BFG RV/7102813/2018

BFGRV/7102813/201822.11.2019

Einkünfte aus Gewerbebetrieb: Produktion eines Films

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102813.2018

 

Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/13/0003. Mit Erk. v. 14.5.2020 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse1, vertreten durch Stb, Adresse2, über die Beschwerde vom 03.04.2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom 08.03.2018, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2016 in der durch den Bescheid vom 17.04.2018 berichtigten Form, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die im Kalenderjahr 2016 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden in folgender Höhe festgestellt:

 

-478.635,77 €

Davon entfallen auf:

 

1. StbAdresse2FA A St.Nr. 1

-197.225,14 €

2. G1Adresse1FA A St.Nr. 2

-38.317,08 €

3. G2Adresse1FA A St.Nr. 3

-31.830,39 €

4. G3Adresse1FA A St.Nr. 4

-170.331,00 €

5. G4Adresse1FA A St.Nr. 5

-40.932,16 €

 

Bei der Veranlagung der (beteiligten) Steuerpflichtigen sind im Rahmen der Einkommensermittlung keine nichtausgleichsfähige Verluste zu berücksichtigen.

Gemäß § 101 Abs 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs 1 lit a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

 

Die Beschwerdeführerin (Bf) - Bf - war zu Beginn des Streitjahres 2016 eine Kommanditgesellschaft mit Mag. G1 als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und den drei Kommanditisten Mag. G2, Dr. G4 und Dr. G3.

Mit Vertrag vom 07.07.2016 beteiligte sich die Stb als atypisch stiller Gesellschafter an der Bf. Mit Zusatzvereinbarung vom 15.09.2016 wurde unter anderem eine Änderung der Rechtsform von Kommanditgesellschaft (KG) auf Offene Gesellschaft (OG) herbeigeführt. Laut Auszug aus dem Firmenbuch wurde die Firma Bf am 04.01.2018 ins Firmenbuch eingetragen.

Der Geschäftszweig der Bf wird im Firmenbuch mit "Filmproduktion" ausgewiesen und in der elektronisch eingebrachten Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften 2016 wurde als Branche "Herstellung von Filmen und Fernsehprogrammen, deren Verleih und Vertrieb, Kinos" angegeben.

Im Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2016 vom 08.03.2018 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -478.635,77 € und nichtausgleichsfähige Verluste in Höhe von 478.635,77 € festgestellt. Die Anteile am Verlust der einzelnen Gesellschafter wurden erklärungsgemäß, die bei der Veranlagung der beteiligten Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensermittlung zu berücksichtigenden nichtausgleichsfähigen Verluste wurden in folgender Höhe festgestellt:

 

 

Gesellschafter

Anteil an den Einkünften

Nichtausgleichsfähige Verluste

Stb

-197.225,14 €

239.317,90 €

Mag. G1

-38.317,08 €

28.718,14 €

Mag. G2

-31.830,39 €

28.718,14 €

Dr. G3

-170.331,00 €

143.590,73 €

Dr. G4

-40.932,16 €

38.290,86 €

 

In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 2 Abs 2a EStG negative Einkünfte weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs 6 EStG vortragsfähig seien, aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen sei. Ein Verwalten von unkörperlichen Wirtschaftsgütern liege unter anderem bei der Herstellung von Filmen vor, um die Filmrechte im Wege der Nutzungsüberlassung zu verwerten.

Mit Schriftsatz vom 03.04.2018 erhob die steuerliche Vertretung Beschwerde gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2016 vom 08.03.2018 und beantragte, die nichtausgleichsfähigen Verluste sowohl bei der Bf als auch den Gesellschaftern mit Null festzustellen. Bezüglich Nachreichung einer ausführlichen Begründung wurde um eine Frist bis zum 16.05.2018 ersucht.

Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2016 vom 17.04.2018 wurde eine Berichtigung gemäß § 293 BAO zu Bescheid vom 08.03.2018 dahingehend vorgenommen, dass nunmehr die nichtausgleichsfähigen Verluste für die Bf in Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und für die Gesellschafter in Höhe deren Anteile an den Einkünften festgestellt wurden.

