjan)
• CHU des Treichville (Abidjan)
• CHU des Bouake (Bouake)
• CHU des Port-Bouet (Abidjan)
• PISAM Clinique (Cocody, Abidjan)
In allen CHU öffentlichen Spitälern, ländlichen Gesundheitszentren und einigen privaten Spitälern ist eine Behandlung von Hepatitis B durch einen Hämatologen möglich.
Treatment as well as regular check-ups are available in the following institutions:
CHU des Cocody (Abidjan)
CHU des Treichville (Abidjan)
CHU des Bouake (Bouake)
CHU des Port-Bouet (Abidjan)
PISAM Clinique (Cocody, Abidjan)
In all the CHU > government general hospitals, urban health centers and some private hospitals treatment is available by a hepatologist.
Wie hoch sind die Kosten genannter Kontrollen bzw. Therapie?
Die Kosten für Konsultation, Laboruntersuchung und Medikamente belaufen sich wie folgt:
Cost defers consultations, laboratory screenings, and drugs etc.
a) Consultations:
i) Consultation Hepatologist (CHU) - 5 000 CFA >> 9.47 USD per consultation
ii) Consultation PISAM - 17 500 CFA >> 33.144 USD per consultation (consultation after 15 days is payable). i.e.35 000 CFA >66.288 USD per month.
b) Lab cost :
i) CHU - 21 600 CFA >> 40.91 USD (i.e. 7200 CFA per test multiply by 3 tests >>13.636 USD).
ii) PISAM - 98 350 CFA >> 186.269 USD (for the 3 tests).
c) Drug cost:
i) Emtricitabine / Tenofovir (or other ARV as the Dr may choose in the future) - Free.ii) Injection therapy (for DR to decide in course of time)Interferon Alpha injection 3 IU - 26 940 CFA >> 51.022 USD. Interferon Alpha injection 4.5 IU - 41 000 CFA >>77.652 USD.Pegylated interferon injection 80 mcu - 152 850 CFA >>289.489 USD
(These injections are bought from the pharmacy. Prices were also confirmed from the Pharmacy, precisely Pharmacy Legumes)
The hepatologist consulted for this request said that injection is about 72 000 CFA per week >> 136.364 USD.
Die Kosten für Injektionen werden nicht vom Staat bezahlt, sondern von jedem einzelnen selbst. Wenn jedoch der Patient finanzielle Probleme hat, kann der Arzt das ARV anwenden, welches durch den Staat bezahlt wird.
Voraussetzungen:
Der Patient berichtet dem medizinischen Zentrum mit dem Rezept oder Zuweisung vom Doktor. Diagnose, Tests und Scans können vom Medical Office verlangt werden. Nach dem normalen medizinischen Verfahren werden die Medikamente dem Patienten ausgehändigt.
Immer Bericht an das Zentrum wenn die Medikamente ausgehen.
Costs for the injections are not covered by the state, rather the individual. However, if for any reason like poor finance, the doctor may resort to using ARV which is covered by the state and is free.
Pre-requisites:
i) Patient reports to the center with the prescription note or referral from the doctor. Describing prognosis, confirmatory tests and scans may be demanded by the new medical officer. After normal medical procedure, drugs are delivered to the patient or changed followed by series of medical appointments.
ii) Always report to the center when drugs got finished.
Gibt es staatliche oder nicht staatliche finanzielle Unterstützung?
Es gibt keine NGO die konkrete Hilfe anbietet. Falls die Behandlung ähnlich der anti-retroviralen Therapie ist, kann das zuständige medizinische HIV/AIDS Zentrum aushelfen. Wenn der Patient auch mit HIV/AIDS angesteckt ist, können NGO´s involviert werden, das hängt von den prädisponierenden Faktoren ab.
Zusätzliche Bemerkungen:
Der Patient könnte auf verschiedene Hindernisse stoßen. Die Injektionen sind sehr teuer. Die Injektionen von den Apotheken könnten nicht in allen Apotheken erhältlich sein, besonders in Gebieten wo nicht viel Nachfrage besteht. Der Patient könnte auch teilweise gemieden werden, da seine Krankheit als ansteckend betrachtet werden könnte.
