Erfolgt bei einem Studienwechsel die Abmeldung des ersten Studiums noch bevor das andere Studium begonnen wird, liegt für den Zeitraum dazwischen keine Berufsausbildung vor
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104460.2020
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SenV***, den Richter***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 22. September 2020 gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 15. September 2020 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Monat September 2020 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. April 2025 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.), T., geb. 2000, begann im Wintersemester 2018 mit dem Bachelorstudium Wirtschaftsrecht (UJ033500) und meldete sich von diesem Studium am 7. August 2020 ab.
Im Wintersemester 2020 nahm sie das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (UJ033561) auf (Meldung laut Studienblatt 28. Juli 2020).
Aus dem ersten Studium wurden T. 64 ECTS-Punkte angerechnet.
Das Finanzamt forderte von der Bf. nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen mit Bescheid vom 15. September 2020 die für den Monat September 2020 bezogene Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) iVm § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) mit der Begründung zurück, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Familienbeihilfe nur dann zustehe, wenn das Kind in Berufsausbildung stehe.
Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung iSd Gesetzes seien praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.
Die Tochter der Bf. habe sich mit 7. August 2020 vom Studium J033 500 abgemeldet und werde ab dem Wintersemester 2020 (Beginn Oktober 2020) das Studium Wirtschafts-und Sozialwissenschaften betreiben. Da sie im September 2020 nicht in Berufsausbildung gestanden sei, bestehe für diesen Monat kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die Bf. brachte in ihrer Beschwerde (Schreiben vom 25. September 2020) vor, dass ihre Tochter einen Studienwechsel vollzogen habe, den sie zusammen mit allen vorhandenen Unterlagen schriftlich bekanntgegeben habe. Im Studienblatt sei das Ende des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht mit 7. August 2020 vermerkt, der Beginn des Bachelorstudiums Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 28. Juli 2020. Der Studienwechsel habe nach dem dritten Semester stattgefunden.
In der Bescheidbegründung sei die Rückforderung der Familienbeihilfe für September 2020 im Wesentlichen damit begründet worden, dass ihre Tochter im September nicht in Berufsausbildung gestanden sei.
Diesbezüglich sei Folgendes festzuhalten:
Der Studienwechsel habe zwar nach dem dritten Semester stattgefunden, allerdings handle es sich dabei aus den folgenden Gründen um keinen für den Bezug der Familienbeihilfe "schädlichen" Studienwechsel:
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG würden bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe gelten.
Als "schädlich" für den Bezug der Familienbeihilfe werde dabei unter anderem gesehen, wenn der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt (Verweis auf § 17 Abs 1 Z 1 Studienförderungsgesetz) oder das Studium jeweils nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt werde (Verweis auf § 17 Abs 1 Z 2 Studienförderungsgesetz).
Im vorliegenden Fall handle es sich um einen erstmaligen Wechsel.
Nicht als Studienwechsel iSd § 17 Abs 1 Studienförderungsgesetz - und somit für den Bezug der Familienbeihilfe nicht schädlich - gelte gemäß § 17 Abs 2 Studienförderungsgesetz jedoch ein Studienwechsel, wenn die gesamte Vorstudienzeit für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums angerechnet werden könne. Diesbezüglich sei anzumerken, dass ihrer Tochter alle bisherigen Prüfungen angerechnet worden seien, sie könne daher direkt ins Hauptstudium einsteigen.
Gemäß § 3 Abs 1 COVID-19 Studienförderungsverordnung bleibe weiters das Sommersemester 2020 für die Folgen eines Studienwechsels gemäß § 17 Abs 1 Z 2 Studienförderungsgesetz außer Betracht.
Ihre Tochter habe nicht früher wechseln können, obwohl sie gewollt habe, da sie ein Aufnahmeverfahren durchlaufen habe müssen, das erst im Sommersemester 2020 angeboten worden sei.
Sie habe immer alle erforderlichen ECTS erarbeitet.
