ASVG §83
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:G312.2251318.1.00
Spruch:
G312 2251317-1/18EG312 2251318-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über den Vorlageantrag von 1.) XXXX , geb. XXXX , und 2.) XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Dr. Anton CUBER und Mag. Claudia KOPP-HELWEH, Rechtsanwälte in 8020 Graz, gegen die Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark, vom XXXX , GZ: XXXX und XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.05.2022 sowie 01.08.2024 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit den Bescheiden der Österreichischen Gesundheitskasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX , GZ: XXXX sowie XXXX wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX , geb. XXXX (im Folgenden: BF1 oder kurz die BF), sowie Herr XXXX , geb. XXXX (im Folgenden: BF2 oder kurz die BF), als Geschäftsführer der XXXX GmbH (im Folgenden: Primärschuldnerin) gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG der belangten Behörde die zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume XXXX bis XXXX in Höhe von jeweils EUR XXXX zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, nämlich ab 06.04.2021 3,38 % p.a. aus dem Betrage von EUR XXXX schulde. Die Beschwerdeführer seien verpflichtet diesen Betrag binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Gegen die im Spruch genannten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Die belangte Behörde wies die oben angeführten Beschwerden im Rahmen von Beschwerdevorentscheidungen, datiert mit 11.10.2021, gemäß § 14 VwGVG ab.
Mit Schriftsatz vom 21.10.2021 beantragten die Beschwerdeführer die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht, die verfahrensgegenständlichen Vorlageanträge wurde samt Beschwerde und maßgeblichen Verwaltungsakt von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 16.05.2022 eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Teilnahme der Beschwerdeführer, ihrer Rechtsvertretung sowie einer Vertreterin der belangten Behörde statt, für die beide Verfahren miteinander verbunden wurden.
Mit Erkenntnis vom 21.10.2022, G312 2251317-1/4E und G 312 2251318-1/4E, wies das BVwG die Beschwerden als unbegründet ab, bestätigte die Beschwerdevorentscheidungen.
Dagegen erhoben die BF außerordentliche Revision an den VwGH, welcher mit Erkenntnis vom 11.03.2024, Ra 2022/08/0166, dieser stattgab und die verfahrensgegenständlichen Erkenntnisse behob.
Im fortgesetzten Verfahren vor dem BVwG wurden die BF sowie die belangte Behörde im Rahmen eines Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 24.04.2024 unter Fristsetzung aufgefordert, hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Anfechtung und den daraufhin abgeschlossenen (außergerichtlichen) Vergleich zwischen der ÖGK und dem IV Stellung zu nehmen und geeignete Unterlagen vorzulegen sowie konkrete Vorbringung zur Zahlung in der Höhe von Euro XXXX zu treffen.
Per Email ersuchten die BF über ihre Rechtsvertretung die Frist zur Einbringung der Stellungnahme zu verlängern, die Frist wurde bis 30.06.2024 verlängert.
Mit Schriftsatz vom 28.06.2024 übermittelten die BF über ihre Rechtsvertretung eine Stellungnahme samt Beilagen, wie eine Kopie eines Schriftsatzes vom 20.05.2019 der BF über ihre Rechtsvertretung an die ÖGK, Dienstnehmeraufstellung, Aufstellung über Dienstnehmerbeiträge hinsichtlich Zahlungen und offenen Beiträge, Firmenbuchauszug, Auszug aus der Insolvenzdatei, sowie handschriftlichen Vermerk der Rechtsvertretung der BF vom 02.12.2020 hinsichtlich eines von ihr geführten Telefonates mit der ÖGK.
Die ÖGK brachte mit Schriftsatz vom 26.06.2024 ebenfalls eine Stellung ein.
Mit 01.08.2024 fand am BVwG neuerlich eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Anwesenheit der BF samt ihrer Rechtsvertretung sowie eines Vertreters der belangten Behörde statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Primärschuldnerin hatte die Rechtsform einer GmbH und wurde am XXXX unter der Firmenbuchnummer FN XXXX in das Firmenbuch eingetragen. Die Firma wurde mit XXXX – nach Eröffnung eines neuerlichen Konkursverfahrens XXXX – geschlossen.
Die Beschwerdeführer waren seit XXXX selbständig vertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin und blieben dies bis zur Schließung des Unternehmens am XXXX .
1.2. Die Primärschuldnerin schuldete der belangten Behörde aus den Beiträgen XXXX 2018 bis XXXX 2019 insgesamt Euro XXXX zuzüglich Verzugszinsen. Sämtliche gegen die Primärschuldnerin durchgeführten Einbringungsmaßnahmen blieben erfolglos.
Im Jahr 2018 lag sowohl ein negatives Eigenkapital (Verschlechterung des Eigenkapitals von € XXXX auf minus € XXXX ) als auch eine negative Schuldentilgungsdauer vor. Darüberhinaus ist hinsichtlich der Schwellengrenze von 5% iSd OGH ( XXXX ): „wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung mehr als 5 % aller fälligen Schulden nicht zahlen konnte“ auszuführen, dass laut Bericht zur Prüftagsatzung des IV und ausgehend von Insolvenzverbindlichkeiten von € XXXX diese Grenze von 5 % bei € XXXX lag. Demgegenüber standen die zum Bilanzstichtag bestehenden sonstigen Verbindlichkeiten von XXXX , weshalb bereits zum XXXX Zahlungsunfähigkeit iSd Judikatur vorlag. Dies war der ÖGK ab Jänner 2019 auch bekannt bzw. musste ihr bekannt sein, weshalb sie selbst im Mai 2019 einen Insolvenzantrag stellte.
1.3. Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom XXXX , XXXX , wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet.
Im Bericht des Insolvenzverwalters (im Folgenden: IV) zur Berichts- und Prüfungstagsatzung führte er bezugnehmend auf die wirtschaftliche Lage der Primärschuldnerin aus, dass im Geschäftsjahr 2018 eine Verschlechterung des Eigenkapitals von TEUR 90 auf minus TEUR 233 (sohin ein Bilanzverlust von TEUR 322) eintrat. Dieser Verlust trat durch Ausweitung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie eine nahezu Verdoppelung der sonstigen Verbindlichkeiten (wozu auch die Verbindlichkeiten im Rahmen der Sozialen Sicherheit aus Steuern und Abgaben zählen) ein. Bei gesunkenen Erlösen wurden der Personalaufwand, die sonstigen Verbindlichkeiten und die Geschäftsführerentgelte erhöht.
Die belangte Behörde meldete im Rahmen des Sanierungsverfahrens am XXXX ursprünglich EUR XXXX als Forderung wegen aushaftender Sozialversicherungsbeiträge an. Aufgrund einer nachfolgenden GPLB Prüfung bei der Primärschuldnerin wurden von der belangten Behörde nachträglich weitere € XXXX Sozialversicherungsbeiträge als Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet.
Gegen die Primärschuldnerin wurde seitens der ÖGK ab XXXX monatlich Exekution betrieben (erster betriebener Betrag 08/2018), die zu keiner Reduktion der offenen Beitragsschuld führten. Bereits im Dezember 2018 hatte sich das Beitragskonto der Primärschuldnerin von einem Saldo von € XXXX bis Mai 2019 auf € XXXX erhöht.
Der IV hat mit Schriftsatz vom 21.06.2019 an die belangte Behörde Zahlungen der Primärschuldnerin an die ÖGK zwischen XXXX bis XXXX idH von € XXXX gemäß §§ 30 und 31 IO angefochten und damit begründet, dass diese zum Teil bereits mittels Exekutionen erfolgten und andererseits während laufendem Insolvenzantragsverfahren geleistet worden seien. Unter Verweis auf die Jud des OGH insbesondere XXXX sowie XXXX führte der IV weiters aus, dass zumindest die (fahrlässige) Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit seit zumindest Jänner 2019 bekannt sein müsste.
Der Anfechtungsanspruch gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 IO seitens des IV bestand zu Recht, da der belangten Behörde die Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen ist bzw. bekannt sein musste. Die ÖGK hat sich daher unter Heranziehung des § 31 Abs. 1 Z 2 IO zu Recht der Forderung des Insolvenzverwalters unterworfen, da sie gegen die Refundierung der Zahlung an die Masse bzw. den IV nicht erfolgreich entgegentreten hätte können.
Auch für die spezielle Zahlung von Dienstnehmeranteilen gilt, dass auch die Befriedigung einer solchen Forderung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge, die den Dienstnehmeranteil betreffen, angefochten werden kann (siehe OGH vom XXXX , XXXX ).
Im Zuge des außergerichtlichen Anfechtungsverfahrens zwischen dem IV und der ÖGK kam es somit zu einer erfolgreichen Zahlungsanfechtung seitens des Sanierungsverwalters gegenüber der belangten Behörde in Höhe von EUR XXXX im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen der ÖGK und dem Sanierungsverwalter. Dieser Betrag wurde seitens der belangten Behörde an den Sanierungsverwalter (Masse) auszahlt.
Der Betrag von € XXXX hat somit - entgegen der Ansicht der BF - aufgrund der erfolgreichen außergerichtlichen Anfechtung bei der Berechnung des Haftungsbetrags unberücksichtigt zu bleiben. Der Haftungsbetrag liegt unter dem äußeren Haftungsrahmen.
Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom XXXX wurde der am XXXX angenommene Sanierungsplan bestätigt. Dieser hat folgende wesentliche Bestimmungen: Die Insolvenzgläubiger erhalten eine Gesamtquote von 30 %, und zwar ist eine Barquote von 10 % durch den Insolvenzverwalter binnen 30 Tagen nach Rechtskraft der Bestätigung des Sanierungsplans auszuschütten sowie sind weitere 10 % binnen einem Jahr ab Annahme des Sanierungsplans, die letzten 10 % binnen 2 Jahren ab Annahme des Sanierungsplans zu bezahlen. Die letzte Quotenzahlung erfolgte am XXXX . Die darüberhinausgehenden Forderungen der belangten Behörde sind bei der Primärschuldnerin somit uneinbringlich.
1.4. Der Beurteilungszeitraum, der mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraums noch offenen Beitragsverbindlichkeit beginnt und der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Hinweise auf eine frühere allgemeine Zahlungseinstellung oder Beendigung der Vertreterstellung sind hier nicht gegeben) endet, ist verfahrensgegenständlich mit XXXX bis XXXX festzulegen.
Vor Insolvenzantragstellung langten folgende Zahlungen im Ausmaß von € XXXX bei der ÖGK ein:
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 4553/18) Teilzahlung
XXXX € XXXX
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
Während des Antragsverfahrens (Insolvenzantrag) langten insgesamt Zahlungen im Ausmaß von € XXXX ein:
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 1094/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19): acht Teilzahlungen, Eigenzahlung
XXXX € XXXX Zahlung der Primärschuldnerin
Dieser Aufstellung sind die BF - auch im fortgesetzten Verfahren - nicht entgegengetreten und erklärten beide Parteien im fortgeführten Verfahren, dass die Zahlen unstrittig sind.
1.5. Mit Schriftsatz vom 21.08.2020 wurden die BF über rückständige Sozialversicherungsbeiträge hinsichtlich Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin für den Zeitraum XXXX bis XXXX idH von insgesamt € XXXX informiert.
Beigelegt wurde die Rückstandsaufstellung vom XXXX gemäß § 64 ASVG über zu entrichtende Beiträge der Primärschuldnerin, die Summe der Forderungen setzte sich aus Beitragsrest 11/2018; KJ 2018 ab XXXX - XXXX sowie bis Beitragsrest und KJ 2019 bis einschließlich XXXX etc. zusammen.
1.6. Im festgestellten Beurteilungszeitraum ( XXXX bis XXXX ) lagen bei der Primärschuldnerin Gesamtverbindlichkeiten idH von € XXXX vor, und leistete diese im Beurteilungszeitraum Zahlungen idH von insgesamt € XXXX . Die Gesamtzahlungsquote beträgt somit 56,95 %.
Der Rückstand der Primärschuldnerin am Ende des Beurteilungszeitraumes bei der belangten Behörde betrug € XXXX zuzüglich € XXXX (GPLA), es erfolgten Zahlungen im Beurteilungszeitraum idH von € XXXX , davon erfolgreich angefochtene Zahlungen idH von € XXXX ergibt eine Zahlungsquote ÖGK von 29,75 %.
Die Differenz zwischen der allgemeinen Zahlungsquote von 56,95 % und der Zahlungsquote der belangten Behörde von 29,75 % ergibt eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der belangten Behörde idH von 27,19 %.
Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde idH von Euro XXXX x 27,19 % ergibt einen rechnerischen Haftungsbetrag idH von Euro XXXX .
Berechnung des Haftungsrahmens:
Forderung laut Forderungsanmeldung € XXXX
Zuzügl. Angefochtene Zahlungen € XXXX
Nachtragsmeldung GPLA € XXXX
Minus Insolvenzquote € XXXX
Minus IESG € XXXX
Äußerster Haftungsrahmen € XXXX
1.7. Zu der Zahlung am XXXX idH von € XXXX ging ein Schriftsatz der RV bei der belangten Behörde ein, wonach die og Summe mit „ausdrücklicher Widmung“ auf offene Dienstnehmeranteile erfolge und dass es „den GF einer GmbH ausdrücklich erlaubt sei, auch in statu cridae die strafrechtlich bewährten Zahlungsverpflichtungen betreffend die Dienstnehmeranteile zu erfüllen“.
Auch für die spezielle Zahlung von Dienstnehmeranteilen gilt, dass auch die Befriedigung einer solchen Forderung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge, die den Dienstnehmeranteil betreffen, angefochten werden kann (siehe OGH vom XXXX , XXXX ).
Auch diesbezüglich ist festzustellen, dass aus den oben angeführten Gründen ein Anfechtungsanspruch bestanden hätte und sich die ÖGK zu Recht der Forderung des IV unterworfen hat, desweiteren erklärt sich damit auch - wie oben tabellarisch dargestellt - unter anderem die Höhe des verglichenen Betrages.
1.8. Zur Zahlung der € XXXX im Oktober 2020
Die Primärschuldnerin hat am XXXX den Betrag idH von € XXXX an die ÖGK überwiesen hat. Gewidmet war die Zahlung für „ XXXX SV Beiträge & Nebengebühren XXXX bis XXXX “.
Am 28.10.2020 teilte einer der Geschäftsführer (jetzigen BF1) in einem Telefonat mit der ÖGK (festgehalten mittels Aktenvermerk) mit, dass die gegenständliche Zahlung - entgegen der Widmung auf dem Zahlungsbeleg - für die Haftprüfung bestimmt ist. Dies wurde in weiterer Folge seitens der belangten Behörde mit der RV besprochen worden und wurde dieser mitgeteilt, dass der Betrag von der GmbH einbezahlt worden sei und daher nicht zur Abdeckung der Haftung verwendet werden kann, weshalb die RV ersuchte, die Zahlung „freistehen“ zu lassen.
Am 02.12.2020 teilt die RV (nach Rü mit den BF) mit, dass sie zwar nicht einsieht, dass sich die belangte Behörde über eine Widmung hinwegsetzt, es aber akzeptiert und erklärt, dass die Zahlung behalten werden kann und von der nächsten Quote abgezogen werden soll.
Am 09.12.2020 teilt die RV mit, dass die Zahlung idH von Euro XXXX „freigestellt“ bleiben soll, sie entscheiden, wenn die Haftung fertig ist, ob das Geld für die nächste Quote verwendet werden soll. Sie wurde nochmals darauf hingewiesen, dass es nicht für die Haftung verwendet werden kann, da es von der Primärschuldnerin kommt.
Die Zahlung idH von € XXXX hat die ÖGK im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht schuldbefreiend angenommen, da sie einerseits nicht von den GF erfolgte, sondern von der Primärschuldnerin und daher in einem ev. neuen Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen wäre. Weiters wurde der Widmung seitens der ÖGK in mehreren Gesprächen mit der RV und den BF widersprochen und dies seitens der BF und der RV zur Kenntnis genommen. In weitere Folge wurden mehrere Erklärungen seitens der BF über ihre RV hinsichtlich der Verwendung des genannten Betrages mit „freibleiben, bis Haftung fertig ist“ gegenüber der belangten Behörde abgegeben.
Zum Zeitpunkt der Einzahlung war den BF bereits bekannt, dass sie ev. in die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG genommen werden, da sie zuvor von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 18.08.2020 darüber informiert und aufgefordert wurden, eine Stellungnahme bzw. geeignete Entlastungsnachweise vorzulegen. Am 05.07.2021 erfolgte die letzte Quotenzahlung durch die Primärschuldnerin, bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte weder seitens der Geschäftsführer noch seitens der RV eine neuerliche Widmungserklärung zu den € XXXX .
Auch für die spezielle Zahlung von Dienstnehmeranteilen gilt, dass auch die Befriedigung einer solchen Forderung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge, die den Dienstnehmeranteil betreffen, angefochten werden kann (siehe OGH vom XXXX , XXXX ).
Am XXXX erging der verfahrensgegenständliche Haftungsbescheid.
Auffällig war - wie auch der IV im Prüfbericht festgehalten hat - dass, wie oben ausgeführt, im Geschäftsjahr 2018 eine Verschlechterung des Eigenkapitals von TEUR 90 auf minus TEUR 233 (sohin ein Bilanzverlust von TEUR 322) eintrat. Dieser Verlust trat durch Ausweitung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie eine nahezu Verdoppelung der sonstigen Verbindlichkeiten (wozu auch die Verbindlichkeiten im Rahmen der Sozialen Sicherheit aus Steuern und Abgaben zählen) ein. Bei gesunkenen Erlösen wurden der Personalaufwand, die sonstigen Verbindlichkeiten und die Geschäftsführerentgelte erhöht.
Die belangte Behörde hat bis zur letzten Quotenzahlung die angeführten Euro XXXX nicht wirksam angenommen, es hat - aufgrund des Widerspruchs der belangten Behörde - keine gültige Entgegennahme gegeben. Die BF haben über ihre RV - entgegen ihrem Vorbringen - keine neuerliche Widmung der Zahlung erklärt, nachdem sie die zuvor erklärte Widmung selbst widerrufen haben.
Unstrittig ist, dass die belangte Behörde - nachdem mehrmals erfolglos die BF über ihre RV aufgefordert wurden mitzuteilen, was mit dem „freistehenden“ Betrag geschehen soll und keine weiteren „Widmung“ durch die BF bzw. ihre RV erhielten - den Betrag zur Abgeltung der ältesten Forderungen ( XXXX bis XXXX ) heranzog, was schließlich der Primärschuldnerin (und zu guter Letzt auch den Geschäftsführern) zu Gute kam.