There is no NGO that offers care. However, if treatment is related to anti-retroviral therapy then the center responsible for HIV/AIDS can help out. If the patient is also infected by HIV/AIDS then NGO’s may now be involved depending on the pre- disposing factors. (For instance if HIV/AIDS contacted due to SGBV).
Additional Comments:
The patient may encounter various obstacles: The injections are very expensive. Injections from the pharmacy may not be available in all pharmacies especially in areas where there is not much demand. The patient may experience partial isolation due to the fact that his health condition is contagious.
Zusammenfassend ist erkennbar, dass die Medikamente und fachärztliche Betreuung, die die BF derzeit benötigt, allesamt im Ballungsraum Abidjan, aus welchem auch die BF stammt, (wenn auch kostenpflichtig) verfügbar sind.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Verfahrensgang:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den umfassenden Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zur Republik Côte d’Ivoire sowie durch die Angaben der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2023 am Bundesverwaltungsgericht.
2.2. Zur Person der BF:
Aufgrund des Umstandes, dass die BF kein Identitätsdokument vorlegte, steht ihre Identität nicht zweifelsfrei fest; der im Spruch genannte Name wird als Verfahrensidentität herangezogen.
Hinsichtlich ihrer Volljährigkeit, ihres Familienstandes, ihren Sprachkenntnissen, ihrer Herkunft sowie ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit wurde die BF im Rahmen der Erstbefragung vom 08.11.2020 befragt. Die dort getroffenen Aussagen hielt die BF im gesamten Verfahren aufrecht, sodass die entsprechenden Feststellungen getroffen werden konnten.
Dass die BF aus XXXX (Abidjan) stammt und über Familienangehörige in der Heimat verfügt, sowie die Feststellungen hinsichtlich ihrer Schulbildung und Arbeitserfahrung in der Republik Côte d’Ivoire ergeben sich aus den gleichbleibenden Angaben der BF im Administrativverfahren sowie aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung am 09.02.2023.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der aktuellen Medikation der BF basieren auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen, insbesondere der ärztlichen Bestätigung vom 21.03.2023, dem Arztbrief vom 04.02.2023 und dem Herzkatheter-Befund vom 15.05.2023 und Befundbericht betreffend die Hepatitis B-Erkrankung vom 21.08.2023 sowie den Angaben der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 09.02.2023.
Die BF begab sich am 04.02.2023 aufgrund einer hypertensiven Entgleisung des Blutdrucks von 200/100 in ambulante Begutachtung. Hierbei wurde eine arterielle Hypertonie diagnostiziert, Nebendiagnose: Adipositas. Hinsichtlich der Heptatis-B-Erkrankung geht aus dem Befundbericht vom 21.08.2023 hervor, dass derzeit keine Behandlung notwendig ist, sondern eine Kontrolle in sechs Monaten empfohlen wird.
Hinweise, dass die Arbeitsfähigkeit oder Belastbarkeit der BF eingeschränkt wäre, ergeben sich keine aus dem Akt und wurde von der BF auch nichts Dergleichen vorgebracht.
Die Feststellungen zur Behandlungsmöglichkeit der Erkrankungen der BF in der Republik Côte d‘Ivoire wurden aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 26.05.2023 sowie vom 09.07.2012 getroffen. Die Feststellungen zu den Kosten dieser Behandlung lassen sich diesen ebenfalls entnehmen.
Da die Arbeitsfähigkeit der BF festgestellt wurde und sie zudem in ihrem Heimatstaat über ein Familiennetzwerk verfügt, von welchem sie unterstützt werden kann, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass sich die BF ihre Behandlung im Heimatstaat auch finanzieren können wird. Ihr in Österreich lebender Sohn wird ihr – wie bisher – eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen können und auch ihre in der Republik Côte d’Ivoire lebenden Kinder sind im arbeitsfähigen Alter und werden diese ihre Mutter wohl, zumindest vorübergehend, unterstützen. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass die BF in der Lage ist, die notwendigen Medikamente und Behandlungen in ihrem Heimatstaat zu finanzieren.