Mit Schriftsatz vom 15.05.2018 erhob die steuerliche Vertretung Beschwerde gegen die Berichtigung vom 17.04.2018 und beantragte, die nichtausgleichsfähigen Verluste sowohl bei der Bf als auch den Gesellschaftern mit Null festzustellen und ersucht bezüglich Nachreichung einer ausführlichen Begründung um eine Frist bis zum 15.06.2018.

In der mit Schreiben vom 13.06.2018 übermittelten Nachreichung der Begründung führte die steuerliche Vertretung zunächst aus, dass die Bf seit der Gründung mit dem Unternehmensschwerpunkt "Produktion von Videos und Filmen" tätig sei. Im Jahr 2015 sei mit der Produktion des Kinofilms Titel begonnen worden. Hauptziel des Projektes sei gewesen, einen unterhaltsamen Mainstream-Film zu schaffen, der sich auch gut an Kinos verleihen ließe und bei dem auch eine weitere gewinnbringende Verwertung im Rahmen von Fernsehstationen und Streamingdiensten möglich sei.
Da keine wesentlichen Finanzierungsmitteln von dritter Seite hätten aufgestellt werden können, hätten die Gesellschafter selbst die Mittel aufbringen und viele der Funktionen bei der Herstellung des Kinofilms übernehmen müssen. Aufgrund ihrer Ausbildung und Kenntnisse seien daher von den Gesellschaftern die folgenden Bereiche übernommen und nicht von dritter Seite dazugekauft worden:
G1 habe neben ihrem Studium der Kulturwissenschaften auch weitere Ausbildungen an der Universität für Musik, School of Cinematic Arts, University of Southern California (USC), Los Angeles, Wirtschaftsuniversität und verschiedene Ausbildungskurse (zB in Tontechnik) absolviert, so dass sie möglichst viele Kenntnisse für die Umsetzung ihres Berufszieles als Produzentin und Regisseurin von Filmen erwerben habe können. Dabei habe sie auch die wesentlichen Teile bei der Produktion wie Drehbuch, Organisation des Ablaufes, Regie, Personalsuche und Suche Werkvertragsnehmer sowie Leitung Postproduktion und Mitarbeit im Vertrieb übernommen.
Ebenso habe G2 die entsprechenden Kenntnisse für die Produktion von Filmen erworben (Abschluss Mag. an der Wirtschaftsuniversität in Wirtschaft und Recht, Filmschule) sodass sie als Mitgesellschafterin wesentlich zu Organisation und Produktionsabwicklung des Filmes habe beitragen können. Darüber hinaus habe sie auch eine Filmrolle als Schauspielerin übernommen und am Drehbuch mitgearbeitet.
G3 habe als Mitgesellschafter aufgrund seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse als Steuerberater die kaufmännischen Belange übernommen. Insbesondere seien von ihm die Kalkulation und die Budgetierung des Filmprojektes sowie Fragen der Finanzierung und Vornahme der Überweisungen durchgeführt worden.
G4, die eine juristische Ausbildung habe, sei für die rechtlichen Belange der Gesellschaft und insbesondere für die Vertragsgestaltung verantwortlich. Dies sei für das Filmprojekt im Jahr 2016 sehr umfangreich gewesen, da mit allen Mitarbeitern Dienstverträge sowie mit allen Lieferanten entsprechende Miet-, Werk- und Lieferverträge abgeschlossen worden seien.
Die Stb habe als atypisch stille Gesellschafterin ebenfalls an der Herstellung mitgearbeitet und für 2016 die Buchhaltungsarbeiten mit allen damit verbundenen Angelegenheiten wie UVA Meldungen, Erstellung von Steuererklärungen und Abrechnung der Dienstnehmer übernommen.
Kein Gesellschafter habe für 2016 einen Vorabgewinn für seine Mitarbeit bekommen.
Im Jahr 2015 hätten die Gesellschafter mit der Erstellung des Drehbuchs für den Film Titel begonnen, das bis Mitte 2016 fertiggestellt worden sei. Hierbei hätten die Gesellschafterinnen G1 und G2 einen großen Teil der Recherchen sowie der textlichen Bearbeitungen und Formulierungen im Drehbuch erbracht. Im Sommer des Jahres 2016 sei dann mit den Dreharbeiten begonnen und diese in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 abgeschlossen worden. Danach sei die Postproduktion erfolgt, sodass der Film im Jahr 2017 fertiggestellt habe werden können. Da die Bf bei den vielen Versuchen, bei österreichischen Förderstellen zur Herstellung von Kinofilmen eine Förderung zu bekommen, gescheitet sei und keine raschen Zusagen gewährt worden seien, hätten die Gesellschafter die Produktionskosten selbst durch Eigenkapitaleinlagen finanzieren müssen. Die im Jahr 2016 angefallenen Herstellungskosten hätten sich auf 480.411 € belaufen, wovon ein Verlust von -478.636 € übrig geblieben sei, der nicht durch Einnahmen 2016 aus diesem Projekt habe gedeckt werden können.
Nach Fertigstellung des Kinofilms im Jahr 2017 sei dieser bei zahlreichen Festivals eingereicht worden und habe bis 2018 auch eine Vielzahl von Festivalpreisen und
-nominierungen erzielen können (http://www.Titel.com/ ). Im Jahr 2018 sei mit dem Vertrieb des Kinofilms am weltweiten Markt begonnen worden und dazu seien auch Verträge mit Distributoren und Kinobesitzern in Österreich und auch mit Vertriebsfirmen in den USA für den weltweiten Vertrieb verhandelt und bisher auch schon abgeschlossen worden. Für den weltweiten Vertrieb seien Filmversionen mit englischen und spanischen Untertiteln erstellt worden. Der Kinostart in Österreich sei für Oktober 2018 angesetzt.