Im September hätten die Universitäten immer vorlesungsfrei; wobei es an der WU Wien im September sogar die sogen. "Sommeruni" gebe, während der ihre Tochter auch immer Angebote wahrgenommen habe. Sie habe auch bereits am 9. September 2020 einen Einstiegstest absolviert und lerne derzeit für kommende Prüfungen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 7. Oktober 2020 unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und nach Anführung der wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes mit der Begründung ab, dass ein Studienjahr aus zwei Semestern bestehe. Das Wintersemester beginne mit Oktober und ende im Februar. Das Sommersemester beginne im März und ende im September.
Die Tochter habe sich am 7. August 2020 nach dem 3. inskribierten Semester vom Studium J033 500 Wirtschaftsrecht abgemeldet und habe mit Beginn des Wintersemesters 2020/2021 auf das neue Studium J033 561 Wirtschafts- und Sozialwissenschaften gewechselt. Durch die Anrechnung von 64 ECTS aus dem Vorstudium handle es sich nicht um einen schädigenden Studienwechsel nach dem 3. inskribierten Semester, sondern habe die Tochter bereits ab Beginn des neuen Studiums Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Anspruch auf die Familienbeihilfe.
Da jedoch die Abmeldung vom Studium Wirtschaftsrecht bereits im August 2020 erfolgt sei und das neue Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften erst mit Oktober 2020 begonnen habe, sei die Tochter im September 2020 nicht in Berufsausbildung gestanden. Die Anmeldung für das Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 28. Juli 2020 sei für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht relevant, sondern nur der tatsächliche Beginn der Ausbildung mit Oktober 2020.
Die Bf. stellte am 5. November 2020 einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht, der wie folgt begründet wurde:
"Meine Tochter … hat mit Beginn des Wintersemesters 2018/19 ihr Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien (im Folgenden: WU Wien) aufgenommen und stets ernsthaft und zielstrebig betrieben. Im Sommersemester 2020 nahm sie am Aufnahmeverfahren für das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ebenfalls an der WU Wien teil und absolvierte dieses erfolgreich, was sie zur Zulassung zu diesem Studium berechtigte. Am 28.07.2020 ließ sie sich zu und nahm sohin das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auf, in welchem sie sich 64 ECTS aus ihrem Bachelorstudium Wirtschaftsrecht anerkennen lassen konnte.
Nach erfolgreicher Anerkennung der ECTS exmatrikuliere sie sich von ihrem Bachelorstudium Wirtschaftsrecht am 07.08.2020 in ihrem 4. inskribierten Semester. Da die Exmatrikulation im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht erst nach der Aufnahme des Bachelorstudiums Wirtschafts-und Sozialwissenschaften stattfand, war sie zu jedem Zeitpunkt ordentliche Studentin der WU Wien und befand sich durchgehend in einer Berufsausbildung.
Mit Bescheid vom 15.09.2020 wurde von der belangten Behörde ausgesprochen, dass ich im September 2020 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht für meine Tochter bezogen hätte. Gegen diesen Bescheid erhob ich mit Schriftsatz vom 22.09.2020 Beschwerde.
Mit der nunmehr angefochtenen Beschwerdevorentscheidung vom 07.10.2020 (Verf 40-10/2020) hat die belangte Behörde die Beschwerde vom 22.09.2020 als unbegründet abgewiesen und begründet dies mit einer nicht aufrechten Berufsausbildung im September 2020. Bezüglich des Studienwechsels führte die belangte Behörde explizit aus, dass es sich aufgrund der anerkannten ECTS um einen unschädlichen handle…
Wesentliche Verfahrensmängel
Die belangte Behörde belastet die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, da in keinster Weise nachvollziehbar erscheint, weshalb meine Tochter im September 2020 in keiner Berufsausbildung gestanden haben soll.