Hinsichtlich ihres gut fünfzehnjährigen durchgehenden Aufenthalts in Frankreich ist auf das Schreiben der französischen Asylbehörde vom 27.11.2020 (AS 41) sowie auf die in der Befragung vor der belangten Behörde am 06.05.2021 revidierten Angaben der BF und ihre Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verweisen.
Der durchgehende Aufenthalt der BF in Österreich seit ihrer Asylantragstellung und ihre melderechtliche Erfassung ergibt sich aus einem ZMR-Auszug zur Person der BF sowie ihren glaubhaften Angaben.
Dass sie zu ihren Kindern in der Heimat in regelmäßigem Kontakt steht sowie zu ihrem in Österreich lebenden Sohn in engem Kontakt steht und von diesem auch gelegentlich Geld erhält bzw. er für sie einkaufen geht, legte die BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft dar und ergibt sich auch aus dem Empfehlungsschreiben des Sohnes vom 07.02.2023.
Die Feststellung hinsichtlich ihrer (kaum vorhandenen) Integration im Bundesgebiet wurde aufgrund des Akteninhalts getroffen. Die BF legte lediglich Besuchsbestätigungen von Deutschkursen auf A1 bzw. A1+ Niveau Unterlagen vor, ein Prüfungszertifikat konnte sie bisher nicht in Vorlage bringen. Aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte die Feststellung getroffen werden, dass die BF lediglich über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Sie legte jeweils ein Empfehlungsschreiben der Sozialbetreuerin in ihrem Grundversorgungsquartier vom 06.02.2023 und ihres in Österreich lebenden Sohnes vom 07.02.2023 vor. Auf sonstige Integrationsmerkmale ergaben sich keine Hinweise und brachte die BF auch nichts Derartiges vor.
Die Feststellung, dass die BF bisher im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, basiert auf einem Auszug aus dem Dachverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger. Im Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem ist ersichtlich, dass die BF seit ihrer Asylantragstellung Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht.
Die Feststellung, dass die BF unbescholten ist, resultiert aus dem Strafregisterauszug der Republik Österreich.
2.3. Zum Fluchtvorbringen und zur Rückkehrsituation:
Die BF behauptete im gegenständlichen Verfahren, dass sie zum einen aufgrund ihrer politischen Aktivität und zum anderen durch ihren damaligen Ehegatten in der Republik Côte d‘Ivoire verfolgt wird. Dieses Vorbringen ist aufgrund der folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:
Zunächst steht fest, dass die BF bei ihrer Erstbefragung am 08.11.2020 sowie in der Befragung vor dem BFA am 14.04.2021 falsche Angaben gemacht hatte. Sie hatte behauptet, sich bis November 2020 in der Republik Côte d’Ivoire aufgehalten zu haben und von dort direkt nach Österreich gekommen zu sein. Diese Angaben hielt sie auch in der Zweiteinvernahme vor dem BFA am 06.05.2021 zunächst aufrecht und gestand erst auf Vorhalt der Auskunft der französischen Asylbehörde, gemäß derer sie bereits seit 2005 in Frankreich aufhältig gewesen ist, ein, sich vor ihrer Einreise in Österreich bereits 15 Jahre in Frankreich befunden zu haben. Von der erkennenden Richterin nach dem Grund für diese falschen Angaben befragt, antwortete die BF (Verhandlungsprotokoll vom 09.02.2023, S 11), „Das war die Idee des Mannes, der mich nach Österreich gebracht hat. Er hat den Fluchtgrund konstruiert, obwohl ich vor den Behörden hier gerne die Wahrheit gesagt hätte und dass ich schon 15 Jahre in Frankreich war. Er meinte aber, dass ich damit keine Chance in Österreich haben würde.“ Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint es jedoch unlogisch, dass eine Person, welche tatsächlich in ihrer Heimat Verfolgungshandlungen ausgesetzt war, sich veranlasst sähe, die Geschichte rund um ihre Verfolgung anders darzustellen, als sie sich zugetragen hatte. Dieser Umstand spricht daher bereits gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens und zeigt jedenfalls, dass die BF bereit war, den österreichischen Behörden vorsätzlich nicht die Wahrheit zu sagen.