Bezüglich der Interpretation der Abgabenbehörde des Begriffes "Verwalten" im Sinne der Bestimmung des § 2 Abs 2a EStG im gegenständlichen Fall verwies die steuerliche Vertretung darauf, dass diese nicht zutreffend, somit nicht richtig und daher der § 2 Abs 2a EStG bei diesem konkreten Sachverhalt für die Einkommensermittlung nicht anwendbar sei: Bei der Interpretation des Begriffes "Verwalten" bzw dieser Bestimmung des § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich sei von der Zielsetzung des Gesetzgebers auszugehen. Dem Ausschussbericht 1162 BlgNR XVII. GP 2 zufolge sei diese Regelung für Gesellschaften gedacht, die nur dem Zweck dienten, Verluste zuzuweisen, ohne dass mit dem Engagement wirtschaftliche Zwecke verbunden seien: "Die Regelung soll einem neuen Typ von Verlustzuweisungsgesellschaften - Unternehmen, die praktisch nur zum Zweck von Verlustzuweisungen ins Leben gerufen werden - entgegenwirken".
Ein derartiger Zweck einer Gesellschaft liege bei der Bf nicht vor. Diese Familiengesellschaft habe seit der Gründung 2004 überwiegend positive Einkünfte erzielt und sei in keiner Weise zum Zweck einer Verlustverwertung gegründet worden, sondern um als Einkommensquelle für die Gesellschafter zu dienen. Infolge des Fehlens einer primären Verlustverwertungsabsicht fehle schon eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des § 2 Abs 2a EStG.
Die steuerliche Vertretung verwies auf die Verordnung des Bundesministers für Finanzen zu § 2 Abs 2 EStG 1988 im BGBl Nr 734/1996 vom 10.12.1996 in dem ausgeführt werde, dass als Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter sowohl die Verwaltung von Anlagevermögen als auch die Verwaltung von Umlaufvermögen zu verstehen sei. Darunter falle insbesondere auch der gewerbliche Handel mit unkörperlichen Wirtschaftsgütern. Dieser Inhalt der Verordnung sei auch durch das Erkenntnis des VfGH vom 02.10.1998 bestätigt worden, demzufolge der Handel mit unkörperlichen Wirtschaftsgütern von einer gewerblich betriebenen Vermögensverwaltung nicht zu unterscheiden sei, die auch immer den Handel mitumfasse.
Der Begriff Handel im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich sei der Judikatur des VwGH und VfGH folgend als ein Vorgang zu verstehen, der durch Käufe und Verkäufe im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit verbunden mit entsprechendem Umfang an Kaufabwicklungen bestimmt sei und bei dem die für die allgemeine Handelstätigkeit typischen Einflussnahmen wie beispielsweise Gestaltung des Preises möglich seien.
Die steuerliche Vertretung führte weiter aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Bf im Jahr 2016 jedoch ausschließlich um die Herstellung (Produktion) des Kinofilms "Titel" gehandelt habe. Diese Herstellung unterscheide sich aber wesentlich vom Begriff "Handel", der bei einem gewerblichen Geschäftsbetrieb wesentlich durch Einkauf (Anschaffung) und Verkauf von Wirtschaftsgütern geprägt sei.
Bei der Herstellung handle es sich um einen Vorgang, bei dem ein bisher noch nicht bestehendes Wirtschaftsgut neuer Wesensart geschaffen werde. Bei der Herstellung vollziehe sich ein innerbetrieblicher Wertumschichtungsprozess, bei dem Materialien sowie zur Herstellung verwendetes Anlagevermögen und menschliche Arbeitsleistung in ein fertiges Erzeugnis transformiert würden.
Damit unterscheide sich der Begriff "Herstellung" bzw "Produktion" wesentlich vom Begriff "Verwaltung", bei dem für Zwecke des § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 auch der Handel subsumiert werde. Terminologisch gehe es beim Begriff Verwalten um aufgabenbezogenes Erfassen, Betreuen, Leiten, Lenken und Verantworten dynamischer Systeme nach bestimmten Vorschriften.
Eine nicht teleologisch orientierte Interpretation bzw eine nicht korrekte Wortinterpretation des § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 schränke eine ganze Wirtschaftsbranche (Filmbranche) hinsichtlich ihres Erwerbseinkommens und einer aufbauenden Geschäftsentwicklung insbesondere aus der Sicht der Finanzierung existenzbedrohend ein und vernichte diese in der Folge. Nach Ansicht der steuerlichen Vertretung sei die Interpretation aus der Sicht des Protokolls des Ausschusses des Nationalrates bei der Gesetzeswerdung sowie der Würdigung des bei der Bf vorliegenden Sachverhaltes der Verlustentstehung im Rahmen der Herstellung (Produktion) 2016 des Kinofilms "Titel" sowie der richtigen Wortinterpretation des Begriffes "Verwalten" dahingehend vorzunehmen, dass die Bestimmung § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sei.
Die steuerliche Vertretung beantragte, den angeführten Verlustausgleich für die fünf Gesellschafter zu gewähren und folglich die nichtausgleichsfähigen Verluste in der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2016 bescheidmäßig mit jeweils 0 festzusetzen.