Gemäß § 93 Abs 3 lit a BAO hat ein Bescheid, der von Amts wegen ergeht, eine Begründung zu enthalten. Nach der stRsp des VwGH muss die nach § 93 Abs 3 lit a BAO gebotene Begründung eines (Abgaben)Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde (Feststellung), aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt (Beweiswürdigung) und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (rechtliche Beurteilung). Überdies muss eine Begründung iSd § 93 Abs 3 lit a BAO in einer Weise abgefasst sein, die es sowohl dem Abgabenpflichtigen als auch dem BFG und dem Verwaltungsgerichtshof (im Fall ihrer Anrufung) ermöglicht, den Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, nachzuvollziehen (s VwGH 31.03.2005, 2000/15/0127, VwSlg 8017 F). Im konkreten Fall wurde insbesondere gegen Letzteres verstoßen, da die Begründung des Bescheides für mich als Bescheidadressatin (Anm.\ entspricht idZ dem Abgabenpflichtigen) keinerlei Rückschlüsse auf den von der belangten Behörde zugrunde gelegten Denkprozess zulässt. Der angefochtene Bescheid unterliegt damit einem Begründungsmangel (vgl zB VwGH 29.07.2010, 2007/15/0229).
Zudem ist der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (stRsp, zuletzt VwGH 26.04.2018, Ra 2018/16/0003, mwN). Es liegt also auch ein Mangel im Rahmen der Beweiswürdigung der belangten Behörde iSd § 167 BAO vor.
B. Unrichtige rechtliche Beurteilung
Zudem ist die angefochtene Beschwerdevorentscheidung mit dem Mangel der unrichtigen rechtlichen Beurteilung behaftet.
1. Aufnahme eines Studiums:
Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben besteht gem. § 2 Abs 1 lit b FLAG, insofern diese für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. [...]
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.
Zutreffend ist, dass ein Studium in jenem Zeitpunkt aufgenommen wird, in dem man zu diesem zugelassen wird. Ab diesem Zeitpunkt ist man ordentlicher Studierender iSd § 51 Abs 2 Z 15 iVm § 60 Abs 4 Universitätsgesetz 2002 (UG) und kann sich uA zu Vorlesungen und Prüfungen anmelden sowie diese auch absolvieren. Prüfungen, die ohne eine aufrechte Zulassung/Fortsetzungsmeldung geschrieben werden, sind gern. § 73 Abs 3 UG absolut nichtig. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Kandidat ordentlicher Studierender der jeweiligen Universität sein muss, um Prüfungen erfolgreich ablegen zu können. Diesen Umstand gilt es besonders zu berücksichtigen, insofern es an einzelnen Universitäten möglich ist, Kurse in der lehrveranstaltungsfreien Zeit zu besuchen und im Rahmen dieser Prüfungen zu absolvieren (beispielhaft Beilage ./B). Das Besuchen von Kursen und Ablegen von Prüfungen belegt, dass das Studium aufgenommen und die Berufsausbildung begonnen wurde.
Die Zulassung zu einem Studium erfolgt nach der stRsp des Bundesverwaltungsgerichts durch faktisches Entsprechen, nämlich durch die Ausstellung des Studienblattes (BVwG 01.04.2019, W203 2201254-1/3E; 01.04.2019, W203 2214148-1/2E; 10.07.2017, W227 2112553-1/11E, W227 2112555-1/10E), jedenfalls aber durch Einzahlung des Studierendenbeitrags (VwGH 25.11.2015, Ro 2015/10/0032).
Das vorgelegte Studienblatt (Beilage ./A) meiner Tochter, das eine öffentliche Urkunde darstellt, belegt den Studien- und damit Berufsausbildungsbeginn meiner Tochter mit Juli 2020. Daher besteht jedenfalls für den Monat September auch Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Warum dies nicht der Fall sein soll, begründet die belangte Behörde lediglich in vollkommen unnachvollziehbarer Weise.
Meine Rechtsansicht wird auch dadurch untermauert, dass etwa in § 60 Abs 4 UG davon die Rede ist, dass Studienwerber mit Zulassung Angehörige der jeweiligen Universität werden. Diese Zugehörigkeit zur Universität wird durch die Ausstellung der entsprechenden Urkunden (Studienblatt, Studierendenausweis) beurkundet und kann offenkundig nur durch die Zulassung zum Studium vermittelt werden. Es wäre denkunmöglich, unsachlich sowie daher auch gleichheits- und verfassungswidrig, zu einem Studium zugelassen zu sein, Prüfungen ablegen zu können aber gleichzeitig die aufrechte Berufsausbildung iSd FLAG zu verneinen.