Es kam daher zu keiner wirksamen Annahme der ÖGK der oa Zahlung, der Widerspruch der Zahlungsannahme durch die ÖGK war berechtigt und ist die Zahlung aufgrund der von den BF bzw. der RV laufend abgeänderten „Widmungen“, der Einzahlung nach dem Beurteilungszeitraum durch die Primärschuldnerin, der möglichen Anfechtung des Betrages im weiteren Verfahren und blieb damit die Zahlung zu Recht bei der Berechnung des äußeren Haftungsrahmens unberücksichtigt.
Im März 2022 wurde ein neuerliches Insolvenzverfahren (Konkurs) eröffnet und das Unternehmen wurde geschlossen.
1.9. Der äußere Haftungsrahmen ergibt sich aus der Höhe der ursprünglichen Forderungsanmeldung der SV im Sanierungsverfahren der Primärschuldnerin, zuzüglich den angefochtenen Zahlungen sowie der nachträglich festgestellten GPLA abzüglich der 30%igen Quote sowie Vergütung durch den IEF und wurde von der belangten Behörde wie folgt festgelegt:
Haftungsberechnung der ÖGK
Forderungsanmeldung SV + € XXXX
Angefochtene Zahlungen + € XXXX
Nachtragsanmeldung + € XXXX
Insolvenzquote - € XXXX
IESG - € XXXX
Äußerster Haftungsrahmen € XXXX
Die Primärschuldnerin weist im Beurteilungszeitraum Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von EUR XXXX auf, leistete insgesamt Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR XXXX . Die Gesamtzahlungsquote für den Beurteilungszeitraum beträgt somit 56,95 %.
Der Rückstand der Primärschuldnerin am Ende des Beurteilungszeitraumes bei der belangten Behörde betrug € XXXX zuzüglich € XXXX (GPLA), es erfolgten Zahlungen im Beurteilungszeitraum idH von € XXXX , davon erfolgreich angefochtene Zahlungen idH von € XXXX ergibt eine Zahlungsquote ÖGK von 29,75 %.
Die Differenz zwischen allgemeiner Zahlungsquote 56,95 % und Zahlungsquote an die belangte Behörde von 29,75 % beträgt somit 27,19 % zu Lasten der belangten Behörde.
Es ist daher im Beurteilungszeitraum zum Nachteil der belangten Behörde eine Ungleichbehandlung mit anderen Gläubigern in Höhe von 27,19 % aufgetreten.
Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR XXXX beträgt der Haftungsbetrag für den Beurteilungszeitraum daher EUR XXXX (EUR XXXX * 27,19 %). Der Haftungsbetrag liegt unter dem äußersten Haftungsrahmen, weshalb die erfolgreich angefochtenen Zahlungen im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs - wie oben festgestellt - unberücksichtigt zu bleiben haben.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben dargestellte Verfahrensgang, wie auch der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte und der vorgelegten Urkunden, die dem gegenständlichen Verfahren im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde zu legen sind, und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zur Primärschuldnerin, zur Geschäftsführertätigkeit der Beschwerdeführer sowie zum Sanierungsverfahren sowie anschließendem Konkursverfahrens der Primärschuldnerin stützen sich auf den amtswegig eingeholten Firmenbuchauszug zu FN XXXX sowie den Angaben der Verfahrensparteien sowie Akteninhalt.
Die Höhe der aushaftenden Beträge ergibt sich aus der Rückstandsaufstellung vom 21.08.2020 der belangten Behörde zum Beitragskonto XXXX .
2.2. Die Feststellung über die Zahlungsunfähigkeit gründen sich auf den diesbezüglichen Akteninhalt, den Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der Anfechtungseinrede des Insolvenzverwalters: „Die materielle Insolvenz war eingetreten, zumal für das Jahr 2018 sowohl ein negatives Eigenkapital als auch eine negative Schuldentilgungsdauer vorlagen, sowie aufgrund der ständigen Judikatur samt Berechnung anhand der vorgelegten Zahlen zur Schwellengrenze von 5 % (OGH 3 Ob 99/10w), wonach Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wenn „der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bzw des angefochtenen Rechtsgeschäfts mehr als 5 % aller fälligen Schulden nicht zahlen konnte.“ Wie oben festgestellt, lag - ausgehend von Insolvenzverbindlichkeiten (laut Bericht zur Prüfungstagsatzung) von rd. TEUR 1.104 die Grenze von 5% bei TEUR 55. Dem Gegenüber standen die zum Bilanzstichtag 31.12.2018 bestehenden sonstigen Verbindlichkeiten von TEUR 341. Die Zahlungsunfähigkeit iSd Judikatur lag sohin (in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Masseverwalters in der Anfechtungseinrede) Anfang 2019 vor, was der belangten Behörde bekannt bzw. bekannt sein musste. Wie die belangte Behörde zu Recht in der Stellungnahme vom 26.06.2024 ausführte, war die materielle Insolvenz bei der Primärschuldnerin eingetreten.
2.3. Die Feststellungen zum äußersten Haftungsrahmen resultieren auf folgend dargestellten Berechnung sowie der rechtlichen Beurteilung.
2.4.1. Haftungsberechnung der ÖGK
Forderungsanmeldung SV + € XXXX
Angefochtene Zahlungen + € XXXX
Nachtragsanmeldung + € XXXX
Insolvenzquote - € XXXX
IESG - € XXXX
Äußerster Haftungsrahmen € XXXX
Gleichbehandlungsprüfung:
Daten Partei
Fällige Verbindlichkeiten ohne SV am Ende BZ € XXXX
Zahlungen im Beurteilungszeitraum € XXXX
Daten ÖGK
Rückstand am Ende des BZ bei ÖGK € XXXX
Ergebnis GPLA € XXXX
Zahlungen im Beurteilungszeitraum € XXXX
Davon angefochtene Zahlungen € XXXX
Zahlungsquote ÖGK 29,75 %
Gesamtverbindlichkeiten € XXXX
Gesamtzahlungen € XXXX
Zahlungsquote gesamt 56,95 %
Rechnerische Ungleichbehandlung idH 27,19 %
Berechnung Haftungsbetrag:
Gesamtforderung XXXX x Differenzquote 27,19 % = rechnerischen Haftungsbetrag idH von € XXXX .
2.4.2. Haftungsberechnung BF, Stand 22.05.2019
FOA € XXXX
Insolvenzquote - € XXXX
Summe € XXXX
Allgemeine Zahlungsquote der Ges.
Verbindlichkeiten gesamt € XXXX
Zahlungen gesamt € XXXX
Allgemeine Zahlungsquote 66,21 %
Kassenzahlungsquote
Verbindlichkeiten gesamt € XXXX
Zahlungen gesamt € XXXX
Kassenzahlungsquote 66,81 %
Überhang zugunsten ÖGK von 0,6 %
Keine Haftung
Die Differenz zwischen den beiden Berechnungen ergibt sich daraus, dass die BF die angefochtenen Zahlungen unberücksichtigt ließen, weshalb sich auch ein völlig anderes Ergebnis hinsichtlich der Zahlungsquoten ergeben; im Übrigen wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.
2.5. Die Feststellungen hinsichtlich der erfolgreichen, außergerichtlichen Anfechtung des Insolvenzverwalters durch einen außergerichtlichen Vergleiches mit der ÖGK idH von € XXXX gründen sich auf den Akteninhalt, der Forderungsanmeldungen der belangten Behörde, sowie den Angaben der BF und der belangten Behörde: Der IV hat mit Schriftsatz vom 21.06.2019 an die belangte Behörde Zahlungen der Primärschuldnerin an die ÖGK zwischen XXXX bis XXXX idH von € XXXX gemäß §§ 30 und 31 IO angefochten und damit begründet, dass diese zum Teil bereits mittels Exekutionen erfolgten und andererseits während laufendem Insolvenzantragsverfahren geleistet worden seien. Unter Verweis auf die Jud des OGH insbesondere 3 Ob 99/10w sowie 3 Ob 173/08z führte der IV weiters aus, dass zumindest die (fahrlässige) Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit seit zumindest Jänner 2019 bekannt sein müsste.
Gegen die Primärschuldnerin wurde seitens der ÖGK ab 12.12.2018 monatlich Exekution betrieben (erster betriebener Betrag 08/2018), die zu keiner Reduktion der offenen Beitragsschuld führten. Bereits im Dezember 2018 hatte sich das Beitragskonto der Primärschuldnerin von einem Saldo von € XXXX bis Mai 2019 auf € XXXX erhöht.
Die BF bringen vor, dass keine Feststellungen dazu getroffen wurden bzw. eine Zahlungsunfähigkeit mit Insolvenzantrag auszugehen sei. Die bloße Behauptung der BF sind hingegen dazu nicht ausreichend und hätten die BF dem mit geeigneten Unterlagen zB einer Aufstellung der Verbindlichkeiten samt Aufstellung der liquiden Mittel im jeweiligen Zeitpunkt entgegentreten können. Damit hätten Sie zB bewiesen, dass lediglich eine Zahlungsstockung und nicht eine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen sei. Dies haben die BF jedoch unterlassen. Dementsprechend geht das diesbezügliche Vorbringen mangels Glaubwürdigkeit ins Leere.
Die ÖGK hat sich daher unter Heranziehung des § 31 Abs. 1 Z 2 IO zu Recht der Forderung des Insolvenzverwalters unterworfen, da sie gegen die Refundierung der Zahlung an die Masse bzw. den IV nicht erfolgreich entgegentreten hätte können. Auch für die spezielle Zahlung von Dienstnehmeranteilen ist - wie oben festgestellt - auf die Judikatur des OGH zu verweisen (auch die Befriedigung einer solchen Forderung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge, die den Dienstnehmeranteil betreffen, kann angefochten werden - OGH vom 06.06.2001, 6 Ob 339/00x).
Der Betrag von € XXXX hat somit - entgegen der Ansicht der BF - aufgrund der erfolgreichen außergerichtlichen Anfechtung bei der Berechnung des Haftungsbetrags unberücksichtigt zu bleiben. Der Haftungsbetrag liegt unter dem äußeren Haftungsrahmen.
2.6. Die Feststellungen zum Sanierungsverfahren, dem bestätigten Sanierungsplan sowie des anschließenden neuerlichen Konkursverfahrens ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.
2.7.1. Die Feststellungen zur nicht wirksamen Annahme der ÖGK hinsichtlich des Betrages idH von € XXXX gründen sich auf den Akteninhalt, den Angaben der BF, sowie den Angaben in den ergänzenden Stellungnahmen.
Dem Vorbringen, wonach sich die ÖGK über die Widmung der BF hinweggesetzt hat, sind zum einen aktenwidrig und zum anderen mittels vorgelegten Aktenvermerken widerlegt. Demnach ist die Zahlung zwar bei Überweisung „gewidmet“ gewesen, diese Widmung wurde in weiterer Folge mehrmals durch die RV wie auch den BF abgeändert und schließlich der ÖGK mitgeteilt worden, dass der Betrag bis zur Erledigung der Haftung „freistehen“ soll. Dies hat die belangte Behörde mittels Aktenvermerk festgehalten und wurde dem - zB mit entsprechenden Unterlagen - nicht erfolgreich entgegengetreten. Dementsprechend war das diesbezügliche Vorbringen nicht glaubhaft und konnte von der ÖGK widerlegt werden. Nicht nur dass die belangte Behörde mehrmals - wie oben dargestellt - darauf hingewiesen hat, dass die Zahlung nicht angenommen wird, da sie von der Primärschuldnerin kommt und daher (in einem ev. neuen Insolvenzverfahren, dessen Wahrscheinlichkeit sich - neuerlicher Rückstand am Beitragskonto - bereits abgezeichnet hat) erfolgreich angefochten werden konnte. Der „neuen“ Widmung (Telefonat mit GF) wurde durch die belangte Behörde ebenfalls mit derselben Begründung widersprochen, da die Zahlung im bereits begonnenen Haftungsverfahren (Parteiengehör wurde bereits übermittelt) nicht von den GF gekommen ist.
2.7.2. Diesbezüglichen wird das Vorverfahren vor der ÖGK chronologisch dargestellt:
1) Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 21.08.2020 wurden die BF über die mögliche Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG informiert und aufgefordert diesbezüglich eine Stellungnahme bzw. geeignete Entlastungsunterlagen vorzulegen.
Am 17.09.2020 ersuchte die RV der BF - unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Vertretungsvollmacht - schriftlich um Fristverlängerung, dem die belangte Behörde nachkam und die Frist verlängerte.
Die RV erklärte am 14.10.2020 in einem Telefonat (mittels Aktenvermerk von der belangten Behörde festgehalten), dass sie am 15.10.2020 mit den Unterlagen in den Räumen der ÖGK vorbeikommen werde.
2) Am 15.10.2020 brachten die BF über ihre RV eine schriftliche Stellungnahme samt Urkundenvorlage bei der belangten Behörde ein. Ausgeführt wurde im Wesentlichen zusammengefasst, dass „die geltend gemachte Haftung der BF nicht bzw. nicht in dem geltend gemachten Umfang bestehe. Nach Darstellung entsprechender Judikatur wurde weiters ausgeführt, dass die BF für den Zeitraum XXXX bis XXXX folgende Berechnung angestellt (auf die diesbezüglich detaillierte Darstellung der oa Berechnung hinsichtlich monatlichen Verbindlichkeiten, Zahlungen, neuen Verbindlichkeiten und offenen Forderungen wird - da die Zahlen unstrittig sind - verzichtet, jedoch die von den BF selbst angeführten „Fehlbeträgen“ bei Zahlungen an die ÖGK hinsichtlich gleichmäßiger Befriedigung aufgelistet) habe:
12/2018 - geleistete Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten 69,26 %
ÖGK: tatsächlich erhaltene Zahlungen € XXXX Bei gleichmäßiger Befriedigung zu leistende Zahlungen € XXXX Fehlbetrag - € XXXX
01/2019 - geleistete Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten 52,52 %
ÖGK: tatsächlich erhaltene Zahlungen € XXXX Bei gleichmäßiger Befriedigung zu leistende Zahlungen € XXXX Fehlbetrag - € XXXX
02/2019 - geleistete Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten 56,76 %
ÖGK: tatsächlich erhaltene Zahlungen € XXXX Bei gleichmäßiger Befriedigung zu leistende Zahlungen € XXXX Fehlbetrag - € XXXX
03/2019 - geleistete Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten 59,30 %
ÖGK: tatsächlich erhaltene Zahlungen € XXXX Bei gleichmäßiger Befriedigung zu leistende Zahlungen € XXXX Fehlbetrag - € XXXX
04/2019 - geleistete Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten 47,39 %
ÖGK: tatsächlich erhaltene Zahlungen € XXXX Bei gleichmäßiger Befriedigung zu leistende Zahlungen € XXXX Fehlbetrag - € XXXX
05/2019 - geleistete Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten 18,20 %
ÖGK: tatsächlich erhaltene Zahlungen € 0Bei gleichmäßiger Befriedigung zu leistende Zahlungen € XXXX Fehlbetrag - € XXXX
Nach Auflistung der offenen Beiträge monierten die BF, dass bei gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger der Primärschuldnerin unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehender liquiden Mittel die ÖGK daher im fraglichen Zeitraum Anspruch auf eine Zahlung von € XXXX hätte. (Tatsächlich eingetretener Schaden)
Aus dem Insolvenzverfahren der XXXX GmbH werde mit einer 30%igen Quotenzahlung zu rechnen sein. Hiervon sei die 10%ige Barquote idHv insgesamt € XXXX bereits vom Insolvenzverwalter zur Ausschüttung gebracht. Die zwischenzeitig fällig gewordene zweite 10%ige Quotenzahlung, das sind wiederum gesamt € XXXX seien von der Ges am XXXX geleistet worden. Die letzte 10%ige Quote id gleichen Höhe werde bis längstens XXXX von der Ges zu bezahlen sein. Diese Zahlungen sind vom Haftungsbetrag in Abzug zu bringen:
Tatsächlich eingetretener Schaden € XXXX
Abz. 10 % ige Barquote € XXXX
Abz 10%ige Quotenzahlung € XXXX € XXXX
Abz. 10%ige Quotenzahlung € XXXX € XXXX
Abz. 10%ige Quotenzahlung € XXXX
Haftungsbetrag Rest € XXXX
Zum Abzug der letzten 10%igen Quote werde noch darauf verwiesen, dass eine Haftung des GF nur dann festgestellt werden könne, wenn die Sozialversicherungsbeiträge auf Seiten der Ges. definitiv uneinbringlich sind. Dieser Fall liege jedoch nicht vor, sodass die Feststellung einer Haftung des Haftpflichtigen hinsichtlich bzw. im Ausmaß dieser Quotenzahlung über € XXXX (noch) nicht zulässig ist.
Bezüglich der in der Rückstandsaufstellung enthaltenen Forderungen für Verzugszinsen, Beitragszuschlägen und Nebengebühren sei auf die ständige Judikatur zu verweisen, wonach nicht erkennbar sei, „dass eine der für die Haftung erforderlichen schuldhaften Pflichtverletzungen für die Uneinbringlichkeit kausal sein könnte“ (Derntl in Sonntag, ASVG5, § 67 Rz 103f). Dementsprechend könne der Haftpflichtige auch nicht zur Haftung dieser Beiträge herangezogen werden.
Die von der ÖGK geltend gemachte Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG bestehe daher lediglich im Ausmaß von € XXXX . (Beigelegt wurden die Kontoinformationen Stand 21.05.2019 für den Zeitraum XXXX bis XXXX , sowie Daten des Steuerkontos der XXXX fdZ XXXX bis XXXX ; Beschluss Sanierungsplanbestätigung vom XXXX , sowie ein geschwärzter Buchungsauszug Dezember bis November 2020)
Zur Zahlung von € XXXX : die BF haben in ihrer Stellungnahme vom 28.06.2024 bereits ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die ÖGK die von der schuldn Ges am 16.10.2020 gewidmet geleisteten Zahlung hätte annehmen und auf einen allfälligen Haftungsbetrag zu 100 % in Anrechnung hätte bringen müssen. Diesbezüglich werde auf das Vorbringen ab Seite 11 der Stellungnahme verwiesen. In der aufgetragenen Stellungnahme am 26.06.2024 bringe die ÖGK den BF erstmalig zur Kenntnis, dass sie den Betrag von € XXXX zur Abdeckung von Beitragsforderungen des Zeitraums 11/20 bis 1/21 verwendet habe. Implizit gestehe sie dabei zu, dass sie diese Vorgehensweise ohne Rücksprache mit den GF der schuldn. Ges und damit auch ohne Abschluss einer diesbezüglichen Vereinbarung gewählt habe. Eine solche Vorgehensweise sei nicht nur kritisch zu hinterfragen, sondern auch im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des ABGB und der dazu ergangenen Judikatur unzulässig.