Die von ihr angegebene Verfolgung aufgrund ihrer politischen Gesinnung konnte die BF nicht glaubhaft darstellen.
In der Einvernahme durch die belangte Behörde am 14.04.2021 gab die BF an, dass sie seit 2014 bzw. 2016 Mitglied der PDCI (Parti Démocratique de Côte d’Ivoire) gewesen sei. Seit 2014 sei sie „locker“ dabei gewesen, seit 2016 „richtig“. Aufgrund ihrer politischen oppositionellen Einstellung sei sie entführt und vergewaltigt worden und drohe ihr Verfolgung in ihrem Heimatstaat. Zum Beweis ihres Vorbringens legte sie einen auf ihren Namen lautenden, undatierten Mitgliedsausweis der Parti Démocratique de Côte d’Ivoire vor (AS 101 f). Auch wenn die BF in der Einvernahme am 14.04.2021 durchaus über Wissen über die Partei und die politische Entwicklung in der Republik Côte d’Ivoire verfügte, so ist anzumerken, dass es sich hier nicht um Interna handelt, sondern um allgemeine, leicht zugängliche Informationen. Insbesondere über die von der BF geschilderten Demonstration am 13.08.2020 wurde medial berichtet. Ihre Funktion in der Partei beschrieb die BF folgendermaßen: „Ich musste Frauen mobilisieren. Das habe ich seit 2014 gemacht.“ (Protokoll vom 14.04.2021, AS 97). Damit kann nicht von einer führenden Position der BF in der Partei ausgegangen werden. Sie gab auch an, lediglich ein einziges Mal an einer Demonstration teilgenommen zu haben, nämlich der oben erwähnten Revolte am 13.08.2020. Auch berichtete sie als einzige Tätigkeit von Tür zu Tür gegangen zu seien und Frauen dazu aufgefordert zu haben, nicht zur Wahl zu gehen. Somit schien bereits aufgrund ihrer Aussagen in der Einvernahme am 14.04.2021 ein großes politisches Engagement und eine daraus resultierende Verfolgung nicht wahrscheinlich.
Der von der BF in der Erstbefragung am 08.11.2020 und Ersteinvernahme der belangten Behörde vorgebrachte Fluchtgrund der politischen Verfolgung wurde jedoch durch den von der BF in der Befragung am 06.05.2021 eingeräumten Umstand, dass sie sich seit 2005 und bis zu ihrer Einreise in Österreich in Frankreich befunden hat, gänzlich widerlegt. So befand sie sich zum Zeitpunkt der von ihr in der Einvernahme am 14.04.2021 noch behaupteten politischen Aktivität 2014 bzw. 2016 nicht in der Republik Côte d’Ivoire, sondern in Frankreich.
In der Beschwerde und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.02.2023 führte die BF die politischen Fluchtgründe auch nicht mehr an, sondern berief sich fortan nur mehr auf die Behandlung durch ihren Ex-Ehegatten als Grund für ihre Ausreise im Jahr 2005. Diesbezüglich wird Folgendes ausgeführt:
Die BF hält sich seit knapp 20 Jahren nicht mehr in ihrem Heimatstaat auf. Dass sie von ihrem damaligen Ehegatten inzwischen geschieden ist, legte sie im Verfahren glaubhaft dar, obwohl sie vor dem BFA angab, die Scheidung habe 2015 stattgefunden und vor dem Bundesverwaltungsgericht darauf beharrte, dass es erst 2017 zur Scheidung gekommen sei. Warum ihr durch ihren geschiedenen Ehegatten, den sie 20 Jahre nicht gesehen hat und zu dem sie zuletzt 2020 telefonischen Kontakt hatte, um die Besitzaufteilung nach der Scheidung zu regeln, heute bei einer Rückkehr Verfolgung drohen sollte, konnte auch die BF nicht nachvollziehbar darlegen (Verhandlungsprotokoll vom 09.02.2023, S 10):
„RI: Was sollte Ihr Ex-Mann Ihnen bei einer Rückkehr in die Elfenbeinküste noch antun? Was hätten Sie zu befürchten?