Darüber hinaus vermittelt § 59 Abs 1 UG dem ordentlichen Studierenden eine ganze Reihe von Rechten, wobei sich die überwiegende Zahl der Rechte nur auf ein aufrechtes, bereits aufgenommenes Studium beziehen kann. Würde die Zulassung zu einem Studium und die Aufnahme eines Studiums zeitlich auseinanderfallen, wäre der Studierende nicht in der Lage, seine Rechte auszuüben, da er zwar bereits als ordentlicher Studierender zugelassen ist, aber sein Studium noch nicht aufgenommen hat. Dies widerspricht jedoch gerade dem Umstand, dass ein ordentlicher Studierender ab erfolgter Zulassung über Zugang zu allen universitätseigenen Onlineservices sowie zu den Einrichtungen der jeweiligen Universität verfügt, sich zu Prüfungen und Vorlesungen anmelden kann und sohin Anspruch auf jene Rechte des § 59 Abs 1 UG erheben kann.
Richtig ist daher, dass ein Studium im Zeitpunkt der Zulassung bzw Einzahlung eines allfälligen Studienbeitrags aufgenommen wird. Meine Tochter hat ihr Studium im Juli 2020 aufgenommen und hat daher Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Die Rückforderung erfolgt daher zu Unrecht.
2. Durchgängige Berufsausbildung:
Die belangte Behörde vertritt offenbar die Ansicht, dass im Falle meiner Tochter kein durchgängiger Anspruch auf Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag besteht, da sie sich im September 2020 in keiner Berufsausbildung befunden habe.
In diesem Zusammenhang ist die belangte Behörde jedoch darauf hinzuweisen, dass meine Tochter sich seit Wintersemester 2018/19 durchgängig in Berufsausbildung an der WU Wien befand und nach wie vor befindet. § 2 Abs 1 lit b FLAG spricht davon, dass eine Berufsausbildung bei volljährigen Kindern unter dort näher definiteren Voraussetzungen anzunehmen ist, wenn sie eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 (in Folgenden: StudFG), BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen. Da es sich bei der WU Wien zweifelsfrei um eine österreichische Universität iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG iVm § 3 Abs 1 Z 1 StudFG handelt, befindet sich meine Tochter seit der Aufnahme ihres Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht im August 2018 in einer aufrechten Berufsausbildung, wenngleich seit 28.07.2020 in einem anderen Bachelorstudium mit anderem Ausbildungsschwerpunkt.
»Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges sind für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf FB nicht schädlich. Hiezu gehören beispielsweise Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, oder Urlaube und Schulferien. "Auf einer Universität gibt es zwar nicht per se "Schulferien", es liegt aber auch hier in der Natur der Dinge, dass zwischen Vorlesungszeiten, vorlesungsfreie Zeiten unterschieden wird (s. § 52 Abs 1 Universitätsgesetz 2000), welche (Schul) Feriencharakter haben und daher mit Schulferien vergleichbar sind. Da die vorlesungsfreien Zeiten eine Unterbrechung des tatsächlichen Ausbildungsvorganges iSd stRsp des VwGH darstellen, die in der Natur der Dinge liegt, sind sie keinesfalls schädlich für einen vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe.
Hätte meine Tochter nicht bereits am 07.08.2020 ihr Bachelorstudium Wirtschaftsrecht geschlossen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (ein unschädlicher Studienwechsel wäre immerhin noch bis zum 30.11.2020 möglich gewesen), hätte jedenfalls Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für September 2020 bestanden. Durch den Studienwechsel hat meine Tochter zwar ein neues Studium aufgenommen und ihren Ausbildungsschwerpunkt geändert, ist aber nach wie vor an derselben Bildungseinrichtung zugelassen. Ihr Status einer ordentlichen WU Studentin hat sich also seit August 2018, wo sie sich erstmals an der WU zuließ, nicht geändert und stand sie dadurch permanent in einem gewissen Naheverhältnis zu dieser Universität. Im Ergebnis darf es für einen Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für September 2020 jedenfalls nicht darauf ankommen, wann meine Tochter ihr Studium gewechselt hat, da sie durchgehend an derselben Bildungseinrichtung zugelassen war und so ununterbrochen in einer aufrechten Berufsausbildung stand. Eine derartige Differenzierung würde eine unsachliche Ungleichbehandlung darstellen und sohin gegen verfassungsmäßig gewährleistete Rechte verstoßen.