Der Schuldner kann spätestens bei der Zahlung (Leistung) diese einer von mehreren Verbindlichkeiten (ausdrücklich oder konkludent) zuordnen (2 Ob 48/16x; 3 Ob 103/10), der Gläubiger kann dieser Widmung aber unverzüglich widersprechen (4 Ob 20/09h; 6 Ob 42/08g). Mangels Widerspruchs gelte die Zustimmung des Gläubigers zur Widmung des Schuldners als erteilt (6 Ob 17/16t) und enhL; dies wegen § 1416) (Mair in Schwimann/Neumayr (Hrsg). ABGB Taschenkommentar6 (2023) § 1415 ABGB Rz 8).
Die schuldn Ges habe die Zahlung nachweislich gewidmet geleistet und habe die ÖGK es verabsäumt, dieser Widmung unverzüglich zu widersprechen, sodass sie Bestand habe. Demnach habe die ÖGK diese entsprechend zu berücksichtigen, d.h. den bezahlten Betrag von € XXXX auf eine allenfalls festgestellte GF-Haftung der BF anzurechnen.
3) Am 02.12.2020 wurde mit Aktenvermerk von der belangten Behörde festgehalten, dass eine Grobberechnung vorgenommen worden sei, sich dabei ein gewaltiger Unterschied zwischen der letzten Rückstandshöhe laut Excel Blatt und anerkannten Forderungsanmeldung ergeben habe. Am Beitragskonto ist bereits der von dem Steuerberater berechnete Haftungsbetrag (durch die RV mitgeteilt worden) einbezahlt worden. Im Telefonat mit der RV wurde die Sachlage besprochen, entweder werde die Richtigstellung der Berechnung sowie die Erklärung der Differenz nachgereicht, oder sie einigen sich auf den bereits einbezahlten Betrag. Die vorgelegten Unterlagen dienen nicht als eindeutige Berechnung, einige Punkte konnten nachvollzogen werden und nur eine grobe Berechnung durchgeführt werden, da eine grobe Berechnung keine Haftung ergeben würde, wäre sie mit den bereits bezahlten € XXXX einverstanden. Die RV will das mit den GF abklären und wird sich wieder melden.
Beim neuerlichen Telefonat mit der RV am 02.12.2020 wurde mit Aktenvermerk von der belangten Behörde festgehalten, dass mit ihr ein neues VwGH Erkenntnis besprochen, sowie die neue Berechnungsweise erläutert wurde. Laut dieser Berechnung käme es zu einer Haftung von € XXXX . Weiters wurde mitgeteilt, dass eine Zahlung für die Haftung nicht durch die GmbH erfolgen darf, da diese Zahlung anfechtbar ist. Sie sieht das nicht ganz ein, dass wir uns über eine Widmung hinwegsetzen, aber akzeptiert es, wir können die Zahlung behalten und von der nächsten Quote abziehen. Sie schaut sich die Entscheidung an und meldet sich bis spätestens 22.12.2020.
4) Am 09.12.2020 wurde mittels Aktenvermerk von der belangten Behörde neuerlich ein Telefonat mit der RV festgehalten, wonach die Zahlung über € XXXX freigestellt bleiben soll. Sie entscheiden, wenn die Haftung fertig ist, ob das Geld für die nächste Quote verwendet werden soll. Es wurde nochmals besprochen, dass das Geld nicht für die Haftung verwendet werden kann, wenn es von der GmbH kommt.
5) Mit 01.02.2021 übermittelten die BF über ihre Rechtsvertretung eine ergänzende Stellungnahme und führte dazu aus, dass vergangenen Dezember die Rechtsvertretung der BF darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass die Berechnung einer Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG nunmehr auf Basis der Prämissen des E VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001, zu erfolgen habe. In Abstimmung mit der ÖGK haben die BF eine adaptierte Berechnung vorgenommen. Demnach sei der Beurteilungszeitraum mit 01.12.2018 bis 31.05.2019 anzusetzen. Die Ermittlung des tatsächlich eingetretenen Schadens unter Verweis auf das oben zitierte Erkenntnis betrage, laut Kontoauszug der ÖGK vom XXXX , der fällige Abgabenrückstand € XXXX , sodass von einem tatsächlich eingetretenen Schaden in eben dieser Höhe auszugehen sei. Abweichend von der in der Vergangenheit vorgenommenen monatsweisen Betrachtung sei auf den ermittelten Beurteilungszeitraum abzustellen und für diesen je eine allgemeine Zahlungsquote und eine Kassenzahlungsquote zu ermitteln. Die Verbindlichkeiten und Zahlungen im Beurteilungszeitraum stellen sich somit wie folgt dar:
| Verbindlichkeiten XXXX - XXXX | Geleistete Zahlungen XXXX - XXXX | Zahlung Dienstnehmeranteile | Geleistete Zahlungen insgesamt | Offen per XXXX |
Verb. aus Verträgen etc. | XXXX | XXXX |
| XXXX | XXXX |
Ford. DN, Löhne, Geh. etc. | XXXX | XXXX |
| XXXX | XXXX |
Finanz | XXXX | XXXX |
| XXXX | XXXX |
Kredite | XXXX | XXXX |
| XXXX | - |
Gemeindeabg. | XXXX | XXXX |
| XXXX | XXXX |
ÖGK | XXXX | XXXX | XXXX | XXXX | XXXX |
Summe | XXXX | XXXX | XXXX | XXXX | XXXX |
Daraus ergebe sich eine allgemeine Zahlungsquote von 69,44 % und eine Kassen-Zahlungsquote von 70,18 %, also einen Überhang zugunsten der ÖGK von 0,74 %.
Die 10%ige Barquote idH von € XXXX sei bereits ausgeschüttet worden, die zwischenzeitig fällige zweite 10%ige Quotenzahlung id gleichen Höhe sei am 31.07.2020 von der Ges. geleistet worden. Die letzte 10%ige Quotenzahlung werde bis längstens 16.07.2021 von der Ges. geleistet. Dies ergebe eine Gesamtsumme idH von € XXXX .
Unter Anwendung des o.z. E des VwGH vom 27.04.2020 sei wie folgt zu berechnen:
Tatsächlich eingetretener Schaden € XXXX
Haftungsbetrag
Allgemeine Zahlungsquote 69,44 %
Kassenzahlungsquote 70,18 %
Überhang zugunsten ÖGK 0,74 %
Haftungsbetrag 0
Da die ÖGK um 0,74% mehr an Zahlungen erhalten habe, als die übrigen Gläubiger lasse sich kein Haftungsbetrag errechnen, da keine Benachteiligung der ÖGK erfolgt sei. Somit ergebe sich ein Haftungsbetrag von 0.
6) Die RV wurde in einem Telefonat, mit Aktenvermerk von der belangten Behörde am 23.03.2021 festgehalten, darüber informiert, dass sie bei der Berechnung die Anfechtung vergessen habe, wodurch sich das Verhältnis der Zahlungen zu den Verbindlichkeiten ändert. Es bleibe daher bei dem Haftungsbetrag laut äußersten Haftungsrahmen € XXXX . Da die IE mit XXXX war, können die tatsächlichen Daten zum 30.04.2019 genommen werden. Wenn man den äußersten Haftungsrahmen mit IE belässt und bei den tatsächlichen Rückständen den XXXX nimmt, errechnet sich ein rechnerischer Haftungsbetrag von € XXXX . Der Hauptteil der GPLA wurde erst mit 5/19 belastet. Die RV teilte mit, dass sie dies erst mit dem Steuerberater und den Klienten klären müsse. Es wurde besprochen, dass - wenn sie in das Verfahren geht - die tatsächlichen Zahlen bis XXXX benötigt werden. Die RV erklärte sich bis spätestens 19.04.2021 wieder zu melden.
7) Mit 15.04.2021 übermittelte die RV eine Stellungnahme verbunden mit Urkundenvorlage. In der Stellungnahme führten die BF aus, dass in Absprache mit der ÖGK die Zahlungen und Verbindlichkeiten nicht mehr bis XXXX , sondern konkret bis zum Tag der Insolvenzeröffnung XXXX berechnet wurden. Der Beurteilungszeitraum wurde von XXXX bis XXXX , konkret XXXX festgelegt. Zur Ermittlung des tatsächlichen Schadens (Haftungsrahmen) wurde ausgeführt, dass laut Kontoauszug der ÖGK vom XXXX der fällige Abgabenrückstand € XXXX betrug und vom tatsächlich eingetretenen Schaden in dieser Höhe auszugehen sei. Die Verbindlichkeiten und Zahlungen stellen sich im Beurteilungszeitraum wie folgt (detaillierte Aufstellung, wie oben ausgeführt wird, da die Zahlen unstrittig sind, auf die diesbezügliche Darstellung verzichtet).
Allgemeine Zahlungsquote der Ges
Verbindlichkeiten gesamt € XXXX
Zahlungen gesamt € XXXX
Allgemeine Zahlungsquote 66,21 %
Kassenzahlungsquote der Ges
Verbindlichkeiten gesamt € XXXX
Zahlungen gesamt € XXXX
Kassenzahlungsquote 66,81 %
Dies ergibt einen Überhang zugunsten der ÖGK im Ausmaß von 0,6 %
Zur Ermittlung der Sanierungsplanquote wurde das gleiche, wie in der zuvor abgegebenen Stellungnahme ausgeführt. Im Ergebnis ist von einem Haftungsbetrag idH von 0 auszugehen, da ein Überhang zugunsten der ÖGK erfolgt ist. Da keine Schlechterstellung der ÖGK erfolgt sei, schulden die BF der ÖGK nichts. Unter einem wurden Kontoauszüge hinsichtlich der Dienstnehmer beigefügt.
Mit 08.06.2021 übermittelte die RV der belangten Behörde nach Aufforderung die Arbeitnehmerliste, sowie das Anmeldeverzeichnis.
8) Mit Aktenvermerk vom 08.06.2021 wurde hinsichtlich Prüfung und einem Telefonat mit der RV von der belangten Behörde festgehalten, dass Rückstand per 22.05.2019 im Ausmaß von XXXX beträgt (Zahlung der Dienstnehmeranteile XXXX wurden erst mit 22.05. wertgestellt; 9 Zahlungen XXXX ( XXXX wurden über Anfechtung zurückbezahlt, DNA und weitere XXXX waren bereits freigestellt, daher wurden XXXX als Nachtrag angemeldet. GPLA XXXX , FA XXXX (Da DNA hier noch nicht verbucht waren).
Im IV der GmbH wurden € XXXX anerkannt, die Differenz zu den im Schreiben mitgeteilten € XXXX sind mit GPLA und zB Miete zu erklären. Der RV mitgeteilt, dass die Rechnung nicht stimme, da sie die Anfechtung nicht berücksichtigt habe. Es können daher nicht die ganzen € XXXX als Zahlung gegenübergestellt werden, sondern nur XXXX . Im Gegenzug haben sie vergessen die GPLA als Verbindlichkeit hinzuzurechnen. So ergebe sich eine Quote der ÖGK von 29,75 % und eine Gesamtquote von 56,95 %. Wenn man die Gesamtforderung bei der ÖGK von XXXX mit der Differenzquote von 27,19 % multipliziere, ergebe sich ein Haftungsbetrag von € XXXX . Da dieser unter dem Haftungsrahmen liegt, ist dies der Haftungsbetrag. Die RV erklärte, sich die Entscheidung durchzulesen, auch speziell im Hinblick auf die Anfechtung (G308 2128927-1). Sie wird die Haftung mit den Mandanten besprechen und wenn sie die Anrechnung der Anfechtung nicht genau genug erklärt wird, Beschwerde erheben.
Im Telefonat vom 16.06.2021, mittels Aktenvermerk vom 16.06.2021 der ÖGK festgehalten, ersuchte die RV der BF um einen langen Bescheid, sie seien mit dem Erkenntnis des VwGH (gemeint aus dem Jahr 2020) nicht ganz einverstanden und werden ins Verfahren gehen.
2.8. Entsprechend der Aufforderung des BVwG vom 24.04.2024 unter Hinweis auf das nun ergangene VwGH Erkenntnis vom 11.03.2024, Ra 2022/08/0166 nahmen die ÖGK und wie auch die BF wie folgt Stellung (chronologisch dargestellt):
2.8.1. Mit Schriftsatz vom 26.06.2024 brachte die belangte Behörde zur Anfechtung im Zuge des Insolvenzverfahren vor, dass „zur Frage der anfechtbaren Rechtshandlung - entsprechend der Rechtslage des IO sowie der Judikatur des OGH - auf die jeweilige Rechtshandlung individuell einzugehen sei: Über das Vermögen der XXXX GmbH sei mit Beschluss des LG f. ZRS XXXX infolge Eigenantrags z XXXX am XXXX ein Sanierungsverfahren eröffnet worden. Im Eigenantrag vom 21.05.2019 sei von der Schuldnerin über ihre Rechtsvertretung vorgebracht worden, dass durch die Insolvenzen der Charles Vögele (Austria GmbH) einerseits Zahlungsausfälle zu beklagen wären und Umsätze weggefallen seien und andererseits bereitgestellte Ressourcen nicht anderweitig eingesetzt werden konnten. Darüberhinaus würden bereits Exekutionen gegen das Unternehmen geführt und die ÖGK habe zu XXXX einen Insolvenzantrag eingebracht, da die Zahlungsunfähigkeit drohe bzw. bereits eingetreten sei. Tatsächlich habe die belangte Behörde das Unternehmen am 20.03.2019 aufgefordert, seine wirtschaftliche Lage dazulegen und den Beitragsrückstand von e XXXX umgehend zu begleichen. Unter einem seien wirtschaftliche Unterlagen angefordert worden, dies sei von der Schuldnerin am 22.03.2019 übernommen worden und sei unbeantwortet geblieben.
Am 25.04.2019 sei der og. Insolvenzantrag eingebracht worden und damit begründet worden, dass die Beitragsschuld trotz mehrmaliger Mahnung und Exekutionsmaßnahmen weiterhin offen sei und durch laufende Beiträge aufgrund der vermuteten Zahlungsunfähigkeit eine Erhöhung der Beitragsschuld zu erwarten sei. Die Zahlungsunfähigkeit sei mit einem Rückstandsausweis, resultierend aus den Beiträgen ab 12/2018 Rest im Gesamt Ausmaß von Euro XXXX bescheinigt. Gleichzeitig habe die ÖGK mitgeteilt, dass Zahlungen während des Insolvenzverfahrens nicht schuldbefreiend anzunehmen und zur Verfügung der Masse zu halten, da es sich dabei um anfechtbare Scheinzahlungen handle.
Gegen das Unternehmen sei ab XXXX monatlich Exekution betrieben worden (erster betriebener Betrag 08/2018), die zu keiner Reduktion der offenen Beitragsschuld führten. Bereits im Dezember 2018 hatte das Beitragskonto der Schuldnerin einen Saldo von TEUR 117, der sich bis Mai 2019 auf TEUR 145 erhöhte.
Vor Insolvenzantragstellung langten folgende Zahlungen (im Folgenden in EURO) im Ausmaß von EUR XXXX ein:
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 4553/18) Teilzahlung
XXXX XXXX
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
Während des Insolvenzantragsverfahrens langten insgesamt Zahlungen im Ausmaß von XXXX ein:
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 1094/19) Teilzahlung
XXXX XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19): acht Teilzahlungen, Eigenzahlung
Zu der Zahlung am 20.05.2019 ging ein Schriftsatz der RV des BF bei der belangten Behörde ein, wonach die og Summe mit „ausdrücklicher Widmung“ auf offene Dienstnehmeranteile erfolge und dass es „den GF einer GmbH ausdrücklich erlaubt sei, auch in statu cridae die strafrechtlich bewährten (sic!) Zahlungsverpflichtungen betreffen die Dienstnehmeranteile zu erfüllen“. Somit sei den RV wie auch dem BF zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bewusst, dass die Zahlungen in statu cridae erfolgten, zumal auch die Insolvenzeröffnung infolge Eigenantrags vom 21.05.2019 nur zwei Tage nach der Zahlung erfolgte.
Bereits im Erstbericht hielt der MV fest, dass anfechtungsrelevante Zahlungen gegenüber dem Finanzamt als auch der Gebietskrankenkasse ersichtlich wären.
Im MV Bericht zur Berichts- und Prüfungstagsatzung führte der MV bezugnehmend auf die wirtschaftliche Lage aus, dass im Geschäftsjahr 2018 eine Verschlechterung des Eigenkapitals von TEUR 90 auf minus TEUR 233 (sohin ein Bilanzverlust von TEUR 322) eintrat. Dieser Verlust wurde durch Ausweitung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie eine nahezu Verdoppelung der sonstigen Verbindlichkeiten (wozu auch die Verbindlichkeiten im Rahmen der Sozialen Sicherheit und aus Steuern und Abgaben zählen) finanziert. Bei gesunkenen Erlösen wurden der Personalaufwand, die sonstigen Verbindlichkeiten und die Geschäftsführerentgelte erhöht.
Mit Anfechtungsschreiben vom 21.06.2019 erklärte der MV, dass die zwischen XXXX und XXXX (jeweils Auftragsdatum der Schuldnerin) geleisteten Zahlungen im Ausmaß von Euro XXXX gemäß §§ 30, 31 IO angefochten würden. Begründend führte er aus, dass die genannten Zahlungen einerseits aus exekutiven Betreibungen erfolgten, andererseits während des laufenden Insolvenzantragsverfahren geleistet worden wären. Unter Verweis auf die umfangreiche Judikatur des OGH führte er aus, dass die zumindest fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit zumindest seit Jänner 2019 bekannt sein musste.
Die Anfechtung wurde geprüft und in Folge mit dem MV telefonisch erörtert. Der Beurteilungsmaßstab wird anhand des § 31 Abs. 1 Z 2 IO erörtert, da dies die tatbestandsmäßig weiteste Bestimmung ist und sich keine Überschreitung der Frist des § 31 Abs. 2 IO ergibt.
Die materielle Insolvenz war eingetreten, zumal für das Jahr 2018 sowohl ein negatives Eigenkapital als auch eine negative Schuldentilgungsdauer vorlagen. Ausgehend von Insolvenzverbindlichkeiten lag die Grenze von 5 % (laut OGH Zahlungsunfähigkeit) bei TEUR 55. Demgegenüber standen die zum Bilanzstichtag 31.12.2018 bestehenden sonstigen Verbindlichkeiten von TEUR 341. Die Zahlungsunfähigkeit iSd Judikatur lag sohin (in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Masseverwalters in der Anfechtungseinrede) Anfang 2019 vor und wurde auch durch den Eigenantrag vom 21.05.2019 bestätigt.
