VwGH 2003/13/0157

VwGH2003/13/015721.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Inge Margreiter, Rechtsanwältin in 6230 Brixlegg, Herrnhausplatz 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 10. Februar 1999, Zl. RV 17/1- T2/98 , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Oktober 1996 bis Juli 1997, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb idF 1996/433;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litd;
VwGG §41 Abs1;
BAO §167 Abs2;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb idF 1996/433;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litd;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. März 1998 forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer jeweils für den Zeitraum Oktober 1996 bis Juli 1997 Familienbeihilfe von 18.500 S und Kinderabsetzbetrag von 5.250 S gemäß § 26 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes - FLAG - zurück. Die volljährige Tochter des Beschwerdeführers habe ihre Berufsausbildung mit dem Schuljahr 1995/96 beendet und sich im nachfolgenden Schuljahr in keiner Berufsausbildung oder Berufsfortbildung mehr befunden.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, seine Tochter sei zu dieser Zeit Schülerin des Aufbaulehrganges der Glasfachschule in K gewesen, um die Matura zu absolvieren. Allerdings habe sie die Schule nicht besuchen können, weil "ein Verfahren gegen diese Schule und im speziellen gegen eine Lehrperson im Gange" gewesen sei und sie leider gezwungen gewesen sei, eine Entscheidung der Schulbehörde abzuwarten, was sich wider Erwarten als sehr langwierig herausgestellt habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. April 1998 wies das Finanzamt die Berufung ab. Die Tochter des Beschwerdeführers habe die Schule im Schuljahr 1996/97 nicht mehr besucht und sich somit ab Oktober 1996 nicht mehr in Berufsausbildung befunden.

Dem entgegnete der Beschwerdeführer im Vorlageantrag, seine Tochter sei durchaus in Berufsausbildung gestanden. Sie sei auch für das zweite Schuljahr des Aufbaulehrganges gemeldet gewesen. Auf Grund besonderer Vorkommnisse gegen Ende des Schuljahres 1995/96 (es habe mehrere unsittliche Näherungsversuche durch eine Lehrperson gegeben) habe die Tochter die Schule nicht mehr besuchen können, solange "diese für die Tochter äußert ungute Situation nicht bereinigt" wäre. Über diese Vorkommnisse gäbe es genügend Dokumentation, weil "durch Beiziehung eines Rechtsanwaltes ein Disziplinarverfahren im Unterrichtsministerium eingeleitet" worden sei, welches erst gegen Ende des Schuljahres 1996/97 durch das Ministerium abgeschlossen worden sei. Seine Tochter habe nicht mit einem derart langen Verfahren rechnen müssen und somit auch davon ausgehen können, jederzeit in das laufende Schuljahr 1996/97 "einzusteigen". Auf Grund dieser objektiv erkennbaren Umstände könne darauf geschlossen werden, dass eine Berufsausbildung seiner Tochter im Schuljahr 1996/97 tatsächlich erfolgt sei.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer mit Vorhalt vom 8. Jänner 1999 auf, zu den im Vorlageantrag erwähnten Vorkommnissen anzuführen, ob, wann und wo Strafanzeige erstattet und welcher Anwalt in der Angelegenheit beigezogen worden sei, Ablichtungen des Schriftverkehrs betreffend die Anzeige vorzulegen und eine ärztliche Stellungnahme (ein Gutachten) in Bezug auf die Auswirkungen dieser Vorkommnisse auf einen weiteren Schulbesuch seiner Tochter vorzulegen. Weiters richtete die belangte Behörde mit Schreiben vom 8. Jänner 1999 an die Direktion der Glasfachschule K eine Reihe von Fragen betreffend die Tochter des Beschwerdeführers.