3. Studienwechsel:
Sollte die belangte Behörde ihre Behauptung darauf stützen, dass der Studienwechsel meiner Tochter die Rückforderung begründet, gilt es sie darauf hinzuweisen, dass gem. der Begründung der Beschwerdevorentscheidung unstrittig ist, dass es sich dabei um einen unschädlichen Studienwechsel iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG iVm § 17 Abs 2 Z 1 StudFG (Hebenstreit / Lenneis / Nowotny/Wimmer in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 S. 39; (in diesem Sinne auch VwGH 20.06.2000, 98/15/0001 sowie 16.11.1993, 90/14/0108 mwN) handelt, der keinerlei Auswirkungen auf den Anspruch auf Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag hat.
Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung ist daher aus den vorgenannten Gründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; es besteht entgegen der Ansicht der belangten Behörde daher kein Grund, die beschwerdegegenständlichen Beträge zurückzufordern.
IV. Beschwerdeanträge
Aus diesen Gründen richte ich an die belangte Behörde den
ANTRAG,
gem § 212a Abs 1 BAO die Einhebung des beschwerdegegenständlichen Rückforderungsbetrages auszusetzen.
An das Bundesfinanzgericht richte ich die
ANTRÄGE,
1. gem § 274 Abs 1 Z 1 lit a BAO eine mündliche Verhandlung durchzuführen;
2. gem § 272 Abs 2 Z 1 lit a BAO eine Entscheidung durch den Senat zu fällen;
gem Art 130 Abs 4 B-VG und § 279 Abs 1 BAO in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben;
3. in eventu den angefochtenen Bescheid gem § 278 Abs 1 BAO mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen."
In der mündlichen Senatsverhandlung vom 7. April 2025 legte die Bf ergänzende Unterlagen über einen von ihrer Tochter im September 2020 abgelegten Einstiegstest für eine Spezielle Betriebswirtschaftslehre (SBWL) vor. Des Weiteren brachte die Bf vor, dass ihre Tochter im September 2020 auch die sogenannte "Sommeruni" besucht habe. Darüber hinaus führte die Bf aus, dass ihre Tochter der Auffassung war, sich vom alten Studium abmelden zu müssen, um das neue beginnen zu können; so sei es ihr an der Wirtschaftsuniversität gesagt worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Die Tochter der Bf. meldete sich von dem im Wintersemester 2018 begonnenen Bachelortudium Wirtschaftsrecht (UJ033500) am 7. August 2020 ab und nahm im Wintersemester 2020 das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (UJ033561) auf (Meldung laut Studienblatt 28. Juli 2020).
Aus dem ersten Studium wurden T. 64 ECTS-Punkte angerechnet.
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt sowie aus den von der Bf. vorgelegten Unterlagen.
Strittig ist ausschließlich, ob das Finanzamt von der Bf. die Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbetrag) wegen der am 7. August 2020 erfolgten Abmeldung vom Studium Wirtschaftsrecht (Studium J033500) für den Monat September 2020 zu Recht zurückgefordert hat.
Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050, VwGH 21.01.2004, 2003/13/0157).
Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung:
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. … Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden; der Anspruch erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, sind auch die Kinderabsetzbeträge zurückzufordern.
Studienwechsel
Ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt (vgl. VwGH 08.01.2001, 2000/12/0053, und 04.11.2002, 2002/10/0167).
Das Vorliegen einer Berufsausbildung eines volljährigen Kindes bei einem Studienwechsel ist nach § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) zu beurteilen, d.h. es gelten die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe (BFG 30.12.2017, RV/7104105/2017).