In Bezug auf die Zahlungen von Euro XXXX ist evident, dass der ÖGK die Zahlungsunfähigkeit bekannt war, zumal sie selbst einen Insolvenzantrag eingebracht hat (OGH EvBl 1962/330„Der Gläubiger, der einen Konkursantrag gestellt hat, kann sich nicht auf die Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners berufen.“)
Für die spezifische Zahlung auf die Dienstnehmeranteile in statu dridae sei darauf hingewiesen, dass „auch die Befriedung einer Forderung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge, die den Dienstnehmeranteil betrifft, …. angefochten werden kann (OGH 06.06.2001, 6 Ob 339/00x).
Die Refundierung dieser Zahlung an die Masse war unstrittig und in keiner Denkvariante wäre diesem Anfechtungsvorbringen erfolgreich entgegen zu treten gewesen. Selbiges gilt für die am Tag vor Insolvenzantragstellung eingelangte Zahlung von Euro XXXX (Zwischensumme Euro XXXX ).
Für die weiteren Zahlungen ist auf die Judikatur des OGH, vor allem 3 Ob 99/10w zu verweisen: Sozialversicherungsträger werden demnach als institutionelle Großgläubiger behandelt, die infolge ihrer Eigenschaft als Zwangsgläubiger Ressourcen zur Bonitätsüberwachung der Schuldner vorzuhalten haben. Liegen daher Insolvenzindikatoren vor, darf sich der Anfechtungsgegner nicht mit der Behauptung des Schuldners über eine bloße Zahlungsstockung zufriedengeben. Für die leichte Fahrlässigkeit genügt schon das Unterlassen von zumutbaren Nachforschungen, wobei als jedenfalls zumutbares Auskunftsmittel der Schuldner (GF der GmbH) zur Verfügung steht. Auch zumutbare Nachforschungen in Registern (veröffentlichte Bilanzen, KSV) sind wohl darunter zu subsumieren.
Infolge mehrfach eingeleiteter Exekutionen sowie der Tatsache, dass trotz des exekutiven Drucks keine Verringerung des Beitragssaldos eintrat, wurde die Schuldnerin mit 20.03.2019 zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Situation aufgefordert. Die Zahlungen ab 27.03.2019 liegen nach diesem „Einleiten der Nachforschungen“. Da die Schuldnerin nicht reagierte, wurde am 15.04.2019 der interne Genehmigungsprozess für die Insolvenzantragstellung eingeleitet, sodass zu diesem Zeitpunkt jedenfalls die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit vorhanden war. Daher war auch die Zahlung vom 17.04.2019 über Euro XXXX jedenfalls anfechtbar. (Zwischenstand XXXX )
Sohin bleibt lediglich für zwei verbleibenden Zahlungen vom XXXX über € XXXX und vom XXXX über XXXX zu prüfen, ob diese der Anfechtung unterlagen. Da diese beiden Zahlungen im Zeitraum von nur 19 Tagen vor der internen Willensbildung zur Insolvenzantragstellung geleistet wurden, wäre ein erfolgreicher Beweis zu erbringen gewesen, dass die Überzeugung, von der Zahlungsunfähigkeit der GmbH frühestens mit XXXX und nicht bereits davor, vorlag. Vor dem Hintergrund der überaus strengen Judikatur fegen SV-Träger wäre dieser Beweis nach den Umständen des Einzelfalls nicht zu erbringen gewesen.
Im Rahmen der erfolgreich geführten Verhandlungen und der starken Argumentation der ÖGK konnte der letztlich erfolgreich angefochtene Betrag sogar auf einen Teilbetrag der Zahlung von XXXX reduziert werden und die Zahlung vom XXXX als anfechtungsfest für die Versichertengemeinschaft vereinnahmt werden konnte.
Somit ergibt sich der erfolgreich angefochtene Betrag von Euro XXXX , der im Rahmen der Judikatur sowie des Sachverhaltes als jedenfalls besser als das Ergebnis einer klagsweisen Auseinandersetzung zu bewerten war.
Zur Zahlung von Euro XXXX : Aufgrund eigener Berechnungen zur Haftung der GF überwies die XXXX GmbH am XXXX den gegenständlichen Betrag idH von Euro XXXX . Die Zahlung erfolgte durch die Primärschuldnerin und nicht durch die GF und war gewidmet für „ XXXX SV Beiträge & Nebengebühren XXXX bis XXXX . Am XXXX teilte der GF XXXX in einem Telefonat der damaligen Sachbearbeiterin mit, dass die gegenständliche Zahlung entgegen der Widmung auf dem Zahlungsbeleg zur Abgeltung seiner persönlichen Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG zu verwenden sei.
Nach Berechnung des tatsächlichen Haftungsbetrages durch die ÖGK wurde am 09.12.2020 diese mit der rechtsfreundlichen Vertretung besprochen und sie teilte mit, dass sie die Haftung selbst nachrechnen wollen. Seitens der ÖGK wurde darauf verwiesen, dass der Betrag von der GmbH und nicht den GF eibezahlt worden war und daher nicht zur Abdeckung der Haftung verwendet werden könne. Durch die rechtsfreundliche Vertretung wurde ersucht, die Zahlung „freistehen“ zu lassen.
Am XXXX erfolgte die letzte Quotenteilzahlung durch die GmbH, ohne dass die ÖGK über den weiteren Verwendungszweck der Zahlung informiert wurde.
Zu diesem Zeitpunkt wies das Beitragskonto bereits wieder einen erheblichen Rückstand auf und wurde am XXXX die Primärschuldnerin pflichtgemäß – wie bereits am XXXX – zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Situation aufgefordert. Der Verdacht der Zahlungsunfähigkeit war unzweifelhaft gegeben und somit auch die Möglichkeit einer Anfechtung – wie auch im ersten Insolvenzverfahren. Da das erste Insolvenzverfahren nach Quotenzahlung und Verbuchung der Vergütung durch den IEF endgültig beendet war, wurde der Betrag von Euro XXXX 4 zur Abdeckung der nunmehr ältesten fälligen Beiträge XXXX bis XXXX verbucht.
Die Verwendung des Betrages zur Abdeckung der Quote wurde der ÖGK niemals mitgeteilt und wurde der Zustand der „Freistellung“ von der GmbH aufrechterhalten. Nach Erfüllung des Sanierungsplans trat Entschuldung für die betroffenen Beiträge ein und wurde der Betrag somit nach Eröffnung des weiteren Insolvenzverfahrens zur Abdeckung der damals ältesten offenen und somit beschwerlichsten Schuld verwendet. Im zweiten Insolvenzverfahren kam es von Seiten des Insolvenzverwalters zu keiner Anfechtung.
Die gegenständlichen Euro XXXX wurden in Rücksprache mit der rechtsfreundlichen Vertretung der GF vorerst freigestellt geblieben und dann – nachdem keine weitere Anweisung zur Verwendung erfolgte –zur Abdeckung der beschwerlichsten Schuld verbucht."
2.8.2. Mit Schriftsatz vom 28.06.2024 übermittelten die BF über ihre RV im Wesentlichen zusammengefasst zum (Nicht-)Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtung vor, dass „mit Schreiben vom 21.06.2019 an die ÖGK der Sanierungsverwalter mitgeteilt hat, dass die Schuldnerin im Zeitraum XXXX bis XXXX Zahlungen an die ÖGK in der Höhe von XXXX geleistet habe, wobei diese Zahlungen teilweise über Exekutionen einbringlich gemacht worden seien. Desweiteren sei noch am XXXX eine Zahlung in der Höhe von Euro XXXX geleistet worden. Der ÖGK seien Indizien für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zumindest seit Jänner 2019 bekannt gewesen, dementsprechend erklärte der Sanierungsverwaltung die Anfechtung und forderte die ÖGK zur Überweisung dieses Betrages auf das Insolvenzkonto auf. …. Die ÖGK hat letztlich eine Vergleichsbetrag von Euro XXXX an die Masse der schuldnerischen Gesellschaft zurücküberwiesen. Über diese Vergleichsverhandlungen sind die BF weder informiert noch eingebunden worden. Hätte das Aufforderungsschreiben des Sanierungsverwalters den Inhalt einer Klage aufgewiesen, dh hätte er konkrete Behauptungen zum Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen aufgestellt, wäre die ÖGK in der Lage gewesen zu argumentieren, aus welchen Gründe diese nicht vorliegen. Wäre die BF eingebunden worden, hätten sie selbst ebenfalls ihre Argumente vortragen und darlegen können. In diesem Fall wäre der Sanierungsverwalter zum Ergebnis gelangt, dass eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hat und die ÖGK wiederum, dass ob der Sach- und Rechtslage der Abschluss eines Vergleichs nicht intendiert ist. In einem abgeführten Anfechtungsprozess hätte der Sanierungsverwalter daher den Umstand und auch den konkreten Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit unter Beweis stellen müssen, die Absicht der schuldnerischen GmbH, die ÖGK vor anderen Gläubigern zu begünstigen wie auch jeweils die entsprechende Kenntnis oder das entsprechende Kennenmüssen der ÖGK.
Es ist ausdrücklich festzuhalten, dass über das Vermögen der schuldnerischen Ges. nicht etwa ein Konkursverfahren eröffnet worden ist, sondern über deren Eigenantrag hin ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung.
Insofern gab es nicht einmal konkrete Anhaltspunkte, dass überhaupt und wenn ja zu welchem Zeitraum bei der schuldnerischen Ges. die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Dies wurde mangels Notwendigkeit im abgeführten Sanierungsverfahren auch vom Sanierungsverwalter nicht vertieft geprüft. Abgesehen davon lässt sich aus der Historie bzw. dem beantragten Sanierungsverfahren ersehen, dass die Zahlungsunfähigkeit erst im Zeitpunkt der Antragstellung eingetreten ist bzw. einzutreten gedroht hat.
Zahlungen an die ÖGK sind teilweise exekutiv einbringlich gemacht worden, es ist wohl offensichtlich, dass die schuldnerische Ges. diese Zahlungen nicht in der Absicht geleistet hat, die ÖGK vorranging vor anderen Gläubigern zu befriedigen, weil sie darauf schlicht und ergreifend keinen Einfluss hat nehmen können.
….
Es ist nicht einmal klar, ob die schuldnerische Ges. überhaupt jemals zahlungsunfähig war. Jene hat ihren Betrieb durchgehend und ohne Unterbrechung fortgeführt und alle zur Betriebsfortführung notwendigen Zahlungen geleistet.
Zur Zahlung von Euro XXXX (Dienstnehmeranteile):
Der Betrag von XXXX welcher von der schuldnerischen Ges. am XXXX an die ÖGK überwiesen wurde, beinhaltet ausschließlich offene Dienstnehmeranteile bezogen auf den Zeitraum Dez. 2018 bis März 2019 und findet somit Deckung im gegenständlich infrage stehenden Haftungszeitraum.
Unter Verweis auf die einschlägige Entscheidung des OGH 6 Ob 164/16k verbietet die Bestimmung des § 83 Abs. 3 Z 6 AktG grundsätzlich Zahlungen, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Ges. eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat, also nach Eintritt der materiellen Insolvenz. Nach dem zweiten Halbsatz des § 84 Abs. 3 Z 6 AktG sind Zahlungen, die auch nach Eintritt der materiellen Insolvenz mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, vom Zahlungsverbot ausgenommen. Nach herrschender Auffassung ist dieser Ausnahmetatbestand analog im GmbH Recht anzuwenden. Unter diese Ausnahme fallen unter anderem und im Hinblick auf die strafrechtliche Sanktionierung des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung und auf die Haftung des GF für Beitragsschulden auch die Zahlung von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung.
Ausgehend von dieser eindeutigen und auf das Recht der GmbH anzuwendenden Entscheidung des OGH war der Betrag von Euro XXXX jedenfalls anfechtungsfest, was ohnehin auch der ÖGK im Schreiben vom 20.05.2019 zur Kenntnis gebracht wurde. Die Zahlung von Dienstnehmeranteilen hätte vom Sanierungsverwalter daher niemals erfolgreich angefochten werden können.
Zu den Vergleichsverhandlungen bzw. –abschluss:
Der Sanierungsverwalter hätte die angefochtenen Zahlungen in einem Gesamtausmaß von Euro XXXX niemals gerichtlich geltend gemacht, weil das Prozessrisiko zu hoch war und en Prozessverlust zu einer unnötigen Kostenbelastung für die Masse geführt hätte. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Zivilprozess jedenfalls en Buch-Sachverständiger zur Prüfung der Zahlungs(un)fähigkeit der schuldnerischen Ges. hätte beigezogen werden müssen, was wiederum zu deutlich höheren Prozesskosten und eine damit einhergehenden höheren Prozessrisiko geführt hätte.
Die ÖGK wiederum hätte sich in diesem Szenario ohne weiteres auf einen Gerichtsprozess einlassen können, weil ihre Prozessaussichten als besonders gut einzuschätzen waren. In einer solchen Konstellation hätte sie dann konsequenterweise aber auch dem Abschluss eines Vergleichs nicht nähertreten dürfen. Dies trifft jedenfalls auf die Zahlung der Dienstnehmeranteile zu, da sie sogar von der schuldnerischen Ges. selbst über die einschlägige Judikatur in Kenntnis gesetzt wurde.
….
Der Entfall der Anfechtung habe Einfluss auf die Haftungsberechnung, in einem solchen Fall würde nämlich die Gleichbehandlungsprüfung im Verhältnis zur schuldnerischen Ges. – ÖGK eine Zahlungsquote von 59,66 % und im Verhältnis schuldnerische Ges. – Gesamtverbindlichkeiten eine Zahlungsquote von lediglich 56,95 ergeben. Somit hat die schuldnerische Ges. die Forderungen der ÖGK letztlich um 2,71 % besser behandelt, als die Forderungen der übrigen Gläubiger, sodass überhaupt keine Haftung der BF vorliegt, weil eben die ÖGK nicht schlechter, sondern sogar besser als die übrigen Gläubiger der schuldn. Ges. behandelt worden ist.
Die Ablehnung einer entgegen § 1413 ABGB geleisteten Zahlung muss allerdings uneingeschränkt erfolgen, weshalb die ÖGK die Zahlung nicht einfach auf ein Sonderkonto verbucht oder am allgemeinen Konto „freigelassen“ stehen hätte lassen dürfen. Es ist auch nicht zu einer wie auch immer gearteten Vereinbarung darüber gekommen. Die BF haben bewusst keine Umwidmung dieser Zahlung vorgenommen, da die ÖGK diese einfach zurückzubezahlen oder zu behalten hatte. Auch die Frage der Anfechtung in einer künftigen Insolvenz rechtfertige die Nichtberücksichtigung der Zahlung nicht.
In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 01.08.2024 legte die Rechtsvertretung der BF ein ergänzendes Vorbringen als Erwiderung zur Stellungnach der ÖGK vor, welches eine Zeitleiste hinsichtlich der einzelnen Vorgänge (Zahlungen und Handlungen der Beteiligten) beinhaltete, wie folgt:
Ab XXXX Exekutionen der ÖGK gegen XXXX GmbH
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 4553/18) Teilzahlung
XXXX € XXXX
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 115/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX Aufforderung der ÖGK an XXXX GmbH zur Darlegung der wirtschaftlichen Lage und Begleichung des Beitragsrückstands von € XXXX
XXXX € XXXX (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 493/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX Insolvenzantrag der ÖGK
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 701/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX Zahlung aus Exekution (Gerichtsvollzieher zu 409 E 1094/19) Teilzahlung
XXXX € XXXX acht Eigenzahlungen der XXXX GmbH in unterschiedlicher Höhe
XXXX Schreiben an ÖGK über gewidmete Zahlung von DN-Anteilen idH von € XXXX
XXXX Antrag der XXXX GmbH auf Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung
XXXX Beschluss des LGZ XXXX auf Eröffnung des Sanierungsverfahrens über das Vermögen der XXXX GmbH ( XXXX )
XXXX Anfechtungsschreiben des Sanierungsverwalters gerichtet an die ÖGK, angefochtene Zahlungen: € XXXX ; Anfechtungszeitraum XXXX bis XXXX
XXXX Schreiben der ÖGK an Sanierungsverwalter, Vergleichsangebot € XXXX (davon XXXX nach Insolvenzantrag)
Zur behaupteten Zahlungsunfähigkeit: Auch wenn die ÖGK es so darzustellen versuche, habe weder der Sanierungsverwalter noch die schuldnerische GmbH jemals einen konkreten Zeitpunkt für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit benannt. Der Sanierungsverwalter habe in seinem Anfechtungsschreiben lediglich von „Indizien der Zahlungsunfähigkeit“ gesprochen. Weiters finde sich auch in keinem seiner Berichte ein Hinweis auf einen konkreten Zeitpunkt. Auch die schuldnerische Ges habe in ihrem Eigenantrag unter Verweis auf Umsatzeinbußen und die Exekutionen der ÖGK lediglich und ohne Nennung eines konkreten Zeitpunkts festgehalten, dass ihr „die Zahlungsunfähigkeit drohe bzw. diese schon eingetreten ist“. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang jedoch, dass im Anfechtungsprozess der anfechtende Masseverwalter behauptungs- und beweispflichtig für den Eintritt des objektiven und des subjektiven Tatbestandes und so auch für den tatsächlichen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sei (RIS-Justiz RS0064383).
Zur Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf Seiten der ÖGK: Zahlungen nach Insolvenzantragstellung durch die ÖGK von gesamt € XXXX ( XXXX am XXXX , € XXXX am XXXX und ³ XXXX an Dienstnehmeranteilen am XXXX ): es sei korrekt, dass sich die ÖGK nach Antragstellung auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen der schuldnerischen Ges nicht mehr darauf berufen könne, dass ihr die Zahlungsunfähigkeit derselben nicht erkannt gewesen sei und nicht bekannt sein hätte müssen. Dieses Argument treffe jedoch nur auf die beiden exekutiv einbringlich gemachten Zahlungen von € XXXX und von € XXXX , sohin einen Gesamtbetrag idH von € XXXX zu. Was die von der schuldnerischen Ges gewidmet geleistete Zahlung auf Dienstnehmeranteile idHv € XXXX betreffe sei zunächst festzuhalten, dass die von der ÖGK zitierte Entscheidung 6 Ob 339/00x ausschließlich auf „Sozialversicherungsbeiträge“ und nicht auch explixit auf die in Frage stehenden Dienstnehmeranteile Bezug nehme. Abgesehen davon datiere diese Entscheidung vom 06.06.2001 und liege somit zeitlich weit vor der von den BF bereits mehrfach ins Treffen geführten Entscheidung 6 Ob 164/16k aus dem Jahr 2017. Da beide Entscheidungen vom 6. Senat des OGH getroffen worden seien, sei von einer Änderung der Judikatur dahingehend auszugehen, dass der GF einer GmbH auch nach Eintritt der materiellen Insolvenz zulässigerweise Dienstnehmerbeiträge an die Sozialversicherung bezahlen dürfe. Die Zahlung von € XXXX hätte vom Sanierungsverwalter daher niemals erfolgreich angefochten werden können und sei dieser Umstand der ÖGK - wie bereits vorgebracht - bekannt bzw. hätte ihr bekannt sein müsse. Sie habe damit diesen Betrag betreffend einen Vertrag zu Lasten Dritter abgeschlossen, derlei sei in der österreichischen Rechtsprechung verpönt und kann aus einem solchen Vertrag für den nichtbeteiligten Dritten keine Verpflichtung entstehen. Das müsse auch im gegenständlichen Fall für die BF gelten.