Der Landesschulrat für Tirol antwortete auf das an die Direktion der Glasfachschule K gerichtete Auskunftsersuchen mit Schreiben vom 19. Jänner 1999 und teilte der belangten Behörde mit, dass die Tochter des Beschwerdeführers vom 13. September 1995 bis 5. Juli 1996 den Aufbaulehrgang an der Glasfachschule K besucht habe. Dieser Lehrgang werde semesterweise geführt. Die Tochter des Beschwerdeführers habe den Lehrgang im ersten und zweiten Semester besucht. Zum Aufsteigen in das dritte Semester sei sie "zuletzt laut BMUK-Bescheid vom 17.01.1997" nicht berechtigt gewesen. Die Schülerin habe seit dem Ende des zweiten Semesters am 5. Juli 1996 die Schule nicht mehr besucht. Trotz Aufforderung durch die Direktion habe sie kein ärztliches Attest zur Rechtfertigung ihrer Abwesenheit vorgelegt. Auch nach Zustellung des erwähnten Berufungsbescheides der Schulbehörde habe sie sich an der Schule nicht mehr gemeldet. Sie habe sich vom Schulbesuch nicht abgemeldet. Durch ihr nicht gerechtfertigtes Fernbleiben habe sie aufgehört, Schülerin der Glasfachschule K zu sein. Den erwähnten Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sowie einen Schriftverkehr zwischen der Glasfachschule K und der Tochter des Beschwerdeführers legte der Landesschulrat für Tirol bei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Der Berufungswerber habe für seine volljährige Tochter bis Juli 1997 Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bezogen. Die Tochter habe bis 5. Juli 1996 den Aufbaulehrgang für Kunsthandwerk - Design an der Glasfachschule K im ersten und zweiten Semester besucht. Auf Grund einer negativen Beurteilung in einem Pflichtgegenstand sei sie nicht zum Aufsteigen in das dritte Semester im Schuljahr 1996/97 berechtigt gewesen. Gegen diese negative Beurteilung habe sie beim Landesschulrat für Tirol Berufung eingelegt, welcher diese mit Bescheid zurückgewiesen, gleichzeitig jedoch die Durchführung einer kommissionellen Prüfung für den 17. September 1996 verfügt habe. Zu dieser Prüfung sei die Tochter des Beschwerdeführers nicht angetreten; sie habe am 19. September 1996 Berufung an die Schulbehörde zweiter Instanz erhoben, welche dann mit Bescheid vom 17. Jänner 1997 abgewiesen worden sei. Die Direktion der Glasfachschule K habe die Tochter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 aufgefordert, für das Fernbleiben vom Unterricht ein ärztliches Attest vorzulegen, widrigenfalls die Fehlstunden als nicht entschuldigt gälten, und sie auf Grund weiteren Fernbleibens von Unterricht mit Schreiben vom 5. November 1996 ersucht, sich innerhalb von zwei Wochen an der Schule zu melden, weil sie sonst nicht mehr als Schülerin des Aufbaulehrganges geführt werden könne. Weder der Aufforderung vom 11. Oktober 1996 noch dem Ersuchen vom 5. November 1996 sei die Tochter des Beschwerdeführers nachgekommen. Letztmalig sei sie mit Schreiben vom 22. November 1996 von der Direktion der Glasfachschule K aufgefordert worden, am 25. November 1996 persönlich in der Direktion zu erscheinen. Auch dieser Aufforderung sei die Tochter des Beschwerdeführers nicht nachgekommen. In der Folge habe sie weder am Unterricht teilgenommen noch sich von diesem ordnungsgemäß abgemeldet. Eine ergänzende Stellungnahme zum Vorbringen im Vorlageantrag und dem darin erwähnten Schriftverkehr habe der Beschwerdeführer innerhalb der von der belangten Behörde festgesetzten Frist nicht beigebracht. Kriterien einer Schulausbildung seien ein gemeinsamer Unterricht bei gleichzeitiger Anwesenheit von Lehrer und Schülern und die Gewähr, dass das Lehrziel in der bestimmten Zeit erreicht werde. Die Tochter des Beschwerdeführers habe im gesamten Schuljahr 1996/97 nicht einmal nach der "abweislichen" Entscheidung der Schulbehörde zweiter Instanz im Jänner 1997 an Unterrichtsstunden des Aufbaulehrganges teilgenommen und für die Fehlstunden auch kein ärztliches Gutachten über eine allfällige Verhinderung an der Teilnahme vorgelegt. Eine Vorbereitung auf die Ablegung der Externistenreifeprüfung sei nicht behauptet worden. Allfällige andere Gründe für das Vorliegen eines Familienbeihilfenanspruches seien nicht festgestellt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG - in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 433/1996 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist, Anspruch auf Familienbeihilfe.

Ob eine Berufsausbildung vorgelegen ist, ist eine Tatfrage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, 90/14/0108), welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hatte. Die Beweiswürdigung unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Prüfung dahin, ob sie gegen die Denkgesetze oder die allgemeine Lebenserfahrung verstößt oder auf aktenwidrigen Annahmen beruht. Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde statt.

Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist das ernstliche zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, 98/13/0042). Dieses Bemühen manifestiert sich etwa im Antreten zu Prüfungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1998, 96/15/0213).