BF: Ich habe ja gesundheitliche Probleme und keine Arbeit.
Rl: Was hätten Sie sonst noch im Falle einer Rückkehr zu befürchten?
BF: Ich habe ja auch keine Einkommensquelle mehr und das wäre schwierig für mich.“
Auch in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 06.05.2021 betonte die BF die schlechte wirtschaftliche Situation in ihrem Heimatstaat: „LA: Was würde passieren, wenn Sie nach Elfenbeinküste zurückkehren müssten? VP: Ich hätte dort keine finanziellen Möglichkeiten, um leben zu können. …“ (Protokoll vom 06.05.2021, AS 143 f).
Dieses Aussageverhalten der BF legt nahe, dass sie selbst keine Verfolgung durch ihren Ex-Ehegatten befürchtet, sondern sie sich vorrangig um ihre wirtschaftliche Situation im Falle einer Rückkehr sorgt.
In gegebenem Zusammenhang wird festgehalten, dass eine besondere Auseinandersetzung mit der Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des Staates einschließlich diesbezüglicher Feststellungen nur dann erforderlich ist, wenn eine Verfolgung durch Privatpersonen bzw. private Gruppierungen festgestellt wird (vgl. VwGH 02.10.2014, Ra 2014/18/0088). Da die BF jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts keine von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehende Verfolgung aktuell zu gewärtigen hatte, sind spezifische Feststellungen zum staatlichen Sicherheitssystem sowie zur Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit im Herkunftsstaat nicht geboten.
In einer Gesamtschau schließt sich das erkennende Gericht somit der Beweiswürdigung der belangten Behörde vollumfänglich an und kommt ebenso zu dem Schluss, dass die BF keine individuelle Verfolgung bzw. asylrelevante Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention angegeben hat und ihrem Vorbringen somit die Asylrelevanz zu versagen war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie vor dem Jahr 2005 durch ihren damaligen Ehegatten schlecht behandelt wurde, doch resultiert daraus keine zum heutigen Tag bestehende Verfolgung.
Eine sonstige besondere Gefährdung konnte ebenso nicht festgestellt werden. Die BF ist arbeitsfähig, verfügt in ihrem Heimatstaat über familiären Anschluss und ist es ihr möglich, ihre Behandlung dort weiterzuführen. Zumal sie zumindest über eine Grundschulbildung und Arbeitserfahrung in ihrer Heimat und in Frankreich verfügt, wird sie in der Lage sein, sich bei einer Rückkehr eine neue Existenz aufzubauen. Es wurde im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert dargelegt, dass die BF im Falle einer Rückkehr Opfer eines Konfliktes oder einer Hungersnot werden könnte.
Es kann sohin nicht davon ausgegangen werden, dass die BF bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde.
2.4. Zur Situation im Herkunftsstaat:
2.4.1. Allgemeine Lage:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für die Republik Côte d‘Ivoire samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Der Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die BF und ihre Rechtsvertretung traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland im Beschwerdeschriftsatz und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht substantiiert entgegen.
Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat der BF vorherrschenden Schwierigkeiten und Probleme nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen.