Zur Zahlungen im Zeitraum vor Insolvenzantragstellung durch die ÖGK von gesamt € XXXX (das sind € XXXX am XXXX , € XXXX am XXXX , € XXXX am XXXX , € XXXX am XXXX , € XXXX am XXXX , € XXXX am XXXX , € XXXX und € XXXX jeweils am XXXX ): diesbezüglich sei auf die Judikatur des OGH für institutionelle Großgläubiger verwiesen und sei dazu vorzubringen, dass sie sich auf Basis dieser Judikatur in einem Anfechtungsprozess nicht erfolgreich auf die fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges berufen hätte können. Dieses Argument treffe jedoch gegenständlich nicht zu. Wie die ÖGK selbst vorbringe, habe sie die von der Jud geforderten Schritte zur Bonitätsüberprüfung der schuldn Ges gesetzt, indem sie jene im März 2019 zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Lage samt Vorlage von entsprechenden wirtschaftlichen Unterlagen aufgefordert habe. Nachdem sie jedoch die an institutionelle Großgläubiger gerichteten Anforderungen erfüllt habe, hätte ihr der Sanierungsverwalter die fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges auch nicht erfolgreich nachweisen können. Insofern seien auch die Zahlungen in einem Gesamtbetrag von € XXXX als anfechtungsfest zu betrachten. So die ÖGK möglicherweise alternativ damit argumentiere, dass ihr die ohnehin bereits seit Beginn des Jahres 2019 Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges bekannt gewesen sei, sei fraglich, aus welchen Gründen und in Kenntnis der dann gegebenen Anfechtbarkeit sämtlicher vereinnahmter Zahlungen sie dann noch beinahe fünf Monate, nämlich bis zum XXXX mit der Insolvenzantragstellung zugewartet habe. Zusammengefasst sei festzuhalten, dass der ÖGK bis zum Tag der Insolvenzantragstellung am XXXX eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges weder bekannt gewesen sei noch bekannt sein hätte müssen, womit die Anfechtung des Sanierungsverwalters mangels Erfüllung dieses Tatbestandes ins Leere gegangen wäre.
Anfechtungstauglich seien richtigerweise ausschließlich folgende Zahlungen:
€ XXXX am XXXX (Tag vor Insolvenzantragstellung durch die ÖGK)
€ XXXX am XXXX (Zahlung nach Insolvenzantragstellung) und
€ XXXX am XXXX (Zahlung nach Insolvenzantragstellung gesamt
€ XXXX
Ausschließlich der Betrag von € XXXX hätte daher Gegenstand einer möglicherweise erfolgreichen (gerichtlichen) Anfechtung sein können und hätte die ÖGK dies bei ihren Vergleichsverhandlungen mit dem Sanierungsverwalter entsprechend berücksichtigen müssen.
Zum Vergleichsabschluss: Offen bleibe und erstattete die ÖKG hierzu auch kein konkretes Vorbringen, aus welchen Gründen ein Vergleichsbetrag von € XXXX , welcher mehr oder weniger genau 50 % der angefochtenen Zahlung von € XXXX darstellt, angeboten worden sei. Auf einer Zeitleiste betrachtet, summiere sich zwar die zwischen 20.05.2019 bis XXXX geleisteten Zahlungen zu einem Betrag von rund € 106.000, damit sei aber noch nicht erklärt, aus welchen Gründen der Sanierungsverwalter auf die (aus Sicht der ÖGK) anfechtbare Zahlung vom XXXX idH von € XXXX hätte verzichten sollen. Die von der ÖGK gewählte Vorgehensweise erhärte nur neuerlich den Verdacht, dass - wie in Graz bedauerlicherweise üblich - Vergleiche über 50 % der angefochtenen Zahlungen abgeschlossen werden, um das Führen von zeit- und möglicherweise kostenintensiven Anfechtungsprozessen zu vermeiden. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, dass das Anfechtungsschreiben des Sanierungsverwalters vom XXXX , sohin am Freitag, an die ÖGK übermittelt wurde und es bereits am darauffolgenden Mittwoch, dem XXXX , zum infrage stehenden Vergleichsangebot gekommen sei. Insofern sei der Zeitraum für die inhaltliche Prüfung der vom Sanierungsverwalter geltend gemachten Ansprüche sowie die von der ÖGK ins Treffen geführten Verhandlungen äußerst kurz bemessen, was wiederum für die von den BF bereits in Treffe geführte Praxis der 50 %-Vergleiche spreche. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die ÖGK nunmehr ihre Beweggründe für ihr seinerzeitiges Vergleichsanbot offengelegt habe und eine „Umwidmung“ der aus ihrer Sicht anfechtbaren Zahlungen (in unanfechtbare) nicht mehr möglich ist.
Zur Zahlung von € XXXX : die BF haben in iher Stellungnahme vom XXXX bereits ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die ÖGK die von der schuldnerischen Ges am XXXX gewidmet geleisteten Zahlung hätte annehmen und auf einen allfälligen Haftungsbetrag zu 100 % in Anrechnung hätte bringen müssen. Diesbezüglich werde auf das Vorbringen ab Seite 11 der Stellungnahme verwiesen. In der aufgetragenen Stellungnahme am XXXX bringe die ÖGK den BF erstmalig zur Kenntnis, dass sie den Betrag von € XXXX zur Abdeckung von Beitragsforderungen des Zeitraums 11/20 bis 1/21 verwendet habe. Implizit gestehe sie dabei zu, dass sie diese Vorgehensweise ohne Rücksprache mit den GF der schuldn. Ges und damit auch ohne Abschluss einer diesbezüglichen Vereinbarung gewählt habe. Eine solche Vorgehensweise sei nicht nur kritisch zu hinterfragen, sondern auch im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des ABGB und der dazu ergangenen Judikatur unzulässig.
„Der Schuldner kann spätestens bei der Zahlung (Leistung) diese einer von mehreren Verbindlichkeiten (ausdrücklich oder konkludent) zuordnen (2 Ob 48/16x; 3 Ob 103/10), der Gläubiger kann dieser Widmung aber unverzüglich widersprechen (4 Ob 20/09h; 6 Ob 42/08g). Mangels Widerspruchs gelte die Zustimmung des Gläubigers zur Widmung des Schuldners als erteilt (6 Ob 17/16t) und enhL; dies wegen § 1416) (Mair in Schwimann/Neumayr (Hrsg). ABGB Taschenkommentar6 (2023) § 1415 ABGB Rz 8).“
Die schuldn Ges habe die Zahlung nachweislich gewidmet geleistet und habe die ÖGK es verabsäumt, dieser Widmung unverzüglich zu widersprechen, sodass sie Bestand habe. Demnach habe die ÖGK diese entsprechend zu berücksichtigen, d.h. den bezahlten Betrag von € XXXX auf eine allenfalls festgestellte GF-Haftung der BF anzurechnen.“
2.9. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 01.08.2024 erklärte die RV auf die Frage, wann aus ihrer Sicht die Zahlungsunfähigkeit eingetreten sei, dass es keine Feststellungen gebe, wann diese eingetreten sei. Auch aus dem Aufforderungsschreiben des Insolvenzverwalters sei ersichtlich, dass lediglich Indizien der Zahlungsunfähigkeit vorliegen würden. Sie (die BF) würden vom Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Eröffnung des Sanierungsverfahrens ausgehen, bzw. von der Antragstellung, dass sei am XXXX gewesen.
Die belangte Behörde hinterfragte, wieviel Verbindlichkeiten das Unternehmen zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung gehabt habe, die RV fragte dazu, ob die belangte Behörde dies nicht schneller zur Hand hätte. Der Vertreter der ÖGK führte dann aus, dass laut der Aufstellung der RV dies € XXXX andere Gläubiger und € XXXX ÖGK gewesen sei, also insgesamt grob € XXXX . Samt Beitragsprüfung und sämtlicher Maßnahmen zugunsten der BF würden sie von grob € XXXX ausgehen. Unter Zugrundelegung der Jud, wann Zahlungsunfähigkeit vorliege, nämlich 3 Ob 99/10w und der dort genannten 5 % Schwelle, genüge schon die Addition der Beiträge aus 12/2018 und 01/2019, um jene Schwelle zu überschreiten. Es war die Zahlungsunfähigkeit aber bereits wesentlich früher eingetreten, was die GF jedoch nicht eingestanden haben. Da sich der Anfechtungsbetrag lediglich auf Zahlungen bis XXXX reduziert habe, ist offenkundig, dass die Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Rechtshandlung bereits eingetreten gewesen sei. Auf die Frage der RV, warum die ÖGK dann - wenn sie meine, dass Zahlungsunfähigkeit ab Anfang 2019 eingetreten sei - mit der Insolvenzantragstellung weitere 5 Monate danach gewartet habe, erklärte der Vertreter der ÖGK, dass die ÖGK eine außenstehende Gläubigerin sei, die grundsätzlich nur über die ihr frei zugänglichen Informationen verfüge. Es sei daher lediglich für das Wissen der Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung auf diesen Beurteilungsmaßstab abzustellen. Dem außenstehenden Gläubiger stehen wesentlich weniger Informationen zur Verfügung, als den Geschäftsführern, die zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung verpflichtet sind. Das von ihm eingangs abgegebene Vorbringen, auf das sich die RV der BF nun beziehe, fuße selbstverständlich erst auf den nach Insolvenzeröffnung bekannt gewordenen Informationen. Die Fragestellung der RV der BF insinuiert, dass es dem SV Träger als institutionellen Großgläubiger möglich sein müsste, die Zukunft vorherzusehen. Indikatoren für die Prüfung des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit, wie sie vom OGH insbesondere vom SV Träger verlangt wird, verdichteten sich für einen außenstehenden Gläubiger zum Zeitpunkt März 2019. Selbst wenn man den Maßstab anlegt, dass die Geschäftsführung den Insolvenzantrag innerhalb der gesetzlichen Grenzen von 60 Tagen nach Einritt der Zahlungsunfähigkeit gestellt hat, wäre dies der XXXX .
Die RV erwiderte, dass die belangte Behörde zugestehe, dass sie im Zeitpunkt der Anfechtung durch den Sanierungsverwalter in Kenntnis aller notwendigen Sachverhaltselemente betreffend dieser Anfechtung war, dann hätte sie als institutionelle Großgläubigerin jedoch erkennen müssen, dass sie alle vom OGH an derartige Gläubiger gestellte Anforderungen erfüllt hat, weshalb ihr der Sanierungsverwalter in einem allfälligen Anfechtungsprozess die fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der schuldnerischen Ges. nicht erfolgreich hätte nachweisen können.
Der BF1 erklärte dazu, dass sie schon Jahre für einen großen Auftraggeber tätig gewesen seien und zum Zeitpunkt Dezember 2018 bzw. Jänner 2019 gemerkt haben, dass dieser Auftraggeber zögerlich mit den Zahlungen wird, dh er sei in Zahlungsverzug geraten. Die dann erfolgte Insolvenzbeantragung sei für sie deshalb relevant, weil sie davor gehofft hatten, dass sie von diesem Auftraggeber Zahlungen erhalten. Auf Nachfrage erklärte er, dass dieser Auftraggeber dann von ihnen gemahnt worden sei, es habe Gespräche über die offenen Forderungen gegeben, es würden darüber aber keine schriftlichen Unterlagen vorliegen. Auf weiteres Nachfragen erklärte der BF1, dies sei XXXX gewesen.
Dazu monierte der Vertreter der belangten Behörde, dass diese Firma bereits 2018 in Insolvenz gegangen sei, dh die Forderungen hätten bereits bereinigt werden müssen. Der BF1 erklärte dazu, aber nicht in Österreich, in Slowenien und Ungarn seien sie noch weitergefahren. Der Vertreter der belangten Behörde erklärte dazu, dass das Prinzip Hoffnung kein Grund zur Zahlungsunfähigkeit sei.
Die RV erklärte, dass der VwGH von den GF die Darlegung fordere, dass eine vom Insolvenzverwalter gegenüber dem Versicherungsträger erfolgreich geltend gemachte Anfechtung tatsächlich nicht berechtigt gewesen ist. Das bedeute, dass ein hypothetischer Anfechtungsprozess nachzuvollziehen und darzulegen sei, aus welchen Gründen der Sanierungsverwalter nicht bzw. nicht zur Gänze hätte obsiegen können. Diesem Erfordernis seien die BF nachgekommen.
Der Vertreter der belangten Behörde erwiderte darauf, dass der Großteil des Vorbringens sich darauf beziehe, dass die BF das Vorliegen des objektiven Tatbestands der Zahlungsunfähigkeit bestreiten und dieser Nachweis konnte bis dato nicht erbracht werden, hingegen die Behörde dies rechnerisch nachweisen konnte.
Die RV erklärte dazu, ungeachtet dessen sei in rechtlicher Hinsicht darauf hinzuweisen, dass für die Erfüllung des Tatbestandes nicht nur alle objektiven, sondern auch alle subjektiven Tatbestandselemente erfüllt sein müssen, was gegenständlich zumindest teilweise nicht der Fall ist.
Der Beurteilungszeitraum wurde von beiden Pt als unstrittig gewertet.
Zum Haftungsrahmen befragt erklärte die RV, dass die Zahlen unstrittig seien, ebenso die Zahlen in der Haftungsberechnung, welche die belangte Behörde im Bescheid durchgeführt habe, seien unstrittig, sie spreche von der Beilage vom XXXX . Strittig sei aus Sicht der BF die Berechtigung der Anfechtung des Betrages idH von € XXXX und die Berücksichtigung in der Haftungsberechnung und die Verwendung der von der schuldn. Ges. gewidmet geleisteten Zahlungen von € XXXX .
Der Vertreter der belangten Behörde erklärte zu den Zahlungen im Exekutionswege, dass dies im Schreiben chronologisch aufgelistet worden sei.
Zum Vergleich im Anfechtungsverfahren verwies die RV auf die heute vorgelegte Stellungnahme.
Der Vertreter der belangten Behörde erklärte dazu, dass die Zahlung der Gesellschaft auf die Haftung der Geschäftsführer schon deshalb nicht möglich sei, da sich die Gesellschaft darauf berufen könnte, was in einem solchen konkreten Einzelfall wie hier, wenn die Widmung widerrufen werde, die Zahlung als zu Unrecht bezahlte Beiträge gemäß § 69 ASVG zurückgefordert werden könnte.
Die RV erklärte dazu, dass Fakt sei, dass die schuldn Ges. diese Widmung zu keinem Zeitpunkt abgeändert oder widerrufen habe.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Verfahrensgegenständlich ist strittig, ob die BF von der belangten Behörde zu Recht in die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG genommen und somit zur Zahlung idH von € 95.463,73 verpflichtet wurden.
Die BF bestreiten (wie oben ausführlich dargestellt und nun im Wesentlichen verkürzt zusammengefasst), dass eine Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Rechtshandlungen hinsichtlich der angefochtenen Zahlungen vorgelegen sei, sondern sie von einer Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Insolvenzbeantragung ausgehen. Desweiteren seien die Forderungen - entgegen der belangten Behörde - nicht uneinbringlich gewesen, da das Unternehmen weiterbestanden habe, es sei noch eine Quotenzahlung offen. Zudem hätte sich die belangte Behörde mit dem Insolvenzverwalter nicht ohne Klageeinbringung hinsichtlich des Betrags von € XXXX nicht vergleichen dürfen, da die BF aufgrund dieses Vergleiches nicht involviert waren. Zum Betrag idH von € XXXX führten sie weiters aus, dass dieser gewidmet worden sei und die belnagte Behörde sich darüber nicht hinwegsetzen hätte dürfen, daher sei dieser Betrag bei der Haftungsberechnung zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde bringt hingegen (wie oben ausführlich dargestellt und nun im Wesentlichen zusammengefasst) vor, dass sämtliche Einbringungsmaßnahmen erfolglos geblieben wären. Die 30%ige Quote sowie die Vergütung durch den Insolvenzentgeltfond wären sowohl beim genannten Rückstand als auch beim Haftungsrahmen berücksichtigt worden. Die restlich aushaftende Forderung der belangten Behörde wäre somit als uneinbringlich anzusehen. Entsprechend der neuesten Judikatur wäre der äußerste Haftungsrahmen – unter Berücksichtigung der 30%-gien Quote und der Vergütung durch den Insolvenzentgeltfond – mit EUR XXXX errechnet worden. Im Zuge der Gleichbehandlungsprüfung wäre eine Differenzquote von 27,19 % berechnet worden, was zu einem errechneten Haftungsbetrag von EUR XXXX geführt hätte. Da der Haftungsrahmen lediglich den Rahmen darstelle und im gegenständlichen Fall der errechnete Haftungsbetrag geringer sei, wäre dieser als Haftungsbetrag festzusetzen. Den Geschäftsführern sei das Verschulden, den ihnen auferlegten Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen zu seien, anzulasten, weshalb die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG auszusprechen sei. Die durch die Primärschuldnerin bezahlten Forderungen hätten durch diese wieder zurückgefordert werden können, da kein Rechtsgrund zur Zahlung bestanden hätte. Eine von dritter Seite erfolgte Zahlung müsse auch vom Empfänger angenommen werden, wenn kein Rechtsgrund zur Zahlung vorliege. Im vorliegenden Fall hätte eine derartige Annahme jedoch nicht stattgefunden, weshalb eine Anrechnung auf die Haftung nicht erfolgen könne. Die angefochtenen Zahlungen wären der Judikatur entsprechend zum Haftungsrahmen hinzuzurechnen, da bei einer erfolgreichen Anfechtung die Zahlungen den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt würden wären. Durch die Nichtberücksichtigung angefochtener Zahlungen werde insbesondere verhindert, dass sich ein Vertreter durch Leistung einer anfechtbaren Zahlung unmittelbar vor Insolvenzeröffnung seiner Haftung entledigen könne. Die Forderung lebe somit erneut auf und handle es sich bei der Zahlung im Haftungsprüfverfahren um keine zu berücksichtigende Zahlung. Weiters wäre im gegenständlichen Fall der errechnete Haftungsbetrag geringer als der äußerste Haftungsrahmen, weshalb dieser als Haftungsbetrag festzusetzen gewesen wäre. Die Beschwerdeführer hätten ihre Berechnung ohne Berücksichtigung der Anfechtung und der GPLA durchgeführt und spiegle sich dies auch in der Berechnung der Zahlungsquote wieder. Da die angefochtenen Beträge jedoch als offene Forderungen anzusehen seien, sei die Berechnung der Beschwerdeführer falsch.