Die belangte Behörde stützte ihre Feststellung, die Tochter des Beschwerdeführers habe sich im Streitzeitraum nicht in Schulausbildung befunden, darauf, dass sie nach Besuch des ersten und zweiten Semesters bis 5. Juli 1996 zum Aufsteigen in das dritte Semester im Schuljahr 1996/97 nicht berechtigt gewesen sei, dass sie zu einer im Gefolge einer Berufung gegen die negative Beurteilung vom Landesschulrat angeordneten kommissionellen Prüfung am 17. September 1996 nicht erschienen sei, trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Direktion der Schule im weiteren Schuljahr nicht erschienen sei und auch nach abschlägiger Entscheidung der Schulbehörde zweiter Instanz über die Berechtigung zum Aufsteigen in das dritte Semester am Unterricht nicht teilgenommen habe. Ärztliche Bescheinigungen über Verhinderungen am Schulbesuch aus gesundheitlichen Gründen habe sie trotz Aufforderung nicht vorgelegt.

Der Beschwerdeführer trägt vor, seine Tochter habe alles Denkmögliche getan, um die Möglichkeit zu erlangen, ihre Berufsausbildung fortzusetzen und in den zweiten Jahrgang einzutreten. Dazu habe sie sogar ein schulbehördliches Verfahren auf sich genommen, um eine Beurteilung eines Pflichtgegenstandes für das erste Semester zu erlangen. Dies unterstreiche die Zielstrebigkeit und den Willen seiner Tochter, die Schule weiterhin besuchen zu können.

Warum seine Tochter entsprechend der von ihr ohnehin bekämpften negativen Beurteilung über das erste Semester und dem Fehlen der Aufstiegsberechtigung in das dritte Semester im Streitzeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung im von ihr angestrengten Rechtsmittelverfahren vor der Schulbehörde die Schule nicht (durch Teilnahme am Unterricht in einem zu wiederholenden ersten Jahrgang) hätte besuchen können, zeigt der Beschwerdeführer damit nicht auf. Mit seinem Vorbringen, seine Tochter hätte den zweiten Jahrgang - vorerst bis zum Abschluss des laufenden Rechtsmittelverfahrens vor der Schulbehörde - besucht, wenn ihr diese Möglichkeit eingeräumt worden wäre, und sie hätte die Hoffnung gehegt, die Schule ehest wieder besuchen zu dürfen, räumt der Beschwerdeführer ein, dass seine Tochter die Schulausbildung nach dem Ende des ersten Schuljahres nicht fortgesetzt hat und diese bis zu einem für sie günstigen Ausgang des Rechtsmittelverfahrens vor der Schulbehörde - vorerst - unterbrechen wollte. Von einer bloßen Unterbrechung des tatsächlichen Ausbildungsvorganges kann im Zusammenhang mit der Gewährung der Familienbeihilfe aber nicht mehr gesprochen werden, wenn die Ausbildung nach ihrem Abbruch nicht wieder aufgenommen wird. Das bloße Aufrechterhalten eines Berufswunsches ist der tatsächlichen Ausbildung nicht gleichzuhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, 93/15/0133). Somit ist es nicht als rechtswidrig zu befinden, wenn die belangte Behörde schon auf Grund der insoweit unstrittigen Feststellungen, die Tochter des Beschwerdeführers habe weder während ihres Zuwartens auf eine Entscheidung im Rechtsmittelverfahren vor der Schulbehörde noch nach jener Entscheidung vom 17. Jänner 1997 die Schule besucht, zum Ergebnis gelangt ist, die Tochter des Beschwerdeführers sei im Streitzeitraum nicht in Ausbildung gestanden.

Im Umstand eines zu Beginn des Streitzeitraumes noch anhängigen Rechtsmittelverfahrens vor der Schulbehörde sieht der Beschwerdeführer ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, übersieht dabei allerdings, dass ein solches nur für die hier nicht interessierende Frage bedeutsam ist, ob die vorgesehene Studienzeit überschritten wurde oder nicht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung über die Verlängerung der Studienzeit ist im Übrigen, dass die betreffende Person überhaupt in Schulausbildung steht.

Mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. d FLAG, wonach einem Kind eine "Überlegungsfrist" in der Dauer von drei Monaten eingeräumt werde, welche auch seiner Tochter zugestanden wäre, kann der Beschwerdeführer nichts für sich gewinnen. Die von ihm ins Treffen geführte Frist steht lediglich bei Abschluss einer Schulausbildung zu, wovon bei einem vorzeitigen Abbruch der Berufsausbildung laut dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, dass die Tochter des Beschwerdeführers nach dem Ende des zweiten Semesters vom Schulbesuch ferngeblieben ist und den Lehrgang nicht weiter besucht hatte, nicht gesprochen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, 97/15/0111).

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Jänner 2004

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