In der Beschwerdevorentscheidung vom 15.06.2018 wird die Beschwerde - wie schon im angefochtenen Bescheid - im Wesentlichen mit der Zitierung des in Rz 160 der Einkommensteuerrichtlinien 2000 angeführten Beispiels für das Verwalten von unkörperlichen Wirtschaftsgütern abgewiesen, nämlich das Herstellen von Filmen, um die Filmrechte im Wege der Nutzungsüberlassung zu verwerten.

Mit Schreiben vom 25.06.2018 stellte die steuerliche Vertretung den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorlagebericht vom 27.06.2018 wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Mit E-Mail vom 28.06.2019 übermittelte die steuerliche Vertretung den "Gesellschaftsvertrag Neu 2016", der anlässlich der Produktion des Kinofilms Titel hinsichtlich der Kapitalaufbringung neu gefasst worden sei; dabei seien die Kapitalanteile der Familiengesellschafter in Abhängigkeit der Kapitalaufbringung geändert worden. Weiters wurde ein "Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft" mit der Stb sowie eine "Zusatzvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag Neu 2016" vorgelegt, mit der die Rechtsform der Bf von Kommanditgesellschaft (KG) auf Offene Gesellschaft (OG) geändert wurde.

Mit E-Mail vom 20.10.2019 übermittelte die steuerliche Vertretung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.09.2019, Ra 2018/15/0085 und verwies darauf, dass das Höchstgericht darin zu der Abgrenzung der Herstellung von der Verwaltung betreffend die Rechtsvorschrift des § 2 Abs 2a EStG Stellung genommen habe. Diese Abgrenzung und die damit verbundenen Folgen träfen auch auf das gegenständliche Verfahren der Bf zu, die ebenfalls einen Film im Jahr 2016 hergestellt habe und in der Folge mit dem Vertrieb 2017/2018 in den Kinos Österreichs entsprechende Einnahmen habe erzielen können. Aus dem Erkenntnis lasse sich schließen, dass die zielgerichtet auf die Entwicklung und Herstellung des Kinofilms gerichtete Tätigkeit somit kein Verwalten von Wirtschaftsgütern darstelle. Sie ziele auf die Entwicklung eines neuen (materiellen) Produktes ab, das etwas Neues sei und eine Ergänzung zu anderen (in Österreich) produzierten Filmen darstelle. Der Schwerpunkt der Tätigkeit einer Filmherstellung bestehe nicht in der Verwaltung von "Kenntnissen und Erfahrungen", sondern im produktiven Einsatz des Wissens und der kreativen Gestaltung von Text, Bild und Ton (eigens komponierte und produzierte Musik), die den Film ergäben. Die eigenschöpferische Tätigkeit der Personen, die den Film erschufen, stelle nach diesem Erkenntnis kein Verwalten von einem immateriellen Produkt, sondern ein Erzeugen eines neuen Filmprodukts dar, das in der Folge der Allgemeinheit als künstlerische Arbeit zur Verfügung gestellt werde.

Mit E-Mail vom 24.10.2019 übermittelte die steuerliche Vertretung einen Beitrag von Dr. Nikolaus Zorn (RdW 10/2019, "VwGH: Kein Verlustausgleichsverbot nach § 2 Abs 2a EStG für Erfinder"), der in einem Gespräch gemeint habe, dass dies auch für die Herstellung von Filmen gelten könne.