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.
Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. das zu § 25a BUAG ergangene Erkenntnis vom 29. Jänner 2014, 2012/08/0227, mwN).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
Allerdings darf diese besondere Behauptungslast und Beweislast einerseits nicht überspannt, andererseits nicht so aufgefasst werden, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).
Jedem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit enthebt den Vertreter nicht von dieser Darlegungspflicht (vgl. VwGH 28.10.1998, 97/14/0160).
Nach § 58 Abs. 5 ASVG in der Fassung nach der Novelle BGBl I 2010/62 haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Die Novellierung dieser Gesetzesbestimmung führte zu einer Reaktivierung der Vertreterhaftung des § 67 Abs. 10 ASVG unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg.), ASVG12 (2021) § 67 Rz 77a).
Zu den im § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. u.a. VwGH vom 19.09.1989, Zl. 88/08/0283).
Die Beschwerdeführer waren, wie sich aus dem Auszug aus dem österreichischen Firmenbuch ergibt, unstrittig von XXXX bis zum XXXX (Eröffnung des Sanierungsverfahrens über die Primärschuldnerin) handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Sie sind somit als Geschäftsführer im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG anzusehen und können somit grundsätzlich zu einer Haftung von aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund von Meldepflichtverletzungen in diesem Zeitraum herangezogen werden. Fest steht zudem, dass im verfahrensrelevanten Zeitraum keine andere Person als Geschäftsführung tätig war.
3.2. Eine Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist dann zu verneinen, wenn dieser zwar die Beiträge schuldhaft nicht entrichtet hat, die Beitragsschuld beim Hauptschuldner aber etwa nicht uneinbringlich geworden, sondern verjährt ist. In einem solchen Fall ist der Kausalzusammenhang zwischen dem Verschulden am Unterbleiben der Beitragsentrichtung und einer nachfolgenden Uneinbringlichkeit, etwa aufgrund eines späteren Insolvenzverfahrens, nicht mehr gegeben (vgl. VwGH 22.12.1998, 94/08/0249; 1.4.2009, 2008/08/0223).
Nach § 68 Abs. 1 vierter Satz ASVG wird die Verjährung durch jede zum Zweck der Feststellung einer Beitragsschuld getroffene Maßnahme - so etwa auch durch eine beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung - unterbrochen, sobald der Zahlungspflichtige hiervon in Kenntnis gesetzt wird (vgl. etwa VwGH 7.9.2017, Ra 2014/08/0060, mwN). Eine solche Maßnahme ist insbesondere auch die Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren. Durch diese wird nach § 9 Abs. 1 IO bewirkt, dass die Verjährung erst mit Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses von neuem zu laufen beginnt.
Verfahrensgegenständlich lag - entgegen den Angaben der BF - Uneinbringlichkeit nach Bestätigung des Sanierungsplans jedenfalls vor, da die über die Quotenzahlung hinausgehenden Forderungen der belangten Behörde nicht eingebracht werden konnten und auch nicht mehr einzuklagen gewesen wären.
Der Umfang der Haftung ist nach den in der Rechtsprechung des VwGH dargestellten Grundsätzen zu ermitteln. Danach ist in einem ersten Schritt der Beurteilungszeitraum festzustellen, der mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraums noch offenen Beitragsverbindlichkeit beginnt und der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - soweit nicht zuvor eine frühere allgemeine Zahlungseinstellung oder Beendigung der Vertreterstellung erfolgt - endet. In einem zweiten Schritt sind einerseits das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen fälligen Verbindlichkeiten einschließlich der Beitragsschulden (allgemeine Zahlungsquote) sowie andererseits das Verhältnis der im selben Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsschulden (Beitragszahlungsquote) zu ermitteln. Das Produkt aus der Differenz der beiden Quoten und den insgesamt fälligen Beitragsschulden ergibt letztlich den Haftungsbetrag (vgl. VwGH 8.3.2022, Ra 2020/08/0134; sowie zum BUAG näher VwGH 29.1.2014, 2012/08/0227).
Im festgestellten Beurteilungszeitraum ( XXXX bis XXXX ) lagen bei der Primärschuldnerin Gesamtverbindlichkeiten idH von € XXXX vor, und leistete diese im Beurteilungszeitraum Zahlungen idH von insgesamt € XXXX . Die Gesamtzahlungsquote beträgt somit 56,95 %.
Der Rückstand der Primärschuldnerin am Ende des Beurteilungszeitraumes bei der belangten Behörde betrug € XXXX zuzüglich € XXXX (GPLA), es erfolgten Zahlungen im Beurteilungszeitraum idH von € XXXX , davon erfolgreich angefochtene Zahlungen idH von € XXXX ergibt eine Zahlungsquote ÖGK von 29,75 %.
Die Differenz zwischen der allgemeinen Zahlungsquote von 56,95 % und der Zahlungsquote der belangten Behörde von 29,75 % ergibt eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der belangten Behörde idH von 27,19 %.
Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde idH von Euro XXXX x 27,19 % ergibt - wie oben tabellarisch festgestellt - einen rechnerischen Haftungsbetrag idH von € 95.463,73, der äußere Haftungsrahmen beträgt € XXXX
3.3. Zum Vorliegen der (bestrittenen) Zahlungsunfähigkeit bzw. Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit:
Gemäß § 66 As. 2 ist Zahlungsunfähigkeit insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Zahlungsunfähigkeit setzt gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht voraus, dass Gläubiger andrängen. Der Umstand, dass der Schuldner Forderungen einzelner Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt hat oder noch befriedigen kann, begründet für sich allein nicht die Annahme, dass er zahlungsfähig ist.
Nach der Rsp des OGH (3 Ob 99/10w vom 19.01.2011) liegt Zahlungsunfähigkeit dann vor, wenn der Schuldner mehr als 5 % aller fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen kann und sich die dazu erforderlichen Mittel nicht in angemessener Frist verschaffen kann, worunter er OGH grundsätzlich eine Frist von drei Monaten versteht. Es werden nur bereits fällige Verbindlichkeiten in die Beurteilung einbezogen. Wurden Verbindlichkeiten in der Vergangenheit bislang grundsätzlich ohne wesentlichen Verzug bei Fälligkeit bezahlt, liegt bei einer ex ante Sicht (es ist möglich oder zumindest fraglich, dass die notwendigen Mittel künftig bereitgestellt werden können) zum Beurteilungszeitpunkt eine Zahlungsstockung und/drohende Zahlungsunfähigkeit vor. In einer ex post Betrachtung (die Liquiditätslücke konnte seit ihrem Auftreten in den vergangenen zwei bis drei Monaten geschlossen werden) lag zum ersten Beurteilungszeitpunkt damit eine Zahlungsstockung vor. Ergibt jedoch die ex post Betrachtung zum - nunmehrigen - Beurteilungszeitpunkt die Feststellung, dass die Liquiditätslücke in den vergangenen Monaten nicht geschlossen wurde, also bereits vor drei Monaten die Zahlungsunfähigkeit drohte, weist dies nun in Richtung des Vorliegens von Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 IO. (Axel Reckenzaun, Aktuelles zur Zahlungsunfähigkeit nach Inkrafttreten von GREx und RIRUG, AnwBl 2021/287)
Entsprechend diesen Ausführungen lag, wie oben festgstellt, Zahlungsunfähigkeit bei der Primärschuldnerin ab Jänner 2019 vor. Die BF haben es - wie beweiswürdigend ausgeführt - unterlassen, geeignete Unterlagen zB Aufstellung von Verbindlichkeiten gegenüber den liquiden Mittel in den jeweiligen Zeiträumen vorzulegen, um zB zu beweisen, dass lediglich eine Zahlungsstockung vorliegt und keine Zahlungsunfähigkeit.
3.4. Zur Gleichbehandlung der Zahlungen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum:
Aus den Aufstellungen der Verbindlichkeiten, der Zahlungen und noch offenen Beträge der Primärschuldnerin (entsprechend den eigenen Berechnungen der BF) in diesem Zeitraum XXXX bis XXXX ergaben sich hinsichtlich geleisteter Zahlungen in Relation zu den Verbindlichkeiten monatliche Fehlbeträge bei Zahlungen an die ÖGK durch die Primärschuldnerin hinsichtlich gleichmäßiger Befriedung zu leistenden Zahlungen: 12/18: € XXXX ; 01/19: € XXXX ; 02/19: € XXXX ; 03/19: € XXXX ; 4/19: € XXXX
Daraus ergibt sich eindeutig, dass bei den geleisteten Zahlungen die ÖGK benachteiligt wurde und, entgegen der Angaben der BF, keineswegs eine Gleichbehandlung durch die Primärschuldnerin erfolgt ist.
3.5. Zur erfolgreichen Anfechtung im außergerichtlichen Anfechtungsverfahren zwischen dem IV und der belangten Behörde:
Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a IO sind wegen Benachteiligungsabsicht alle Rechtshandlungen, die der Schuldner in der dem anderen Teile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, in den letzten zehn Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat (Abs. 1); alle Rechtshandlungen, durch welche die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, wenn dem anderen Teile die Benachteiligungsabsicht bekannt sein mußte (Abs. 2); alle Rechtshandlungen, durch welche die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber seinem Ehegatten- vor oder während der Ehe- oder gegenüber anderen nahen Angehörigen oder zugunsten der genannten Personen vorgenommen hat, es sei denn, daß dem anderen Teile zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte (Abs. 3); gemäß lit. b) wegen Vermögensverschleuderung, die im letzten Jahre vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner eingegangenen Kauf-, Tausch- und Lieferungsverträge, sofern der andere Teil in dem Geschäfte eine die Gläubiger benachteiligende Vermögensverschleuderung erkannte oder erkennen mußte (Abs. 4).
Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 IO ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrage auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den letzten sechzig Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers, wenn der Gläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte, es sei denn, dass er durch diese Rechtshandlung vor den anderen Gläubigern nicht begünstigt worden ist; gemäß Z 2, wenn die Sicherstellung oder Befriedigung zugunsten naher Angehöriger vorgenommen worden ist, es sei denn, daß diesen die Absicht des Schuldners, sie vor den anderen Gläubigern zu begünstigen, weder bekannt war noch bekannt sein mußte und gemäß Z 3, wenn sie zugunsten anderer als der unter Z 2 genannten Personen vorgenommen worden ist und diesen die Absicht des Schuldners, sie vor den anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war oder bekannt sein mußte.
Die Anfechtung ist gemäß Abs. 2 leg. cit. ausgeschlossen, wenn die Begünstigung früher als ein Jahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden hat.
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 IO sind folgende, nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrage auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Rechtshandlungen anfechtbar, durch die ein naher Angehöriger des Schuldners für seine Insolvenzforderung Sicherstellung oder Befriedigung erlangt, und alle vom Schuldner mit diesen Personen eingegangenen, für die Gläubiger nachteiligen Rechtsgeschäfte, es sei denn, dass dem nahen Angehörigen bei der Sicherstellung oder Befriedigung oder bei einem unmittelbar nachteiligen Rechtsgeschäft die Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnungsantrag weder bekannt war noch bekannt sein musste und dass bei einem sonst nachteiligen Rechtsgeschäft zudem der Eintritt eines Nachteils objektiv nicht vorhersehbar war; gemäß Z 2 Rechtshandlungen, durch die ein anderer Insolvenzgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlangt, und alle vom Schuldner mit anderen Personen eingegangenen, für die Gläubiger unmittelbar nachteiligen Rechtsgeschäfte, wenn dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnungsantrag bekannt war oder bekannt sein musste; gemäß Z 3 alle vom Schuldner mit anderen Personen eingegangenen, für die Gläubiger nachteiligen Rechtsgeschäfte, wenn dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnungsantrag bekannt war oder bekannt sein musste und der Eintritt eines Nachteils für die Insolvenzmasse objektiv vorhersehbar war. Eine solche objektive Vorhersehbarkeit liegt insbesondere dann vor, wenn ein Sanierungskonzept offensichtlich untauglich war.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn die anfechtbaren Rechtshandlungen früher als sechs Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind.
Nach der Rsp des OGH (OGH 19.01.2011, 3 Ob 99/10w) liegt Zahlungsunfähigkeit dann vor, wenn der Schuldner mehr als 5 % aller fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen kann und sich die dazu erforderlichen Mittel nicht in angemessener Frist verschaffen kann, worunter der OGH grundsätzlich eine Frist von drei Monaten versteht. (Axel Reckenzaun, Aktuelles zur Zahlungsunfähigkeit nach Inkrafttreten von GREx und RIRUG, AnwBl 2021/287, FN 6)
Zur Anfechtbarkeit führt der VwGH in seiner Entscheidung vom 11.03.2024 Ra 2022/08/0166 aus: Im Haftungsverfahren ist zwar nicht zu prüfen, ob eine Zahlung rechtsunwirksam bzw. anfechtbar gewesen wäre, da hypothetische Ereignisse nicht in die Prüfung mit einzubeziehen sind (vgl. VwGH vom 26.05.2004, Zl. 2001/08/0043, mwN). Wird aber - wie hier - eine Zahlung tatsächlich und erfolgreich angefochten, so liegt insoweit kein hypothetisches Ereignis vor. Mit der (erfolgreichen) Anfechtung wird die Zahlung den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt (§ 27 IO); die Forderung lebt wieder auf und ist als Insolvenzforderung geltend zu machen (§ 41 Abs. 2 IO). Der Gemeinschuldner hat als Folge der Rechtsunwirksamkeit seiner Leistung seine Verpflichtung nicht erfüllt (vgl. näher Rebernig in Konecny/Schubert, aaO, § 41 KO Rz 16). Insoweit liegt daher keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vor. Durch die Nichtberücksichtigung erfolgreich angefochtener Zahlungen wird insbesondere verhindert, dass sich ein Vertreter durch Leistung einer anfechtbaren Zahlung unmittelbar vor Insolvenzeröffnung seiner Haftung entledigen könnte (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2000/14/0162). Der Betrag aus der erfolgreich angefochtenen Zahlung kommt letztlich auch dem haftenden Vertreter insoweit zu Gute, als dieser Betrag dann im Rahmen der Quote an alle Gläubiger - sohin auch an den Zahlungsempfänger (hier etwa die BUAK) - ausgeschüttet wird und damit der Haftungsrahmen reduziert wird (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, Punkt 4.4. der Entscheidungsgründe).
Zur Auswirkung einer Anfechtung nach der IO auf die Haftung nach § 25a Abs. 7 BUAG und § 67 Abs. 10 ASVG (vgl. zur wechselseitigen Übertragbarkeit der Judikatur zu diesen Bestimmungen seit dem SRÄG 2010, BGBl. I Nr. 62/2010, nochmals VwGH Ro 2020/08/0001 sowie VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0001, jeweils mwN) hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass mit der (erfolgreichen) Anfechtung die Zahlung den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt wird (§ 27 IO); die Forderung lebt wieder auf und ist als Insolvenzforderung geltend zu machen (§ 41 Abs. 2 IO). Der Gemeinschuldner hat als Folge der Rechtsunwirksamkeit seiner Leistung seine Verpflichtung nicht erfüllt. Insoweit liegt daher keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vor. Durch die Nichtberücksichtigung erfolgreich angefochtener Zahlungen wird insbesondere verhindert, dass sich ein Vertreter durch Leistung einer anfechtbaren Zahlung unmittelbar vor Insolvenzeröffnung seiner Haftung entledigen könnte. Der Betrag aus der erfolgreich angefochtenen Zahlung kommt letztlich auch dem haftenden Vertreter insoweit zu Gute, als dieser Betrag dann im Rahmen der Quote an alle Gläubiger - sohin auch an den Zahlungsempfänger - ausgeschüttet wird und damit der Haftungsrahmen reduziert wird (vgl. VwGH 29.1.2014, 2012/08/0227, mwN; sowie VwGH 29.8.2022, Ra 2018/08/0003, mit näheren Hinweisen auf die Entwicklung der Judikatur).
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Insolvenzverwalter, dem nach § 37 Abs. 1 IO das Anfechtungsrecht zukommt, sich nach Maßgabe des § 116 Abs. 1 IO über den Anfechtungsanspruch mit dem Anfechtungsgegner auch - gerichtlich oder außergerichtlich - vergleichen kann (vgl. OGH 11.11.1999, 8 Ob 140/99t; König/Trenker, Die Anfechtung nach der IO6 Rz 17.6, mwN). Dem Vergleich kommen daher - nicht anders als einem über die Anfechtung ergangenen Urteil - die genannten Wirkungen zu, wonach insbesondere die Forderung gegenüber dem Gemeinschuldner wieder auflebt. Auch ein Vergleich ist daher grundsätzlich als erfolgreiche Anfechtung im Sinn der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs anzusehen, die im Zuge der Beurteilung der Haftung des Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG wegen fehlender Gleichbehandlung der Beitragsforderungen dazu führt, dass keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vorliegt (vgl. idS implizit auch nochmals VwGH 2012/08/0227).