Im vorliegenden Fall war der Studienwechsel von T. nach dem vierten inskribierten Semester nicht schädlich, weil ihr aus dem vorangehenden Studium 64 ECTS-Punkte angerechnet wurden.
Die Familienbeihilfe wurde ab Beginn des neuen Studiums Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (= Oktober 2020) wieder ausbezahlt.
Vorliegen einer Berufsausbildung bei Abmeldung vom Studium
Außer Streit steht, dass sich die Tochter der Bf. am 7. August 2020 vom Studium Wirtschaftsrecht an der WU Wien (Studium J033500) abgemeldet hat.
Das Finanzamt begründete die Rückforderung damit, dass die Abmeldung vom Studium Wirtschaftsrecht im August 2020 erfolgt sei und das neue Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften erst mit Oktober 2020 begonnen habe. Demzufolge sei die Tochter im September 2020 nicht in Berufsausbildung gestanden. Die Anmeldung für das Studium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 28. Juli 2020 sei für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht relevant, sondern nur der tatsächliche Beginn der Ausbildung mit Oktober 2020.
Die Bf. vertritt die Ansicht, dass sich ihre Tochter durchgehend in einer Berufsausbildung befinden habe. Ihre Tochter habe nach erfolgreicher Anerkennung der ECTS-Punkte exmatrikuliert und sich von ihrem Bachelorstudium Wirtschaftsrecht am 7. August 2020 im 4. inskribierten Semester abgemeldet. Da die Exmatrikulation im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht erst nach der Aufnahme des Bachelorstudiums Wirtschafts-und Sozialwissenschaften stattgefunden habe, sei sie zu jedem Zeitpunkt ordentliche Studentin der WU Wien gewesen.
Hierzu wird Folgendes festgestellt:
Laut dem Akademischen Kalender besteht das Studienjahr aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Das Wintersemester beginnt im Oktober und endet im Februar. Das Sommersemester beginnt im März und endet mit der lehrveranstaltungsfreien Zeit Ende September.
Der Abgang von der Universität Wien bzw. das Schließen von Studien ist ganzjährig möglich. Eine Abgangsbescheinigung ist der Nachweis, dass der Studierende an der Studieneinrichtung nicht mehr zugelassen ist.
Exmatrikulieren bedeutet, dass das Studium beendet wird. Damit ist der Studierende nicht mehr immatrikuliert und auch nicht inskribiert (https://www.studium.at/exmatrikulation-exmatrikulieren-abgang-von-der-universitaet ) und es endet damit der Status eines "ordentlichen Hörers" bzw. einer "ordentlichen Hörerin" iSd FLAG.
Um für den Monat September 2020 einen Beihilfenanspruch zu begründen, hätte sich die Tochter der Bf. erst mit Ende September 2020 vom vorhergehenden Studium abmelden dürfen.
Bei Abmeldung von der Schule oder von einem Studium liegt keine Berufsausbildung vor (UFSW 16.04.2013, RV/0512-W/13, BFG 28.06.2016, RV/5100350/2014, BFG 16.03.2016, RV/4100132/2016, BFG 22.06.2020, RV/7102063/2018, vgl. insbes. UFSL 05.02.2009, RV/0511-L/07 - Familienbeihilfe nicht für die Zeit der Schulferien, wenn davor die Abmeldung von der Schule erfolgte).
Die Abmeldung am 7. August 2020 führte jedoch zufolge der vorstehenden Ausführungen zu keinem schädlichen Studienwechsel, sondern dazu, dass für den Monat September 2020 keine Berufsausbildung vorgelegen ist.
Der Umstand, dass in dem von der Bf. vorgelegten Studienblatt der Beginn des neuen Studiums (Bachelorstudiums Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) mit 28. Juli 2020 eingetragen ist, kann nichts daran ändern, dass Studienbeginn Oktober 2020 war.
Die Inskription (für ein anderes Studium) als reiner Formalakt ist nicht ausreichend, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG zu sprechen (Hebenstreit / Lenneis /Reinalter in Lenneis /Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 28 - 139]).