Mit Fax vom 22.11.2019 wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der steuerlichen Vertretung zurückgenommen.

 

 

 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf stellte in der ersten Hälfte des Streitjahres 2016 das Drehbuch für den Film Titel fertig und begann im Sommer 2016 mit den Dreharbeiten, die in der zweiten Jahreshälfte 2016 abgeschlossen wurden.

Autorin und Regisseurin des Films war die Gesellschafterin G1, die neben ihrem Studium der Kulturwissenschaften auch weitere Ausbildungen an der Universität für Musik, School of Cinematic Arts, University of Southern California (USC), Los Angeles, Wirtschaftsuniversität und verschiedene Ausbildungskurse (zB in Tontechnik) absolvierte.

Zum namhaften Cast des Films zählten neben der Hauptdarstellerin C1, C2, C3, C4, C5, C6 u.v.m.

Der Film konnte eine Vielzahl von Festivalpreisen und -nominierungen erzielen: er wurde unter anderem am "**** 2017 mit dem "Best Foreign Film" Award ausgezeichnet und C2 wurde beim "*** 2017 als "Best Female Support" nominiert.

Im Jahr 2018 wurde mit dem Vertrieb des Kinofilms am weltweiten Markt begonnen, wofür Filmversionen mit englischen und spanischen Untertiteln erstellt wurden. Der Kinostart in Österreich war Oktober 2018.

Die im Streitjahr 2016 angefallenen Herstellungskosten beliefen sich auf 480.411 €, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrugen -478.635,77 €.

Im Hinblick darauf, dass der im Streitjahr 2016 erwirtschaftete Verlust ausschließlich aus den Produktions- bzw Herstellungskosten des Filmes resultiert, ist davon auszugehen dass der Unternehmensschwerpunkt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht in der Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern, sondern in der Herstellung eines Kinofilms lag.

Selbst wenn als Gegenstand des Unternehmens der Bf im Gesellschaftsvertrag neben der Filmproduktion auch die Verwertung der selbst produzierten Filme sowie der Handel mit Verwertungsrechten von Filmen ausgewiesen wird, war die Bf im Streitjahr 2016 ausschließlich mit der Herstellung des Filmes beschäftigt und hat keinen Handel mit Verwertungsrechten betrieben.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften 2016, der Beschwerde, dem Gesellschaftsvertrag, der Zusatzvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag, dem Auszug aus dem Firmenbuch und der website: Titel.

Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 106/1999 sind negative Einkünfte aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen ist, weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs 6 und 7 vortragsfähig.
Solche negativen Einkünfte sind mit positiven Einkünften aus dieser Betätigung oder diesem Betrieb frühestmöglich zu verrechnen.