Mit der (erfolgreichen) Anfechtung wird die Zahlung den Insolvenzgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt (§ 27 IO); die Forderung lebt wieder auf und ist als Insolvenzforderung geltend zu machen (§ 41 Abs. 2 IO). Der Gemeinschuldner hat als Folge der Rechtsunwirksamkeit seiner Leistung seine Verpflichtung nicht erfüllt (vgl. näher Rebernig in Konecny/Schubert, aaO, § 41 KO Rz 16). Insoweit liegt daher keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vor. Durch die Nichtberücksichtigung erfolgreich angefochtener Zahlungen wird insbesondere verhindert, dass sich ein Vertreter durch Leistung einer anfechtbaren Zahlung unmittelbar vor Insolvenzeröffnung seiner Haftung entledigen könnte (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2000/14/0162). Der Betrag aus der erfolgreich angefochtenen Zahlung kommt letztlich auch dem haftenden Vertreter insoweit zu Gute, als dieser Betrag dann im Rahmen der Quote an alle Gläubiger - sohin auch an den Zahlungsempfänger (hier etwa die BUAK) - ausgeschüttet wird und damit der Haftungsrahmen reduziert wird.“
Die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG setzt nämlich voraus, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Vertreters und der nachfolgenden Uneinbringlichkeit der Beiträge zu bejahen ist (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/08/0038, mwN). Ein solcher Kausalzusammenhang wäre aber hinsichtlich der Beiträge, die aufgrund der Anfechtung offen geblieben sind, dann als durchbrochen anzusehen, wenn der Insolvenzverwalter zwar mit der Geltendmachung der Anfechtung gegenüber dem Versicherungsträger als Anfechtungsgegner erfolgreich durchgedrungen ist, der Anfechtungsanspruch aber tatsächlich nicht bestanden hat. Dazu kann es insbesondere dann kommen, wenn sich der Versicherungsträger - wie im vorliegenden Fall von den Revisionswerbern behauptet - der Forderung des Insolvenzverwalters zu Unrecht unterworfen hat. In einem solchen Fall könnte das durch die Anfechtung bewirkte Aufleben der Beitragsforderungen und ein dadurch begründeter Ausfall von Beiträgen, für den Vertreter bei schuldhafter Verletzung ihrer Pflichten nach § 67 Abs. 10 ASVG haften, nämlich nicht dem Vertreter zugerechnet werden.
Die Frage, ob die Anfechtung an den Versicherungsträger geleisteter Zahlungen berechtigt gewesen ist, stellt daher insoweit bei Beurteilung der Haftung des Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG bzw. deren Ausmaßes eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG dar. Die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Vorentscheidung ist aber - schon aus Gründen der Absicherung des rechtlichen Gehörs - nur dann anzunehmen, wenn eine Identität sowohl der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhaltes besteht (vgl. etwa VwGH 27.2.2019, Ra 2018/15/0089; 1.6.2017, Ra 2017/08/0022). Schon aus diesem Grund sind die Revisionswerber damit im Recht, dass das Ergebnis eines zivilgerichtlichen Verfahrens über den Anfechtungsanspruch, an dem sie nicht beteiligt waren, ihnen gegenüber im Verfahren über die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. idS zur Wirkung eines Vergleiches über den Anfechtungsanspruch auf die Rechtsstellung eines Bürgen der Forderung OGH 27.2.2019, 6 Ob 222/18t). Es entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein gerichtlicher Vergleich keine Entscheidung über eine Vorfrage im Sinn von § 38 AVG darstellt (vgl. VwGH 26.2.2002, 2001/11/0322, mwN). Umso weniger kann ein außergerichtlich abgeschlossener Vergleich im Sinn von § 38 AVG Bindungswirkung betreffend eine Vorfrage gegenüber einem an diesem Vergleich nicht beteiligten Dritten entfalten. (VwGH vom 11.04.2024, Ra 2022/08/0166)
Nach der zu § 67 Abs. 10 ASVG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs trifft den Vertreter - ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann (vgl. etwa VwGH 15.12.2023, Ra 2022/08/0056, mwN). Vor dem Hintergrund, dass eine - sei es aufgrund eines Vergleiches oder Urteils - erfolgreiche Anfechtung nach der IO, wie bereits dargestellt, dazu führt, dass die Beitragsforderungen gegenüber dem Gemeinschuldner offen geblieben sind und vom Vertreter erwartet werden kann, dass ihm die Umstände der Zahlungen der juristischen Person aufgrund seiner Tätigkeit bekannt sind, liegt es auch am Vertreter geltend zu machen, dass sein Verhalten im dargestellten Sinn für die Uneinbringlichkeit der Beitragsforderungen (ganz oder teilweise) deshalb nicht kausal gewesen ist, weil eine vom Insolvenzverwalter gegenüber dem Versicherungsträger erfolgreich geltend gemachte Anfechtung tatsächlich nicht berechtigt gewesen ist bzw. der Versicherungsträger sich dieser zu Unrecht unterworfen hat.
Wird vom Vertreter ein solches Vorbringen erstattet, bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Berechtigung der Anfechtung, wobei im Beschwerdeverfahren zweckmäßigerweise zunächst sowohl der Versicherungsträger als auch der Vertreter aufzufordern sind, ein konkretes Vorbringen zum Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtung zu erstatten und insoweit Unterlagen vorzulegen. Ergibt sich, dass - wie aufgrund von zu den maßgeblichen Umständen zu treffenden Feststellungen zu beurteilen ist - die Anfechtung nach der IO tatsächlich nicht berechtigt gewesen ist, kommt eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG nur insoweit und in dem Ausmaß in Betracht, als diese auch ohne die Anfechtung eingetreten wäre. Dabei können sich - im Sinn der dargestellten Grundsätze der Berechnung der Haftung - sowohl Auswirkungen auf die der Berechnung des Umfangs der Haftung zu Grunde zu legenden Beitragsschulden der juristischen Person als auch hinsichtlich des Vorliegens bzw. des Ausmaßes einer Ungleichbehandlung der Forderungen des Versicherungsträgers gegenüber anderen Forderungen der juristischen Person ergeben. Umgekehrt führt eine erfolgreiche Anfechtung in der Regel auch nach § 39 IO zu einem Leistungsanspruch der Insolvenzmasse gegen den Anfechtungsgegner. Wie bereits ausgeführt, kommt eine erfolgreich angefochtene Zahlung daher regelmäßig auch dem haftenden Vertreter insoweit zu Gute, als der rückerstattete Betrag im Rahmen der Quote an alle Gläubiger - sohin auch an den Zahlungsempfänger (hier den Versicherungsträger) - ausgeschüttet und infolgedessen ebenso der Haftungsrahmen der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG reduziert wird. Zur Berechnung des Haftungsrahmens, der sich ohne erfolgreiche Anfechtung ergeben hätte, ist daher die Quotenzahlung fiktiv um jenen Teil zu vermindern, der dem Anteil entspricht, durch den der Befriedigungsfonds der Masse durch erfolgreiche Anfechtung erweitert wurde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anfechtung von Sozialversicherungsbeiträgen liegen die genannte Voraussetzung (§ 30 Abs. 1 Z 1 IO) nicht vor wenn die beklagte Partei Anspruch auf die Beitragszahlungen hatte, ihre Forderungen zur Zeit der Zahlung somit fällig waren; in diesem Fall hätten die Zahlungen nämlich den materiellen Rechtsverhältnissen entsprochen, die beklagte Partei habe nur das erhalten, was ihr gebührte, sodass keine inkongruente Befriedigung vorgelegen habe (2 Ob 543/92; RIS-Justiz RS0064367).
Die Zahlung fälliger Sozialversicherungsbeiträge an die Gebietskrankenkasse ist nicht nach § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtbar. (OGH 25.04.2018, 2Ob543/92) Da weder die BF noch die belangte Behörde in Frage stellen, dass es sich bei den beiden genannten Zahlungen um fällige Sozialversicherungsbeiträge handelte, waren sie nicht wegen Begünstigung anfechtbar.
Im Bericht des Insolvenzverwalters (im Folgenden: IV) zur Berichts- und Prüfungstagsatzung führte er bezugnehmend auf die wirtschaftliche Lage der Primärschuldnerin aus, dass im Geschäftsjahr 2018 eine Verschlechterung des Eigenkapitals von TEUR 90 auf minus TEUR 233 (sohin ein Bilanzverlust von TEUR 322) eintrat. Dieser Verlust trat durch Ausweitung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie eine nahezu Verdoppelung der sonstigen Verbindlichkeiten (wozu auch die Verbindlichkeiten im Rahmen der Sozialen Sicherheit aus Steuern und Abgaben zählen) ein. Bei gesunkenen Erlösen wurden der Personalaufwand, die sonstigen Verbindlichkeiten und die Geschäftsführerentgelte erhöht.
Lag eine krisenhafte Situation vor, hatte sich der Anfechtungsgegner über die finanziellen Verhältnisse seines Schuldners zu informieren; tat er dies nicht, handelte er fahrlässig (vgl 3 Ob 99/10w betreffenden einen Sozialversicherungsträger). Der belangten Behörde war im vorliegenden Fall die krisenhafte Situation der Gesellschaft (und deren Zahlungsunfähigkeit) - wie festgestellt - ab Jänner 2019 bekannt.
Die BF bringen - im Wesentlichen zusammengefasst - zum abgeschlossenen Vergleich zwischen dem IV und der belangten Behörde vor, dass „sie sich auf Basis dieser Judikatur in einem Anfechtungsprozess nicht erfolgreich auf die fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges berufen hätte können. Dieses Argument treffe jedoch gegenständlich nicht zu. Wie die ÖGK selbst vorbringe, habe sie die von der Jud geforderten Schritte zur Bonitätsüberprüfung der schuldn Ges gesetzt, indem sie jene im März 2019 zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Lage samt Vorlage von entsprechenden wirtschaftlichen Unterlagen aufgefordert habe. Nachdem sie jedoch die an institutionelle Großgläubiger gerichteten Anforderungen erfüllt habe, hätte ihr der Sanierungsverwalter die fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges auch nicht erfolgreich nachweisen können. Insofern seien auch die Zahlungen in einem Gesamtbetrag von € XXXX als anfechtungsfest zu betrachten. Zusammengefasst sei festzuhalten, dass der ÖGK bis zum Tag der Insolvenzantragstellung am XXXX eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der schuldn Ges weder bekannt gewesen sei noch bekannt sein hätte müssen, womit die Anfechtung des Sanierungsverwalters mangels Erfüllung dieses Tatbestandes ins Leere gegangen wäre. Anfechtungstauglich seien richtigerweise ausschließlich folgende Zahlungen:€ XXXX am XXXX (Tag vor Insolvenzantragstellung durch die ÖGK)€ XXXX am XXXX (Zahlung nach Insolvenzantragstellung) und€ XXXX am XXXX (Zahlung nach Insolvenzantragstellung gesamt€ XXXX
Ausschließlich der Betrag von € XXXX hätte daher Gegenstand einer möglicherweise erfolgreichen (gerichtlichen) Anfechtung sein können und hätte die ÖGK dies bei ihren Vergleichsverhandlungen mit dem Sanierungsverwalter entsprechend berücksichtigen müssen.“
Im Anfechtungsprozess gelingt dem Masseverwalter der Beweis der Zahlungsunfähigkeit durch den Nachweis, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bzw. des angefochtenen Rechtsgeschäfts mehr als 5 % aller fälligen Schulden nicht zahlen konnte. Dem Anfechtungsgegner steht bei einer bestehenden 5 % übersteigenden Liquiditätslücke der Gegenbeweis über das Vorliegen bzw. die Wahrscheinlichkeit einer bloßen Zahlungsstockung zum Anfechtungszeitpunkt offen.
Hier ist den BF jedoch - wie auch die belangte Behörde zu Recht vorbringt - entgegen zu halten, dass bereits ab Jänner 2019 die Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin vorlag (wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt unter Verweis auf die Schwellgrenze von 5 %) und die belangte Behörde Kenntnis davon hatte. Da keine 5% übersteigende Liquiditätslücke vorgelegen ist, wäre der ÖGK auch kein Gegenbeweis möglich gewesen. Bereits aus diesem Grunde musste die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass sie gegen die Anfechtung durch den IV nicht erfolgreich sein kann.
Nach Abs. 1 Z 2 sind alle vom Gemeinschuldner nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung mit anderen Personen eingegangenen, für die Gläubiger nachteiligen Rechtsgeschäfte anfechtbar, wenn dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit (Überschuldung) oder der Eröffnungstag bekannt war oder bekannt sein musste. Voraussetzung für die Anfechtbarkeit ist somit vor allem das Vorliegen einer materiellen Insolvenz. Ist diese nicht gegeben, weil der Schuldner weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist, ist nach der geltenden Gesetzeslage Anfechtbarkeit nicht gegeben. Die Anfechtbarkeit nur mittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte setzt nach der Rechtsprechung aber überdies voraus, dass die Nachteiligkeit zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses objektiv vorhersehbar war. (Reckenzaun in Insolvenzordnung, § 31, S 62)
Auch wenn aufgrund des - hier vorliegenden - Sanierungsverfahrens ein Fortbestehen des Unternehmens im Vordergrund steht und daher die Anfechtungsgefahr abgemildert werden soll, muss zumindest glaubhaft (durch geeignete Unterlagen) gemacht werden, dass zB wie oben ausgeführt, lediglich eine Zahlungsstockung vorlag. Die Erstellung einer Fortbestehensprognose zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit zu verlangen (zumal diese erst nach IÖ aufgestellt wurde und auch der unternehmensinterne Zeitpunkt für den JA zur IÖ nicht vorlag) wäre wahrscheinlich nicht zumutbar gewesen bzw. als zu restriktiv anzusehen und würde die oben angeführte Abmilderung verunmöglichen. Eine Anfechtbarkeit ist somit lediglich zu bejahen, wenn die Nachteiligkeit objektiv vorhersehbar ist. Diese Nachteiligkeit war - unter anderem auch anhand der Ausführungen des IV im Prüfbericht: „im Geschäftsjahr 2018 eine Verschlechterung des Eigenkapitals von TEUR 90 auf minus TEUR 233 (sohin ein Bilanzverlust von TEUR 322) eintrat. Dieser Verlust trat durch Ausweitung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie eine nahezu Verdoppelung der sonstigen Verbindlichkeiten (wozu auch die Verbindlichkeiten im Rahmen der Sozialen Sicherheit aus Steuern und Abgaben zählen) ein. Bei gesunkenen Erlösen wurden der Personalaufwand, die sonstigen Verbindlichkeiten und die Geschäftsführerentgelte erhöht.“
Vorliegend haben - wie beweiswürdigend ausgeführt - die BF bis dato keine geeigneten Nachweise vorgelegt, die bewiesen hätten, dass keine Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine Zahlungsstockung vorlag. Dies wäre zB mit einer Aufstellung der liquiden Mittel in Gegenüberstellung der Verbindlichkeiten im jeweiligen Zeitraum möglich gewesen und nur damit wäre den BF hinsichtlich „voraussichtlich nicht erfolgreicher Anfechtung“ zu Folgen gewesen.
Aber aufgrund der oben angeführten Ausführung des IV im Prüfbericht wäre die Vorlage solcher Nachweise den BF offenbar gar nicht möglich gewesen. Damit hat aber die ÖGK die vom Insolvenzverwalter erhobenen Anfechtungsansprüche auch insoweit zu Recht mit einem Betrag von XXXX EUR anerkannt, was den Zahlungen in den letzten zwölf Monaten vor Insolvenzeröffnung weitestgehend entspricht, was jedoch die BF als „übliche Praxis von 50%ige Vergleiche“ monierten.
Auch ein Vergleich ist - entsprechend der o.a. E des VwGH - grundsätzlich als erfolgreiche Anfechtung im Sinn der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs anzusehen, die im Zuge der Beurteilung der Haftung des Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG wegen fehlender Gleichbehandlung der Beitragsforderungen dazu führt, dass keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vorliegt.
Im Ergebnis lag somit eine erfolgreiche Anfechtung - im Rahmen eines außergerichtlichen Anfechtungsverfahren - vor, weshalb keine im Rahmen der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung zu berücksichtigende wirksame Zahlung vorlag.
3.2. Voraussetzung für die Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist die objektive, gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der betreffenden Beiträge beim Primärschuldner. Steht noch nicht einmal eine teilweise ziffernmäßig bestimmbare Uneinbringlichkeit fest, kommt eine Geltendmachung der Haftung noch nicht in Betracht (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Uneinbringlichkeit ist bereits anzunehmen, sobald im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil befriedigt werden können (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom XXXX , XXXX , wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet. Am 07.08.2019 wurde das Verfahren gemäß § 152b IO mit einer Quote von 30 % aufgehoben. Die nach Abzug der Quote aus dem Sanierungsverfahren in der Höhe von 30 % und der Zahlung gemäß IESG restlich bestehende Forderung der belangten Behörde ist somit als uneinbringlich zu qualifizieren.
3.3. Weitere Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sind neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach, schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/0070). Eine solche ist schon dann anzunehmen, wenn der Geschäftsführer keine Gründe anzugeben vermag, wonach ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich war (VwGH 29.06.1999, 99/08/0075).
Dieses Benachteiligungsverbot bedeutet zunächst, dass immer dann, wenn andere Forderungen zumindest teilweise erfüllt werden, im entsprechenden Prozentsatz auch die Forderungen des Versicherungsträgers teilweise erfüllt werden müssen (Gleichbehandlung nach der Zahlungstheorie). Daneben wurde in der Rechtsprechung vielfach auch die Auffassung vertreten, dass eine solche anteilige Leistung (zumindest) an den Versicherungsträger stets nach Maßgabe vorhandener Mittel zu leisten ist, und zwar in einem solchen Prozentsatz, der dem Verhältnis der Summe aller Forderungen zur Forderung des Versicherungsträgers entspricht (Gleichbehandlung nach der Mitteltheorie). Der VwGH hat sich in einem Judikat zur Parallelbestimmung in § 25 a, BUAG zur Zahlungstheorie bekannt (VwGH 2002/08/0213, VwSlg 16.532 A = RdW 2005/491, 444 = ZfVB 2006/1287) und so dem Vertreter die Möglichkeit eröffnet, zur Vermeidung der Verletzung von Gläubigerinteressen entweder die Zahlungen vorübergehend einzustellen, bis der Liquiditätsengpass überwunden ist (sofern darauf ernstlich Aussicht besteht) oder die Zahlungen vor Insolvenzeröffnung dauernd einzustellen und die liquiden Mittel letztlich zur gleichmäßigen Verteilung in der Insolvenzmasse zu belassen, ohne eine Haftung für den Beitragsausfall zu riskieren. Daher muss der Vertreter bei gänzlichem Aushaften von Beiträgen nicht die Mittellosigkeit des Dienstgebers nachweisen (so aber noch VwGH 94/08/0105, ZfVB 2000/1561 = ARD 5134/35/2000 = SVSlg 45.037) (vgl. Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67, ASVG Rz 116 f (Stand 01.12.2020, rdb.at).