2.4.2. Zur Behandlung von Hypertonie, Adipositas und Hepatitis B in der Republik Côte d’Ivoire:
Die im gegenständlichen Erkenntnis getroffenen Feststellungen zu den Behandlungsmöglichkeiten ergeben sich zum einen ebenfalls aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 28.01.2022. Darüber hinaus wurden insbesondere die Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zur Republik Côte d’Ivoire vom 09.07.2012 „Behandlung von chronischer Hepatitis B, Verfügbarkeit von Medikamenten, Behandlungskosten“ sowie vom 26.05.2023 „Hypertonie und Adipositas“, insbesondere die der Anfragebeantwortung angehängte Medical Country of Origin Information vom 25.05.2023, zur Beurteilung herangezogen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zum Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, konnte die BF im gegenständlichen Verfahren keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft machen. Eine zunächst von ihr vorgebrachte politische Verfolgung entkräftete die BF selbst und konnte die BF auch keine gegenwärtige, aslyrelevante Verfolgung durch ihren Ex-Ehegatten glaubhaft machen. Die BF würde daher im Falle einer Rückkehr in die Republik Côte d'Ivoire keiner individuellen Verfolgung, welche sich aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe direkt gegen ihre Person richtet, ausgesetzt sein.
Eine sonstige Bedrohung oder Verfolgung wurde weder von Seiten der BF behauptet noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.
Daher ist festzustellen, dass der BF im Herkunftsstaat Republik Côte d‘Ivoire keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und der Ausspruch in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.
3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist.
Gegenständlich war daher zu klären, ob im Falle der Rückführung der BF in die Republik Côte d'Ivoire Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würden bzw. eine reale Gefahr einer solchen Verletzung besteht oder die Rückführung für die Beschwerdeführerin als Zivilperson mit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Die der BF diagnostizierten Erkrankungen Hypertonie, Adipositas und Hepatitis B sind allesamt in der Republik Côte d’Ivoire behandelbar.
Wie bereits dargelegt wurde, ist aufgrund der Arbeitsfähigkeit der BF und des vorhandenen Familiennetzwerks, davon auszugehen, dass es ihr im Falle einer Rückkehr möglich wäre, für die Sicherung ihrer grundlegendsten Bedürfnisse (Nahrung, Unterkunft, Medikamente) zu sorgen. Insgesamt wäre ihre Versorgungssituation nicht derart beeinträchtigt, dass eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte und eine Verschlimmerung ihres Krankheitsbildes zu erwarten wäre.
Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass der BF in der Republik Côte d‘Ivoire keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention droht. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das BFA unter Zitierung des § 57 AsylG 2005 zwar ausgesprochen hat, dass ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch unzweifelhaft ergibt, dass das BFA tatsächlich rechtsrichtig über eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 abgesprochen und eine solche nicht erteilt hat.
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Indizien dafür, dass die BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihr ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, ist weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist die BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG lautet:
„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art.8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Vom Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z. B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammenleben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellt, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Die BF verfügt über einen volljährigen Sohn im Bundesgebiet. Mit diesem lebt sie nicht im gemeinsamen Haushalt und gegenüber diesem besteht auch keine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit der BF. Er unterstützt die BF zwar fallweise finanziell, doch bezieht die BF nach wie vor Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist ihr finanzielles Durchkommen daher auch ohne die Zuwendungen ihres Sohnes gesichert. Durch den Aufenthalt ihres erwachsenen Sohnes in Österreich liegt daher kein hinreichend intensives Familienleben im Sinne der EMRK vor. Deshalb kann von einem Familienleben der BF in Österreich nicht ausgegangen werden.
Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 07.11.2020 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 26.05.2021 eine Dauer von gut sechs Monaten. Der seit 07.11.2020 andauernde Aufenthalt der BF beruhte auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb diese während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass sie sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.
Das Gewicht ihrer privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser – unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter – Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat die BF in ihrem Herkunftsstaat, in dem sie aufgewachsen ist und den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.
Dem allenfalls bestehenden Interesse der BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. z. B. VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber – wie oben ausgeführt – nicht vor.
Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit ihre persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (z. B. vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl. § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Die BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Republik Côte d‘Ivoire zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).
Zudem liegt wie oben dargelegt wurde, kein Grund vor, für den Fall einer Abschiebung der BF in die Republik Côte d‘Ivoire eine Verletzung der in Art. 2, 3 oder 8 geschützten Rechte anzunehmen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Gemäß § 55 Abs. 3 FPG kann bei Überwiegen besonderer Umstände die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.
Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht worden, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ebenfalls als unbegründet abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
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