Die Bf bringt vor, dass ihre Tochter im September 2020 einen Einstiegstest abgelegt hat. Dieser Einstiegstest war keine Voraussetzung für die Aufnahme des Bachelorstudiums Wirtschafts- und Sozialwissenschaften; vielmehr musste die Tochter den Einstiegstest ablegen, um im Rahmen des Bachelorstudiums Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ab dem Wintersemester 2020 eine vom Curriculum geforderte Spezialisierung (SBWL) besuchen zu können. Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests, die einer tatsächlichen Ausbildung vorangehen, stellen noch keine Berufsausbildung iSd FLAG dar (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2 III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 45]).
In der Bescheidbeschwerde brachte die Bf vor, dass die Wirtschaftsuniversität Wien im Sommersemester eine sogenannte "Sommeruni" anbiete, deren Angebote ihre Tochter auch immer wahrgenommen habe. In der mündlichen Senatsverhandlung führte die Bf aus, dass ihre Tochter die Sommeruniversität auch im September 2020 besucht habe. Allerdings konnte sie bis zum Ende der mündlichen Verhandlung keinen Nachweis darüber führen, welche(r) Kurs(e) im Rahmen der Sommeruniversität absolviert wurde(n). Vorgelegt wurde lediglich ein Auszug aus dem elektronischen Vorlesungsverzeichnis, der alle Lehrveranstaltungen der Sommeruniversität 2020 auflistet. Ob die Tochter die Sommeruniversität tatsächlich besuchte, konnte die Bf nicht nachweisen.
Das Vorbringen der Bf., dass ihre Tochter zwar ein neues Studium aufgenommen und ihren Ausbildungsschwerpunkt geändert, aber nach wie vor an derselben Bildungseinrichtung zugelassen sei, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da es nicht relevant ist, ob das "neue" Studium an derselben Bildungseinrichtung wie das vorherige Studium fortgesetzt wird.
Ordentlich Studierender
Die Bf. vertritt die Ansicht, dass man ab dem Zeitpunkt der Anmeldung zum Studien ordentlicher Studierender iSd § 51 Abs 2 Z 15 iVm § 60 Abs 4 Universitätsgesetz 2002 (UG) sei.
In § 60 Abs 4 UG sei davon die Rede, dass Studienwerber mit Zulassung Angehörige der jeweiligen Universität werden. Diese Zugehörigkeit zur Universität werde durch die Ausstellung der entsprechenden Urkunden (Studienblatt, Studierendenausweis) beurkundet und könne offenkundig nur durch die Zulassung zum Studium vermittelt werden. Es wäre denkunmöglich, unsachlich sowie daher auch gleichheits- und verfassungswidrig, zu einem Studium zugelassen zu sein, Prüfungen ablegen zu können aber gleichzeitig die aufrechte Berufsausbildung iSd FLAG zu verneinen.
Darüber hinaus vermittle § 59 Abs 1 UG dem ordentlichen Studierenden eine ganze Reihe von Rechten, wobei sich die überwiegende Zahl der Rechte nur auf ein aufrechtes, bereits aufgenommenes Studium beziehen kann. Würde die Zulassung zu einem Studium und die Aufnahme eines Studiums zeitlich auseinanderfallen, wäre der Studierende nicht in der Lage, seine Rechte auszuüben, da er zwar bereits als ordentlicher Studierender zugelassen sei, aber sein Studium noch nicht aufgenommen habe. Dies widerspreche jedoch gerade dem Umstand, dass ein ordentlicher Studierender ab erfolgter Zulassung über Zugang zu allen universitätseigenen Onlineservices sowie zu den Einrichtungen der jeweiligen Universität verfüge, sich zu Prüfungen und Vorlesungen anmelden und sohin Anspruch auf jene Rechte des § 59 Abs 1 UG erheben könne.
Bezüglich dieser Ausführungen wird noch einmal festgehalten, dass die Inskription (für ein anderes Studium) als reiner Formalakt nicht ausreichend ist, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG zu sprechen (Hebenstreit / Lenneis /Reinalter in Lenneis /Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 28 - 139]).