Gläubigergleichbehandlung liegt dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, unter Einschluss der Zuschlagsverbindlichkeiten (allgemeine Zahlungsquote) dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Zuschlagsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Zuschlagsverbindlichkeiten (BUAK-Zahlungsquote) entspricht. Unterschreitet die BUAK-Zahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung, hier also eine Benachteiligung der BUAK vor. Es ist sodann der Haftungsbetrag in der Weise zu ermitteln, dass das Verhältnis der Summe aus Zuschlagszahlungen und Haftungsbetrag zu den insgesamt fälligen Zuschlagsverbindlichkeiten der allgemeinen Zahlungsquote entspricht. Zur Berechnung des Haftungsbetrags ist die Differenz aus allgemeiner Zahlungsquote und BUAK-Zahlungsquote mit dem Betrag der insgesamt im Beurteilungszeitraum fälligen Zuschlagsverbindlichkeiten zu multiplizieren bzw. ist - als gleichwertige Methode - die allgemeine Zahlungsquote mit dem Betrag der insgesamt im Beurteilungszeitraum fälligen Zuschlagsverbindlichkeiten zu multiplizieren und sind von diesem Produkt die tatsächlichen Zahlungen auf die Zuschlagsverbindlichkeiten abzuziehen (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, zur Parallelbestimmung § 25a BUAG, welche nach der Entscheidung des VwGH etwa vom 07.10.2015, Ra 2015/08/0040, genauso für § 67 Abs. 10 ASVG anzuwenden ist).
Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Hinblick auf die am Ende des Beurteilungszeitraumes unberichtigt gebliebenen Verbindlichkeiten hat der Vertreter jedenfalls die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten im Beurteilungszeitraum sowie die im Beurteilungszeitraum darauf geleisteten Zahlungen nachvollziehbar darzustellen und zu belegen (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, zur Parallelbestimmung § 25a BUAG).
Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft verletzt hat (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039). Eine derartige Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der belangen Behörde in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Ist die Haftung des Vertreters in diesem Sinn zu bejahen, ist zur Ermittlung ihres Umfangs nach den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dargestellten Grundsätzen in einem ersten Schritt der Beurteilungszeitraum festzustellen, der mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraums noch offenen Beitragsverbindlichkeit beginnt und der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - soweit nicht zuvor eine frühere allgemeine Zahlungseinstellung oder Beendigung der Vertreterstellung erfolgt - endet. In einem zweiten Schritt sind einerseits das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen fälligen Verbindlichkeiten einschließlich der Beitragsschulden (allgemeine Zahlungsquote) sowie andererseits das Verhältnis der im selben Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsschulden (Beitragszahlungsquote) zu ermitteln. Das Produkt aus der Differenz der beiden Quoten und den insgesamt fälligen Beitragsschulden ergibt letztlich den Haftungsbetrag (vgl. VwGH 8.3.2022, Ra 2020/08/0134; 31.10.2022, Ra 2021/08/0038).
Eine nach Ende des Beurteilungszeitraums erfolgte Zahlung einer Insolvenzquote hat keinen Einfluss auf die der Ermittlung des Haftungsbetrages zu Grunde zu legenden Verbindlichkeiten und Zahlungen; sie kann nur dazu führen, den tatsächlich eingetretenen Schaden (soweit sich dieser auf bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Verbindlichkeiten bezieht), der die äußerste Grenze der Haftung des Vertreters (Haftungsrahmen) bildet, zu reduzieren. Ist also der eingetretene Schaden infolge der Zahlung einer Quote aus dem Insolvenzverfahren letztlich geringer als der errechnete Haftungsbetrag, so vermindert sich die Haftung insoweit, als sie sich auf den tatsächlich eingetretenen Schaden beschränkt. Hingegen gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, die bezahlte Insolvenzquote auch dann, wenn der eingetretene Schaden nach deren Abzug noch über dem errechneten Haftungsbetrag liegt, dem Schuldner anteilsmäßig zugutekommen zu lassen. Gleiches gilt auch für Zahlungen anderer Stellen (etwa aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds), die nach dem Ende des Beurteilungszeitraumes auf die Beitragsforderungen geleistet werden (vgl. VwGH 27.4.2020, Ro 2020/08/0001).
Die BF machen hinsichtlich der am XXXX geleistete Zahlung der Primärschuldnerin von € XXXX geltend, es habe sich dabei um eine Zahlung der Primärschuldnerin auf die Beiträge gehandelt, für die die Revisionswerber nunmehr zur Haftung herangezogen würden. Tatsächlich sei hinsichtlich der Beiträge eine Naturalobligation auch nach Aufhebung des Sanierungsverfahrens verblieben. Es sei daher der S GmbH offen gestanden, diese Beitragsschulden auch noch in diesem Zeitpunkt zu befriedigen.
Dazu führt der VwGH in seiner Entscheidung vom 11.03.2024, Ra 2022/08/0166, aus, dass durch den rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan zwar eine Restschuldbefreiung im Sinn von § 156 Abs 1 iVm § 193 Abs 1 IO eingetreten ist, sodass die ÖGK die Beitragsforderungen gegenüber der S GmbH nicht mehr geltend machen konnte. Es trifft aber zu, dass ungeachtet dessen die über die zu zahlende Quote hinausgehende (Beitrags-)Forderung nicht erloschen ist, sondern in Form einer Naturalobligation weiterbestanden hat (vgl. OGH 26.6.2019, 3 Ob 63/19i; RIS-Justiz RS0052128). Eine Zahlung eines Gemeinschuldners auf die - auch nach Leistung der Zahlungsplanquote - offen gebliebenen Beiträge ist daher grundsätzlich auch noch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens und Bestätigung des Zahlungsplans möglich. Erweist sich eine derartige Zahlung als wirksam, so hat sie im Sinn der bereits dargestellten Grundsätze - genauso wie andere nach Ende des Beurteilungszeitraums erfolgte Zahlungen - zwar keinen Einfluss auf die der Ermittlung des Haftungsbetrages zu Grunde zu legenden Verbindlichkeiten und Zahlungen, reduziert aber den tatsächlich eingetretenen Schaden, der die äußerste Grenze der Haftung des Vertreters (Haftungsrahmen) bildet.
Im Beschwerdeverfahren wurde von der ÖGK jedoch vorgebracht, dass die Zahlung - in Hinblick auf eine neuerlich drohende Insolvenz der S GmbH - anfechtbar gewesen wäre und dies der Grund gewesen sei, warum die Annahme der Zahlung verweigert worden sei.
Tatsächlich sind anfechtbare Zahlungen nicht als Erfüllung anzusehen. Es handelt sich dabei um eine bloße Scheinzahlung. Der Empfänger einer solchen Zahlung ist zu deren Zurückweisung berechtigt (vgl. RIS-Justiz RS0107954). Das Zurückweisungsrecht steht dem Gläubiger dabei bereits bei konkreter Gefahr einer aussichtsreichen Gläubigeranfechtung zu (vgl. RIS-Justiz RS0107954 [T4]; OGH 27.01.2011, 2 Ob 12/10v).
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, war die ÖGK somit berechtigt, die ahlung zurückzuweisen.
Da es sich - wie oben festgestellt - um eine erfolgreiche außergerichtliche Anfechtung handelte, sind diese bei der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung nicht (zu Gunsten der haftenden Geschäftsführer) zu berücksichtigen.
Wie sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, sind Zahlungen einer Insolvenzquote sowie Vergütung durch den Insolvenzentgeltfond nur bei der Bildung des äußersten Haftungsrahmens (= tatsächlich eingetretener Schaden) zu berücksichtigen und kommen dem betroffenen Geschäftsführer nur dann zugute, wenn der errechnete Haftungsbetrag den äußersten Haftungsrahmen übersteigen würde (was gegenständlich - wie weiter vorne dargestellt - nicht der Fall ist). Insofern ist die Geschäftsführerhaftung mit der Höhe des äußersten Haftungsrahmens begrenzt (vgl. VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001, insbesondere Punkte 12. – 14. der Entscheidungsgründe.).
In der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Beschwerdeführer weiters vorgebracht, dass die Zahlungsregelungen einer Aktiengesellschaft in Analogie ebenso für die Geschäftsführer einer GmbH anzuwenden wären. Dies gelte ebenso bei Eintritt des statu cridae, soweit es sich um durch Haftungen der Beschwerdeführer bewährte Verpflichtungen der Primärschuldnerin handle. Dies betreffe Dienstnehmeranteile gemäß § 153c StGB sowie die Geschäftsführerhaftung nach dem ASVG. Eine derartige Ansicht lasse sich darüber hinaus aus dem im GmbH verankerten Prinzip der Business Charge Rule ableiten, weshalb derartige Zahlungen zulässig und nicht anfechtbar seien.
Diesem Vorbringen ist jedoch entgegenzutreten, dass der Ausfall gegenüber der Primärschuldnerin mit der Insolvenzeröffnung bzw. mit der Höhe der Quotenausschüttung feststand, weshalb auch über jenen Betrag ein Haftprüfungsverfahren eingeleitet wird. Eine weitere Zahlung der Primärschuldnerin kann somit nicht angenommen werden, da diese – wie die belangte Behörde dazu zu Recht ausführt - für den Fall einer erneuten Insolvenzeröffnung anfechtbar wäre. Insofern ist der in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Verweis auf den Artikel (Juristische Blätter, Heft 10, Oktober 2013), wonach Zahlungen jedenfalls zulässig seien, wie der Geschäftsführer die 60-Tagesfrist gemäß § 69 IO berechtigterweise ausschöpft, nicht zielführend.
Eine nach Ende des Beurteilungszeitraums erfolgte Zahlung einer Insolvenzquote hat keinen Einfluss auf die der Ermittlung des Haftungsbetrages zu Grunde zu legenden Verbindlichkeiten und Zahlungen; sie kann nur dazu führen, den tatsächlich eingetretenen Schaden (soweit sich dieser auf bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Verbindlichkeiten bezieht), der die äußerste Grenze der Haftung des Vertreters (Haftungsrahmen) bildet, zu reduzieren. Ist also der eingetretene Schaden infolge der Zahlung einer Quote aus dem Insolvenzverfahren letztlich geringer als der errechnete Haftungsbetrag, so vermindert sich die Haftung insoweit, als sie sich auf den tatsächlich eingetretenen Schaden beschränkt. Hingegen gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, die bezahlte Insolvenzquote auch dann, wenn der eingetretene Schaden nach deren Abzug noch über dem errechneten Haftungsbetrag liegt, dem Schuldner anteilsmäßig zugutekommen zu lassen. Gleiches gilt auch für Zahlungen anderer Stellen (etwa aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds), die nach dem Ende des Beurteilungszeitraumes auf die Beitragsforderungen geleistet werden (vgl. VwGH 27.4.2020, Ro 2020/08/0001).
Der Ansicht der belangten Behörde, wonach die Zahlung des Betrages von EUR XXXX nicht zur Abdeckung der Haftung verwendet werden könnte, zumal diese Zahlung unstrittig von der Primärschuldnerin getätigt wurde und somit für den Fall einer erneuten Insolvenzeröffnung anfechtbar wäre, war somit - wie oben festgestellt - beizutreten. Zahlungen können für den Haftungsbescheid nur im Falle dessen, dass diese von den Beschwerdeführern selbst getätigt wurden, in Anrechnung gebracht werden.
Tatsächlich sind anfechtbare Zahlungen nicht als Erfüllung anzusehen. Es handelt sich dabei um eine bloße Scheinzahlung. Der Empfänger einer solchen Zahlung ist zu deren Zurückweisung berechtigt (vgl. RIS-Jusitz RS0107954). Das Zurückweisungsrecht steht dem Gläubiger dabei bereits bei konkreter Gefahr einer aussichtsreichen Gläubigeranfechtung zu (vgl. RIS-Justiz RS0107954 T4; OGH 27.01.2011, 2 Ob 12/10v).
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, hat die belangte Behörde der Widmung widersprochen, was die BF über ihre RV akzeptierten und erklärten (nach mehrmaliger Abänderung einer Widmung), der Betrag solle bis zur Erledigung der Haftung „freigestellt“ bleiben. Die ÖGK hat somit die Zahlung zurückgewiesen und ist damit im Recht gewesen. Im Ergebnis geht dieses Vorbringen der BF somit ins Leere.
Zur Höhe des Haftungsbeitrages:
Wie sich aus den Feststellungen und den beweiswürdigenden Erwägungen ergibt, meldete die belangte Behörde ursprünglich EUR XXXX an aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen im am XXXX eröffneten Insolvenzverfahren über die Primärschuldnerin an. Aufgrund der Anfechtung wurde ein Betrag in der Höhe von EUR XXXX an den Insolvenzverwalter ausbezahlt. Da vor der Rückzahlung am Beitragskonto ein Betrag von EUR XXXX bereits freigestellt war, war ein Betrag von EUR XXXX als Nachtrag anzumelden (EUR XXXX abzüglich EUR XXXX ). In Folge des Ergebnisses einer nachfolgenden Gemeinsamen Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen (GPLB) wurden von der belangten Behörde nachträglich weitere EUR XXXX als Forderung angemeldet.
Für die Berechnung der Vergütung durch den Insolvenzentgeltfond wurde – entsprechend dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz – ein Wert von 36 % angesetzt, wodurch sich bei einem Betrag von EUR XXXX (gesamte haftungsrelevante Forderungsanmeldung in der Höhe von EUR XXXX abzüglich der 30%igen Insolvenzquote in der Höhe von EUR XXXX ) ein Betrag von EUR XXXX ergab.
Entsprechend der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurden die angefochtenen Zahlungen hinzugerechnet, wobei es fallgegenständlich - wie die belangte Behörde dazu zu Recht ausführt - keine Rolle spielt, ob diese Anfechtung durch Klage bzw. Urteil oder – wie im vorliegenden Fall – durch einen Vergleich zum Erfolg führte. Die Forderung lebt somit erneut auf und handelt es sich dabei um keine zu berücksichtigende Zahlung. (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, insbesondere Punkt 4.4.)
Für den äußersten Haftungsrahmen ergab sich folgende Berechnung:
Forderungsanmeldung Sozialversicherung: EUR XXXX
+ angefochtene Zahlungen: EUR XXXX
+ Nachtragsanmeldung GPLB: EUR XXXX
abzüglich Insolvenzquote (30 %): EUR XXXX
abzüglich IESG: EUR XXXX
= äußerster Haftungsrahmen: EUR XXXX
Der äußerste Haftungsrahmen beträgt gegenständlich somit – unter der der Berücksichtigung der 30%igen Quote und Vergütung durch den Insolvenzentgeltfond – EUR XXXX .
Ausgehend von bisherigen Zahlungen an die belangte Behörde in der Höhe von EUR XXXX war die im Rahmen des Konkursverfahrens erfolgreiche Zahlungsanfechtung seitens des Insolvenzverwalters gegenüber der belangten Behörde in Höhe von EUR XXXX somit abzuziehen. Dies ergab einen Betrag von EUR XXXX .
Dies wiederum ergab eine Gesamtforderung der belangten Behörde in der Höhe von EUR XXXX (Zahlungen im Beurteilungszeitraum: EUR XXXX + Nachtragsanmeldung GPLB: EUR XXXX + Rückstand am Ende des Beurteilungszeitraums: EUR XXXX ).
Die Primärschuldnerin leistete auf Gesamtverbindlichkeiten in der Höhe von EUR XXXX insgesamt Zahlungen in Höhe von EUR XXXX . Die Gesamtzahlungsquote für den Beurteilungszeitraum beträgt somit 56,95 % (EUR XXXX /EUR XXXX ).
Die Zahlungsquote an die belangte Behörde in der Höhe von 29,75 % ergab sich, indem der Betrag von XXXX (Zahlungen an die belangte Behörde im Beurteilungszeitraum in Höhe von EUR XXXX abzüglich der erfolgreich angefochtenen Zahlungen in Höhe von EUR XXXX ) durch die errechnete Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR XXXX in Relation gestellt wurde. (EUR XXXX /EUR XXXX * 100)
Die Differenz zwischen allgemeiner Zahlungsquote 56,95 % und Zahlungsquote an die belangte Behörde von 29,75 % beträgt somit 27,19 % zu Lasten der belangten Behörde.
Es ist daher im Beurteilungszeitraum zum Nachteil der belangten Behörde eine Ungleichbehandlung mit anderen Gläubigern in Höhe von 27,19 % aufgetreten.
Ausgehend von einer Gesamtforderung der belangten Behörde in Höhe von EUR XXXX beträgt der Haftungsbetrag für den Beurteilungszeitraum daher EUR XXXX (EUR XXXX * 27,19 %) und übersteigt somit den errechneten äußersten Haftungsrahmen von EUR XXXX nicht, sodass vom Haftungsbetrag weder die Insolvenzquote noch die IESG-Zahlungen abzuziehen sind.
Wie sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, sind Zahlungen einer Insolvenzquote sowie Vergütung durch den Insolvenzentgeltfond nur bei der Bildung des äußersten Haftungsrahmens (= tatsächlich eingetretener Schaden) zu berücksichtigen und kommen dem betroffenen Geschäftsführer nur dann zugute, wenn der errechnete Haftungsbetrag den äußersten Haftungsrahmen übersteigen würde (was gegenständlich nicht der Fall ist). Insofern ist die Geschäftsführerhaftung mit der Höhe des äußersten Haftungsrahmens begrenzt (vgl. VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001, insbesondere Punkte 12. – 14. der Entscheidungsgründe.).
Auch ist die im Insolvenzverfahren erfolgreich angefochtene Zahlung bei der Ermittlung der Haftungssumme wegen Gläubigerungleichbehandlung nicht zu berücksichtigen. Zu Gute kommt den Beschwerdeführer die angefochtene Zahlung grundsätzlich insofern, als dadurch der äußerste Haftungsrahmen reduziert wird, was im konkreten Fall jedoch aufgrund des Umstandes, dass der errechnete Haftungsbetrag nicht den äußersten Haftungsrahmen überschreitet, keine faktischen Auswirkungen für die Beschwerdeführer hat.
Die von den Beschwerdeführern dargelegte Rechtsansicht zur Berechnung des Haftungsbetrages entspricht im dargestellten Rechenweg nicht der nunmehr geltenden und ausführlich dargelegten Rechtsprechung (vgl. insbesondere VwGH vom 27.04.2020, Ro 2020/08/0001) und findet somit keine Grundlage in der höchstgerichtlichen Judikatur. Insbesondere konnte der Nichtberücksichtigung der Anfechtung und der GPLB in der Berechnung der Beschwerdeführer, welche sich in der Berechnung der Zahlungsquote wiederspiegelt, nicht gefolgt werden.
Im Lichte der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG, wonach leichte Fahrlässigkeit ausreicht (vgl. VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/0070), konnte auch den zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Ausführungen, wonach es zu viel verlangt wäre, dass die Beschwerdeführer die Berechnungen im Vorhinein hätten durchführen können und somit kein Verschulden vorliege (vgl. Verhandlungsschrift S. 10), nicht gefolgt werden.
Es liegt daher im Beurteilungszeitraum die dargestellte Ungleichbehandlung der belangten Behörde und somit ein rechnerischer Haftungsbetrag in Höhe von EUR 95.463,73 vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen bzw. die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in den gegenständlichen Beschwerden vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