Der Unternehmensschwerpunkt liegt bei der Verwaltung oder Vermietung oder bei beiden gemeinsam (EB zur RV 72 BlgNR XX. GP , 256), wenn diese Tätigkeiten gegenüber der Summe aller anderen Betätigungen überwiegen, also mehr als 50 % ausmachen. Ob der Unternehmensschwerpunkt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter gelegen ist, muss nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse (Relation des wirtschaftlichen Erfolgs aus mehreren Unternehmenssparten zueinander, Wertverhältnisse in der Gesellschaft vorhandener Vermögenswerte zueinander) beurteilt werden.

Nach den obigen begründeten Sachverhaltsfeststellungen, lag der Unternehmens-schwerpunkt nicht in der Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern. Bei der Tätigkeit der Bf im Streitjahr 2016 handelte es sich ausschließlich um die Herstellung bzw Produktion des erwähnten Kinofilms.

Aus dem Bericht des Finanzausschusses 1162 BlgNR XVII. GP geht hervor, dass die Regelung des § 2 Abs 2a EStG für Gesellschaften gedacht ist, die nur zum Zweck dienen, Verluste zuzuweisen, ohne dass mit dem Engagement wirtschaftliche Zwecke verbunden sind.

Die Autorin und Regisseurin des Films hat eine fundierte einschlägige Ausbildung im Bereich Film aufzuweisen, und an der Realisierung des Films haben namhafte Persönlichkeiten der österreichischen Film- bzw Fernsehszene mitgewirkt. Da der Film eine Vielzahl von Festivalpreisen und -nominierungen erzielte und in heimischen Kinos gezeigt wurde, ist nicht davon auszugehen, dass das beschwerdeführende Unternehmen praktisch nur zum Zweck von Verlustzuweisungen ins Leben gerufen wurde.

In seinem Erkenntnis vom 03.09.2019, Ra 2018/15/0085 führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die zielgerichtet auf die Entwicklung eines neuartigen medizinischen Gerätes gerichtete Tätigkeit eines Erfinders oder Produktentwicklers kein Verwalten von Wirtschaftsgütern darstellt. Ebenso wenig stellt im gegenständlichen Beschwerdefall die zielgerichtete, auf die Entwicklung und Herstellung eines Kinofilms gerichtete Tätigkeit, ein Verwalten von Wirtschaftsgütern dar. Sie zielt vielmehr auf die Entwicklung eines neuen, materiellen Produktes ab, das etwas Neues ist und eine Ergänzung zu anderen in Österreich produzierten Filmen darstellt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit einer Filmherstellung besteht nicht in der Verwaltung von "Kenntnissen und Erfahrungen", sondern im produktiven Einsatz des Wissens und der kreativen Gestaltung von Text, Bild und eigens komponierter und produzierter Musik, die den Film ergeben. Die eigenschöpferisch tätigen Personen, die den Film erschaffen, verwalten kein immaterielles Produkt, sondern erzeugen ein neues Filmprodukt, das in der Folge der Allgemeinheit als künstlerische Arbeit zur Verfügung gestellt wird.

Soweit die Abgabenbehörde die Anwendung dieser Bestimmung im gegenständlichen Verfahren damit begründet, dass unter den Begriff des Verwaltens von unkörperlichen Wirtschaftsgütern auch das Herstellen von Filmen falle, um die Filmrechte im Wege der Nutzungsüberlassung zu verwerten, vertritt das Bundesfinanzgericht die Auffassung, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhaltes unter den klaren Wortlaut des zweiten Teilstriches des § 2 Abs 2a EStG 1988 ausscheidet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hinsichtlich der zu klärenden Rechtsfrage, ob die Produktion eines Films, um die Verwertungsrechte zu verwalten, bereits unter den Tatbestand des § 2 Abs 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 fällt, gibt es - soweit erkennbar - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Da die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

Wien, am 22. November 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2a Teilstrich 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Produktion eines Films, nichtausgleichsfähige Verluste, Herstellung eines Films, Verwertungsrechte, Verwalten, unkörperliche Wirtschaftsgüter, Unternehmensschwerpunkt, Filmrechte

Verweise:

VwGH 03.09.2019, Ra 2018/15/0085

Stichworte