Durchgängige Berufsausbildung:
Die Bf. bringt vor, dass die belangte Behörde offenbar die Ansicht vertrete, dass im Fall ihrer Tochter kein durchgängiger Anspruch auf Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag bestehe, da sie sich im September 2020 in keiner Berufsausbildung befunden habe.
In diesem Zusammenhang sei die belangte Behörde jedoch darauf hinzuweisen, dass ihre Tochter sich seit Wintersemester 2018/19 durchgängig in Berufsausbildung an der WU Wien befunden habe und nach wie vor befinde.
§ 2 Abs 1 lit b FLAG spreche davon, dass eine Berufsausbildung bei volljährigen Kindern unter dort näher definierten Voraussetzungen anzunehmen sei, wenn sie eine in § 3 StudFG genannte Einrichtung besuchen.
Wie schon ausgeführt gilt ein Studium durch die Abmeldung als beendet.
Unterbrechung der Ausbildung
Zu § 2 Abs 1 lit b FLAG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Unterbrechung der Ausbildung durch der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges (zB Geburt eines Kindes, Erkrankung) für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich sei (Verweis auf VwGH 20.06.2000, 98/15/0001, vgl. auch Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 28 - 139]).
Im vorliegenden Fall stellt die Abmeldung vom Studium eine Unterbrechung dar, die für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe schädlich ist.
Das Finanzamt hat daher zu Recht die für den Monat September 2020 bezogene Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag zurückgefordert.
Aus diesem Grund kamen daher auch die Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung über studienförderungsrechtliche Sondervorschriften aufgrund von COVID-19 (COVID-19-Studienförderungsverordnung - C-StudFV) nicht zum Tragen, wonach gemäß § 3 Abs. 6 für die Folgen eines Studienwechsels gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StudFG das Sommersemester 2020 außer Betracht bleibt und abweichend davon das Sommersemester 2020 für den Ablauf der Wartezeit zu berücksichtigen ist.
Rückerstattung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe
Bei dem Bezug der Familienleistungen kommt es nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs an (vgl. etwa VwGH 10.12.1997, 97/13/0185; VwGH 22.4.1998, 98/13/0067), also auf das Fehlen von deren Anspruchsvoraussetzungen (vgl. VwGH 28.11.2002, 2002/13/0079; VwGH 09.07.2008, 2005/13/0142). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis /Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa VwGH 19.12.2013, 2012/16/0047, VwGH 24.6.2009, 2007/15/0162).
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. BFG 13.6.2018, RV/7104954/2017).
Im vorliegenden Fall lagen die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Monat September 2020 zufolge der vorstehenden rechtlichen Ausführungen nicht vor, weshalb das Finanzamt von der Bf. die für diesen Monat bezogenen Beträge zu Recht zurückgefordert hat.
Es lag weder eine unsachliche Ungleichbehandlung vor noch wurde mit dem Rückforderungsbescheid gegen verfassungsmäßig gewährleistete Rechte verstoßen.
Zum Beschwerdeeinwendung der mangelnden Bescheidbegründung
Die Bf. rügt, dass die Begründung des Bescheides für sie als Bescheidadressatin keinerlei Rückschlüsse auf den von der belangten Behörde zugrundegelegten Denkprozess zulasse und verweist dabei auf § 93 Abs. 3 lit. a BAO.
Das Bundesfinanzgericht kann nicht erkennen, dass der Bescheid unzureichend begründet bzw. nicht nachvollziehbar ist, da das Finanzamt nachvollziehbar dargelegt, dass im vorliegenden Fall kein schädlicher Studienwechsel vorliegt, sondern dass durch die Abmeldung vom (vorherigen) Studium im August 2020 dieses Studium beendet wurde und demgemäß für den Monat September 2020 die Familienbeihilfe nicht zustand.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es war die Sachverhaltsfrage zu lösen, ob eine Berufsausbildung vorliegt, welche als Tatfrage einer ordentlichen Revision grundsätzlich nicht zugänglich ist.
Wien, am 24. April 2025
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise: | VwGH 08.01.2001, 2000/12/0053 |
